Handelsblatt - 20.02.2020

(Ann) #1
J. Koenen, C. Schlautmann
Frankfurt, Düsseldorf

E


in auf 811 Millionen Euro
nahezu verdoppelter Be-
triebsgewinn, deutlich
gestiegene Frachtraten
und ein Umsatzplus von
neun Prozent – die vorläufigen Ergeb-
nisse, die Hapag-Lloyd am Mittwoch-
morgen für das zurückliegende Ge-
schäftsjahr vorlegte, können sich se-
hen lassen. Einziger Schönheitsfeh-
ler: Prognosen für 2020 blieb
Deutschlands größte Reederei schul-
dig.
Sie will Konzernchef Rolf Habben
Jansen erst mit der Veröffentlichung
der endgültigen Geschäftszahlen Mit-
te März nachreichen. Nur: Ob Hapag-
Lloyd 2020 den Erfolg des Vorjahres
wiederholen wird, ist derzeit alles an-
dere als sicher.
„Die Transportmengen werden in
nächster Zeit auf jeden Fall schrump-
fen“, ist sich Michael Wallraven,
Deutschlandchef der Logistikbera-
tung Llamasoft, nach Gesprächen mit
seinen Kunden sicher. Schuld ist das
Coronavirus, das in China inzwi-
schen zu mehr als 74 000 Infektionen
geführt hat – und dort die Produktion
bei zahlreichen Herstellerfirmen
lahmlegt.
Den Seehandel hat die Krise be-
reits jetzt mit voller Härte erreicht. 33
Containerschiffabfahrten aus Asien
nach Nordeuropa mussten Reederei-
en wie Hapag-Lloyd, Maersk oder
CMA CGM in den vergangenen vier
Wochen stornieren – was laut der Pa-
riser Beratungsfirma Alphaliner einer
Quote von 46 Prozent entspricht.
Nur noch knapp über 200 000
Seecontainer verschifften die Reede-
reien vergangene Woche auf dieser
Route – nach fast 300 000 Contai-
nern im Jahr zuvor. Gleichzeitig
schnellte die Anzahl unbeschäftigter
Frachter auf 299 nach oben.
Nicht minder trübe sieht es bei den
Schüttgut- und Tankschiffen aus. Weil
die Nachfrage nach Transportleistun-
gen drastisch gefallen ist, liegen ihre
Raten laut „Baltic Dry Index“ und
„Capital Link Tanker Index“ aktuell
rund ein Drittel unter Vorjahr.
Auch bei der deutschen Hapag-
Lloyd spürt man die verhaltene
Nachfrage, wie ein Konzernmanager
durchblicken lässt. Es sei aber unklar,
welchen Anteil das Coronavirus an
der Flaute trage.

Puffer ist offenbar
aufgebraucht
Ob die Epidemie der internationalen
Transportbranche dieses Jahr das Er-
gebnis verhagelt, ist allerdings noch
nicht ausgemacht. „Sollte sich die
Krise auf drei bis vier Monate begren-
zen lassen, kann der temporäre
Rückgang bis zum Jahresende wieder
aufgeholt werden“, erklärt Max
Johns, Seefahrtexperte und Professor
an der Hamburg School of Business
Administration. Dauert sie länger, be-
stehe die Gefahr, dass sich ein Bran-
cheneinbruch wie 2008/09 wieder-
holt.
Doch für viele Transportkunden
wird es schon jetzt schwierig. „Wir
erwarten Engpässe bei Textilherstel-
lern und vielen anderen Konsumgü-
tern, die aus Asien geliefert werden“,
sagt Llamasoft-Logistikexperte Wall-
raven. Für stark betroffen hält er
auch die Pharmaindustrie, die einen
Großteil ihrer Grundstoffe in China
ordert.
Schwierigkeiten im besonderen
Ausmaß prophezeit er zudem der Au-
tomobilindustrie. Sie kämpft in China
nicht nur mit einem ihrer wichtigsten
Exportmärkte. Viele Zulieferteile

