A6, der etwa zehn Fahrminuten vom
Tatort entfernt in einer Tiefgarage
vollständig ausbrannte – und den die
Täter nach Erkenntnissen in Brand
steckten. „Wir sind uns sicher, dass es
sich um das Fahrzeug handelt, mit
dem die Täter die Flucht angetreten
haben“, sagt Laske. „Denn in dem Au-
to befanden sich Spuren von Gegen-
ständen, die vom Tatort stammen.“
Um welche Gegenstände es sich
dabei konkret handelt, wollte er aber
nicht mitteilen und verwies darauf,
dass es sich dabei um Täterwissen
handele. Der ausgebrannte Audi ist
ein seit 2017 stillgelegtes Fahrzeug,
das zuvor in „Besitz einer Person aus
den westdeutschen Bundesländern“
war, die jedoch mit dem Kunstdieb-
stahl sicher in keiner Verbindung
steht.
Sicher sind sich die Ermittler auch,
dass die Täter ihre Flucht mit ei-
nem weiteren „Fahrgerät“ fort -
setzten. Ganz in der Nähe zu der
Tiefgarage befindet sich die Auto-
bahn A4. Vieles spricht nach Polizei-
angaben dafür, dass mehr als die
zwei von den Überwachungskameras
im Historischen Grünen Gewölbe ge-
filmten Täter an der Ausführung der
Tat beteiligt waren. Darauf deutet et-
wa auch der Brand in einem Strom-
kasten hin, der während der Tat die
Stromzufuhr für die Straßenbeleuch-
tung in direkter Nähe des Tatorts
lahmlegte.
Das zielgerichtete und gut vorberei-
tete Vorgehen legt nahe, dass die Täter
der organisierten Kriminalität angehö-
ren. Die Dresdener Ermittler suchen
deshalb auch nach Zusammenhängen
mit vergleichbaren Vorfällen im Bun-
desgebiet. Im Austausch stehen sie da-
bei unter anderem mit den Kollegen
in Berlin. Dort gibt es ein eigenes
Kommissariat für Kunstdelikte im Lan-
deskriminalamt, das jährlich in rund
300 Verfahren ermittelt.
Die Berliner Ermittler brachten zu-
letzt Mitglieder des bundesweit be-
kannten libanesischen Remmo-Clans
vor Gericht, die hinter einem der
spektakulärsten Kunstdiebstähle hier-
zulande stecken sollen. Im Frühjahr
2017 war aus dem Bode-Museum ei-
ne 100 Kilogramm schwere Gold-
münze gestohlen worden – die bis
heute verschwunden ist und nach
Ansicht der Staatsanwaltschaft
höchstwahrscheinlich zerstückelt
und verkauft wurde.
Neben Mitgliedern arabischer
Clans fielen deutschland- und euro-
paweit in den vergangenen Jahren
vor allem Kriminelle vom Balkan in
Verbindung mit Kunstdiebstählen
auf. Für einen der bislang größten
Kunstdiebstähle Europas, hier ging es
um vier 2008 gestohlene Gemälde im
Wert von mehr als hundert Millionen
Euro aus der Züricher Sammlung
Bühle, konnten 2012 vier Serben ver-
antwortlich gemacht werden.
Bekannt – wenn auch weniger
durch Kunstraub denn durch Juwe-
lendiebstähle – wurde eine weitere
Gruppierung aus den Balkanstaaten,
die Pink Panther. Das Netzwerk soll
seit den 1990er-Jahren für Hunderte
Schmuckdiebstähle verantwortlich
sein und zeichnet sich durch präzise
durchgeführte Überfälle auf Luxusju-
weliere aus.
Prunkstück im Grü-
nen Gewölbe: Minia-
tur des „Obeliscus
Augustalis“ von 1722.
dpa
Live-Diebstahl:
Kameras zeigen die
Täter beim Zertrüm-
mern der Vitrinen.
AP
Sollte der
Dresdener
Schaden 100
Millionen Euro
erreichen, hätte
man alle großen
deutschen
Museen über
Jahre versichern
können.
Stephan Zilkens
Kunstversicherungsmakler
Sicherheit in Museen
Veraltete Technik in
Dresden
L
ange Zeit galt das Grüne Ge-
wölbe in Dresden als gut gesi-
chert – bis Diebe am Montag
Juwelengarnituren von kaum
schätzbarem Wert stahlen. Es ist
der größte Kunstraub der jüngeren
Geschichte. Am frühen Morgen
sieht ein Wachmann auf den Bil-
dern der Überwachungskamera,
wie ein Mann mit einer Axt auf eine
Panzerglasvitrine einhackt. Das Vor-
gehen der Täter belegt einen Trend,
den Kulturverantwortliche mit Sor-
ge beobachten: Kunstdiebe gehen
zunehmend mit roher Gewalt vor.
