Süddeutsche Zeitung - 27.11.2019

(ff) #1
von lynn sigel

Stuttgart –Der Tag, an dem die Karriere
von Aileen Rösler beinahe zu Ende war,
liegt anderthalb Jahre zurück. Die damals
18-Jährige stieg aufs Tuch und zeigte eine
Übung, die schwerer war als alles, was sie
bis dahin beherrscht hatte auf dem Tram-
polin. Doch nach dem letzten Sprung lande-
te sie zu nah am Rand. Sie schaffte es nicht,
zum Stehen zu kommen, wurde erneut in
die Höhe katapultiert. Spontan versuchte
sie, mit einem Salto vom Gerät zu sprin-
gen. Ein Fehler. Aileen Rösler landete Kopf
voraus auf dem Boden und renkte sich
einen Halswirbel aus. Noch am selben
Abend wurde sie operiert.
Nun, an einem Nachmittag im Novem-
ber, sitzt die Trampolinturnerin Aileen Rös-
ler, 20, auf dem Indoor-Fahrrad und stram-
pelt. Aus den Bluetooth-Boxen dröhnt
Deutsch-Rap. Rösler befindet sich in der
Vorbereitung zu ihren ersten Weltmeister-
schaften, die am Freitag in Tokio begin-
nen. Aus dem fensterlosen Kabuff, in dem
sie sich aufwärmt, sieht man in die angren-
zende Halle. Barren und Reckstangen ste-
hen links, rechts sind drei Trampoline fest
installiert, Matten liegen aus. Zwischen
den Geräten stehen Eimer, das Dach ist un-
dicht, es tropft. Dort, im Bundesstütz-
punkt in Ruit bei Stuttgart, trainieren Ath-
leten des Nationalteams im Trampolintur-
nen. Auf dem mittleren Trampolin turnt
ein Sportler seine Übung: dreifacher Salto,
die erste Umdrehung gestreckt, doppelter
Rückwärtssalto. ..


Es sieht filigran aus und fühlt sich an
„wie fliegen“, sagt Aileen Rösler. Aber
Trampolinturnen ist harte Arbeit. Im
Tuch, wie die Turner das Trampolin nen-
nen, wirkt das Zehnfache des Körperge-
wichts. Nur in dieser kurzen Zeit kann der
nächste Sprung gesteuert werden, denn in
der Luft ist man nahezu machtlos. Zehn
Sprünge umfasst eine Übung, Männer tur-
nen bis zu neun, Frauen bis zu sechs Meter
hoch. Es gilt, möglichst schwierige Salti
und Schrauben zu zeigen, diese möglichst
sauber auszuführen und während der
Übung immer gleich hoch zu springen.
Aileen Rösler wurde 2017 in Sofia Junio-
renweltmeisterin. Sie gilt neben der 26 Jah-
re alten Leonie Adam als größte Hoffnung
für den deutschen Trampolinsport. Eigent-
lich, sagt Rösler, Turnerin vom MTV Stutt-
gart, könnte sie auch noch in der Nach-
wuchsklasse von 17 bis 21 starten: „Aber
ich will mich schon mit den Erwachsenen
messen.“ Dass sie mit ihnen mithalten
kann, hat sie schon bewiesen. Bei zwei
Weltcup-Wettbewerben in diesem Jahr
sammelte sie Punkte für die Olympia-Qua-
lifikation. Olympia ist ihr Traum, aber es
wird schwer, einen der nur 16 Startplätze
zu ergattern. Bei den Weltmeisterschaften
ist ihr Ziel, unter die besten 24 Turnerin-
nen zu kommen, ins Halbfinale also, und
Erfahrungen zu sammeln.
Dass sie in kürzester Zeit so stark wer-
den kann wie nie zuvor, hat Aileen Rösler