kommen ausgerechnet aus der Pro-
vinz rund um Wuhan, von wo das Co-
ronavirus seinen Ausgang nahm.
Zunächst hatte die Infektions-
krankheit in der Logistikbranche nur
für geringe Unruhe gesorgt. Ihr Aus-
bruch fiel auf den Beginn der zwei-
wöchigen Neujahrsfeierlichkeiten,
was viele für einen relativen Glücks-
fall hielten. Weil Firmenkunden übli-
cherweise in dieser Zeit mit einem
zweiwöchigen Lieferstopp aus China
rechnen, hatten sie sich vorab zusätz-
liche Ware aufs Lager gelegt.
Doch der Puffer scheint zuneh-
mend aufgebraucht. „In der Automo-
bilindustrie, die traditionell auf Just-
in-time-Belieferung setzt, reichen die
Vorräte nur zwischen zwei und zwölf
Wochen“, berichtet Llamasoft-CEO
Razat Gaurav. Damit dürften die Au-
tohersteller bald in ernst zu nehmen-
de Schwierigkeiten geraten.
Weil die meisten Pkw-Hersteller ih-
re Produktion in den vergangenen

fünf bis acht Jahren regionalisiert ha-
ben – mit Knotenpunkten in Mexiko
(für Nordamerika), Osteuropa (Polen,
Tschechien, Slowakei und Rumä-
nien), Marokko und eben China –,
trifft die Coronavirus-Krise zunächst
im Schwerpunkt die asiatischen Wer-
ke in Chinas Nachbarschaft.
Als einer der ersten Autobauer ver-
kündete Hyundai, eigene Werke in
Südkorea zu schließen, wo auch Re-
nault plant, die Bänder still stehen zu
lassen. Doch für die rund 30 000 Zu-
lieferteile je Pkw drohen inzwischen
selbst in Europa Engpässe, wie Fiat
Chrysler warnt.
Noch schwerer getroffen sehen Ex-
perten den US-Autobauer General
Motors. Der Konzern hat seine Liefer-
kette nicht nur stark auf China ausge-
richtet, die Detroiter verkaufen dort
außerdem mehr Autos als in der eige-
nen Heimat.
Auch die Luftfrachtbranche leidet
unter den Folgen des Virus. Lufthan-

sa Cargo fliegt seit Ende Januar nach
einem Sonderflugplan in Richtung
China. Die Zahl der Verbindungen
wurde um rund ein Drittel verrin-
gert. Allerdings hat die Lufthansa-
Tochter diesen Flugplan nach Anga-
ben einer Sprecherin in dieser Wo-
che wieder um eine „Frequenz“
aufgestockt.
Die auf den ersten Blick überra-
schende Entscheidung, wieder häu-
figer zu fliegen, hat mehrere Grün-
de. Zum einen gibt es laut Lufthansa
Cargo in China nach wie vor eine
Nachfrage nach Frachtkapazitäten.
Zum anderen hat Lufthansa alle Pas-
sagierverbindungen auf das chinesi-
sche Festland bis Ende März gestri-
chen. Damit entfallen signifikante
Ladekapazitäten für Fracht in den
Bäuchen der Passagierjets. So lohnt
es sich für LH Cargo, weiter mit
Frachtern China anzusteuern.
Nicht zuletzt wird Luftfracht be-
nötigt, um schnell Hilfsgüter in die
betroffene Region zu bringen. So
befindet sich an Bord der Lufthan-
sa-Frachter zurzeit häufig medizini-
sche Ausrüstung wie etwa Schutzan-
züge, Masken oder Desinfektions-
mittel.
Hinzu kommt: Die Erfahrung aus
vergangenen Krisen zeigt, dass ins-
besondere die Nachfrage nach Luft-
fracht mit der Abschwächung einer
Krise schnell und kurzfristig wieder
anzieht. Lufthansa Cargo will für die-
se Situation gerüstet sein.
Für die Crews gibt es Sonderrege-
lungen, um sie vor einer Ansteckung
zu schützen. Neben den Schutzmas-
ken und Desinfektionsmitteln für die
Piloten gehört auch eine zusätzliche
Landung in Nowosibirsk in Sibirien
dazu. Dort wird die Crew gewech-
selt.
Damit entfallen die vorgeschriebe-
nen Ruhezeiten für die Piloten in
China, ihr Aufenthalt dort wird auf

ein Minimum begrenzt. Zudem ist
der Einsatz auf den Strecken nach
China freiwillig, kein Flugzeugführer
wird ungefragt auf diese Verbindung
gesetzt.
Was dieser Aufwand kostet, dazu
gibt es von Lufthansa Cargo noch kei-
ne Aussage. Die Gesamtrechnung
könne erst nach Ende der Krise er-
stellt werden, heißt es. Aber man ver-
weist darauf, dass gerade die Luft-
frachtindustrie den Umgang mit ei-
ner hohen Nachfragevolatilität
gewohnt sei.
Unterdessen bekommen deutsche
Verbraucher erste Auswirkungen der
Epidemie zu spüren. So warnt der
Anzuganbieter Suit Supply Kunden,
dass seine Maßanfertigungen nun
mehrere Monate in Anspruch neh-
men könnten. Gefertigt werden die
Jacketts und Hosen zwar nach indivi-
duellem Maß, das in den Läden ge-
nommen wird. Genäht aber wird in
China.

