Süddeutsche Zeitung - 27.11.2019

(ff) #1
von jutta czeguhn

Pasing– Wer den Schaden hat ... Aber die
Steilvorlage ist wohl einfach zu verlo-
ckend. Maria Osterhuber-Völkel, selbst ge-
rade aus der Lagunenstadt zurück, muss
den Kalauer einfach loswerden: „Wenn der
Dogenpalast in Venedig auch versinkt, wir
haben ihn jetzt in Pasing.“ Der Laimer
Lichtkünstler Johannes Reihl wird den
Prachtbau an die Südfassade des Pasinger
Rathauses projizieren. Osterhuber-Völkl
spricht für den Verein „Kunst und Kultur
in und um das Rathaus Pasing“, der dieses
Projekt an drei Adventswochenenden ange-
stoßen hat. Am 6. Dezember nach 17 Uhr
wird Johannes Reihl die Starttasten seiner
Hochleistungsprojektoren drücken.
„Architektonisch ist das Pasinger Rat-
haus eher trivial“, sagt Reihl, aber das sei ja
gerade der Reiz an der Sache, dieses Gebäu-
de in etwas Besonderes zu verwandeln. So
gesehen ist der schlichte Funktionsbau
aus den Dreißigerjahren gewiss ein sehr
dankbares Objekt. Und für den Künstler,
der seit knapp 30 Jahren mit Licht arbeitet,
wohl eine größere Herausforderung als so
manche seiner illustren Wirkungsstätten
in der Münchner Innenstadt, in China, Ta-
ormina, Tel Aviv, Salzburg oder Wien. Über-

all dort hat er schon seine Diaprojektoren
angeworfen und nicht nur Fassaden, son-
dern auch die Wahrnehmungsweisen der
Betrachter verändert. Mit Illuminationen
von antiken Tempelanlagen, leuchtenden
Aquarien, Textfragmenten aus Mozartbrie-
fen oder einer Venus mit Tattoo.
Welche Lichtbilder Johannes Reihl au-
ßer den venezianischen Ansichten für die

Pasinger Rathausfassade im Programm
hat, will er noch nicht verraten. Aber es wer-
den auch Buchstaben über Mauern und
Fensterscheiben tanzen. Ein Symbol für
die Bürokratie hinter der 60 Meter langen
Fassade? Von den Mühlen, die nicht dort in
Pasing, sondern in den Münchner Rathaus-
Etagen im Schneckentempo mahlen, be-
richten Maria Osterhuber-Völkl und Klaus

Herber vom Verein nur andeutungsweise.
Warum jetzt noch jammern darüber, dass
man, als der Projektantrag längst gestellt
war, lange nichts hörte aus dem Kreisver-
waltungsreferat (KVR)? Warum heute
noch rätseln, warum die Behörde Reihls
Lichtinstallation nicht als Kunstprojekt,
sondern als „Sondernutzung einer Garten-
anlage“ genehmigt hat? Ansonsten, so Os-
terhuber-Völkl, freue man sich über
freundliche Unterstützung aus vielen Rich-
tungen: von den Pasinger Rathausmitar-
beitern, vom Kommunalreferat als Haus-
herr, vom Denkmalschutz und vom Be-
zirksausschuss, der mit einem Zuschuss
von 12 000 Euro den Löwenanteil des etwa
15 000 Euro teuren Projekts trägt.
Am 5. Dezember wird Johannes Reihl,
wenn es dunkelt, in 17 Meter Abstand zur
Rathausfassade an vier Stellen die Diapro-
jektoren aufbauen. Generalprobe. Vom


  1. Dezember an jeweils freitags, samstags
    und sonntags wird das Pasinger Rathaus
    dann leuchten, immer von 17 bis 21 Uhr.
    Ein Sachbearbeiter im KVR hatte wissen
    wollen, wie viel Eintritt man verlangen wol-
    le von den Passanten. Doch anders als in Ve-
    nedig, das von Juli 2020 seine Tagestouris-
    ten abkassieren will, wird der Anblick des
    Pasinger Dogenpalastes kostenlos sein.


