Die Welt Kompakt - 01.08.2019

(Brent) #1
KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,1.AUGUST2019 SEITE 20

E

s ist halb zehn Uhr
abends in Berlin-Mitte
und immer noch hell.
Ein DriveNow-Kunde
versucht, sein BMW-Cabrio in ei-
ne großzügige Lücke einzufä-
deln, scheitert und fährt mit heu-
lendem Motor weiter, um-
schwirrt von Mietfahrrädern und
ein paar E-Rollern. Vor dem Haus
gegenüber hat derweil ein weißer
Mercedes-Kastenwagen angehal-
ten. Zwei Jungs mit Gürtelta-
schen steigen aus und gehen zu
einer auf dem Gehweg abgestell-
ten E-Schwalbe, einer Art neu
aufgelegter DDR-Vespa mit Elek-
troantrieb, die man ebenfalls
mieten kann. Einer zieht ein
graues Köfferchen aus dem Bo-
den der Schwalbe, der andere
holt einen exakt gleich aussehen-
den Gegenstand aus dem Trans-
porter. Beides wird nun ausge-
tauscht, wie in einem Agenten-
film, dann sind sie wieder weg,
verschluckt von der betriebsa-
men Stadt, und ich komme mir
vor wie Heinz Sielmann, der eine
Antilope bei der Paarung beob-
achtet. So geht das also!

VON BORIS POFALLA

Andere Helfer der neuen Sha-
ring Economy nehmen die elek-
trischen Stehroller mit nach
Hause und laden sie nachts im
Wohnzimmer auf, für ein paar
Euro. Das sind Juicer. Ein neues
Wort für eine neue Zeit. Und was
für eine Zeit ist das. Noch nie
hatte man in der Großstadt so
viel Auswahl, sich fortzubewe-
gen. Es ist wie ein Rausch, ein
Mobilitätsrausch.
„Eine Stadt mit mehr Platz zur
räumlichen Entfaltung“ ver-
spricht das Start-up Emmy, des-
sen Abgesandte eben vor meinen
Augen den Akku gewechselt ha-
ben. Eine Stadt, „in der sich Fahr-
zeuge nicht mehr den begrenzten
Platz wegnehmen. Eine Stadt, in
der man sich wohlfühlt“. Ich füh-
le mich wohl, ich fühle mich so-
gar herrlich in diesem Sommer
der Mobilmachung. Der Schein-
werfer meines E-Rollers bohrt
sich in die Dämmerung wie eine
Taschenlampe bei der Nachtwan-
derung. Die Luft am Alexander-
platz ist balsamisch. Der hohe
Schwerpunkt sorgt dafür, dass
man kaum gefahrlos bremsen
kann, auch die Hand kann man
nicht vom Lenker nehmen. Aber
man fühlt sich lebendig und frei.
Und wer zu zweit fährt, wie viele
Paare, der würde offenbar bereit-
willig zusammen sterben. Ro-
mantischer geht es nicht.
Manchmal miete ich mir einen
elektrischen Motorroller. Die von
Coup sind leichter und wendiger
als die von Emmy, aber das Prin-
zip ist dasselbe. Der Helm ist
vorgeschrieben, man kann aber
so wenig anziehen, wie man will,
den Wind spüren und die Be-
schleunigung. Anders als im Auto
hat der E-Motorroller-Pilot einen
360-Grad-Blick auf die Stadt und
ihre Menschen, er riecht die Stra-
ßenbäume und das frische Brot
aus den Brotmanufakturen, er

riecht die Shisha-Schwaden vor
den Shisha-Bars.
Alle Sinne werden angespro-
chen, im Kunstbetrieb spricht
man von Immersion. Das Klin-
geln der E-Scooter hat was von
einem Eisverkäufer in einem al-
ten Film, und dann ist da das all-
gegenwärtige Sirren der E-Mo-
torroller und der E-Autos, die da
fröhlich rekuperieren und be-
schleunigen, rekuperieren und
beschleunigen. Sogar elektrische
Linienbusse gibt es mittlerweile,
sie brummen so potent wie ein
kleines Kraftwerk.
Es ist der Sommer des Sha-
rings, den wir erleben: Rollersha-
ring. Carsharing, E-Scooter-Sha-
ring. Mobike, Nextbike, Uber Bi-
ke. DriveNow, Car2Go, WeShare,
Oply, Free Now. Ubeeqo. Oply ist
immer für dich da. Fahr den
Spaß!
Früher war man aufs Rad und
die Öffentlichen beschränkt,
wenn man kein Auto besaß, das