Lieferketten


Virus-Krise erfasst


den Seehandel


Die Nachfrage nach Schiffstransporten zwischen


Asien und Europa bricht aufgrund der Epidemie ein.


Nun wittern Luftfrachtanbieter ihre Chance.


Hamburger Hafen:
Die Transportmengen
schrumpfen.

action press

Rückgang

200


TAUSEND
Seecontainer wurden in der ver-
gangenen Woche von Asien nach
Nordeuropa verschifft. Im ver-
gleichbaren Vorjahreszeitraum
waren es noch fast 300 000.

Quelle: Unternehmen

Unternehmen & Märkte
DONNERSTAG, 20. FEBRUAR 2020, NR. 36
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IT-Branche

Chipindustrie wird ausgebremst


Nach dem schwachen Vorjahr
rechnen viele Konzerne für
2020 mit einem besseren
Geschäft. Das Coronavirus
könnte das aber verhindern.

Joachim Hofer München

D


ie Chipindustrie ist reihen-
weise mit positiven Progno-
sen äußerst zuversichtlich in
das Jahr gestartet. „Wir glauben, dass
wir dieses Jahr in unserem Halbleiter-
geschäft ein starkes, zweistelliges
Wachstum erzielen können“, sagte
Gary Dickerson, Chef von Applied Ma-
terials, vergangene Woche.
Der US-Konzern ist der weltgrößte
Lieferant von Maschinen für die In-
dustrie und damit ein Gradmesser für
den Zustand der gesamten Branche.
Denn nur wenn die Hersteller genü-
gend Aufträge in Aussicht haben, be-
stellen sie neues Equipment.
So wie Applied Materials rechneten
viele Chipfirmen bislang mit einem
ausgesprochen guten Jahr. Der ameri-
kanische Prozessorhersteller AMD et-
wa versprach jüngst ein Umsatzplus
von 28 bis 30 Prozent. Lange tat sich
der Intel-Konkurrent schwer. Nun
aber profitiert die Firma von einer
starken Nachfrage nach Chips für
Netzwerkrechner.
Ob sich die Vorhersagen noch lange
halten lassen, ist aber fraglich. Denn
die Folgen des Coronavirus dürfte die
Industrie bald zu spüren bekommen.
Bei iPhones gebe es Lieferengpässe,
warnte Apple zu Wochenbeginn, weil
die Produktion in China langsamer
hochgefahren werde als geplant. Das
ist gravierend, denn der Konzern aus
dem Silicon Valley ist der weltgrößte
Käufer von Halbleitern.
Den Marktforschern von Gartner
zufolge steht Apple mit rund 36 Milli-
arden Dollar Einkaufsvolumen für
knapp neun Prozent des Branchen-
umsatzes. Nimmt Apple weniger Chips
ab, spüren das zahllose Hersteller:
vom Dax-Konzern Infineon bis zum
weltgrößten Auftragsfertiger TSMC.
Besonders betroffen ist der im
TecDax notierte britisch-schwäbische
Lieferant Dialog Semiconductor, der
einen wesentlichen Teil seines Umsat-

