Die Welt - 08.08.2019

(Brent) #1

AUCH DER


VERBRAUCHER AN


DER LADENKASSE


HAT ES IN DER HAND


JULIA KLÖCKNER,Bundesministerin
für Ernährung und Landwirtschaft

,,


D


ie Bundesregierung und Spitzen-
politiker der Koalition halten
wenig von einer Fleischsteuer,
um den Fleischkonsum zu bremsen.
AAAgrarministerin Julia Klöckner begrüßtegrarministerin Julia Klöckner begrüßte
am Mittwoch zwar, dass es eine Sensibili-
tät dafür gebe, dass mehr Tierwohl auch
mehr Geld koste. Die CDU-Politikerin
fffügte aber hinzu: „Das Geld muss nichtügte aber hinzu: „Das Geld muss nicht
automatisch aus Steuererhöhungen kom-
men, sondern kann durch Schwerpunkt-
setzungen erreicht werden.“ Für die SPD
lehnte ihr Parlamentarischer Geschäfts-
ffführer Carsten Schneider jede Diskussi-ührer Carsten Schneider jede Diskussi-
on darüber ab, die Mehrwertsteuer bei
Fleisch von sieben auf 19 Prozent zu er-
höhen. Agrarpolitiker von Grünen, SPD
und CDU hatten dies ins Gespräch ge-
bracht. Das Finanzministerium stellte
klar, dass bei Steuern eine Zweckbindung
von Mehreinnahmen etwa für den Tier-
schutz nicht möglich sei.
Der Deutsche Bauernverband wandte
ein, eine Fleischsteuer sei zu kurz ge-
dacht. „Nicht der Fiskus, sondern die
Landwirte brauchen Mittel und Unter-
stützung für eine Weiterentwicklung
der Tierhaltung“, erklärte Verbands-
Generalsekretär Bernhard Krüsken. Für
Um- und Neubauten von Ställen gebe es
zudem derzeit „eine faktische Blockade
im Bau- und Genehmigungsrecht“. Die
Umweltschutzorganisation Greenpeace
plädierte für ein „Ende der Steuerver-
günstigung von Fleisch- und Milchpro-
dukten“. Eine höhere Mehrwertsteuer
von 19 Prozent würde die Nachfrage
laut Berechnungen des Forums Ökolo-
gisch-Soziale Marktwirtschaft im Auf-
trag von Greenpeace um elf Prozent
verringern und zugleich Mehreinnah-
men von 3,6 Milliarden Euro bringen.
„Aus Umweltsicht sind die hohen Tier-
bestände und die Intensiv-Tierhaltung
das zentrale Problem“, sagte ein Sprecher
des Bundesumweltministeriums. „Da gibt
es effektivere Mittel als das Steuerrecht,
um zu einer Abstockung zu kommen.“
Ein Beispiel sei das Düngemittelrecht, bei
dem die Bundesregierung kurz vor einer
VVVerschärfung stehe. Über die entspre-erschärfung stehe. Über die entspre-
chende Verordnung streitet die Bundes-
regierung mit der EU-Kommission. „Was
die Mehrwertsteuer angeht, halten wir
nichts von einem häppchenweisen Vorge-
hen“, sagte der Sprecher.

