Flugzeug Classic April 2017

(Dana P.) #1

wyn-Mayer: Gable, Myrna Loy und Spencer
Tracy. Da kann nicht viel schiefgehen. Aber ein
echtes Buddy-Moviewird es nicht werden. Ga-
ble und Tracy können nicht gut miteinander;
dies wird sogar im fertigen Film noch spürbar
sein und sorgt für Spannungen am Set.


Action und Rührung
Zur Story. Bei einem transkontinentalen Re-
kordflug mit der brandneuen Einmot »Drake
Bullet« durch Wind und Wetter wird Werk-
pilot Jim Lane (Gable) durch Motorschaden
zur Notlandung auf einer Ranch irgendwo in
Kansas gezwungen. Dort begegnet er der kes-
sen Ann Barton (Loy). Sie bricht wie ein Spalt-
pilz in die bislang traute Zweierbeziehung
zwischen Lane und seinem treu ergebenen
Mechaniker »Gunner« (Tracy). Schon einen
Tag später heiraten Jim und Ann, von »Gun-
ner« mürrisch beäugt und missbilligt.
Doch Ann wird schnell merken, dass Jims
Herz am Himmel hängt und er sich mit Haut
und Haar der Fliegerei verschworen hat. Pri-
vates und Berufliches vermischen sich, sogar
die Wohnung teilt sich diese sterile Dreierbe-
ziehung. Inzwischen ohne Job, lässt sich Jim
für die Thompson Trophy, ein haarsträuben-
des Rundkursrennen, anheuern.
Er gewinnt die 10 000 Dollar. Doch Tra-
gödien bleiben nicht aus – aber sie treffen an-
dere, etwa Jims Nachfolger beim Drake-Flug-
zeugbau. Benson, der sympathische Flieger-
kumpel und Familienmensch, überlebt das
Rennen nicht. Regisseur Fleming reizt die Epi-
sode bis zum letzten erträglichen Moment der
Rührung aus. (Nur eine Ouvertüre, Gable und
Fleming werden schon im Jahr darauf das ul-
timative Seufzerdrama der Filmgeschichte
hervorbringen: Vom Winde verweht.)


Wieder zurück bei Drake, der einen vier-
motorigen Bomber für das US Army Air
Corps herausgebracht hat, setzt Jim alles
auf eine Karte. Der Rekordversuch soll die
Viermot auf 30 000 Fuß bringen. Jim und
»Gunner« schaffen es natürlich. Doch dann


  • oh Schreck! – reißt sich der Ballast los, der
    die Bombenbeladung simuliert, und klemmt
    »Gunner« gegen das Steuerhorn.
    Spätestens an dieser Stelle ist die unein-
    geschränkte Nachsicht des (heutigen) Publi-
    kums gefragt. Denn der treue Jim, der sich
    per Fallschirm hätte retten können, lässt sei-
    nen alten Kumpel nicht im Stich. Er wirft die
    Ballastsäcke aus dem trudelnden Bomber, be-
    freit die Steuerung und legt einen veritabel
    getricksten Crash in einem Wald hin. Doch
    »Gunner« hat keine Chance – aber noch ge-
    nug Zeit für letzte Worte ...
    Originell ist das alles nicht, aber die Kon-
    sequenz, mit der hier jedes Fliegerklischee
    bis zum unvermeidlichen Ende durcherzählt
    wird, ist bemerkenswert. Publikum und Film-
    kritik gefällt’s trotzdem. Bei der elften Oscar-
    Verleihung im Jahr 1938 geht Test Pilot mehr-
    fach ins Rennen – als »Bester Film«, für »Beste
    Story« und »Bester Schnitt«. Daraus wird
    zwar nichts, aber noch heute hat der Film
    viele Fans und ist längst zum Klassiker seines
    Genres avanciert.


Flieger und Fußgänger
Man kann ihn aber auch schlicht gestrickt
und dialoglastig finden. Wenn etwa die vom
lebensgefährlichen Job ihres geliebten Gatten
arg gebeutelte Ann ihr Herz bei dem geduldi-
gen »Gunner« ausschüttet, dann klingt das
oft so verschwurbelt wie in einem anderen
überzüchteten Fliegerdrama, nämlich The Tar-

FLUGZEUG CLASSIC4/2017 73


Schnell und selten: Die Seversky SEV-2S
gab es nur einmal

Gable, hier bei einer Dreh-
pause, ist ideal besetzt.
Die Darstellung fliegender
Draufgänger ist ihm vertraut
Foto Deutsche Kinemathek
Free download pdf