Der Tagesspiegel - 09.11.2019

(Darren Dugan) #1

CDVORSCHAU


Braucht es ein Museum des 20. Jahrhun-
derts im Herzen Berlins? Obwohl diese
Fragegerade wiedereinmalengagiert dis-
kutiert wird, ist sie eigentlich falsch ge-
stellt. Denn es geht weniger um Bedürf-
nisse, deren Erfüllung sich an den Res-
sourcen und Möglichkeiten messen las-
sen muss, als vielmehr um den Sinn eines
solchen Vorhabens. Und der lässt sich
nur laut und deutlich bejahen.
Öffentliche Räume für die Kunst und
gerade auch für die moderne Kunst sind
sinnvoll. Sie konfrontieren uns mit Irrita-
tionen und Inspirationen, die unsere
Weltsicht weiten und unser Leben berei-
chern. Gerade weil die Kunst im Sinne
Theodor W. Adornos Chaos in die Ord-
nung zu bringen vermag, hat sie alles Po-
tenzial, Sinn zu stiften, wenn sie in unse-
ren Alltag eindringt. In diesem Sinne
kann das Museum des 20. Jahrhunderts
ein Ort werden, an dem wir uns mit der
Realität einer künstlerisch fiktiven Ge-
genwart auseinanderset-
zen, um unsere aktuelle
gesellschaftliche Veror-
tung besser zu verste-
hen.
Kunst stellt die Fra-
gen, die wir selbst nicht
unbedingt stellen. Sie
sät Zweifel, öffnet neue
Blickwinkel und er-
zwingt Debatten, die
wir als Gesellschaft führen müssen. Sie
hilft uns so letztlich, zu uns selbst zu fin-
den. Das aber kann Kunst nicht im Depot
leisten. Sondern das kann sie nur, wenn
sie sich öffentlich dem Diskurs stellt. Da-
für braucht es Museen als öffentliche
Räume. Und dafür braucht es gegebenen-
falls auch neue Räume, wenn die alten
nicht ausreichen.
Das Museum der Moderne kann genau
solch ein Raum sein. Es blickt dabei pro-
grammatisch nicht in die Vergangenheit,
sondern auf die Gegenwart, ihre Unüber-
sichtlichkeit und ihre Widersprüche. Das
Museum kann eine ganz besondere Kraft
entfalten, weil ein Haus der Kunst auch
in seiner Gestaltung immer schon ein öf-
fentliches Bekenntnis zur Kunst sein
sollte. Architektur ist keine wärmende
Hülle für einen vermeintlich rationalen
Zweck, den es zu erfüllen gilt. Sie ist
selbst ein öffentliches und künstlerisches
Statement ihrer Zeit. Jede Zeit braucht
den Mut, öffentlich – und das heißt oft:
architektonisch – zu zeigen, was sie aus-
macht. Dazu braucht es offene Räume,
die einladen, sich mit Kunst und Kultur
auseinanderzusetzen und dies im besten
Fall gemeinsam zu tun.


DieAttraktivitätundRelevanzdieserof-
fenen Räume erwächst aus ihrem Bezug
zurUmgebung.IchhabelangeinBerlinge-
lebt und bin dieser Stadt eng verbunden.
Deshalb weiß ich um die Standortdiskus-
sion und möchte aus der Ferne keine kon-
kreten stadtplanerischen Hinweise ge-
ben. Aber grundsätzlich kann ich mir
kaum einen besseren Ort für ein Museum
moderner Kunst vorstellen, als den bis-
lang etwas unfertigen Platz zwischen der
Neuen Nationalgalerie von Ludwig Mies
van der Rohe, der Philharmonie und der
Staatsbibliothek von Hans Scharoun und
derdenkmalgeschütztenSt.Matthäus-Kir-
che. Inmitten dieses so dezidiert der Ge-

genwart zugewandten Gebäudeensem-
blesbrauchteseineselbstbewussteArchi-
tektur,diedemGesamteindruckeineaktu-
elle Facette hinzufügt. Hier braucht es vi-
sionäreundzugleichsensibleArchitekten
wie Jacques Herzog und Pierre de Meu-
ron,diedengeniuslociverstehenundmit
seiner Kraft zu arbeiten wissen. Das
schafft vielleicht auch die Möglichkeit,
sichderRevitalisierungdesKulturforums
imGanzen noch einmalzuzuwenden.
An einem Ort, der lange Zeit an den
Rand der Stadt, an die Grenze zwischen
OstundWest,verbanntwarundderheute
so eindeutig im Herzen einer wiederver-
eintenStadtinmitteneines wiederverein-

ten Landes liegt, kann Kunst ganz beson-
dereBezügeschaffen.SiekannindenDia-
log treten zu anderen Kunstsparten, sie
kann sich der gesellschaftlichen Entwick-
lung stellen und sie kann vor allem genau
dort ihre Wirkung entfalten, wo sich die
Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit ih-
ren Gästen aufhalten. Kunst – das wird
hier deutlich – kann das Gesicht einer
Stadt prägen undSinnstiften.
NunistvonderSeitedesSpielfeldesZu-
rückhaltung geboten, insbesondere wenn
esumdieBewertungvonKostenentwick-
lungen und Planungsprozessen geht. In
Hamburg wurde damals bei der Elbphil-
harmonie der Kardinalfehler begangen,