Das Agrarministerium verwies darauf,
dass die Tierbestände rückläufig seien.
Bei Schweinen sei die Zahl zwischen
2017 und 2018 um mehr als vier Prozent
gesunken, bei Rindern in der gleichen
Zeit um etwa drei Prozent. Klöckner er-
klärte: „Auch der Verbraucher an der La-
denkasse hat es in der Hand, welche
Wirtschaftsweise er mit seinem Konsum
und seinem Geldschein unterstützt.“ Ei-
ne gesunde, nachhaltige Landwirtschaft
sei im Interesse aller. Dafür müsse es
auch öffentliche Mittel geben. Der SPD-
Politiker Schneider zeigte sich bemüht,
die Debatte zu beenden: „Die SPD-Bun-
destagsfraktion diskutiert nicht über ei-
ne Erhöhung der Mehrwertsteuer auf
Fleischprodukte.“ CSU-Generalsekretär
Markus Blume sagte dem Redaktions-
netzwerk Deutschland: „Wir lassen uns
von den Grünen das sommerliche Gril-
len nicht madig machen.“ Eine höhere
Mehrwertsteuer helfe nicht dem Tier-
wohl, sondern mache Fleisch nur gene-
rell teurer.
Die Agrarpolitiker Friedrich Osten-
dorff (Grüne) und Rainer Spiering
(SPD) hatten WELT gesagt, sie seien
für eine Anhebung der für Fleisch auf
sieben Prozent reduzierten Mehrwert-
steuer auf 19 Prozent. Für viele Nah-
rungsmittel gilt der ermäßigte Satz.
Dadurch sollte einst die Versorgung si-
chergestellt werden. Auch der CDU-
Agrarpolitiker Albert Stegemann zeigte
sich demnach offen für einen Vorstoß
des Deutschen Tierschutzbundes für
eine Fleischsteuer. Eine Zweckbindung
etwa für besseren Tierschutz wäre aber
nicht möglich.

Bundesregierung


wwwiegelt beiiegelt bei


Fleischsteuer ab


Umweltministerium


sieht effektivere Mittel


10



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10 WIRTSCHAFT DIE WELT DONNERSTAG,8.AUGUST


O


b in Fürth, Solingen oder
Wilhelmshaven – überall
herrscht ein Problem: Al-
le drei Städte, quer über
die Bundesrepublik ver-
teilt, haben noch freie Lehrstellen zu
bieten. Für die Region Fürth waren zu
Beginn des Monats August noch knapp
2200 freie unbesetzte Ausbildungsplät-
ze gemeldet. Dem gegenüber stehen
rund 1100 suchende junge Leute. Rein
rechnerisch hat jeder von ihnen die
Auswahl zwischen zwei Ausbildungs-
plätzen; in einigen Gegenden kämen auf
jeden Interessierten bis zu fünf freie
Lehrstellen, berichten Lokalmedien.

VON FLORIAN GEHM

Das zeigt: Der Bedarf nach jungen Ar-
beitskräftenin der deutschen Wirt-
schaft ist groß. Von einer Eintrübung
der Konjunktur ist, zumindest bei der
Suche nach Nachwuchskräften, noch
nichts zu spüren. Das untermauern
auch die Ausbildungszahlen des vergan-
genen Jahres: Insgesamt haben im Jahr
2018 521.900 Personen einen neuen Aus-
bildungsvertrag abgeschlossen. Das wa-
ren nach endgültigen Ergebnissen des
Statistischen Bundesamtes 6200 Men-
schen mehr als im Vorjahr – oder ein
Plus von 1,2 Prozent.
Treiber der Zahl waren allerdings aus-
schließlich Männer: Die Zahl der von ih-
nen neu abgeschlossenen Ausbildungs-
verträge stieg um 2,6 Prozent – während
die Neuabschlüsse von Frauen erneut
leicht, um einen Prozent, zurückgingen.
„Damit hält der seit zehn Jahren zu be-
obachtende Trend, dass Frauen immer
seltener eine duale Ausbildung ergrei-
fen, weiter an“, teilten die Wiesbadener
Statistiker mit. 2018 haben 25 Prozent

weniger Frauen eine duale Ausbildung
begonnen als noch 2008. Die duale Aus-
bildung gilt als deutsches Erfolgsmodell.
Doch der fehlende Nachwuchs wird zu-
nehmend zum Problem.
Dass die Ausbildungszahlen in
Deutschland überhaupt noch klettern,

verdanken die Unternehmen vor allem
Zuwanderern aus Syrien und Afghanis-
tan. Ihr Anteil an den neuen Ausbil-
dungsverträgen stieg besonders kräftig
an. Bei ausländischen Männern ver-
zeichnete die Statistik ein Plus von 14,
Prozent – mit 5500 neuen Ausbildungs-