zes mit den Kaliforniern erzielt. China
ist von überragender Bedeutung für
die Halbleiterhersteller, allerdings we-
niger als Produktionsstandort. Dage-
gen umso mehr im Vertrieb: In den
Elektronikfabriken des Landes wer-
den massenhaft Chips verbaut. Rund
ein Drittel des Umsatzes erzielt die In-
dustrie in der Volksrepublik.
Ihre modernsten Fabriken betrei-
ben die global führenden Produzen-
ten jedoch außerhalb Chinas. Zu groß
ist die Angst, dass wertvolles Know-
how abfließt. So auch bei Infineon:
Die kritischen Standorte sind in
Deutschland, Österreich und Malay-
sia. Derzeit erweist sich das als Glücks-
fall. Wenn aber die chinesischen Kun-
den nichts kaufen, hilft das wenig.
Infineon bestätigte jüngst seine
Prognose für das bis Ende September
dauernde Geschäftsjahr. Deutschlands
größter Chiphersteller geht von fünf
Prozent Umsatzplus aus. „Unser gut
diversifiziertes Geschäft präsentiert
sich zu Jahresbeginn robust“, erklärte
Infineon-Chef Reinhard Ploss. Gefragt
seien insbesondere Silizium-Mikrofo-
ne, die in drahtlose Kopfhörer einge-
baut werden. Hier beliefert Infineon
unter anderem Apple.

Darüber hinaus spürten auch die
Münchener, dass Server gefragt seien.
Der Dax-Konzern stellt hierfür Chips
zur Stromversorgung her. Er gehe da-
von aus, dass die Umsätze von April
an stärker anziehen würden, erläuter-
te Ingenieur Ploss. Allerdings wies der
Infineon-Chef zuletzt auch auf das
größte Risiko für die gesamte Chip-
branche hin: China. Denn den Auf-
schwung gefährden könnte vor allem
das Coronavirus. Seine Prognose gelte
nur unter der Bedingung, dass die
Krankheit sich nicht wesentlich aufs
Geschäft auswirke, so Ploss.
So wie Infineon gaben sich zuletzt
die meisten Chiphersteller zuversicht-
lich. Branchenprimus Intel erwartet
für 2020 zwar lediglich zwei Prozent
höhere Erlöse. Angesichts der enor-
men Größe des Konzerns entspricht
das aber immerhin 1,5 Milliarden Dol-
lar. Mit der Prognose für die ersten
drei Monate übertraf Konzernchef
Bob Swan die Analystenerwartungen.
Sollte sich dieser Aufschwung fort-
setzen, wäre es eine Trendwende.
Denn 2019 ist der Umsatz der Indus-
trie Gartner zufolge um knapp zwölf
Prozent geschrumpft. Das lag vor al-
lem daran, dass die Preise für Spei-

cherchips um fast ein Drittel einbra-
chen. Nun seien die Lager leer und
die Kunden bestellten wieder.
So kündigte Nvidia an, der Umsatz
im ersten Quartal des Geschäftsjahrs,
das am 27. Januar begann, werde rund
drei Milliarden Dollar erreichen. Das
sind etwa 160 Millionen Dollar mehr,
als die Banker vorhergesagt hatten.
Dabei hatte der Konzern schon einen
Ausfall von 100 Millionen Dollar infol-
ge des Virus berücksichtigt.
Auch Nvidia profitiert eigenen An-
gaben zufolge davon, dass die Betrei-
ber von Rechenzentren investieren.
Die guten Aussichten begeisterten die
Wall Street: Der Aktienkurs hat inner-
halb eines Monats gut 25 Prozent zu-
gelegt. Dabei hatte Nvidia binnen Jah-
resfrist auf dem Parkett schon gut drei
Viertel an Wert gewonnen.
Es gibt neben China noch ein weite-
res Problem in der Chipbranche. So
hat Qualcomm die Investoren Anfang
des Monats mit seiner Prognose ent-
täuscht. Niemand liefert so viele Chips
für Mobiltelefone weltweit wie die Fir-
ma aus San Diego. Qualcomms Fi-
nanzchef Akash Palkhivala allerdings
warnte, dass die Konsumenten bis-
lang nur wenige Smartphones für den
neuen Standard 5G kaufen würden.
Dies werde sich wohl kaum ändern,
bis die neuen Modelle im Herbst in
die Läden kämen. Daher werde auch
das Geschäft von Qualcomm erst zum
Jahresende anziehen. Die neue Mobil-
funkgeneration ist für die gesamte
Halbleiterbranche enorm wichtig,
denn die Smartphone-Hersteller ge-
hören zu den wichtigsten Kunden.
2019 haben die Marken gut zwei
Prozent weniger Geräte ausgeliefert
als 2018, so die Marktforscher von
IHS. 5G könnte dafür sorgen, dass sich
die Konsumenten wieder mehr und
vor allem teurere Geräte zulegen.
Allerdings könnte sich auch in die-
sem Geschäft das Coronavirus be-
merkbar machen, warnt IHS. So dürf-
ten die Chinesen weniger Apparate
kaufen, zudem könnte es zu Liefer-
engpässen der dortigen Fabriken
kommen. Kein Wunder, dass die In-
vestoren skeptisch werden und die
Aktienkurse vieler Halbleiterherstel-
ler im Verlauf dieser Woche abbrö-
ckelten.