gezeigt. Nach ihrem schweren Unfall darf
sie erst seit sieben Monaten wieder trainie-
ren. Sie weiß, dass sie sehr viel Glück hatte.
Angst aber, sagt sie, spüre sie nie. Nach der
Operation schrieb sie ihrem Trainer aus
dem Krankenhaus eine SMS mit der Nach-
richt, sie könne heute nicht ins Training
kommen – „das war so spaßeshalber“, sagt
sie. Schwarzer Humor. Sie spricht offen, ab-
geklärt über ihren Unfall vor eineinhalb
Jahren. Hemmungen vor der Rückkehr auf
das Tuch hätten sie nie geplagt, auch weil
sie ihren Fehler schnell erkannte.
Es werde immer dann gefährlich, wenn
man „verwirrt im Kopf“ sei, viel zu tun ha-
be, etwa für die Schule, oder sich spontan
für einen anderen Sprung entscheide, er-
läutert sie. Dann verliere man leicht die Ori-
entierung in der Luft. Die Schule hat sie
seit dem Abitur im Sommer hinter sich.
Jetzt liegt der Fokus auf der WM, der Sturz
ist nicht mehr präsent.
Als Kind in der dritten Klasse fand
Aileen Rösler zum Trampolinturnen, zwei
Jahre später auch ihr jüngerer Bruder Ma-
nuel, der heute in der Junioren-National-
mannschaft turnt. Den Großteil ihrer Ju-
gend verbrachte Rösler in der Halle, seit sie
elf Jahre alt ist, trainiert sie acht Mal pro
Woche, zunächst in München sehr erfolg-
reich bei den Munich Airriders. 2016 zogen
die Röslers nach Esslingen und damit nä-
her an den Bundesstützpunkt. Dort konn-
ten die Geschwister die gymnasiale Ober-
stufe auf drei Jahre ausdehnen und hatten
Zeit, um sich auf den Sport zu konzentrie-
ren. Im März will Aileen Rösler mit dem
Studium beginnen, technische BWL. Tram-
polinturnen ist trotz des Spektakels eine
Randsportart. Die Athleten müssen sich ei-
ne Berufskarriere aufbauen.
In Ruit trainiert Rösler gemeinsam mit
Matthias Pfleiderer und Leonie Adam. Die
26-Jährige wurde 2016 in Rio Olympia-
Zehnte. Obwohl Adam und Rösler Konkur-
rentinnen sind, ist ihr Verhältnis sehr gut.
Sie haben acht Einheiten pro Woche ge-
meinsam, sehen sich täglich auf dem
Tuch, im Kraftraum, bei Einheiten auf
dem Rad. An diesem Novembernachmit-
tag filmen sie sich gegenseitig bei den
Übungen und stehen bereit, um die Sicher-
heitsmatte zu schieben. Gelingt eine
Übung, dann applaudieren die anderen.
Einmal muss Aileen Rösler eine Übung ab-
brechen, als sie frustriert vom Trampolin
steigt, bringen ihre Kollegen sie mit Dolly
Partons „Jolene“ zum Lachen. Bei der WM
in Tokio tritt das Trio mit den Teamkolle-
gen Lars Fritzsche und Fabian Vogel an.
Aileen Rösler hat ihr Aufwärmpro-
gramm beendet. Mit Magnesium reibt sie
sich Handflächen und Knie ein, geht auf
die Zehenspitzen, schließt die Augen.
Dann steigt sie aufs Trampolin. Sprung für
Sprung gewinnt sie an Höhe, die Arme sind
ganz lang, der ganze Körper ist ange-
spannt. Die Kür, zu der sie ansetzt, besteht
aus zehn verschiedenen Doppelsalti, vor-
wärts, rückwärts, gestreckt und gehockt.
Der letzte Sprung ist ein Doppelsalto mit
zwei Schrauben. In Tokio wird sie eine Kür
turnen, die schwerer ist als die, bei der sie
verunglückte.

 Trampolinturnerin Aileen Rösler im
Video-Porträt: sz.de/trampolin

Beim letzten Mal, als er sich etwas
gegönnt habe,sagte Jon Rahm, habe er
sich eine Xbox gekauft. Aber wenn ihm
etwas einfalle, was er mit dem Geld an-
stelle, werde er Bescheid geben. Fast ent-
schuldigend erklärte er, er mache eben
„nichts Extravagantes, ehrlich. So bin
ich nicht“. Für ihn sei es wichtig, „dass
sich meine Familie nie mehr um solche
Probleme sorgen“ müsse. Eines räumte
Rahm indes ein: „Es ist ein ziemlich coo-
les Gefühl.“ Das kann man annehmen,
wenn plötzlich fünf Millionen Dollar auf
dem Konto landen. Drei Millionen für
den Sieg beim Saisonfinalturnier in
Dubai am Sonntag. Und weitere zwei Mil-
lionen, weil er 2019 die Wertung der Geld-
rangliste gewonnen hat. So irrwitzig
funktioniert der globale Golfsport: Geld
generiert noch mehr Geld.

