Der Tagesspiegel - 09.11.2019

(Darren Dugan) #1

W


enn die Berliner Mauer eine
Narbe auf dem Gesicht Euro-
pas war – wie es Nato-General-
sekretär JensStoltenbergvor wenigenTa-
gen formulierte – dann war Albrechts
Teerofen so etwas wie der Blinddarm
West-Berlins. In dieser Ortslage von Zeh-
lendorf lag bis Ende der sechziger Jahre
der alte Checkpoint Bravo, bewacht von
Streitkräften der USA. Während aktuell
alle Welt wieder einmal vom Checkpoint
Charlie in der Friedrichstraße spricht,
weil dieser touristen- und geschichts-
trächtige Ort neu bebaut werden soll, ist
der alte Checkpoint Bravo dem Verfall
preisgegeben. Eine Spurensuche.
Das heutigeErscheinungsbildist desas-
trös. Es geht im Kern zurück aufein 1952
fertiggestelltes Kantinengebäude für Be-
schäftigte des Grenzkontrollpunktes und
für Fernfahrer. Die Buchstaben am Gie-
bel der früheren Raststätte Dreilinden
wurden vor einigen Jahren abmon-
tiert. Sie sind verschwunden. Mit Pappe
undHolzvernagelteFenstersowieSchutt-
berge vor der Raststätte zeigen, dass die-
ses Denkmal mit der Objekt-Dokumen-
ten-Nummer 09065327 des Landes-
denkmalamtes offenbar nicht geschützt
wird. Seit 2004 steht der Winkelbau in
Holzfachwerkbauweise mit Satteldach
leer. Der alte Grenzübergang liegtam öst-
lichen Ende der Straße Albrechts Teer-
ofen – auf der Höhe Stahnsdorfs.
„Dort beschleicht einen eigentlich nur
diegroßeTrauer“, sagt Hans-JoachimLo-


renz, langjähriger Fernsehjournalist des
Senders Freies Berlin (SFB): „Ein ver-
wahrloster, ein ahistorischer Platz. Das
macht alles einen tristen Eindruck. Von
historischem Bewusstsein ist dort nichts
übrig geblieben.“ Lorenz, 1943 geboren,
verbindet mit Albrechts Teerofen durch-
tanzte Nächte seiner Jugend. Mit seiner
Clique sprang er nach Disko-Besuchen
im Morgengrauen an der Havelchaussee
in’s Wasser. „Die Autos konnte man am
Ufer abstellen, ich fuhr
einen Fiat 600 Jagst mit
19 PS, damals war da
noch ein natürlicher
Sandstrand.“ Anschlie-
ßend ging man in Al-
brechts Teerofen früh-
stücken. Das war in den
frühen sechziger Jah-
ren, nach dem Mauer-
bau. Lorenz war um die
zwanzig Jahre alt. „Man müsste dem Ort
ein bisschen Würde zurückgeben“, sagt
er heute.
1969/70 wurde in Zehlendorf ein
neuer Kontrollpunkt eröffnet. Transitrei-
sende nannten ihn „Dreilinden“. Die Alli-
ierten sprachen vom neuen Checkpoint
Bravo. Als Checkpoint Alpha wurde übri-
gens der Übergang in Marienborn/Helm-
stedt bezeichnet. Die Verlegung des alten
Checkpoints ging auf Betreiben der DDR
zurück. Sie hatte hier kein freies Schuss-
feld, die Lage war unübersichtlich. Tran-
sitreisende passierten erst den Osten,
dann wieder den Westen, fuhren dann
wieder in den Osten. Die DDR aber
wünschte sich für ihr Grenzregime einen
perfekten Kontrollpunkt auf DDR-Ge-
biet. „Um dem unübersichtlichen Verlauf
der alten Reichsautobahn auszuweichen,
wählten die Planer aufseiten der DDR ein
neues, weiter nordöstlich gelegenes Ge-
lände bei Kleinmachnow, das mit einer
neuen und beleuchteten Autobahn sowie
einer Stahlbetonbrücke über den Teltow-
kanal angeschlossen wurde“, schreibt Pe-
terBoegerzur Geschichte derGrenzüber-
gangsstelle Drewitz/Dreilinden. „Damit
war der Ortsteil Albrechts Teerofen um-
gangen und der Kontrollpunkt Dreilin-
den/Checkpoint Bravo des Westens au-
ßerFunktiongesetzt“, schreibtder Vorsit-
zende des Vereins Checkpoint Bravo
(Kleinmachnow) und Leiter des Bereichs
Schwerpunktstudiender Stasiunterlagen-
behördeweiter.Die neueDDR-Grenzkon-
trollstelle Drewitz entstand dort, wo sich
heute der Europarc Dreilinden befindet.
EinunterDenkmalschutz stehender Kom-
mandoturm erinnert noch an die
DDR-Grenzkontrollen.
Ulrich Springer kann sich noch gut an
die ganz alten Zeiten erinnern, als die
Russen an der Zonengrenze in Albrechts
Teerofen das Sagen hatten. „Wir sind im-
mer von Anfang an bis 1957 im Sommer
in den Ferien nach Dreilinden gefahren“,
sagt der Architekt. Hier wohnten seine
Großeltern. Er war noch keine zehn Jahre
alt. „Die Kinder sind dann ausge-
schwärmt. Wir haben immer Buntmetall
gesucht. Das war dann 1948, als die Blo-
ckade war – von Dreilinden nach Wann-
see war es nur ein kurzer Weg“, sagt der
78-Jährige. „Die S-Bahn fuhr damals
noch. Wo heute am Wannsee „Loretta“
ist, war der größte Ost-West-Schieber-
markt während der Blockade. Dort wur-
den Waren aus dem Osten rüberge-
schmuggelt. Wir Kinder hatten uns spe-


