arbeitet werden. Die Eigenwerbung „Vorsprung
durch Technik“ war längst nicht mehr zu halten.
Der Druck der Mutter aus Wolfsburg wuchs, die
einstige Gewinnmaschine aus Ingolstadt lieferte
nicht mehr. Denn alleine der VW-Konzern musste
rund 30 Milliarden Euro für den Dieselbetrug auf-
wenden und setzte seinerseits das Messer an. Wäh-
rend bereits 2017 die Marke VW den Abbau von
23 000 Stellen verkündete, blieb bei Audi vorerst
alles beim Alten.
Der vom VW-Konzern entsandte Sanierer Seitz
nahm aber kein Blatt vor den Mund. Als im vergan-
genen Jahr der Gewinn einbrach, fand Seitz pas-
sende Worte: „Diese Performance reicht nicht für
eine stolze Marke wie Audi“, sagte er bei der Bi-
lanzvorlage im März dieses Jahres. „Den Satz ‚Das
haben wir schon immer so gemacht‘ streichen wir
künftig bei Audi“, sagte Seitz. Zwar sprach auf der
Veranstaltung auch Vorstandschef Bram Schot. Die
Wirkungstreffer aber platzierte der Finanzvor-
stand. „2019 wird ein Jahr der Arbeit, des Ordnens,
und am Jahresende wird dafür wahrscheinlich
noch keine große Belohnung auf uns warten.“
Ein Viertel weniger Autos aus den
deutschen Werken
Umso härter wurde verhandelt, Seitz und Schot
drängten auf einen massiven Abbau der Kapazitä-
ten in Deutschland. So war die Produktion zuletzt
teilweise nur zu zwei Drittel ausgelastet, profitabel
arbeitet man aber eigentlich bei Werten ab 90 Pro-
zent. Das Sparpaket soll Produktion und Nachfrage
wieder ins Lot bringen. Die jährliche Kapazität in
Ingolstadt wird auf 450 000 Autos begrenzt und in
Neckarsulm auf 225 000. Dies ist eine Kürzung um
rund ein Viertel – ein bislang beispielloser Abbau
im VW-Konzern.
Mit dem Umbau will der Audi-Vorstand die Kos-
ten bis zum Jahr 2029 um sechs Milliarden Euro
senken. Mit den Einsparungen will der Autobauer
sicherstellen, dass die operative Marge im Korridor
von neun bis elf Prozent liegen wird. Zugleich sol-
len finanzielle Mittel frei werden, um die Umstel-
lung von Verbrenner auf Elektro als Antriebsform
zu stemmen. Audi will bis 2025 dreißig neue Elek-
tromodelle auf den Markt bringen. Die Masse soll
in den deutschen Werken und in China gebaut wer-
den, dem mit Abstand größten Absatzmarkt von
Audi.
Es war eine schwierige Zeit. Seit Monaten hätten
beide Seiten miteinander verhandelt, hieß es in
Kreisen des Unternehmens. Zwischenzeitlich kur-
sierten Abbauziele zwischen 5 000 und 15 000 Ar-
beitsplätzen. Die Gespräche seien konfliktgeladen
gewesen, da der Betriebsrat einen geringeren Stel-
lenabbau habe durchsetzen wollen. Bevor Freitag-
nacht eine Einigung erzielt wurde, hätten die Ver-
handlungen vor dem Abbruch gestanden, berichte-
ten Beteiligte.
In den vergangenen Tagen hat der Betriebsrat
seine verschiedenen Gremien über das Ergebnis in-
formiert und diese gebilligt. Betriebsratschef Peter
Mosch begrüßte die Einigung: „Die Arbeitsplätze
der Stammbelegschaft sind sicher“, erklärte der
oberste Arbeitnehmervertreter. Die Verlängerung
der Beschäftigungsgarantie sei in dem aktuell
schwierigen Umfeld ein Erfolg, sagte er.