Gräfelfing– Nach anfänglicher Euphorie
über die ersten architektonischen Entwür-
fe der neuen Schwimm- und Dreifachturn-
halle auf dem Schulcampus in Lochham,
wächst der Unmut im Gemeinderat über
die Zusammenarbeit mit dem Architektur-
büro Dietrich Untertrifaller. Nachdem
auch in einer dritten Sitzung in den Augen
der Gemeinderäte immer noch nicht trans-
parent geworden ist, woher die massive
Kostensteigerung für das Bauwerk rührt,
wirkt das Vertrauensverhältnis zwischen
Architekten und Kommunalpolitikern an-
geknackst. „Es läuft noch nicht rund“, sag-
te Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessen-
gemeinschaft Gartenstadt Gräfel-
fing/IGG) auf Anfrage. Zudem kommen
Zweifel im Gremium auf, ob die gewählte
Bauvariante wirklich die beste ist.
Dabei fing alles so gut an. Als das Büro
im März dieses Jahres erste Kostenschät-
zungen für drei verschiedene Bauvarian-
ten der Halle vorlegte, dankten die Gemein-
deräte noch für die Offenheit und Transpa-
renz der Kalkulation. Bauberater Bertold
Ziersch merkte lobend an, dass es unge-

wöhnlich sei, zu so einem frühen Planungs-
stadium so genaue Kosten auf dem Tisch
zu haben. In der Folge entschieden sich die
Gemeinderäte für eine leicht aufgefächer-
te, flache Hallenvariante mit einer unge-
wöhnlichen geknickten Dachform für
rund 24,6 Millionen Euro.
Schluss mit der guten Stimmung war
dann im September, als Architekt Björn Os-
mann eine Kostenmehrung von mehr als
sechs Millionen Euro bekannt gab. Größ-
ter Posten war dabei eine neue Zwischende-
cke, die unter dem Dach eingezogen wer-
den sollte, um die Lüftungstechnik unter-
zubringen. Schon in dieser Sitzung bemän-
gelten die Gemeinderäte die Flut an Infor-
mation, die sie kaum verarbeiten könnten.
Und sie verstanden nicht, warum der Bau
nun so viel teurer werden sollte. Es folgte ei-
ne nichtöffentliche Sitzung mit dem Fazit,
dass die Architekten Sparpotenziale aufzei-
gen sollten. Diese wurden vergangene Wo-
che in der Bauausschusssitzung präsen-
tiert, diesmal kam gleich der geschäftsfüh-
rende Gesellschafter des Architekturbü-
ros, Patrick Stremler, in die Sitzung.

Überrascht zeigten sich die Mitglieder
des Bauausschusses, dass die geknickte
Dachoptik nun im neuen Entwurf wegfal-
len soll. Dadurch ließen sich einige techni-
sche Probleme lösen, begründete Stremler
die Entscheidung. Die Dachform sei jedoch
für einige Gemeinderäte mit ein Grund ge-
wesen, sich für die pavillonartige Hallenva-
riante zu entscheiden, sagte Joachim Ben-
der (Grüne/Unabhängige Liste). Einsparpo-
tenzial sehen die Architekten auch bei der
Verwendung von Baumaterialien, so könn-
te man statt geschliffenem Estrich auch
auf Kautschuk setzen als Bodenbelag.
Ebenso ließe sich die Halle etwas verklei-
nern. In Summe landet man aber dennoch
bei fast 29 Millionen Euro.
Die Gemeinderäte waren damit immer
noch nicht zufrieden, Bender kritisierte
wiederholt die fehlenden Unterlagen, die
eine Vorbereitung für die Gemeinderäte
unmöglich machten. „Wir erhalten viele
Details, das ist eine Überforderung.“ Auch
Benno Stübner (IGG) fand deutliche Worte.
Er kritisierte die mangelnde Zusammenar-
beit zwischen Architekten und Techni-

kern. Dass die Lüftungsanlage nicht von
Anfang an unter dem Dach platziert wor-
den sei, nannte er einen „Planungsfehler“.
Er sprach sich dafür aus, die Honorarkos-
ten zu deckeln. Auch Bürgermeisterin
Wüst zeigte sich auf Anfrage unzufrieden
über die Art, wie ursprüngliche Gestal-
tungsideen – das gefaltete Dach oder ge-
schliffener Estrich – „mit einem Hand-
wisch“ weggestrichen würden. „Für 30 Mil-
lionen Euro will ich etwas architektonisch
Ansprechendes.“
Erste Zweifel kamen in der Sitzung auf,
ob man sich mit der eleganten, aufgefä-
cherten Hallenvariante, die einen großzügi-
gen Eingangsbereich ermöglicht, auch für
die richtige Bauform entschieden habe.
Ziersch brachte den Gedanken ein, dass
ein einfacher, rechteckiger Baukörper
nicht zu so einer enormen Kostensteige-
rung geführt hätte. Schließlich einigte sich
das Gremium darauf, dass die Architekten
Kostensteigerung und Einsparpotenziale
für die Fraktionen transparent zusammen-
fassen, damit diese darüber intern beraten
können. annette jäger