zialisiert auf Buntmetall. Wir waren na-
türlich so pfiffig, dass wir hauptsächlich
Munition gesucht haben. Wir haben das
Pulver entfernt und die Messinghülsen
gesammelt und die dann im Handwagen
nach Wannsee gebracht und haben dort
kleines Geld bekommen. Damit haben
wirSchokolade kaufen können. Wenn die
Russen Kinder mit dem Handwagen sa-
hen, haben sie uns immer laufen lassen.“
Vor der Verlegung des Checkpoints
Bravo war – zum Mauerbau 1961 – be-
reits die Potsdamer Bahn (Stammbahn)
abgebaut, die Autobahn im südlich von
Albrechts Teerofen ansetzenden Bogen
zum Kleeblatt Zehlendorf 1969 stillge-
legt worden. Die baulichen Anlagen des
alten Kontrollpunktes in Albrechts Teer-
ofen wurden 1971 – bis auf die Raststätte
und einzelne Spuren des Grenzübergan-
ges – beseitigt. Heute erinnert an die ehe-
malige Verbindung zur Avus neben der
Autobahnbrücke noch die alte Autobahn-
trasse auf Wannseer Gebiet – heute ein
beliebter Radwanderweg. Die nach Os-
ten verlegte DDR-Grenzübergangsstelle
Drewitz wurde am 15. Oktober 1969 er-
öffnet, zum 20. Jahrestag der DDR.
Außer dem aufgeschütteten Plateau
für den Kontrollpunkt, die Fahrbahnmar-
kierungen der Autobahnbrücke und einer
Dreimast-Fahnenanlage erinnert heute
nur noch die Raststätte an den einstigen
Checkpoint Bravo, der schließlich 2010
unterdenHammerkam: 14772Quadrat-
meterFlächefür45000Euro.DieamWas-
sergelegeneImmobiliegingzumMindest-
gebot an die „Peja-Group“. „Wir entwi-
ckeln zum Beispiel Grundstücke und Ge-
bäudeinNewJerseyundNewYorkfürUn-
ternehmen wie Dow Jones“, heißt es auf
derHomepagedesUnternehmens.Amal-
ten Checkpoint Bravo entwickelt Unter-
nehmer Toni Bienemann allerdings
nichts.DieImmobiliedientwohlnurMar-
ketingzwecken seines Unternehmens.
NachRücksprachemitdemStadtentwick-
lungsamt in Steglitz-Zehlendorf teilt der
Bezirk auf Anfrage mit: „Das Gelände
dort ist planungsrechtlich sogenannter
„Außenbereich“ und in weiten Teilen
auchWald.Bauen darf mandort nicht.“
Dabei ist Albrechts Teerofen ideales
Wohngebiet wenn – wie geplant – die
Potsdamer Stammbahn reaktiviert wird,
die einst Magdeburg mit Berlin verband.
Die Gemeinde Stahnsdorf ist begeistert
undwünschtsichBahnhöfesowohlamal-
ten Halt in Düppel wie auch am Europarc
Dreilinden. Poll Immobilien verkaufte in
diesemJahrein13431Quadratmetergro-
ßes Grundstück in Albrechts Teer-
ofen: „MitleichterHanglagehabenSieei-
nen schönen Blick auf den Teltowkanal
und die unter Natur-
schutz stehende Par-
forceheide“, hieß es im
Exposée. Allerdings:
„Das Grundstück wie
die gesamte Exklave ist
derzeit weder an das
Wasser noch an das Ab-
wassernetz der Berliner
Wasserbetriebe ange-
schlossen.“ Zur Trink-
wasserversorgung müssen Brunnen ge-
bohrtwerden.Dassolltesicheigentlichän-
dern.
Das Stadtentwicklungsamt Steg-
litz-Zehlendorf wollte und sollte eigent-
lich das Bebauungsplanverfahren X-160a
verfolgen, das im August 1988 für Al-
brechts Teerofen eingeleitet worden war:
„Ziel des Bebauungsplanverfahrens war
es, die Wohnbauflächen einer Neuord-
nung in Bezug auf die Regelung der Be-
bauungstiefe, der Erschließung und der
Gestaltung zuzuführen und damit auch
dieFreiflächenin Einklang mitdem paral-
lel aufgestellten Landschaftsplan X-L-4
zu bestimmen.“ Doch inzwischen ist die-
ser Plan Makulatur. Das Bezirksamt teilte
Mitte Oktober mit, dass das Vorhaben
nicht weiter verfolgt wird: „Es lässt sich
aus heutiger Sicht kein begründetes öf-
fentliches Interesse mehr ableiten, wel-
ches die Weiterführung des Bebauungs-
planverfahrens X-160aplausibelrechtfer-
tigen kann.“ Es gebe keinen Verände-
rungsdruck.Bauflächen scheintes in Ber-
linalsodoch – entgegenlandläufiger Mei-
nung – en masse zu geben.
Was aber wird aus dem alten Check-
point Bravo, der für die Nachkriegsge-
schichte des Transitverkehrs von und
nach Berlin so große Bedeutung erlangt
hatte? Peter Böger vom Verein Check-
point Bravo ist skeptisch: „Passieren tut
hier nichts, nur dass jemand seit Jahr und
Tag an der Raststätte zugange ist und
große Müllberge vor dem Haus auftürmt.
Wasmichentsetzt,ist,dasssichderBerli-
ner Denkmalschutz darum überhaupt
nichtkümmert.Wiemandaseinmaldenk-
malgerecht wiederherstellen will, ist mir
schleierhaft. EsgibtkeineIdee dazu.“

