Süddeutsche Zeitung - 27.11.2019

(ff) #1
von caspar busse

W


ann ist der ideale Zeitpunkt für
den Abschied? Ist es nicht immer
schlecht, wenn der Gründer sei-
nem Unternehmen den Rücken kehrt? Dar-
über denkt Rolf Schrömgens schon seit et-
wa fünf Jahren nach. So lange nämlich,
sagt er, trage er sich mit dem Gedanken,
„einfach mal etwas anderes zu machen“.
Aber er weiß auch: „Mir ist klar, dass es nie
den perfekten Moment für einen Ausstieg
gibt.“

Ende dieses Jahres ist es trotzdem so
weit. Schrömgens, 43, Gründer, Chef und
Großaktionär der Hotelvergleichsplatt-
form Trivago, zieht sich aus dem operati-
ven Geschäft zurück. Eigentlich wollte er
ganz gehen, doch nun wird er in den Auf-
sichtsrat wechseln, davon haben ihn seine
Leute überzeugt. „Der Zeitpunkt ist jetzt
gut, die Strukturen stehen. Wir haben jetzt
ein starkes Team“, glaubt er. Es wirkt, als
ob er sich selbst Mut zuspricht. Sein Nach-
folger wird der bisherige Finanzchef Axel
Hefer, außerdem hatte Schrömgens im Juli
James Carter von Google abgeworben, der
war dort für Hotelanzeigen zuständig.
Es ist das Ende einer langen Reise: 2005
hatte Schrömgens zusammen mit zwei Kol-
legen, die er aus dem Betriebswirtschafts-
studium in Leipzig kannte, ein Unterneh-
men im Düsseldorfer Stadtteil Flingern ge-
gründet. Der Name wurde in einer Nachtsit-
zung gefunden, beim Rumschieben von
verschiedenen Silben. Eigentlich war ein
Wikipedia des Reisens geplant, digitale Rei-
seführer also, die von der Internetgemein-
schaft optimiert, aber gegen Geld angebo-
ten werden. Daraus wurde dann bald eine
Suchmaschine für Hotels.

Heute ist Schrömgens’ Gründung eine
der großen Nummern auf dem Onlinereise-
markt. Die Marke Trivago mit den bunten
Buchstaben wurde mit hohem Werbeauf-
wand bekannt gemacht, hier werden Prei-
se und Angebote von Hotels und Unter-
künften aller Art verglichen und dem Nut-
zer tabellarisch angezeigt. Im Angebot
sind inzwischen mehr als drei Millionen
Hotels und Ferienunterkünfte in über
190Ländern. Trivago leitet den Kunden
mit einem Klick weiter zu den jeweiligen
Buchungsseiten und erhält dafür eine Pro-
vision. Schrömgens und seine Partner ha-
ben geschafft, wovon viele Gründer – nicht
nur in Deutschland – träumen: Sie haben
in relativ kurzer Zeit ein sogenanntes Ein-
horn aufgebaut, eine junge Onlinefirma al-
so, deren Wert bei mehr als einer Milliarde
Dollar liegt. Davon gibt es hierzulande
nicht viele – das Busunternehmen Flixbus
zum Beispiel, die Gebrauchtwagenplatt-
form Auto 1 oder die Direktbank N 26.
Schrömgens’ Eltern führten einst in
Mönchengladbach das bekannte Restau-
rant „Haus Baues“, seit 1876 in Familienbe-
sitz. Eigentlich sollte Rolf den Laden seiner
Vorfahren übernehmen, er wäre die sechs-
te Generation der Familie im „Haus Baues“
gewesen. Doch die Chemie mit dem Vater
stimmte nicht. Er sei „einfach nicht gut dar-
in, Befehle zu befolgen“, sagt Schrömgens
junior. Der Sohn ging lieber nach Leipzig
zum Studium und merkte da, dass es auch