dass in großer Euphorie der erste Spaten-
stich bereits zu einem Zeitpunkt erfolgte,
als die Planungen noch nicht abgeschlos-
senwaren.DiesenFehlerkonnteerstOlaf
Scholz als damaliger Erster Bürgermeis-
ter im Rahmen einer aufwändigen und
mehr als anstrengenden Neuordnung be-
seitigen.
Dass er nun auch bei den Planungen
zumMuseumdes20.Jahrhundertsmitzu-
reden hat, sollte den Berlinern Mut ma-
chen.Ebenso wie der Umstand, dass man
sich auf ein Architekturbüro eingelassen
hat,dasweltweitgezeigthat,dassesnicht
nur ikonographische Gebäude schaffen
kann, sondern diese
auch zu lebendigen
Orten des gesell-
schaftlichen Austau-
sches werden. Was
das konkret bedeu-
tet,kannmanTagfür
Tag nicht nur in der
Hamburger Elbphil-
harmonie erleben,
sondern auch in der
Londoner Tate Modern und vielen ande-
ren Kulturbauten. Häuser der Kultur ha-
bendieChance,ganzeStadtteilezumPosi-
tivenzuverändernundungeahntesoziale
Kräfte zu entfesseln.
Wir haben in Hamburg lange gerungen
undauchvielgelitten,bissichdieElbphil-
harmonie zu dem Erfolg entwickeln
konnte, über den wir uns heute alle
freuen. Über elf Millionen Besucher der
Elbphilharmonie seit der Eröffnung und
Abend für Abend ausverkaufte Konzerte
haben der Stadt gezeigt, welche kulturel-
len Kräfte in ihr stecken und letztlich ih-
rem Selbstbewusstsein zugrunde liegen.
Bei all dem haben wir aber eines nie aus
dem Blick verloren – das Ziel, einen Bau
entstehen zu lassen, der nur einem ver-
pflichtet ist: der Freiheit der Kunst. Dies
ist Voraussetzung dafür, dass Kunst und
Kultur ihre volle Kraftentfaltenkönnen.
DerHauptstadt Berlin kann stellvertre-
tend für das ganze Land Ähnliches gelin-
gen. Sie muss aber auch den Mut und die
gemeinschaftlicheLusthaben,ihrekünst-
lerischenSchätzeausdenDepotsundinat-
traktive und neu gestaltete öffentliche
Räume zu holen, damit sie ihre kulturelle
und gesellschaftliche Kraft entfalten kön-
nen. Mit all den Risiken, die Chaos brin-
gen kann, das zur Kunst so unweigerlich
dazugehört.

— Der Autor ist Senator für Kultur und Me-
dien der Freien und Hansestadt Hamburg
und Vorsitzender der deutschen Kulturmi-
nisterkonferenz.

Bayerischer Buchpreis für David
Wagner und Jan-Werner Müller
Der Bayerische Buchpreis 2019 geht an
David Wagner und an Jan-Werner Müller.
Wagner wurde die Auszeichnung in der
Kategorie Belletristik für seinen Roman
„Der vergessliche Riese“ zugesprochen,
Müller erhielt ihn für sein Buch „Furcht
undFreiheit.Füreinen anderen Liberalis-
mus“ in der Sparte Sachbuch. Eine Jury
hatteam Donnerstagabend inder Münch-
ner Residenz live und vor geladenem Pu-
blikum und in Anwesenheit der Autoren
über deren Werke diskutiert. KNA

Manet-Bild aus Gurlitt-Bestand
geht nach Tokio zurück
Das National Museum of Western Art in
Tokio hat ein Gemälde von Edouard Ma-
net aus dem „Kunstfund Gurlitt“ zurück-
erworben. Damit gelangt das Bild „Ma-
rine, Temps d'orage“ von 1873 für 3,6
MillionenEuro wieder dauerhaftnachTo-
kio. Von dort war es im Zweiten Welt-
krieg verkauft worden. Provenienzfor-
schung hatergeben:Es isteindeutigkeine
Raubkunst. KNA

EFNACHRICHTEN


Foto: Jürgen Hasenkopf

Der Sonntag
im Tagesspiegel

„Plötzlich knabberten wir am Kaviar“
Andreas Mies (links) und Kevin Krawietz
bilden das erfolgreichste Tennis-Doppel in
Deutschland. MitCornelia Heimreden sie
über Grand-Slam-Angst und Preisgelder.
Provinz als Chance
Wen die Großstadt nervt, den wollen kleine
Kommunen locken.Susanne Grautmann
sieht sich Bewerbungsangebote an.
Kunst als Katalysator
In Amman erleben Künstlerinnen eine
ungewohnte Freiheit dank Street-Art.
Annette Wagnerschaut sich um.
Detox als Kraftakt
Drei Tage Stressabbau, Sport und Diät-
plan.Ulf Lippitztestet ein Gesundheits-
programm für Manager.

Prestigearchitektur. Teuer und viele Diskussionen. Heute freut sich ganz Hamburg über die Elbphilharmonie. Foto: Fabian Bimmer/Reuters

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Foto: Bertold Fabricius

Auch das


Kulturforum
braucht
visionäre

Architektur


Neue Räume schaffen Freiheit


Das Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin wird teurer als geplant. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda plädiert für Mut.


Selbstbewusste Architektur prägt eine Stadt. Bei der Elbphilharmonie hat es am Ende doch geklappt


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