ist vorbei. Freiheit kann man
jetzt leihen. Manchmal fahre ich
mit dem Roller nachts nach Mar-
zahn, einfach so, um die Lichter
in den Hochhäusern zu sehen.
Diese Nacht kostet mich zehn
Euro Miete. Nur das Geschäfts-
gebiet setzt mir Grenzen, ich
darf nicht mit leerem Akku in
Marzahn liegen bleiben. Im We-
sentlichen existiert die neue Sha-
ring-Welt nämlich nur innerhalb
des S-Bahn-Ringes, im Zentrum.
Die Stadt ist neu kartiert, es
gibt nun eine mobile Banlieue, in
der die Arbeiterklasse weiterhin
ein Auto braucht, und eine gute
Zone, in der man zwischen Dut-
zenden Sharing-Anbietern wäh-
len kann. Dafür kann ich aber
nichts. Ich stürze mich rein, ich
mache jetzt überall mit. Hallo
Zukunft! Um meine Identität zu
beweisen, habe ich mit dem
Handy Kurzvideos von meiner
Fahrerlaubnis gedreht, extrem
unvorteilhafte Selfies gemacht

und die Plastikkarte ausdrucks-
los neben mein Gesicht gehalten.
Irgendwo in Indien weiß nun je-
mand, wie ich im Morgenmantel
aussehe und wo mein Führer-
schein ausgestellt wurde. Filialen
haben die Sharing-Firmen nicht,
sie existieren nur als App. Ich
weiß wenig über diese Unterneh-
men, aber sie wissen viel über
mich.
Car2Go etwa „darf meine Au-
tonutzungsdaten inklusive Orts-
bestimmungsdaten analysieren,
um mein Fahrerlebnis zu verbes-
sern“. Beim ersten Mal liest man
sich das noch durch, danach
nicht mehr, es ist eh zu spät. Ich
bin schon bei DriveNow und
Car2Go, die bald zu Share Now
fusionieren, bei Miles und bei
Tier, bei Voi und Lime, bei Drivy
und beim Berlkönig, dem Poo-
ling-Dienst der Berliner Ver-
kehrsbetriebe. Mit deren U-Bah-
nen fahre ich eigentlich gar nicht
mehr, zu warm, zu eng, es riecht

V


izekanzler Olaf Scholz
hat angesichts der
Spannungen im Persi-
schen Golf zu Besonnenheit
aufgerufen. „Das Ziel von al-
len verantwortungsvollen Po-
litikerinnen und Politikern
muss es sein, sehr nüchtern
und überlegt die Lage zu beob-
achten und nicht schlafwan-
delnd in eine noch größere
Krise zu geraten“, sagte
Scholz. Dieser Aufruf löste ein
großes internationales Echo
aus. Der britische Premiermi-
nister Johnson erklärte zer-
knirscht, er habe nicht geahnt,
dass er die Lage nüchtern und
überlegt beobachten müsse.
Er wisse nicht, ob er der Auf-
gabe gewachsen sei. Zunächst
lasse er allerdings prüfen, ob
es sich bei ihm um einen ver-
antwortungsvollen Politiker
handele. Der iranische Präsi-
dent Ruhani dankte Scholz
und sagte, er sei Schlafwand-
ler und tatsächlich jede Nacht
unterwegs in eine noch größe-
re Krise. Auch der amerikani-
sche Präsident Trump zeigte
sich beeindruckt vom deut-
schen Vizekanzler und ver-
lautbarte, Scholz sei ein mäch-
tiger Mann, dessen Wort Ge-
wicht habe. Er werde sich di-
rekt mit ihm beraten, um zu
erfahren, was er tun solle.

Zippert


zappt


Es ist, als habe man das Videospiel „Großstadt“ gehackt


und alle Waffen freigeschaltet, die es gibt: Wir erleben den


Sommer des Sharing-Wahnsinns. Eine Roadmovie-Reportage


MAURITIUS IMAGES/ HANOHIKIRF/

ALL MAURITIUS IMAGES CONTENT+

I


n Frankreich erscheinen im
Herbst bislang unbekannte
Novellen und Skizzen des
Jahrhundert-Schriftstellers
Marcel Proust (1871-1922). Der
Autor des berühmten Romans
„Auf der Suche nach der verlo-
renen Zeit“ hatte sie ursprüng-
lich für seinen Erstlingsroman
„Freuden und Tage“ aus dem
Jahr 1896 verfasst, wie der Pari-
ser Verlag der Éditions de Fal-
lois mitteilte. Die Erzählungen
und Entwürfe kommen unter
dem Titel „Le Mystérieux Cor-
respondant et autres nouvelles
inédites“ (etwa: Der mysteriöse
Korrespondent und andere un-
veröffentlichte Novellen) vo-
raussichtlich am 9. Oktober in
den Buchhandel. Die Texte wur-
den von dem im 2018 verstorbe-
nen Proust-Spezialisten und
Gründer des Verlags, Bernard
de Fallois, entdeckt. Der Verlag
vermutet, dass Proust die Texte
damals nicht veröffentlicht ha-
be, da in ihnen das Thema der
körperlichen Liebe im Mittel-
punkt stehe und er nicht habe
schockieren wollen. Die Gesell-
schaft, in der Proust lebte, war
stark traditionellen Moralvor-
stellungen verhaftet.

Unbekannte


Proust-Texte


erscheinen


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stellungen verhaftet.

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schaft, in der Proust lebte, war
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schaft, in der Proust lebte, war
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schaft, in der Proust lebte, war
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