Rahm, 25, der als Teenager ohne Eng-
lischkenntnisse in den US-Bundesstaat
Arizona gezogen war, um Collegegolf zu
spielen (er lebt heute noch dort, in Phoe-
nix), staunte selbst, wie viel er schon ver-
dient hat in seiner Karriere, mehr als
16 Millionen Dollar Preisgeld sind es.
Und doch war es dem Spanier wichtig zu
betonen: Das Monetäre sei nicht sein Mo-
tor. „Ich habe da nicht mal drüber nach-
gedacht“, sagte er zu der Aussicht, in Du-
bai abräumen zu können. Das kann man
ihm wohl abnehmen. Rahm ist ein derart
ehrgeiziger Spieler, dass er unbedingt
immer gewinnen will. Entsprechend oft
braust sein Temperament auf, wie er
selbst heiter gestand. „Ich kann meine
Gefühle nicht abstellen“, betonte er, „ich
bin kein Roboter.“ Für seine Emotionen
ist er fürwahr bekannt, aber nun möchte
Rahm den nächsten Schritt schaffen:
den von einem Spieler, den viele schät-
zen, auch in den USA, hin zu einem, der
es in die Geschichtsbücher seines Sports
schafft. In Dubai hat er diesbezüglich ei-
nen Erfolg verbucht: Vor ihm hatte nur
ein Spanier jemals die Gesamtwertung
der European Tour gewonnen – Seve Bal-
lesteros (1991), der 2011 starb und schon
zu Lebzeiten als Legende galt.
Mit seinem prominenten Vorgänger,
den er bewundert, verbindet Rahm eini-
ges, etwa seine Naturgewalt auf dem
Platz, die sich bei ihm in unglaublichen
Schlagweiten ausdrückt. „Er war wie ein
Bomber unterwegs“, zollte Mike Loranzo-
Vera seinen Respekt; der Franzose war
in Dubai Dritter geworden, knapp hinter
dem zweitplatzierten Engländer Tommy
Fleetwood. Diesmal blieb Rahm ruhig
bis zum Ende, auch weil er sich mit
einem Trick half, der viel über seine
Ansprüche verriet. Als am Sonntag die
letzten drei Bahnen anstanden, dachte
er an Jack Nicklaus, den erfolgreichsten
Major-Golfer der Historie mit 18 Titeln,
wie der sich vor dem Sieg bei der British
Open 1966 selbst in einer ähnlichen Lage
geholfen hatte: „Wenn du 3, 4, 4 spielst,
gewinnst du“ – das waren Nicklaus’ Wor-
te. Rahm dachte an die Episode und spiel-
te 4, 3, 4 – Par, Par, Birdie. Das reichte.
Um endgültig zur Liga der Großen zu
gehören, benötigt Rahm jedoch einen
Major-Sieg, den er bisher oft knapp ver-
passte. Er könnte über dieses Ziel reden,
sagte Rahm, wolle aber erst mal das The-
ma wegschieben. Wichtiges stehe an – er
heirate bald. gerald kleffmann

American Football

NFL
Los AngelesRams (6:5 Siege) – Baltimore Ravens (9:2) 6:45.


Basketball

NBA
Cleveland –Brooklyn 106:108, Detroit – Orlando 103:88, India-
na – Memphis 126:114, Atlanta – Minnesota 113:125, Boston



  • Sacramento 103:102, Miami – Charlotte 117:100, Toronto –
    Philadelphia 101:96, Chicago – Portland 94:117, Milwaukee –
    Utah 122:118, San Antonio – LA Lakers 104:114, Golden State

  • Oklahoma City 97:100.


Bundesliga
FC Bayern München – ratiopharm Ulm 83:69 (47:35)
Brose Bamberg– Würzburg 69:72 (38:35)
Telekom Baskets Bonn – Alba Berlin 87:90 (41:35)



  1. FC Bayern 18:0, 2. Ludwigsburg 16:2, 3. Berlin 14:4, 4. Bam-
    berg 14:6, 5. Crailsheim 12:4, 6. Würzburg 12:8, 7. Oldenburg
    10:8, 8. Rasta Vechta 10:8, 9. Braunschweig 8:6, 10. Giessen
    6:10, 11. Bayreuth 6:10, 12. Frankfurt 6:12, 13. Ulm 6:12.