verträgen. Die Zahl der ausländischen
Frauen, die 2018 in eine Ausbildung
starteten, stieg weniger stark um nur
4,2 Prozent – in absoluten Zahlen um
rund 800 Verträge.
Ein Vergleich mit dem Vorjahr
macht diese Zahlen besonders interes-
sant. Im Jahr 2018 haben insgesamt
61.032 Ausländer einen neuen Ausbil-
dungsvertrag in der Bundesrepublik
abgeschlossen – neben Syrern und Af-
ghanen darunter vor allem viele türki-
sche Staatsbürger. Zu gleichen Teilen
absolvieren sie eine Ausbildung vor al-
lem in Industrie und Handel sowie in
handwerklichen Berufen. Im Jahr 2017
schlossen noch 54.792 Ausländer einen
Ausbildungsvertrag ab. Insgesamt be-
trägt der Zuwachs in reinen Zahlen al-
so 6240. Das bedeutet auch, ohne die-
ses migrationsbedingte Azubi-Wachs-
tum wäre die Zahl der Auszubildenen
in Deutschland sogar leicht rückläufig.
„Die Flüchtlinge sind ein wichtiger
Schub von zusätzlichen jungen Leuten
für unser Land“, erklärt Enzo Weber,
Forschungsbereichsleiter am Institut
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB), gegenüber WELT. Denn die
Nachwuchskohorten in der Bundesre-
publik würden kontinuierlich kleiner –
„die Geburtenrate in Deutschland liegt
schon lange deutlich bei unter zwei Kin-
dern je Frau“, so Weber.
Gleichzeitig bereitet der deutschen
Wirtschaft die „Studienneigung“ junger
Menschen Sorgen. „Immer mehr Schul-
abgänger gehen an Universitäten. Bei
der Besetzung von Lehrstellen haben
heute viel mehr Betriebe Probleme,
Auszubildende zu finden als noch vor
zehn Jahren“, erklärt Weber. Tatsäch-
lich begannen im Jahr 2007/2008 ledig-
lich rund 362.000 Menschen ein Studi-

um – seit mittlerweile sechs Jahren gibt
es allerdings jährlich mindestens eine
halbe Million neue Erstsemester in
Deutschland, wie weitere Zahlen des
Statistischen Bundesamtes zeigen.
Auch für Christoph Metzler vom
Kompetenzzentrum Fachkräftesiche-
rung des Instituts der deutschen Wirt-
schaft (IW) in Köln sind die Zahlen kei-
ne Überraschung. „Bereits im vergange-

schaft (IW) in Köln sind die Zahlen kei-
ne Überraschung. „Bereits im vergange-

schaft (IW) in Köln sind die Zahlen kei-


nen Jahr haben wir einen Anstieg bei
Syrern und Afghanen beobachtet.“ Jun-
ge Zuwanderer hätten mittlerweile ihre
Berufsvorbereitungsprogramme durch-
laufen – „ein weiterer Anstieg ist auch
in Zukunft wahrscheinlich“, sagt Metz-
ler. Weitere Dynamik könnten künftig
auch Zuzügler aus Osteuropa in die
Stellenmarkt bringen.
AAAuch mit Blick auf die Studienzah-uch mit Blick auf die Studienzah-
len erwartet Metzler einen Einfluss
von Flüchtlingen: „Es ist zu vermuten,
dass der Anteil weiterer internationa-
ler Studierender hoch bleibt.“ Der
eventuelle demografische Einfluss
kleinerer Geburtenjahrgänge kann ge-
gebenenfalls durch diese Faktoren
ausgeglichen werden.
Bis dahin profitieren laut Weber
Wirtschaft und Flüchtlinge gleicherma-
ßen von der Entwicklung auf dem Ar-
beitsmarkt. „Bald befindet sich die Hälf-
te der arbeitsfähigen Flüchtlinge in ei-
nem Beschäftigungsverhältnis.“ Bisher
arbeitet die überwiegende Mehrheit al-
lerdings in sogenannten Helferberufen