anderes als die Gastronomie gibt. Das Res-
taurant wurde 2011 geschlossen.
Schrömgens, geboren und aufgewach-
sen in Mönchengladbach, tritt meistens
mit schwarzem T-Shirt und schwarzer Ho-
se auf, dazu Turnschuhe. In der Firma
trägt er das Trivago-Schild um den Hals,
auf dem einfach „Rolf“ steht. Er hat das
Haar zurückgekämmt, trägt Vollbart, und
steht für ein wenig Silicon-Valley-Flair am
Rhein. Ende 2018 hat Trivago in Düssel-
dorf ein neues Gebäude im alten Hafen be-
zogen – auf dem Dach ist ein 330 Meter lan-
ger Trainingsparcours mit Ausblick, es
gibt Fitnessräume, Tischkicker und Tisch-
tennisplatten – und jede Menge Jobs. 1300
Mitarbeiter aus 50 Nationen beschäftigt
Trivago, die meisten in Düsseldorf, der Um-
satz liegt bei knapp einer Milliarde Euro.
Das Unternehmen ist seit Ende 2016 sogar
an der New Yorker Technologiebörse
Nasdaq notiert, als eine der ganz wenigen
Techfirmen aus Deutschland.
Ende 2012 war der amerikanische On-
linekonzern Expedia eingestiegen, kaufte
den Gründern für eine knappe halbe Milli-
arde Euro 60 Prozent der Anteile ab. 2016
ging Trivago dann an die Börse, die Aktie
legte einen Höhenflug hin, stieg bis auf 24
Dollar. So schnell wie der Aufstieg kam
dann die Krise. Von 2017 an sank plötzlich
der Umsatz, die Verluste stiegen, es gab
Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Ge-
schäftsmodells, die Firma schmierte an
der Börse ab. Die Aktie ist heute nur noch
etwa 2,50 Dollar wert.
Die Reaktion der Börse hält der Gründer
sowieso für übertrieben: „Die Aktie ist in
den vergangenen Jahren aus meiner Sicht
deutlich zu stark nach unten gegangen.“
Schrömgens hat noch 18 Prozent der Antei-
le, Verkaufspläne hat er nicht. Großaktio-
när ist nach wie vor Expedia mit 60 Pro-
zent. Die Amerikaner würden sich nicht in
Geschäft und Strategie einmischen, sagt
Schrömgens: „Ich hätte persönlich keine
einzige Entscheidung anders getroffen,
wenn Expedia kein Anteilseigner wäre.“
Schrömgens hat in den guten Zeiten ei-
ne eigene Führungsphilosophie: Er ver-
sucht, so wenig wichtige Entscheidungen
wie möglich selbst zu treffen, sondern die-
se zu delegieren. Er glaubt, dass man die
Motivation der Mitarbeiter zerstöre, wenn
man ihnen ständig Entscheidungen abneh-
me. Außerdem sei die Welt inzwischen zu
komplex für strikte Hierarchien. Bei Triva-
go gibt es keine Anwesenheitspflicht und
keine feste Urlaubsregelung. Schrömgens
will, dass alle voneinander lernen können.
Inzwischen muss er kämpfen, sanieren,
sparen – und er brachte zumindest die Zah-
len wieder auf Kurs. „Seit fünf Quartalen
machen wir Gewinn“, sagt Schrömgens
stolz und fügt an: „Wir haben eine gute Per-
spektive und eine stabile Situation.“ Trotz-
dem: Auch in den ersten neun Monaten
2019 ging der Umsatz weiter zurück. Zwei-
fel lässt er nicht gelten. „Ich habe keine In-
dikation, dass unser Geschäftsmodell
nicht mehr funktioniert. Im Gegenteil: Der
Markt ist noch jung, es gibt noch viel Poten-
zial“, glaubt er. Vor Google habe er keine
Angst. Immer wieder wird nämlich speku-
liert, der amerikanische Internetkonzern
könnte in großem Stil in den Hotelvermitt-
lungsmarkt einsteigen.
Einmischen will er sich nach seinem Ab-
schied kaum noch: „Ich werde dem neuen
Team künftig volle Freiheit lassen, das ist
auch wichtig. Ich möchte kein Über-Grün-
der sein“, verspricht er. Und was wird er
dann machen? „Mein Ziel ist es nun erst
einmal, keine Pläne zu haben“, sagt
Schrömgens und lächelt. Vielleicht macht
er ja doch noch ein Restaurant auf.