Fußball


  1. Bundesliga, 14. Spieltag
    Hannover 96– Darmstadt 98 1:2 (1:2)
    0:1 Anton (4./Eigentor), 1:1 Haraguchi (14.), 1:2 T. Kempe
    (29.). – Gelb-rote Karte: Stendera (Hannover, 90.+2), Unsport-
    lichkeit. – Zuschauer: 22 100.


(^) 1. Hamburger SV 14 8 5 1 32:13 29



  1. Arminia Bielefeld 14 8 5 1 30:15 29

  2. VfB Stuttgart 14 8 2 4 23:18 26

  3. Erzgebirge Aue 14 6 5 3 23:20 23

  4. Jahn Regensburg 14 5 5 4 27:21 20

  5. SV Darmstadt 98 14 4 6 4 16:19 18

  6. Hannover 96 14 3 5 6 15:23 14

  7. Dynamo Dresden 14 3 3 8 15:26 12

  8. SV Wehen Wiesbaden 14 2 4 8 17:32 10

  9. Spieltag;Freitag, 18.30 Uhr: Osnabrück – Hamburger SV,
    Karlsruhe – Regensburg; Samstag, 13 Uhr: Nürnberg – Wies-
    baden, St. Pauli – Hannover, Bochum – Aue, Dresden – Kiel;
    Sonntag, 13.30 Uhr: Heidenheim – Fürth, Darmstadt – Biele-
    feld, Sandhausen – VfB Stuttgart.


Uefa Youth League, 5. Spieltag
Gruppe A:Galatasaray –Brügge 2:1 (1:0), Real Madrid – Paris
6:3 (1:1). – 1. Madrid 12, 2. Brügge 9, 3. Galatasaray 6, 4. Paris 3.
Gruppe B:Tottenham – Piräus 1:0 (0:0), Belgrad – FC Bayern
München 1:1 (1:0). – 1. FC Bayern 11, 2. Belgrad 8, 3. Totten-
ham Hotspur 7, 4. Olympiakos Piräus 1.
Gruppe C:Atalanta Bergamo – Zagreb 2:0 (0:0), Manchester
City – Schachtjor Donezk 5:0 (3:0). – 1. Bergamo 10, 2. Zagreb
8, 3. Manchester City 7, 4. Schachtjor Donezk 2.
Gruppe D:Lok Moskau – Bayer Leverkusen 1:3 (0:0), Juventus
Turin – Atlético Madrid 2:1 (0:1). – 1. Turin 12, 2. Atlético Ma-
drid 9, 3. Lok Moskau 4, 4. Leverkusen 4.


Hannover/Hamburg– Marvin Bakalorz
sagte: „Ich würde mich schon freuen,
wenn man den alten Fußball mal langsam
zurückkriegt.“ Hannovers Kapitän trauer-
te dem „schönen Tor“ von Marc Stendera
nach, der den Ball in der 87. Minute zum
vermeintlichen 2:2 in den linken Winkel
des Darmstädter Kastens geschossen hat-
te. Doch der Video-Assistent meldete sich


  • wegen einer neuen Regel.
    Denn Schiedsrichter Martin Thomsen
    hatte in der Entstehung des Tores den Ball
    mit dem Rücken berührt, der dann Stende-
    ra vor die Füße fiel. Im alten Fußball war es
    egal, ob der Referee dem Ball eine andere
    Wendung gab; seit dem Sommer aber soll
    das Spiel mit einem Schiedsrichter-Ball
    fortgesetzt werden, wenn der Unparteii-
    sche getroffen wurde. Solche Entscheidun-
    gen „nehmen doch viel Leidenschaft aus
    dem Fußball raus“, klagte Bakalorz. Und
    Hannovers Trainer-Debütant Kenan Ko-
    cak warf die Frage auf, „ob diese Regel
    dem Sportsgeist entspricht“.


Die Debatten um den alten und neuen
Fußball wird es weiter geben. Aber die Sze-
ne war auch „symptomatisch“ für die Lage
von Hannover 96, wie Kocak feststellte.
Der Bundesliga-Absteiger läuft nach der
1:2-Niederlage gegen den SV Darmstadt98
Gefahr, in die dritte Liga durchgereicht zu
werden. Dorthin, wo Martin Kind den da-
mals fast insolventen Klub 1997 als Präsi-
dent übernommen hatte. Soviel Retro
wünscht sich natürlich auch Bakalorz
nicht. Aber die Fakten sprechen derzeit ge-
gen sein Team: es ist das einzige in den bei-
den obersten Ligen, das noch keinen Heim-
sieg verbuchen konnte, es hat mit 15 die we-
nigsten Tore in der zweiten Liga erzielt und
ist nach dem fünften sieglosen Spiel in Se-
rie auf Relegationsplatz 16 angekommen.
Marc Stendera, der frühere Frankfurter

