Handelsblatt - 27.11.2019

(Barré) #1

Markus Fasse, Martin Murphy München, Frankfurt


U


nter den markant auftretenden Mana-
gern der Autobranche läuft Alexan-
der Seitz schnell Gefahr, übersehen
zu werden. Seine Haare trägt er zu-
rückgekämmt, die Brille randlos, die
Krawatte eng um den Hals. Ein Finanzer eben, der
nicht unbedingt in die erste Reihe drängt. Doch
der im September 2017 angetretene Finanzvor-
stand ist seit Wochen eine tragende Figur der Audi
AG.
In einer Marathonsitzung hat der 57-Jährige mit
Vertretern von Betriebsrat und der Gewerkschaft
IG Metall maßgeblich das Sanierungsprogramm für
die kriselnde Volkswagen-Tochter verhandelt. Die
Vereinbarung mit dem markanten Namen „Audi-
Zukunft“ ist eine Rosskur, die selbst hartgesottene
Arbeitnehmervertreter nicht für möglich gehalten
haben. Bis zum Jahr 2025 sollen etwa 9 500 Stellen
in den deutschen Standorten wegfallen, wie das
Unternehmen am Dienstag mitteilte. Für die bei-
den deutschen Standorte Ingolstadt und Neckar-
sulm ist das ein herber Schlag. Dass Audi im Ge-
genzug rund 2 000 neue Jobs in Zukunftsbereichen
schaffen will, ist da nur ein schwacher Trost. Im-
merhin soll es keine betriebsbedingten Kündigun-

gen geben, und die verbliebenen 50 000 Beschäf-
tigten erhalten eine Jobgarantie bis Ende 2029.
Seit Wochen war über die Abbaupläne in Ingol-
stadt und Neckarsulm spekuliert worden, zuletzt
war aber nur von rund 5 000 Jobs die Rede. Tat-
sächlich sind die massiven Einschnitte aber wenig
überraschend. Seit 2015 der vor allem von Audi-
Technikern verübte Dieselbetrug aufflog, läuft die
Marke neben der Spur. Fast im Monatstakt verloren
Vorstände ihre Posten, 2018 gipfelte die Krise in
der Verhaftung des langjährigen Vorstandschefs
Rupert Stadler. Seitdem führen der ehemalige Ver-
triebsvorstand Bram Schot und Finanzvorstand
Alexander Seitz die Geschäfte. Vor allem Seitz
drängte schnell auf eine harte Sanierung, schließ-
lich verdiente Audi zuletzt nicht einmal mehr das
Geld für die eigenen Investitionen.
Denn im Chaos von Ingolstadt blieb vieles liegen.
Während die Konkurrenten in München und Stutt-
gart ihr Design änderten und die Modellpalette re-
novierten, blieb in Ingolstadt keine Zeit für Innova-
tionen. Seit 2014 versuchten sich alleine fünf unter-
schiedliche Vorstände am Entwicklungsressort. Die
Folge: Brot-und-Butter-Modelle wie der Audi A
verloren den Anschluss und mussten teuer nachbe-

Vorsprung


durch Umbau


Noch bevor der neue Audi-Chef Markus Duesmann kommt, legt die


VW-Tochter ein massives Sparpaket auf. Schon bald soll Audi wieder mit


BMW und Daimler konkurrieren können.


Audi in Zahlen
Umsatz in Mio. Euro

2017 2018 2017 2018


2017 2018 -24,4 %


Ingolstadt


Neckarsulm


59 789 59 248
3 509 3 382

4 671


3 529


44 526


16 971


davon in


Nettoergebnis* in Mio. Euro


Ergebnis (Ebit) in Mio. Euro Mitarbeiter (Durchschnitt)


HANDELSBLATT *Ergebnisanteil der Aktionäre der Audi AG • Quelle: Unternehmen

2017 2018 +1,2 %


90 402 91 477


-0,9 % -3,6 %


Audi-Produktion in Deutschland: Die Werke sind schlecht ausgelastet.


AUDI AG

Titelthema


Audis Sparplan


MITTWOCH, 27. NOVEMBER 2019, NR. 229


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