2020-02-28 trend

(Jacob Rumans) #1

S


tardesigner Giorgio
Armani hat mit sei-
ner Modenschau ver-
gangenen Sonntag
die Mailänder Fashion Week
beendet. Unter Ausschluss
der Öffentlichkeit. Das hat es
in der über 40-jährigen Kar-
riere des Mailänder Modeza-
ren noch nie gegeben. „Mir ist
die Gesundheit meiner Kun-
den wichtiger als etwaige Ge-
schäfte“, begründete Armani
seine Entscheidung. Er zählt
auch zu jenen Modeunter-
nehmern, die ihre Belegschaft
derzeit in Homework arbeiten
lassen, zumindest in den vom
Coronavirus gefährdeten Ge-
bieten in und um Mailand.
Die Fashion Week ist noch
mit einem blauen Auge da-
vongekommen, denn die Kri-
se hatte sich am Ende mit
dem gehäuften Auftreten von
Coronavirus-Infektionen zu-
gespitzt. Die weltweit größte
Optikmesse MIDO, die An-
fang März in Mailand statt-
finden hätte sollen, wurde
kurzfristig abgesagt. Noch ist
nicht sicher, ob die Design-
und Möbelmesse im April
abgehalten wird.
Chinesische Einkäufer
würden sowieso keine kom-
men. Das war schon bei der
Schuh-Schau (MICAM) oder
der Lederwarenmesse (MI-
PEL) so. Benetton sagt, dass

bei der Modeschau am 20.
Februar „kein einziger chinesi-
scher Journalist“ präsent ge-
wesen sei. Bis zum Vorjahr
gingen knapp ein Fünftel der
gesamten italienischen Luxus-
güterexporte nach China.
Zusätzlich zur Misere mit
den asiatischen Kunden hat
das Coronavirus nun auch Ita-
lien selbst im Griff. Das Wirt-
schaftsgeschehen in und um
Mailand ist so gut wie lahm-
gelegt. Die Stadt liegt wie die
gesamte Lombardei in der

Unser südlicher Nachbar kämpfte schon bisher
mit RÜCKLÄUFIGER WIRTSCHAFTSLEISTUNG.
Das Coronavirus verschärft die Lage drastisch.

Italien im Fieber


einer Rezession


GUCCI-SCHUTZMASKE
für Star Billie Eilish: Die
italienische Luxusbranche
leidet massiv unter dem
Corona-Virus.

„gelben“ Sicherheitszone. Öko-
nomen rechnen bereits, dass
das Bruttoinlandsprodukt
heuer zwischen 0,5 und ein
Prozent zurückgehen wird. Es
droht also eine Rezession bei
unserem südlichen Nachbarn,
dessen Wirtschafts leistung
sich schon im letzten Quartal
2019 rückläufig entwickelte.
Ministerpräsident Giuseppe
Conte warnte zu Wochenbe-
ginn vor drastischen Auswir-
kung des Virus auf die sowie-
so schon schwache Konjunk-

tur Italiens, wollte aber noch
nicht von einer Rezession
sprechen. Der Industriellen-
verband Confindustria verhält
sich abwartend.
Tatsache ist: Die Regionen
Lombardei und Venetien,
derzeit aber stärksten vom
Coronavirus betroffen, stehen
gemeinsam für rund ein Drit-
tel des italienischen BIP und
für 40 Prozent der Exporte.
Eine Unterbrechung der
Lieferketten würde nicht nur
die Luxusgüterbranche, son-
dern auch den europäischen
Maschinenbau, die Kfz-Bran-
che (etwa BMW) oder die
Pharmaindustrie betreffen.
Verheerend wären die Aus-
wirkungen eine länger andau-
ernden CoV-Krise auf den
Tourismus, der zehn Prozent
der Wirtschaftskraft Italiens
ausmacht. In Mailand und
Umgebung sind sämtliche
Kulturattraktionen geschlos-
sen. Stornierungen für die
Osterwochen werden schon
aus der ganzen Region gemel-
det. Italien könnte nach der
jüngsten zaghaften Erholung
schnell wieder zu einem kran-
ken Mann werden. KNESS

TREND
WIRTSCHAFT

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