Erstliga-Profi, musste jedenfalls erst in
Liga zwei hinuntersteigen, um die wohl tur-
bulentesten acht Minuten seiner Karriere
zu erleben. Er war in der 84. Minute einge-
wechselt worden, drei Minuten später lag
er nach seinem „Tor des Monats“ (Darm-
stadts Tobias Kempe) unter den jubelnden
Kollegen, um kurz darauf nach einem Dis-
put mit dem Schiedsrichter über das zu-
rückgenommene Tor die gelbe Karte zu se-
hen. Er war immer noch so aufgebracht,

dass er in der Nachspielzeit die Eckfahne
umtrat und dafür die gelb-rote Karte sah.
Auch das nützt seinem Arbeitgeber eher
nicht. Am Samstag wird er gegen den inzwi-
schen ebenfalls vom Abstieg bedrohten
FC St. Pauli wegen der Sperre nicht dabei
sein können. Und immer deutlicher wird,
dass dem Sportdirektor Jan Schlaudraff
nicht nur Erfahrung in seinem neuen Job
fehlt. Er muss auch ausbaden, dass ihm
Kind vor der Saison gerade mal 2,2 Millio-
nen Euro für neue Spieler zur Verfügung
stellte. Zudem sei es ja nicht so, „dass die
ganze Welt auf ein Angebot von 96 wartet“,
wie er es imkickerausdrückte.

Trotzdem wollte man sofort wieder auf-
steigen. Das aber mit einem Team, in dem
viele Spieler noch die Abstiegssaison mit
sich herumschleppen. Mit Ausnahme des
lange verletzten Linton Maina sowie Genki
Haraguchi und Florent Muslija fehlt zu-
dem das Tempo. Leute wie Bakalorz, Feli-
pe, Edgar Prib oder der kürzlich verpflich-
tete Dennis Aogo stehen vor der Profi-Ren-
te. Verstärkungen im Winter sind wohl un-
umgänglich. Vorerst aber hat der neue
Coach Kocak vor allem auf die alte Garde
gesetzt, was noch nicht aufging.
„Wir müssen wieder zu uns finden“, sag-
te Stürmer Hendrik Weydandt. Es reiche
nicht, positive Passagen wie in der zweiten
Halbzeit gegen Darmstadt hervorzuheben.
Schließlich gab es auch die erste Halbzeit,
in der Hannover durch ein Eigentor von
Waldemar Anton (4. Minute) sowie einen
Traffer von Kempe (29.) in Rückstand ge-
riet. Haraguchi hatte zwischenzeitlich aus-
geglichen. Ob es nur ein „Rädchen“ ist, das
klemmt, wie Weydandt es ausdrückte, ist
fraglich, es scheinen größere Eingriffe des
neuen Trainers nötig zu sein. Und irgend-
wann, hofft Marvin Bakalorz, „ist da kein
Schiedsrichter mehr, der im Weg steht“.

Zürich– Der Schweizer Fußball trauert um
Jakob „Köbi“ Kuhn. Der frühere National-
spieler und -trainer ist im Alter von 76 Jah-
ren verstorben. Das bestätigte der ehemali-
ge Fifa-Präsident Sepp Blatter der Schwei-
zerIllustrierten. Kuhn erlag im Kranken-
haus in Zollikerberg im Kanton Zürich ei-
ner langen, schweren Krankheit. Schon
2011 war bei Kuhn Alters-Leukämie dia-
gnostiziert worden, zuletzt litt er an Lun-
genproblemen. DerBlicknennt Kuhn in sei-
nem Nachruf den „berühmtesten Schwei-
zer Fußballer aller Zeiten“. Kuhn war mit
dem FC Zürich, für den er von 1960 bis 1977
aktiv war, sechs Mal Schweizer Meister.
63 Mal spielte er für die Schweiz, unter an-
derem bei der WM 1966. 2001 wurde er
Coach der „Nati“, die er 2004 zur EM und
2006 zur WM in Deutschland führte, wo
die Schweiz das Achtelfinale erreichte.
Nach der EM 2008 im eigenen Land wurde
er von Ottmar Hitzfeld abgelöst. sid