  • bei denen in Deutschland bereits eine
    hohe Arbeitslosigkeit herrscht. „Das
    sind Jobs, die oft keine nachhaltige In-
    tegration in den Arbeitsmarkt gewähr-
    leisten“, sagt auch Weber. Deshalb soll-
    ten sich Betriebe auch künftig gezielt
    darum bemühen, offene Lehrstellen mit
    Flüchtlingen zu besetzen. „Am Ende“,
    sagt Weber, „gewinnen beide. Die einen
    eine Ausbildung und nachhaltige Inte-
    gration, die anderen zusätzliches Ar-
    beitskräftepotenzial“. Trotzdem, wider-
    spricht Weber IW-Wissenschaftler
    Metzler, dürfe dadurch nicht die Vor-
    stellung entstehen, dass sich auf diese
    Weise die Effekte des demografischen
    Wandels eliminieren ließen.
    Anders äußerte sich IAB-Chef Ul-
    rich Walwei, noch kürzlich in einem
    Interview mit WELT. Er erklärte, es
    sei problematisch unter den Deut-
    schen und hier lebenden Ausländern
    ausreichend viele für „Fachkräfteeng-
    passberufe“, etwa in der Pflege oder
    im Handwerk, zu begeistern. Walwei
    beobachtet einen generellen Trend zu
    Studium und Bürojob. „Die Flüchtlin-
    ge leben auch in dieser Gesellschaft
    und orientieren sich entsprechend,
    deswegen fällt auch bei ihnen die Ver-
    mittlung in diese Berufe oft schwer.“
    Zudem, so der Wirtschaftswissen-
    schaftler, sei die „Ausbildungsneigung
    der Flüchtlinge noch steigerungsfähig,
    und sie lösen auch etwas häufiger als
    andere ihre Verträge wieder auf.“ Dies
    sei auch auf den Anspruch mancher
    AAAusbildungsberufe zurückzuführen –usbildungsberufe zurückzuführen –
    hier bedürfe es besserer Unterstüt-
    zung und Ausbildungsbegleitung.
    Auch weitere Veränderungen zeigt
    die Statistik: Bei allen Neuabschlüssen
    belegte der Beruf Kaufmann oder -frau
    im Büromanagement mit 27.400 Verträ-
    gen erstmals den Spitzenplatz. Dahin-
    ter folgen die kaufmännische Ausbil-
    dung im Einzelhandel, Kfz-Mechatroni-
    ker, Verkäufer und die Ausbildung zu
    Industriekaufleuten. Gut ein Fünftel al-
    ler neu abgeschlossenen Verträge kon-
    zentrierte sich auf diese fünf häufigsten
    Ausbildungsberufe.


Bewahrer des


Erfolgsmodells


Die Zahl der neuen Azubi-Verträge ist


2 018 leicht gestiegen. Eine Zunahme gab


es vor allem bei Syrern und Afghanen


Insgesamt haben 2018
5 21.900 Personen
einen neuen
Ausbildungsvertrag
abgeschlossen

DPA

/ DANIEL BOCKWOLDT

Insgesamt
.

Türken, Syrer und Afghanen drängen in duale Ausbildung


*ohne Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt, ����

Neu abgeschlossene Verträge von Ausländern ����


EU-Länder* .

.

 

.





Übriges
Europa

Afrika davon Türkei

Asien

davon
Syrien

davon
Afgha-
nistan

tionen in 17 verschiedenen Ländern. Zu-
dem sollen die Nordkoreaner auch Ge-
fallen an Kryptowährungen gefunden
haben. Zum einen stehlen sie Krypto-
Geld direkt bei Angriffen auf die Han-
delsplätze. Zum anderen haben sie dem
Bericht zufolge selbst Krypto-Geld ge-
neriert, indem sie Mining-Software ver-
deckt auf gekaperten fremden Rechnern
haben laufen lassen.
Auch bei der Geldwäsche der erober-
ten Gelder sollen die Nordkoreaner Bit-
coin und andere Kryptowährungen ein-
setzen. Der Zugang zum regulären Ban-
kensystem der westlichen Welt ist dem
Regime aufgrund von Sanktionen seit
dem Jahr 2006 untersagt. Die UN-Ex-
perten kommentieren, dass Kryptowäh-
rungen das ideale Werkzeug für das
kommunistische Regime seien: Bitcoin
und Co. würden den Nordkoreanern er-
lauben, am regulären Bankensystem
und seinen Kontrollen und Regularien
vorbei Einkommen zu erzeugen und
Gelder zu transferieren. Bereits im Ok-
tober 2018 hatten Sicherheitsexperten
der Firma FireEye eine Hackergruppe
namens APT38 als nordkoreanische

R


aketentests sind eine teure Ange-
legenheit – dennoch hat das
chronisch klamme Terrorregime
von Nordkorea offenbar weiterhin ge-
nügend Geld, um Raketen in Richtung
Osten zu schießen. Ende Juli feuerte
das kommunistische Militär eine ballis-
tische Rakete ins Japanische Meer, in
dieser Woche folgte der Test eines neu-
en Raketen-Artilleriesystems.