Siliziumscheiben: Die Chip -
hersteller sehen eine wieder
anziehende Nachfrage vor
allem bei Netzwerkrechnern.
Moment/Getty Images

Unser gut


diversifi -


ziertes


Geschäft


präsentiert


sich zu


Jahresbeginn


robust.


Reinhard Ploss
Infineon-Chef

Chemiekonzern

Virus kostet Covestro 60 Millionen Euro


Der Kunststoffhersteller
erwartet nicht nur wegen der
Lage in China ein schwaches
Jahr, erfreut die Anleger aber
mit einer stabilen Dividende.

Bert Fröndhoff Düsseldorf

D


er Leverkusener Kunststoff-
hersteller Covestro bekommt
die vom Coronavirus ausge-
löste Delle im Geschäft zu spüren.
Der Konzern musste in den vergange-
nen Wochen die Produktion in den
Anlagen rund um Schanghai und im
Süden Chinas drosseln. Grund waren
logistische Probleme.
Die eigene Mannschaft war zwar in
den Chemieanlagen an Bord. Doch es
fehlten beispielsweise Lkw-Fahrer
zum Abtransport der Kunststoffe,

ebenso kamen Handwerker und
Dienstleister nicht in die Anlagen,
weil sie zu Hause bleiben mussten.
So stand Covestro vor der bisher
nicht gekannten Situation, dass es
wegen ausbleibender Belieferung zu
einem Engpass bei Fässern kam.
Das Covestro-Management gab
sich am Mittwoch bei der Bilanzpres-
sekonferenz hinsichtlich der Lage in
China aber vorsichtig optimistisch.
„Wir sehen ein Licht am Ende des
Tunnels“, sagte Vorstandsmitglied
Klaus Schäfer. Die Anlagen würden
nun wieder auf die übliche Auslas-
tung hochgefahren, viele logistische
Probleme seien gelöst.
Der finanzielle Schaden ist bereits
erkennbar: 60 Millionen Euro Ge-
winn wird der Dax-Konzern durch
die Lieferprobleme in China im ers-
ten Quartal einbüßen. Das ist die

Schätzung bis Ende März. Welche
Folgen Corona darüber hinausge-
hend haben wird, auch mit Blick auf
die Gesamtwirtschaft, sei „derzeit
nicht seriös abzusehen“, sagt Coves -
tro-Chef Markus Steilemann.
Die Virus-Krise ist eine weitere Be-
lastung für die Leverkusener in ei-
nem schwierigen Jahr. Steilemann er-
kennt weiter keine konjunkturellen
Impulse, die dem Kunststoffherstel-
ler einen Schub geben könnten – im
Gegenteil: „Das wirtschaftliche Um-
feld wird sich aus unserer Perspekti-
ve möglicherweise noch weiter ver-
schlechtern“, sagte er mit Blick auf
die Lage in der Autoindustrie sowie
auf die geopolitischen Risiken.
Deswegen entschied sich der
Coves tro-Vorstand zu einer sehr zu-
rückhaltenden Prognose für 2020.
Danach werde der Konzern einen be-

reinigten Gewinn (Ebitda) zwischen
ein und 1,5 Milliarden Euro einfah-
ren. Das bedeutet in jedem Fall ein
weiteres Abbröckeln des Ertrags,
denn schon 2019 hat sich der berei-
nigte Gewinn auf 1,6 Milliarden Euro
halbiert. Der Umsatz sank um 15 Pro-
zent auf 12,4 Milliarden Euro.
Covestro reagiert auf die Lage mit
einer Verschärfung des Sparpro-
gramms um 200 Millionen Euro. Ein
weiterer Stellenabbau sei nicht vorge-
sehen. Die Anleger nahmen die
schwache Prognose nicht übel. Die
Covestro-Aktie gehörte am Mittwoch
zu den besten Werten im Dax. Bei den
Anlegern kam gut an, dass der Kon-
zern seine Dividende überraschend
konstant hält und für 2019 erneut
2,40 Euro pro Aktie ausschütten will.

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