München– Esist ein Milliardenmarkt, der
weiter wächst. Der Tourismus boomt, und
immer mehr Menschen haben zuletzt Rei-
sen im Internet gebucht, seien es Flüge, Ho-
tels, Ferienwohnung, Mietwagen oder gan-
ze Urlaubtrips. Der weltweite Umsatz mit
Online-Reisebuchungen liegt nach Schät-
zungen bei mehr als 700 Milliarden Dollar


  • und er soll weiter zulegen. Besonders bei
    der Buchung von Hotelzimmern spielen
    Online-Anbieter neben Flugreisen eine im-
    mer größere Rolle. 2017 lag der Anteil der
    Onlinebuchungen Schätzungen zufolge be-
    reits bei etwa 30 Prozent. Laut Studien ori-
    entieren sich die Nutzer dabei sehr am Ran-
    king, das ihnen bei den Onlineportalen an-
    gezeigt wird. Die Reihung ist aber oft zwei-
    felhaft: Oben steht mitunter nicht die bes-
    te oder günstigste Unterkunft, sondern der
    Anbieter, der die höchsten Provisionen
    zahlt. Das wird immer wieder kritisiert –
    und drückt auch auf das Geschäft.
    Beherrscht wird der Markt für Onlineho-
    telbuchung derzeit von zwei großen Anbie-
    tern: Expedia aus den USA und Booking
    mit Hauptsitz in Amsterdam, das zum US-
    Konzern Priceline gehört. Expedia wieder-


um besitzt nicht nur 60 Prozent der Anteile
an dem Vergleichsportal Trivago, sondern
zur Gruppe gehören auch Hotels.com oder
die Unterkunftsvermittlung Home-Away.
Anfang November hat Expedia wenig über-
zeugende Quartalszahlen vorgelegt. Der
Umsatz stieg zwar, der operative Gewinn
sank aber deutlich. Die Investoren waren
enttäuscht, die Aktie verlor etwa ein Vier-
tels ihres Werts. Auch Booking, deren Che-
fin Gillian Tans zuletzt an die Spitze des
Verwaltungsrats wechselte, hat zu kämp-
fen. Von diesen beiden ist Trivago beson-
ders abhängig, denn an sie werden die
meisten Kunden weiter vermittelt, von
dort kommen damit auch hohe Einnah-
men.
Die Konkurrenz auf dem Markt ist hart.
Gerade die großen Hotelkonzerne kämp-
fen um die Kunden, sie wollen erreichen,
dass diese direkt bei ihnen buchen, damit
sie sich die Provisionen sparen können.
Booking etwa verlangt nach Schätzungen
schon mal 15 bis 20 Prozent des Hotelprei-
ses für seine Dienste. Das ist ziemlich viel,
was den Hoteliers da verloren geht. Des-
halb locken diese mit günstigen Preisen

auf ihre Seiten, mit Kundentreueprogram-
men oder anderen Vorteilen. Aber auch
Touristikkonzerne wie Tui, Fluggesell-
schaften wie Lufthansa, Easyjet und ande-
re oder unabhängige Onlineanbieter von
Flügen vermitteln mehr und mehr auch Ho-
tels. Daneben gibt es AirBnB, das Unter-
künfte aller Art direkt an die Touristen ver-
mittelt. „Es gibt viele Wettbewerber da
draußen, wir können uns nicht zurückleh-
nen“, sagte Gillian Tans von Booking schon
im vergangenen Jahr. Das Unternehmen
will jetzt stärker auch Häuser und Wohnun-
gen vermitteln.
Ein wichtige Rolle spielt auch Google.
Der Internetkonzern lässt sich dafür bezah-
len, welche Trefferergebnisse ganz oben
bei Suchanfragen erscheinen. Allein Boo-
king soll dafür sehr viel Geld zahlen, angeb-
lich mehr als 1,5 Milliarden Euro im Quar-
tal. Auch Expedia muss viel investieren,
was zuletzt auf den Gewinn drückte. Wür-
de Google aber künftig die eigene Hotel-
Finder-Plattform ausbauen, droht neue Ge-
fahr für Booking und Expedia – und beson-
ders für Trivago, der Anbieter lebt ja vom
Weitervermitteln. caspar busse