Zu „Gordischer Güterverkehrsknoten“
und „StädtischesKomplettversagen“ vom



  1. November:


Der SZ und Frau Steinbacher ist für den
Kommentar zu den Plänen der DB im Os-
ten der Stadt zu danken. Hier wagt man
endlich ein klares Wort zu den „Leistun-
gen“ der Stadtplanung und der in hohem
Maße überforderten Stadtbaurätin. Das be-
schriebene Desaster gleicht verblüffend
der Fehlplanung mit Freiham Nord im Wes-
ten, wo man für mittlerweile 30000 Zuzüg-
ler Wohnraum plant – aber ohne auch nur
einen Gedanken auf eine Verkehrsplanung
zu verschwenden. Im Ergebnis zeichnet
sich durch das bereits jetzt herrschende
Verkehrschaos die Zerstörung des unter
Ensembleschutz stehenden, alten Aubin-
ger Dorfkernes ab. Um die öffentliche Em-
pörung in den Griff zu kriegen, hat man
rechtzeitig eine örtliche Niederlassung der
nicht eben für ihren der Stadtbaurätin un-
terstehenden Genius berüchtigten MGS
(Münchner Gesellschaft für Stadterneue-
rung) eingerichtet. Auch dort versucht
man, durch belanglose Nebenkriegsschau-
plätze von den eigentlichen Problemen ab-
zulenken. Dafür sind Mittel, die angedient
werden wie sauer Bier, in Hülle und Fülle
vorhanden. Herbert Liedl, München


Gräfelfing– AmDienstagmittag hat ein
80-jähriger Münchner gegen 11.15 Uhr in
der Gräfelfinger Bahnhofstraße beim Ein-
parken den Wagen eines 65-jährigen
Münchners touchiert. Anschließend begab
sich der Unfallverursacher in ein Geschäft,
ohne sich zunächst um den Schaden zu
kümmern. Von einem Zeugen anschlie-
ßend angesprochen, fuhr der 80-Jährige
weiter zur Planegger Polizeiinspektion,
um dort den Fall aufzuklären. Der Geschä-
digte hatte zwischenzeitlich jedoch bereits
Anzeige wegen Unfallflucht erstattet. Der
entstandene Schaden an seinem Auto be-
trägt etwa 800 Euro. tek

Freiham– Die Kreuzung Helmut-Schmidt-
Allee/Aubinger Allee soll laut Baureferat
„schnellstmöglichst noch in diesem Jahr“
mit einer mobilen Ampelanlage ausgestat-
tet werden. Das hat die Behörde im städti-
schen Informationsblatt Rathaus-Um-
schauangekündigt. Die dafür erforderli-
che verkehrsrechtliche Anordnung des
Kreisverwaltungsreferats werde dem Bau-
referat „in den nächsten Tagen übermit-
telt“. Zuvor hatte ein vertreter des Kreisver-
waltungsreferats auf SZ-Anfrage noch von
einem frühestmöglichen Realisierungs-
zeitraum im Frühsommer 2020 gespro-
chen – „der verbindlichen Ausschreibungs-
fristen sowie der fortschreitenden Witte-
rung“ wegen.
Die provisorische Ampel nördlich des
neuen Bildungscampus’ in Freiham ist
dringend notwendig, damit die Schüler,
die an der Bushaltestelle der Linie 57 aus-
steigen, sicher die von Baufahrzeugen viel-
befahrene Helmut-Schmidt-Allee über-
queren können. Mangels Alternativen
übernehmen dort derzeit noch Lehrer die
Schulweghelfer-Funktion. Langfristig ist
für diese Ecke zwar eine fest installierte
Ampel vorgesehen. Sie soll aber den städti-
schen Plänen entsprechend erst mit dem
Endausbau der Straße in drei bis vier Jah-
ren errichtet werden. eda