Eigentlich sollte das aber keinen
Unterschied machen. In Dresden
war jedoch wohl nicht alles auf dem
modernsten Stand der Sicherheits-
technik. Der namhafte Diamanten-
händler Ulf Breede weiß aus Erfah-
rung, dass gepanzerte Scheiben
kaum zu zertrümmern sind. Bei
ihm hatten Diebe versucht, mit ei-
nem Gullideckel die Scheibe einzu-
werfen. Das Unterfangen misslang.
Dass es in Dresden klappte, das Si-
cherheitsglas zu zerschlagen, deu-
ten Experten als Hinweis auf eine
veraltete Ausstattung. Der gleichen
Meinung ist Kunstversicherer Ste-
phan Zilkens: „Mechanisch und
elektronisch scheint die Sicherung
nicht ausreichend vorhanden gewe-
sen zu sein.“
Nach dem Fall von Dresden dürf-
ten viele deutsche Museen nun
nachbessern. Viele Verantwortliche
aus der Branche wenden sich an Si-
cherheitsunternehmen wie etwa
den Essener Dienstleister Kötter,
der auf seiner Webseite mit dem
Slogan wirbt: „Museumsdienste
sind eine Kunst für sich.“ Nähere
Details zur angedeuteten Kunstfer-
tigkeit gibt es keine. Die Branche
verweist in geschäftsüblicher Ver-
schwiegenheit auf die Verbände.
„Es ist wichtig zu verstehen, dass
Verträge mit Museen ganz individu-
ell ausgehandelt werden“, sagt Silke
Wollmann vom Bundesverband für
Sicherheitswirtschaft. Modernste
Technik und Sicherheitspersonal
seien notwendig, aber kein Allheil-
mittel. Auch Museumsbesucher nur
ohne Taschen und Jacken eintreten
zu lassen mag Vandalismus vorbeu-
gen. Ein Einbruchschutz sei das je-
doch alles nicht. Schließlich passen
manche Phiolen locker in Hosenta-
schen. Oft gebe es für den Sicher-
heitsdienstleister die Anweisung,
nicht selbst zuzugreifen, sondern
den Einbruch nur zu melden. Ge-
nau das dürfte wohl auch in Dres-
den passiert sein. Die Idee dahinter:
Die Kunstdiebe nach Möglichkeit
beim Verlassen des Museums zu fas-
sen, damit innerhalb der Ausstel-
lung kein weiterer großer Schaden
entsteht, wenn die Täter sich weh-
ren. Nur wurden die Täter in Dres-
den eben nicht direkt gefasst.
Museumsbundpräsident Köhne
ist auch Direktor des Badischen
Landesmuseums in Karlsruhe und
höchst vertraut mit dem Thema Si-
cherheit von Exponaten. Bauliche
Sicherheit spiele eine große Rolle,
erläutert er. Die Museumsträger ar-
beiteten zu diesem Zweck jeweils
zusammen mit Bauämtern, Baube-
hörden und zuständigen Stellen.
„Da ist es schon so wie bei einem Ei-
genheim, dass man natürlich auch
nicht alle zwei Jahre ein Update ma-
chen kann.“ Aber auch er versi-
chert: „Man ist einfach gehalten, die
Abläufe immer wieder zu überprü-
fen und zu schauen, dass zumindest
die Mittel und Möglichkeiten, die
man hat, auch funktionieren.“ Vor
allem in der Kommunikation.
Eines ist klar: Sicherheit in Mu-
seen ist eine schwierige Aufgabe.
Auf der einen Seite geht es darum,
Kunst sicher wegzuschließen, auf
der anderen aber auch darum,
Kunst möglichst gut sichtbar für Be-
sucher zu präsentieren. „Wir sind
eben kein Banksafe. Und das bringt
ein gewisses Risiko mit sich“, sagt
Eckart Köhne, Präsident des Deut-
schen Museumsbundes.
Die Deutsche Burgenvereinigung,
die älteste private Denkmalorgani-
sation in Deutschland, zeigt sich an-
gesichts des Falls aus Dresden scho-
ckiert. Präsident Maximilian Fürst
zu Bentheim-Tecklenburg kritisiert,
dass viele Museen ihre kostbaren
Exponate zu schlecht sicherten.
Kunsträubern würde so ihr Hand-
werk zu leicht gemacht. Simone
Wermelskirchen
Wirtschaft & Politik
MITTWOCH, 27. NOVEMBER 2019, NR. 229
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