W


enn an diesem Mittwoch die künf-
tige EU-Kommission vom EU-
Parlament bestätigt wird, dürfte
nicht nur die neue Kommissionspräsi-
dentin Ursula von der Leyen erleichtert
sein, die um Zustimmung zu ihrem Kollegi-
um ringen musste. Auch viele Abgeordne-
te dürften froh sein: Denn erst wenn die
Kommission ihre Tätigkeit aufnimmt,
kann auch die „normale“ Parlaments-
arbeit wieder beginnen: die Gesetzgebung.
Ein Gutes hat es aber gehabt, dass das
Parlament in den vergangenen Wochen ge-
wissermaßen sich selbst überlassen war:
So ist ein „übrig gebliebenes“ Gesetzesvor-
haben aus der vergangenen Legislatur ein
ganzes Stück weitergekommen, bei dem
sich vorher lange kaum etwas bewegt hat-
te. Es geht um ein Gesetz, das zu Streit füh-
ren wird zwischen dem EU-Parlament, der
Kommission und den Mitgliedstaaten.
Dabei dürften das Ziel der sogenannten
„E-Evidence“-Verordnung alle Beteiligten
gut heißen: Strafverfolger sollen schneller
an Daten kommen, die im Netz von aus-
ländischen Anbietern gespeichert werden.
Straftäter hinterlassen ja nicht nur Haare
auf der Auto-Rücklehne oder Fußabdrü-
cke wie im Fernsehkrimi, sondern fast im-
mer auch Datenspuren.
Letztlich soll mit dem Vorschlag eine
Grenze aus der analogen Welt eingerissen
werden, die es im Netz sowieso nie gege-
ben hat: So, wie Daten problemlos Grenzen
überwinden, sollen auch Ermittler grenz-
überschreitend Daten abfragen können,
und zwar deutlich schneller als bisher.
Derzeit müssen Strafverfolger dafür ein


oft langwieriges Rechtshilfeverfahren an-
strengen, also die Behörden des anderen
Staates um Hilfe bitten, die dann wieder-
um beim jeweiligen Provider nach den Da-
ten fragen. Bis die Informationen bei dem
angekommen sind, der ursprünglich nach
ihnen gefragt hat, ist es aber oft schon zu
spät, um den Täter aufzuspüren, so die Kla-
ge von Polizisten und Staatsanwälten.
Die E-Evidence-Verordnung will dieses
Stille-Post-artige System straffen, indem
sie zumindest einen der Mittelsmänner
ausschaltet: die Justizbehörde des Mit-
gliedslandes, in dem die Daten gespeichert
sind. Stattdessen soll bei Straftaten, für die
eine Haft von mindestens drei Jahren
droht, zum Beispiel ein deutscher Staats-
anwalt direkt bei einem Provider in Italien
um die Daten bitten können. Er oder sie
könnte Metadaten, unter strengeren Vor-
aussetzungen auch den Inhalt von E-Mails
oder Messengernachrichten abfragen –
und zwar ohne dass der Staat, in dem sich
der Verdächtige befindet, noch mitreden
könnte. Weigern sich Anbieter, drohen
Sanktionen in Höhe von bis zu zwei Pro-
zent des weltweiten Jahresumsatzes.
Es braucht nicht viel Fantasie, um sich
vorzustellen, dass man mit dieser Idee eini-
ges an Zeit gutmachen kann. Es braucht
aber auch nicht viel Fantasie, um zu ah-
nen, dass mit so einem Instrument auch
Schindluder getrieben werden könnte. Kri-
tiker des Vorhabens warnen, dass dann et-
wa in Deutschland auch wegen Straftaten
(elektronisch) ermittelt werden könnte,
die dort gar nicht strafbar sind. Die Bundes-
rechtsanwaltskammer nannte in einer Stel-

lungnahme als Beispiel „politisch motivier-
te Verfolgung wegen zu diesem Zweck
geschaffener Delikte“, andere Kritiker ver-
weisen auf Polen: Dort ist Abtreibung meis-
tens verboten. Außerdem: Wenn Behörden
noch nicht einmal davon erfahren, wer von
wem welche Daten fordert, bleibt die Ent-
scheidung, ob diese weitergegeben wer-
den, letztlich privaten Anbietern wie Face-
book oder Google überlassen.