Der Euphorie folgt die Ernüchterung


Gemeinderat kritisiert die Architekten der neuen Gräfelfinger Schwimm- und Turnhalle wegen der Kostensteigerungen


Zu „Die Projekte wachsen, der Frust
wächst mit“ vom 19. November:


Stadtplanung geht alle an. Denn die Stadt
ist Lebensraum ihrer Bewohner. Wenn es
um größere Veränderungen dieses Lebens-
raums geht, dann müssen die Bürger in die
Entscheidungsfindung einbezogen wer-
den. Die Auseinandersetzung um den Eg-
garten ist ein gutes Beispiel dafür, wie ver-
sucht wird, die Bürger zu entmündigen, in-
dem ihnen Gutachten verheimlicht wer-
den, die für die Entscheidung eine Rolle
spielen. Es ist gut, dass sich der Bezirksaus-
schuss Feldmoching-Hasenbergl das nicht
gefallen lässt. Bürgerbeteiligung ist im-
mer unbequem für die Entscheidungsträ-
ger in der Verwaltung, denn dann müssen
sie ihre Position rechtfertigen. Eine Demo-
kratie zeichnet sich dadurch aus, dass poli-
tische Entscheidungen begründet werden
müssen. Jede politische Entscheidung
schafft Gewinner und Verlierer. Wer durch
eine politische Entscheidung Nachteile er-
leidet, hat in einer Demokratie das Recht
zu erfahren, welche Gründe des Gemein-
wohls zu dieser Entscheidung geführt ha-
ben. Es ist abwegig, den Bürgern dieses
Recht mit fadenscheinigen Begründungen
vorenthalten zu wollen. Das Argument, sol-
che Gutachten seien für Laien nicht ver-
ständlich, wirft die Frage auf, warum diese
so verfasst werden dürfen, dass sie weder
für einen Normalbürger noch für einen Po-
litiker verstehbar sind. Wenn sich ein Inves-
tor mit unverständlichen Argumenten
durchsetzen kann, dann nennt man das Ex-
pertenherrschaft und nicht Demokratie.
Hans-Joachim Schemel, München


Zu „Ein Klassiker der Pflasterkultur“ vom
26./27. Oktober:


Vergessen wir beim Klassiker Gehwegplat-
ten nicht, dass sich München damals bei
der ersten Fußgängerzone zur Olympiade
sehr fortschrittlich zeigte! Übrigens wur-
den damals besondere Akzente im Pflaster
gesetzt (Stadtturm, Mitte Marienplatz)
und die Gehwegplatten durch Kleinstein-
zeilen aus Granit gegliedert, was für Behin-
derte das Gehen erschwerte. Inzwischen
wurde das vorteilhaft durch dunkle Plat-
tenstreifen ersetzt. Dass es aber sonst lei-
der beim Plattengrau geblieben ist, unter-
streicht die Bewertung des öffentlichen
Raumes durch die Verwaltung. Andere
Städte machen für Fußgängerzonen Wett-
bewerbe und versuchen neue Lösungen. In
München wird entsprechend der vielfach
als stereotyp gescholtenen Architektur
auch der Stadtboden einheitlich, ja fast
stur durchgepflastert. Jüngstes Beispiel ist
die Sendlinger Straße, die etwas lieblos
nach gewohntem Schema durchplattiert
wurde, sogar bis an die Treppen der Asam-
kirche. Es hieß einmal, dass man sich im
Vorfeld der bedeutenden Privatkirche et-
was Besonderes überlegen wolle. Nichts da-
von blieb übrig. Wieder einmal hat die
Münchner Verwaltung jeglicher Mut für
Neues verlassen. Schade, nicht nur die
Asamkirche hätte mehr als eine gedanken-
lose, fast beliebige Durchplattierung ver-
dient. Frank Becker-Nickels, München


Malen mit Licht: Vor knapp 30 Jahren hat Johannes Reihl diese Kunst für sich ent-
deckt. FOTOS: PRIVAT/JOHANNES REIHL (2)

