Die Welt Kompakt - 27.11.2019

(Michael S) #1
wird. Widmer erklärt, warum
Menschen darin feststecken:
„So wollen wir die Wunden der
Vergangenheit im Hier und
Jetzt lösen.”
Ein Blick in Sarahs Vergan-
genheit offenbart, warum sie
diese Rolle übernahm. Ihr Bru-
der war verhaltensauffällig, die
Mutter damit überfordert und
depressiv. Zudem wurde Sarah
von ihrem Bruder gequält, ohne
dass sie ausreichend Schutz ge-
habt hatte. Das erklärt ihre Rol-
le der Flüchtenden. „Wenn Sa-
rah von der Bildfläche ver-
schwunden ist, war sie nicht mit
dem Leid der Mutter konfron-
tiert und konnte ihrem Bruder
ausweichen“, erklärt Widmer.
Doch Sarah ist eine fiktive
Person, es gibt sie nicht wirk-
lich. Widmer und ihrer Kollegin
Gitta Jacob haben sie sich für
ihr Buch „Eine Anleitung zum
glücklichen Lieben“ (Beltz )
ausgedacht. Seit vielen Jahren
helfen die Therapeutinnen
Menschen, in ihren Beziehun-
gen glücklicher zu werden. Bei
all den Verschiedenheiten ha-
ben sie immer wieder gleiche
Grundmuster erkannt und da-
nach drei Beziehungstypen de-
finiert, die auf den Erkenntnis-
sen der Schema-Therapie beru-
hen. Diese geht davon aus, dass
es erlernte Grundschemata

gibt, die Grundbedürfnisse ei-
nes Einzelnen befriedigen, in-
dem sie das Verhalten eines
Menschen steuern.
Neben dem Flüchtenden gibt
es noch den Blender und Diener.
Zu wissen, welcher Typ man ist,
soll helfen zu verstehen, warum
man immer in gleiche Bezie-
hungsmuster fällt. Denn Bewäl-
tigungsmechanismen können
eine Eigendynamik entwickeln
und bleiben, auch wenn es im
Vergleich zur Kindheit viel
mehr Freiheiten gibt. Eine Ein-
ordnung seiner selbst ist nütz-
lich, um den Ist-Zustand fest-
zustellen. Es gebe auch Misch-
formen.
In der Rolle des Flüchten-
den ist es zum Beispiel typisch,
dass emotionale Situationen in
der Beziehung nicht richtig
stattfinden – keine große Ro-
mantik, kein inniges Kuscheln
oder intensiver Sex. Wenn
Flüchtende von anderen emo-
tional angesprochen werden,
sei es liebevoll oder aggressiv,
ziehen sie sich eher zurück. Au-
ßerdem benutzen sie beruhi-
gende und dämpfende Mittel
wie Alkohol, Schlafmittel oder
Marihuana, um emotionale Si-
tuationen zu bewältigen.
Menschen im Blender-Mo-
dus hingegen kämpfen ständig
für oder gegen etwas und sind

ununterbrochen mit Energie
geladen. Ein psychologischer
Fachbegriff dafür lautet auch
„Überkompensation“. Damit ist
gemeint, dass versteckt gehal-
tene Gefühle wie Minderwer-
tigkeit oder Einsamkeit sehr ak-
tiv ins Gegenteil gedreht wer-
den. Manchmal wird das auch
als „narzisstisch“ bezeichnet.
Im Kern des Musters liegt die
Suche nach Aufregung und
Spannung, die über Erotik- und
Machtspielchen besonders gut
erlebt werden können.
Vorauseilender Gehorsam ist
ein typisches Verhaltensmus-
ter, dass in der Rolle der Die-
nenden auftreten kann. Sie
kümmern sich intensiv um den
anderen und machen Aktivitä-
ten mit, die Ihnen eigentlich
keinen Spaß machen – im Bett
genauso wie in anderen Lebens-
bereichen. Die eigenen Bedürf-
nisse werden gar nicht wahrge-
nommen.
Doch wer passt zu einem? Je
nach Konstellation kann es zu
großem Streit, aber auch zu un-
ausgesprochenen Probleme
kommen. Trifft zum Beispiel
ein Flüchtender auf einen
Flüchtenden, verläuft diese Be-
ziehung meist ohne große Dra-
men, aber vielleicht auch ohne
große emotionale Nähe. Auch
wenn ein Flüchtender auf einen

Diener trifft, hat diese Bezie-
hung kaum Aussicht auf Erfolg.
Der Diener möchte es dem
Flüchtenden recht machen,
aber dem werde schnell alles zu
viel. Besser läuft es da schon für
den Diener, der auf einen Blen-
der trifft, ein „Klassiker“ der
schwierigen Beziehungen. Der
Diener bewundert den Blender
und gießt Öl in sein Angeber-
Feuer, in dem der Blender sich
sonnt und produziert. Gleich-
zeitig verachtet der Blender
den Diener womöglich regel-
recht dafür, dass er kein „Stan-
ding“ zeigt. Noch ein Klassiker:
Blender trifft auf Blender. Hier
treffen zwei heiße Wesen aufei-
nander, die sich aneinander
entzünden, aber häufig auch
schnell verglühen können. Die
Dynamik kann aggressiv sein,
erotisch, misstrauisch oder al-
les zusammen.
Dass es zu 100 Prozent pas-
sen kann, glaubt aber auch Wid-
mer nicht. „Je verknallter man
ist, umso vorsichtiger sollte
man sein.“ Das Übertriebene
und Intensive habe auf lange
Sicht selten Aussicht auf Erfolg.
Der beste Partner sei der, der
zu 70 bis 80 Prozent passe, sagt
Widmer. Die Person, die auf
den ersten Blick eher langweilig
wirkt, sei oft reifer und gesün-
der für einen.

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH, 27. NOVEMBER 2019 PANORAMA 31


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