Die Kritik schallt dem Vorhaben von vie-
len Seiten entgegen. Erst vor wenigen Ta-
gen mahnte der EU-Datenschutzbeauftrag-
te, die Behörden im Empfängerstaat soll-
ten „so früh wie möglich“ in das Verfahren
involviert werden, um zu prüfen, ob der An-
frage etwas entgegensteht; in Deutschland
verfassten Ende Oktober 13 Organisatio-
nen der Zivilgesellschaft einen offenen
Brief: „Der Vorschlag nimmt Staaten die
Möglichkeit, die Grundrechte ihrer Bürger
zu schützen“, heißt es darin. Als die Sache
im Rat der Mitgliedstaaten verhandelt wur-
de, sprach sich auch das Bundesjustizmi-
nisterium, damals noch unter Katarina Bar-
ley (SPD), dagegen aus, Provider und Diens-
teanbieter ohne Mitwirkung der jeweiligen
Justizbehörden zur Herausgabe zu ver-
pflichten, allerdings vergeblich.
Nun hat auch die SPD-Abgeordnete Bir-
git Sippel, die zuständige Berichterstatte-
rin im Europaparlament, ihren Entwurf zu

dem Thema vorgelegt. Sie teilt die Kritik
am Gesetzvorschlag der Kommission, und
sieht in ihrem Bericht etwa eine Benach-
richtigungspflicht für die lokalen Justiz-
behörden vor. Auch sie sei zwar für schnel-
lere, effizientere Strafermittlungen, sagt
sie. „Aber Effizienz zählt als Argument
nur, wenn gleichzeitig sichergestellt wird,
dass die Grundrechte gewahrt werden.“
Kein Wunder, dass die EU-Kommission
von dem Bericht nicht begeistert ist. Der
SZ liegt ein siebenseitiges Dokument der
Behörde vor, in dem es heißt, dass Sippels
Änderungen „erheblichen Einfluss auf die
Effizienz“ der neuen Ermittlungsinstru-
mente haben würde. Die Kommission woll-
te das Schreiben nicht kommentieren. Sie
steht unter Druck: Solange es keine euro-
päische Lösung gibt, wann Ermittler wel-
che Daten abfragen können, besteht das
Risiko, dass einzelne Mitgliedstaaten eben
auf eigene Faust entsprechende Vereinba-
rungen mit den USA abschließen, wo viele
der Server stehen – Großbritannien etwa
hat das bereits getan. Ein bemerkens-
werter Vorgang, findet der FDP-Europa-
abgeordnete Moritz Körner, der Sippels
Kritikpunkte teilt, auch wenn er im Detail
eigene Verbesserungsvorschläge einbrin-
gen will. Trotzdem: „Das Vorgehen Groß-
britanniens zeigt, warum wir für E-Eviden-
ce eine europäische Regelung brauchen“,
sagt er. karoline meta beisel

Wojciech Wiewiórowski,48, polnischer
Jurist und Verfechter der Datenschutz-
grundverordnung, ist am Dienstag in
Straßburg vom EU-Parlament zum neu-
en Europäischen Datenschutzbeauftrag-
ten gewählt worden. Wiewiórowski hatte
das Amt bereits seit August kommissa-
risch inne, nachdem sein Vorgänger, der
Italiener Giovanni Buttarelli, verstorben
war. Buttarelli war in der Brüsseler Da-
tenschutz-Szene sehr beliebt, aber auch
Wiewiórowski(FOTO: A. HAAS/CC BY 2.0)scheint
sich in seinen fast fünf Jahren als dessen
Stellvertreter einen guten Ruf erworben
zu haben: Neben seiner langjährigen
Erfahrung zeichne ihn „seine Unabhän-
gigkeit von regierungs- und Industrie-
interessen und seine Kontakte zur Bür-
gerrechtsbewegung“ aus, sagt etwa der
EU-Abgeordnete der
Piratenpartei Patrick
Breyer. Zuletzt hatte
Wiewiórowski An-
fang des Monats in
Brüssel die auch von
vielen Aktivisten
besuchte Digitalkon-
ferenz „Freedom not
Fear“ eröffnet.kmb