VON BENEDIKT FUEST

Woher hat das Regime das Geld, um
ein solches Raketenprogramm zu finan-
zieren? Laut eines vertraulichen UN-
Berichts, den die Nachrichtenagentur
Reuters in Teilen am Montag veröffent-
lichte, verdienen staatliche Hacker das
Geld mittels Cyberkriminalität. Ganze
zwei Milliarden Dollar sollen die nord-
koreanischen Cyberdiebe in den ver-
gangenen Jahren erst gestohlen, dann
gewaschen und auf geheime Konten
transferiert haben.
Die Experten der Vereinten Nationen
untersuchten mindestens 35 Online-At-
tacken auf Banken und Finanzinstitu-

Staatshacker identifiziert. Die Gruppe
hatte in diversen erfolgreichen Angrif-
fen auf Banken Hunderte Millionen
Dollar erbeutet. Laut FireEye konnten
die Nordkoreaner seit 2014 16 Banken in
elf verschiedenen Ländern angreifen –
vor allem Geldhäuser in Asien waren
demnach im Visier der Hacker. Bekann-
te Ziele waren die TP-Bank in Vietnam
im Jahr 2015, die Bangladesh Bank im
Jahr 2016 sowie die Far Eastern Interna-
tional Bank in Taiwan in 2017. Auch die
Bancomext-Gruppe in Mexico sowie die
Banco de Chilegehörten 2018 zu den
Opfern.
Die Nordkoreaner sollen sich bei ih-
ren Angriffen durch extreme Geduld
ausgezeichnet haben – über Monate
spionierten sie die Banken aus, beob-
achteten interne Sicherheitsverfahren
und bewegten sich schließlich über die
Grenzen von Sicherheits- und Betriebs-
systemen hinweg in den IT-Infrastruk-
turen der Banken. Wenn sie den Dieb-
stahl ausführen, löschen sie anschlie-
ßend Daten und zerstören IT-Systeme –
so verdecken sie die Diebstähle im aus-
brechenden Chaos und verhindern, dass

ihre Methoden einfach aufgeklärt wer-
den können. Im Schnitt verweilen die
APT38-Hacker über 150 Tage in den Sys-
temen ihrer Opfer, bevor sie Geld für
sich abbuchen. Insgesamt soll allein
APT38 für den erfolgreichen oder ver-
suchten Diebstahl von mehr als 1,1 Milli-
arden Dollar verantwortlich sein. Um
an das Geld zu kommen, nutzten die
Hacker verschiedene Methoden. Beim
Angriff auf die Bangladesh Bank 2016
verwendeten sie das Nachrichtensys-
tem des internationalen Geldtransfer-
netzwerks Swift. 2017 in Taiwan gelang
es ihnen, Geldautomaten zur Auszah-
lung von unautorisierten Bargeldabhe-
bungen zu bewegen – derweil war das
Sicherheitsteam der Bank damit abge-
lenkt, eine parallel laufende Scheinatta-
cke mit Erpressungssoftware abzuweh-
ren. In Chile brachten die Täter Hun-
derte Bankencomputer zum Absturz,
um im anschließenden Chaos unbe-
merkt Kundengelder ins Ausland zu
transferieren. FireEye geht davon aus,
dass APT38 auch in Zukunft zuschlagen
wird, und dass Kryptogeld verstärkt ins
Visier der Nordkoreaner gerät.

Nordkorea erbeutet zwei Milliarden Dollar für Raketentests


Staatliche Hacker sind unbemerkt in die Systeme ausländischer Banken eingedrungen und haben riesige Summen gestohlen


MEHR ALS 150


TAGE BEWEGEN


SICH DIE


CYBERDIEBE IN


DEN SYSTEMEN


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