München – Schlagen, anbrüllen, be-
schimpfen – häusliche Gewalt äußert sich
in den unterschiedlichsten Formen. Und
häufig wird sie verschwiegen. Etwa jede
vierte Frau in Deutschland wird in ihrem
Leben in den eigenen vier Wänden Opfer
von Gewalt. „Die Frauen holen sich meist
erst nach sieben Jahren Hilfe“, sagt Barba-
ra Altweger, Sprecherin des Sozialdiensts
katholischer Frauen (SKF) in München.
Und nach den Erfahrungen der Interventi-
onsstelle des Landkreises München su-
chen sich überhaupt nur 20 Prozent der be-
troffenen Frauen Hilfe.
Um mehr auf das Thema und die Bera-
tungsangebote im Landkreis aufmerksam
zu machen, hat das Landratsamt gemein-
sam mit dem SKF anlässlich des internatio-
nalen Tags gegen Gewalt an Frauen eine
Aktion in Bäckereien im Landkreis initi-
iert. 13 000 Tüten mit dem Aufdruck „Ge-
walt kommt uns nicht in die Tüte“ werden
so beim Semmelverkauf unter die Leute ge-
bracht. „Lassen Sie sich nicht einschüch-
tern, lassen Sie sich helfen“, lautet der Rat
auf der Tüte, Kontaktadressen und Tele-

fonnummern der Beratungsstellen wer-
den mit dem Gebäck gleich mitgeliefert.
„Ich unterstütze die Bäckertüten-Aktion
gerne. Wir haben mehr als 280 Frauen be-
schäftigt und ich denke, wenn man die Zah-
len von gewaltbetroffenen Frauen hört,
dann ist es ein wichtiges Thema, das an die
Öffentlichkeit gehört“, sagt Volker Wöhrle
von Hasi Schmeckerbäcker.
„In den vergangenen sieben Jahren ha-
ben wir ein gutes Netzwerk aufgebaut“,
sagt Hanna Kollan, die Gleichstellungsbe-
auftragte des Landkreises. Seit drei Jahren
gibt es für Betroffene aus dem Landkreis
auch ein Frauenhaus, ebenso lange eine
Männerberatung für die Täter. Die Fallzah-
len stiegen, der Aufwand werde höher und
der Bedarf an Beratung komplexer, sagt
Tanja Böhm, Leiterin der Interventionsstel-
le zu den Anforderungen an die Behörde.
240 Frauen kämen im Jahr zu ihnen, häu-
fig gehe es um Fragen der Wohnungssuche
und der Existenzsicherung.
Meist bekämen die Beratungsstellen
den Zugang zu den Frauen über die Kinder.
Wenn diese auch von häuslicher Gewalt be-

troffen seien, reagierten die Frauen eher.
Doch gibt es auch häusliche Gewalt in Al-
tersgruppen, in denen die Kinder längst
aus dem Haus sind. „Es ist nicht einfach,
an diese Zielgruppe heranzukommen“,

sagt Böhm. Wenn ältere Frauen noch dazu
pflegebedürftig und isoliert seien, sei eine
Kontaktaufnahme umso schwieriger.
Wie Maria Colell, Leiterin des Frauen-
hauses im Landkreis, berichtet, fragten im-
mer mal wieder ältere Frauen an, ob sie
„kurz zur Erholung“ ins Frauenhaus kom-
men könnten. Der Schritt, ganz zu Hause
auszuziehen, sei doch sehr groß für diese
Generation. Zehn Plätze hat das Frauen-
haus, gerade wurde es um drei Plätze erwei-
tert. Der Bedarf allerdings sei noch größer:
Wenn man sich an der Statistik orientiere,
wären 13 Plätze notwendig, sagt Colell.
Wichtig sei aber auch die Anschluss-Un-
terbringung, damit von Gewalt betroffe-
nen Frauen und ihren Kindern nach dem
Frauenhaus Wohnraum zur Verfügung
steht, wenn sie die intensive Betreuung
nicht mehr benötigen, aber auch nicht in
ihr Zuhause zurück können. Second Stage
nennt sich dieses Angebot, das Sozialminis-
terin Kerstin Schreyer (CSU) vergangene
Woche mit 17 Projekten in Bayern gestartet
hat, eines davon übernimmt der SKF im
Landkreis München. iris hilberth