Verena Pausder, 40, Unternehmerin,
die sich für die digitale Bildung von Kin-
dern einsetzt, verlässt zum Jahresende
die Geschäftsführung der Digitalwerk-
stätten der Spielzeugfirma Haba – bleibt
aber im Unternehmen und wechselt als
Vorsitzende in den Beirat der Haba Digi-
tal GmbH. Hintergrund ist, dass Haba
die von Pausder 2016 mitaufgebauten
Digitalwerkstätten zu 100 Prozent über-
nimmt. Bislang hatte Haba 89Prozent
Anteile. Die Digitalwerkstätten sind
digitale Workshops und Schulstunden,
in denen Kinder unter anderem Pro-
grammieren und virtuelles Basteln ler-
nen. Pausder(FOTO: JOHANNES SIMON)steigt
außerdem bei Fox & Sheep aus, einem
Kinder-App-Entwickler, den sie 2012
gegründet hatte und der bereits 2014
eine Marke der Haba GmbH wurde. Die
dreifache Mutter
stammt aus Biele-
feld und gründete
dort im Alter von
19Jahren mit ihrer
Schwester Viktoria
ihre erste Firma,
eine Sushi-Bar, spä-
ter folgte eine Salat-
barkette. clli

Frank-Jürgen Weise, 68, Präsident der
Johanniter Unfallhilfe, soll es richten.
Lufthansa hat den früheren Vorstands-
vorsitzenden der Bundesagentur für
Arbeit zum Schlichter im Tarifkonflikt
berufen. Weise(FOTO: DPA)hat die schwieri-
ge Aufgabe, zusammen mit Matthias
Platzeck, 66, eine Eskalation in den lau-
fenden Gesprächen zu vermeiden. Die
Flugbegleitergewerkschaft Ufo hatte
unlängst den früheren Ministerpräsiden-
ten Brandenburgs als Schlichter be-
nannt. Platzeck hatte bereits 2016 im
Tarifkonflikt vermittelt. In den kommen-
den 48 Stunden wollen Lufthansa und
Ufo „intensiv“ eine Lösung erarbeiten.
Die Gewerkschaft plant zunächst keine
weiteren Streiks. Weise, der zunächst
eine Ausbildung zum Offizier bei der
Bundeswehr absolviert und Betriebswirt-
schaft studiert hat,
war von 2004 bis
2017 Chef der Bun-
desagentur für Ar-
beit und von Septem-
ber 2015 bis Ende
2016 zugleich Leiter
des Bundesamtes
für Migration und
Flüchtlinge. shs

Hotelbuchungen im InternetWarumdas Geschäft immer schwieriger wird


(^16) WIRTSCHAFT Mittwoch, 27. November 2019, Nr. 274 DEFGH
„Einfach nicht gut darin, Befehle zu befolgen“: Rolf Schrömgens ist Gründer von Trivago, eine der wenigen deutschen
Internetfirmen, die es wirklich geschafft haben. FOTO: STEPHAN RUMPF
Auch die Großen kämpfen
Die Konkurrenz um die Hotelgäste ist hart, Google mischt kräftig mit
Ende einer
langen Reise
Er sollte Gastronom werden, dann hat Rolf Schrömgens
Trivago gegründet. Jetzt geht er, wenn auch nicht ganz
Grenzenlos
Ein neuesEU-Gesetz soll Polizisten und Staatsanwälten
dabei helfen, Datenspuren im Netz leichter
verfolgen zu können. Bürgerrechtler
sind besorgt: Könnte künftig in
Deutschland auch wegen Taten ermittelt werden,
die hierzulande gar nicht strafbar sind?
LEX DIGITALIS
„Der Vorschlag nimmt Staaten
die Möglichkeit, die Grundrechte
ihrer Bürger zu schützen.“
An dieser Stelle schreiben jeden Mittwoch Marc
Beise, Karoline Meta Beisel (Brüssel), Christoph
Giesen(Peking), Helmut Martin-Jung (München)
und Jürgen Schmieder (Los Angeles) im Wechsel.
MITTWOCHSPORTRÄT
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Expertin fürDigitales
Schlichter für Lufthansa
PERSONALIEN
„Mein Ziel ist es nun
ersteinmal, keine
Pläne zu haben.“

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