Ein Erfolg ist das Ergebnis vor allem für Seitz: Er
hatte schon ein erstes Sparpaket durchverhandelt,
das bis zum Jahr 2022 Kosten von insgesamt 15 Mil-
liarden Euro vorsieht. Zu diesem Wert addieren
sich die nun abgesprochenen Kostensenkungen
von sechs Milliarden Euro – ein Ergebnis, das die
Konzernoberen in Wolfsburg mit Wohlwollen be-
obachten.
Finanzvorstand Seitz wird nach
Wolfsburg befördert
Seitz hat es geschafft, die Rosskur auch zu einem
Erfolg der Arbeitnehmer zu machen. Der Manager
selbst hat sich aber auch für höhere Weihen quali-
fiziert. Er soll zur Konzernschwester VW in Wolfs-
burg wechseln und dort das Finanzressort von Ar-
no Antlitz übernehmen, der seinerseits den Posten
von Seitz bei Audi übernehmen wird. Antlitz gilt als
Vertrauter von Konzernvorstandschef Herbert
Diess.
Mit dem Ringtausch nimmt VW-Chef Diess seinen
Schützling aus der Schusslinie. Gegen Antlitz hatten
Gewerkschafter um VW-Betriebsratschef Bernd
Osterloh Stellung bezogen. Für sie ist der Finanzma-
nager eine Fehlbesetzung, weil er zwar massiv auf
die Kosten schaut, dabei aber den Blick für die Be-
lange der Belegschaft verloren hat. In der Welt von
Volkswagen ist das ein Risiko für die eigene Karrie-
re. Bei Audi übernimmt Antlitz nun einen Posten,
auf dem die gröbsten Konflikte mit dem Betriebsrat
ausgefochten sind. Auf Seitz indes wartet in Wolfs-
burg wieder harte Arbeit: Die Marke VW hat zwar
schon massiv ihre Kosten gesenkt. Um aber auch in
der Zukunft wirklich sicher zu sein, dürften weitere
Umbauten nötig sein, berichten Manager.
Bei Audi hingegen schaut man jetzt nach vorne.
Im kommenden April soll Bram Schot durch Mar-
kus Duesmann abgelöst werden. Der ehemalige
BMW-Vorstand gilt als Wunschkandidat von VW-
Chef Herbert Diess, der Duesmann von seinem al-
ten Arbeitgeber abgeworben hat. Der Topmanager
aus München soll Audi wieder zu alter Stärke füh-
ren. Neben den kräftigen Kostensenkungen soll Au-
di von der verstärkten Zusammenarbeit mit Por-
sche und Volkswagen profitieren.
Sparprogramm
BMW kürzt
Erfolgsprämie
A
uf die mehr als 70 000 deutschen BMW-
Beschäftigten kommen Einsparungen zu.
Konzernchef Oliver Zipse und Betriebs-
ratschef Manfred Schoch werden am Mittwoch in
München auf einer Betriebsversammlung das
lang erwartete Sparpaket verkünden. So soll die
im Branchenvergleich großzügige Erfolgsprämie
um 15 bis 20 Prozent sinken, verlautete aus Ver-
handlungskreisen. Für 2018 hatten die BMW-Mit-
arbeiter noch 9 175 Euro bekommen, rund 4 000
Euro mehr als die Kollegen bei Daimler. Härter
trifft es die Leiharbeiter, die erstmals seit Jahren
in den deutschen BMW-Werken fast keine Verlän-
gerung erhalten sollen. Nach einer Dekade mit
kräftigen Neueinstellungen hat sich der Münche-
ner Autobauer nun eine personelle Diät verord-
net. 2019 und 2020 muss für jede neue Stelle in
Zukunftsbereichen wie Elektromobilität und au-
tonomem Fahren ein Job in der Verwaltung oder
der Produktion wegfallen.