CDTHEMA


30 Jahre
Revolution und
Mauerfall

Kein Durchbruch am Checkpoint Bravo


Der alte


Grenzkontrollpunkt der


Alliierten in Zehlendorf


verfällt seit Jahren –


eine Rückschau


Der Checkpoint Bravo nach dem Mauerbau
im Dezember 1961 und 2017. Vom Kontroll-
punkt ist wenig übrig geblieben – einige Fah-
nenmasten und eine alte Fernfahrerrast-
stätte in ruinösem Zustand. Auf den Fahr-
bahnen sind noch einige wenige Markierun-
gen zwischen Verkehrsinseln zu erkennen.
Eine Gedenkstätte gibt es hier bis heute
nicht. Der Übergang ging 1969 außer Be-
trieb und wurde durch einen neuen Check-
point Bravo in Dreilinden ersetzt. Auch die-
ser torartige Brückenbau der Westalliierten


  • mit einer runden Raststätte im Pop-Art-
    Stil – verwaist nach und nach.
    Fotos: Eddie Worth/AP, Thilo Rückeis


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POTSDAM UND UMGEBUNGBrachen mit viel Vergangenheit und wenig Zukunft


Foto: privat

Foto: Franzsiska Springer

SONNABEND, 9. NOVEMBER 2019 / NR. 24 000 IMMOBILIEN DER TAGESSPIEGEL I5


Von Reinhart Bünger

115

Telto
wkanal
Telto
wkanal

StahnsdorfStahnsdorf

DreilindenDreilinden

Albrechts
Teerofen

Albrechts
Teerofen

he
em

ali
ge

Auto
bahn

Ehem. Kontrollpunkt
Checkpoint Bravo
bis 1969

Ehem. Kontrollpunkt
Checkpoint Bravo
seit 1969

WESTWEST


OSTOST


BERLINBERLIN

BRANDENBURGBRANDENBURG

Europa-
park

Europa-
park

Raststätte
Dreilinden

Raststätte
Dreilinden

Klein-
machnow

Klein-
machnow

Tsp/Klöpfel

ehemaliger Grenzverlauf

ehemalige Stammbahn

Hans-Joachim
Lorenz


Ulrich Springer

Luxus im Grünen – Vierzehn hochwertige Townhouses warten auf Ihre Besichtigung


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