Madrid– Xabi Alonso, früher Fußballprofi
beim FC Liverpool, bei Real Madrid und
beim FC Bayern München, ist am Dienstag
vom Landgericht Madrid vom Vorwurf der
Steuerhinterziehung freigesprochen wor-
den. Die Staatsanwaltschaft hatte für den
ehemaligen Mittelfeldspieler zweieinhalb
Jahre Haft gefordert; sie kann noch Ein-
spruch gegen das Urteil erheben.
Alonso war beschuldigt worden, in sei-
ner Madrider Zeit in den Jahren 2010, 2011
und 2012 seine Einnahmen aus Bildrech-
ten nicht versteuert und dadurch rund
zwei Millionen Euro hinterzogen zu haben.
Der 38-Jährige, der seine Profilaufbahn
2017 beendet hat und zur Zeit die zweite
Mannschaft seines Stammklubs Real So-
ciedad San Sebastián trainiert, hatte versi-
chert, er sei „allen und jeder einzelnen sei-
ner Steuerpflichten nachgekommen“. Im
Gegensatz zu anderen des Steuerbetrugs
bezichtigten Fußballprofis wie Cristiano
Ronaldohatte der Weltmeister von 2010
bis zuletzt ein Abkommen mit der spani-
schen Steuerbehörde über die Zahlung
einer Geldstrafe abgelehnt. dpa, sid

Berlin –Der frühere Bayern-Trainer Niko
Kovac steht zumindest vorerst nicht als
Coach des abstiegsbedrohten Bundesligis-
ten Hertha BSC zur Verfügung. Dies berich-
teten derkickerund dieBild-Zeitungam
Dienstag. Kovac, der als Wunschkandidat
des Hertha-Anhangs gilt, wolle nach der
aufreibenden Zeit in München zunächst
wieder Kraft tanken. Unter Berufung auf
das Umfeld Kovac’ führte dieBildein weite-
res gewichtiges Argument an: Der gebürti-
ge Berliner Kovac sei mit dem derzeitigen
Hertha-Trainer Ante Covic persönlich be-
freundet, er ist auch Patenonkel von Covic’
Sohn Maurice. „Es wäre respektlos, einen
Familienangehörigen abzulösen und des-
sen Amt zu übernehmen“, vernahm die
Bild. Ob Covic am Samstag gegen Borussia
Dortmund auf der Bank sitzt, galt am
Dienstag als äußerst fraglich. Er könnte
vorübergehend durch den Assistenten Ha-
rald Gämperle ersetzt werden. jc

Salti im Tuch


der Träume


Sechs Meter in der Luft, aber kein Gedanke an die Gefahr:
Aileen Rösler will sich über die WM für Olympia qualifizieren

Naturgewalt


Golfprofi Jon Rahm räumt ab


„Ich kann meine Gefühle nicht abstel-
len. Ich bin kein Roboter“: Golfprofi Jon
Rahm aus Spanien. FOTO: A. REDINGTON / GETTY

Viele 96-Spieler schleppen
noch die Erinnerungen aus
der Abstiegssaison mit sich

Ärger mit dem Rücken


Eine neueRegel bringt Hannover 96 beim 1:2 gegen Darmstadt um ein Traumtor


Jakob Kuhn gestorben


Alonso entlastet


Kovac: „Wäre respektlos“


AKTUELLES IN ZAHLEN


„Wir müssen wieder
zu unsfinden“, sagt Stürmer
Hendrik Weydandt

Zehn Sprünge hintereinander:


Gelingt eine Übung, applaudieren


auch die Konkurrentinnen


Nur ein Spanier vor Rahm holte
die Jahreswertung: Ballesteros

24 HMG (^) SPORT Mittwoch,27. November 2019, Nr. 274 DEFGH
Das Ende eines turbulenten Arbeitstags
von Marc Stendera (links): Weil Schieds-
richter Thomsen sein Ausgleichstor an-
nullierte, war Stendera so empört, dass
er sich später noch einen Platzverweis
einhandelte. FOTO: MARTIN ROSE / GETTY
In der Schwebe: Aileen Röslers Traum von der Olympia-Teilnahme in Tokio hängt
auch vonihrem Abschneiden bei den bevorstehenden Weltmeisterschaften an gleicher Stelle ab.
FOTOS: THOMAS SCHREYER / IMAGO, LYNN SIGEL

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