Weder Betriebsrat noch Unternehmen wollten
die Einigung im Vorfeld kommentieren. Es sei
hart verhandelt worden, hieß es im Lager der Be-
schäftigten. Das Sparpaket bei den Beschäftigten
ist Teil eines zwölf Milliarden Euro schweren „Ef-
fizienzprogramms“, das bis 2022 die Rendite sta-
bilisieren soll. BMW ist ehrgeiziger als die Kon-
kurrenz: Während Mercedes-Chef Ola Källenius
die Renditeerwartungen im Autogeschäft für
2020 auf vier Prozent senken musste und sich
2022 nur sechs Prozent zutraut, peilt BMW mit-
telfristig weiter acht Prozent an. Zurzeit liegt der
Wert bei 6,6 Prozent.
Erreichen wollen Zipse und Finanzvorstand Ni-
colas Peter das mit einem Mix aus Einsparungen
und Wachstum. Neben Kürzungen bei Personal
und Material werden Modelle und Motorenvari-
anten gestrichen. Doch anders als beispielsweise
Audi sind die BMW-Werke deutlich besser ausge-
lastet. In China und den USA werden die Kapazi-
täten hochgefahren, auch in Ungarn baut BMW
ein neues Werk.
Ganz besonderes Augenmerk legen die Mün-
chener auf die Luxusklasse. War BMW bislang
nur mit dem 7er und der Marke Rolls-Royce ver-
treten, so ist seit dem vergangenen Jahr die 8er-
Baureihe und seit Anfang 2019 der extragroße
Geländewagen X7 im Angebot. Der im US-Werk
Spartanburg gebaute Riesen-SUV erfreut sich gro-
ßer Beliebtheit. Konzernkreisen zu Folge soll die
Produktion im kommenden Jahr auf mehr als
50 000 Stück verdoppelt werden. Insgesamt will
BMW in der Luxusklasse in diesem Jahr 110 000
Autos verkaufen, 2020 sollen es dann schon
140 000 sein. Damit wäre der Absatz in dem be-
sonders renditestarken Luxussegment gegenüber
2018 verdoppelt. Mittelfristig wird BMW zudem
von der Mehrheitsübernahme des China-Joint-
Ventures mit Brilliance profitieren. Als erster
westlicher Autokonzern darf BMW 2022 75 Pro-
zent des Gemeinschaftsunternehmens überneh-
men und die Gewinne aus dem größten Auto-
markt der Welt in der eigenen Bilanz entspre-
chend höher verbuchen.
Das ist ein Polster, das BMW brauchen wird.
Der wachsende SUV-Anteil zwingt BMW zu
schnelleren Investitionen in die Elektromobilität,
will der Konzern nicht wegen der Verletzung der
Klimaziele Strafen an die EU zahlen. So soll ein
wachsender Anteil der Neuwagen mit Hybridan-
trieben ausgestattet werden, die in der Herstel-
lung aber deutlich teurer sind als konventionelle
Diesel und Benziner. Die Ankündigung von Tesla-
Chef Elon Musk, ein Produktionswerk bei Berlin
zu errichten, setzt BMW ebenfalls unter Druck.
Mit dem „i3“ haben die Münchener zwar seit
2013 ein Elektroauto auf dem Markt, doch Tesla
wildert kräftig in der BMW-Kundschaft. Mit dem
jetzt eingeführten Elektromini und dem in China
gebauten ix3 will BMW 2020 Boden gutmachen.
2021 sollen dann mit dem i4 und dem Elektro-
SUV iNext die ersten Elektroautos aus den deut-
schen Werken rollen. Markus Fasse
Audi-Vorstand
Alexander Seitz:
Der Finanzchef hat
die Einigung maßgeb-
lich ausgehandelt.
Sein Arbeitsplatz liegt
imago images / sepp spiegl künftig in Wolfsburg.
Die
Arbeitsplätze
der Stamm -
belegschaft
sind sicher.
Die
Verlängerung
der Beschäfti -
gungsgarantie
ist ein großer
Erfolg in
schwierigen
Zeiten.
Peter Mosch
Betriebsratschef
Audis Sparplan
MITTWOCH, 27. NOVEMBER 2019, NR. 229
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