Gräfelfing– DerGräfelfinger Ortsver-
band der FDP muss sich einen neuen Spit-
zenkandidaten für die Kommunalwahl
2020 suchen. Bürgermeister-Kandidat Ei-
ke Nell verlässt Gräfelfing, er befindet sich
gerade im Umzug nach Nordrhein-Westfa-
len. Michael Nebel, Schatzmeister des Orts-
verbands und bisher auf Listenplatz zwei,
will nun nachrücken und sich zum Bürger-
meister-Kandidaten wählen lassen.
Der Umzug von Eike Nell sei völlig über-
raschend gekommen, sagte Nebel. Für den
27 Jahre alten bisherigen Spitzenkandida-
ten habe sich die Chance einer beruflichen
Veränderung ergeben, die dieser spontan
wahrgenommen habe. Für den Ortsver-
band geschehe dies natürlich zu einem un-
günstigen Zeitpunkt, gibt Nebel zu, „aber
wir werden das Beste daraus machen“. Die
FDP war die erste politische Gruppierung,
die bereits im September ihre Gemeinde-
ratsliste wie auch ihren Bürgermeister-
Kandidaten gewählt hatte.

Eine komplette Neuaufstellung der Lis-
te ist laut Nebel nicht nötig, vielmehr sol-
len nun alle Kandidaten auf der Liste eine
Position nach vorne rücken, er selbst er-
klärt sich bereit, alle Positionen des schei-
denden Nell zu übernehmen. Das ist neben
dem Listenplatz eins auch die Bürgermeis-
ter-Kandidatur und das Amt des Ortsvor-
sitzenden. All dies soll in einem Wahlgang
des Ortsverbands am Montag, 9. Dezem-
ber, besiegelt werden. Mit dem Vorstand
sei das Vorgehen bereits intern bespro-
chen worden und er habe volle Unterstüt-
zung, sagte der 37 Jahre alte Ingenieur, der
mit seiner Familie seit vier Jahren in Gräfel-
fing lebt. Die FDP agiere weiter als Team,
betonte der designierte Bürgermeister-
Kandidat. Der Schritt in die erste Reihe ist
für ihn gar kein so großer, seine bisherige
Position auf Listenplatz zwei zeige, dass er
die Bereitschaft mitbringe, sich einzubrin-
gen, sagte Nebel. „Wir wollen diese Lücke
nicht offen lassen.“ Das Wahlkampfpro-
gramm werde derzeit im Team erarbeitet,
daran habe sich nichts geändert. jae

Eine typisch venezianische Fassade zeigt diese Simulation der Projektion von Johannes Reihl am Pasinger Rathaus.

Michael Nebel,
Schatzmeister des
Ortsverbands, rückt
nach dem Verzicht
des bisherigen
Kandidaten von
Platz zwei auf eins.
Der 37-jährige lebt
seit vier Jahren in
Gräfelfing.FOTO: PRIVAT

STADTPLANUNG

Das gute


Recht derBürger


SCHIENEN-AUSBAU

Stadt in hohem


Maße überfordert


MÜNCHNER PFLASTER

Kein Mut


zum Neuen


Pasinger Dogenpalast


An drei Adventswochenenden wird die schlichte Rathausfassade zur Kulisse für die filigranen Projektionen
des Lichtkünstlers Johannes Reihl. Hochleistungsdiaprojektoren lassen das Gebäude erstrahlen

Aufklärung auf der Semmeltüte: Johanna
Fiegert von der gleichnamigen Bäckerei
in Unterhaching. FOTO: ANGELIKA BARDEHLE

Die wenigsten Frauen holen sich Hilfe


Der Landkreis München und der Sozialdienst katholischer Frauen beteiligen sich am Aktionstag gegen häusliche Gewalt


Beim Einparken


Wagen touchiert


Ampel-Provisorium für


sicheren Schulweg


Leserbriefestellen keine redaktionelle Mei-
nungsäußerung dar, dürfen gekürzt und digi-
tal publiziert werden unter Angabe von Name
und Wohnort. Briefe ohne Nennung des vollen
Namens werden nicht veröffentlicht. Bitte
geben Sie für Rückfragen immer Adresse und
Telefonnummer an.


LESERBRIEFE WESTEN UND WÜRMTAL


FDP braucht


neuen Kandidaten


Michael Nebel muss in die Bresche
springen, weil Eike Nell wegzieht

DEFGH Nr. 274, Mittwoch, 27. November 2019 (^) STADTVIERTEL PGS R9

Free download pdf