Neue Zürcher Zeitung - 15.11.2019

(Ann) #1

22 PANORAMA Freitag, 15. November 2019


ZAHLENRÄTSEL NR. 266

SPIELREGELN «KAKURO»:Die Zahlen1
bis 9 müssen in ei ner Reihe die Gesa mt-
summe ergeben. Diese ist in den schwar-
zenKästchenlinks davonbz w. darübervor-
gegeben. Jede Zahl darf innerhalb einer
Summe nur einmal vorkom men.

Auflösung:
Zahlenräts el Nr. 265

Eine Stahlmauer zum Schutz Venedigs

Eine neue Anlage soll die Stadt vorWasserfluten abschirmen – eine Sonderkommissarin überwacht das Projekt


ANDRESWYSLING, ROM

Die italienischeRegierung will eine Son-
derkommissarin für den Hochwasser-
schutz inVenedig einsetzen. Elisabetta
Spitz,Jahrgang1953, von BerufArchi-
tektin. Als Managerin ist sie erprobt in
der Staatsverwaltung, vor allem im Be-
reich Immobilien. Mehrere Jahre lang
leitete sie dieAgentur für die Privatisie-
rung staatlicher Liegenschaften. Sie war
früher schon mit Projekten inVenedig
betraut,da ging es um die Sicherung des
Siedlungsgebiets und um den Hafen-
betrieb. Spitz soll dafür sorgen, dass die
geplante Anlage für den Hochwasser-
schutz schleunigst fertiggestellt und in
Betrieb genommen wird.
Zudem wird der Notstand über
Venedig verhängt.Damit werden ins-
besondere Geldmittel für die Schadens-
behebung freigesetzt. Ministerpräsi-
dent Giuseppe Conte kündigte an, ge-
schädigte Private könnten fallweise mit
Soforthilfen bis zu 5000 Euro und Ge-
schäftsleute mit bis zu 20000Euro re ch-
nen. Später werde der Staat bei grossen
Schäden und nach eingehender Prüfung
auch weitere Zahlungen leisten.
Die grösste Sturmflut inVenedig
hatte sich am 4. November1966 ereig-
net, unter grosser Anteilnahme der gan-
zen Welt – das ist in diesemFall keine
Übertreibung. DieSchädenwaren
enorm. Mit Staunen und Schrecken er-
kannte man damals, dass das herrliche
Venedig eine buchstäblich dem Unter-
gang geweihte Stadt war und ist. «Ret-
tet Venedig!», war damals die Losung
der Stunde.

Die Ursachen desUnt ergangs


Es sind drei Ursachen, die den Unter-
gangVenedigs bewirken: Die Stadt ist
erstens auf sumpfigemBaugrund errich-
tet, im Schwemmgebiet der Flüsse Piave,
Sile und Brenta.Was heute der Canal
Grande mit seinem Bootsverkehr und
seinenPalästen ist,war früher ein Fluss-
lauf im Delta der Brenta,wo allerleiVö-
gel nisteten. Zwarsind die Häuser auf
Eichenpfählenerrichtet, und Eichen-
holz hält sich auchimWasser gut. Aber
ein allmähliches Absinken ist nicht zu
verhindern. Zweitens wurde das Absin-
ken während mehrererJahrzehnte be-
schleunigt durch das Abpumpen von
Grundwasser für Industrie und Bewäs-
serung auf demFestland, in einem lan-
gen Zeitraumvon 1930 bis1980. Damit
sanken die grundwasserführenden Erd-
schichten zusammen.Drittens muss man
sich darauf einstellen, dass derWasser-

spiegel des Meeres steigt, infolge der
Klimaerwärmung und des Abschmel-
zen desPolareises. Für die obereAdria
rechnet man mit einem Ansteigen des
Wassers um 60 Zentimeter. Venedig
würde damit praktisch unbewohnbar,
weil nicht mehr nur im November mit
Überschwemmungen zurechnen wäre.
Betroffen wären 50000 Ein wohner der
Stadt selbst und weitere 50000 auf den
vorgelagerten Inseln und auf dem an-
grenzendenFestland.
Nun soll aber Mose die Stadt vor
dem Untergang rett en, zu Deutsch
Moses, der biblischeRetter, der dieWas-
ser teilt.Ursprünglich war Mose dieAb-
kürzungfür Modulo sperimentale elet-
tromeccanico und stand für ein Experi-
ment zumHochwasserschutz. Man be-
hielt dasKürzel dann aus symbolischen
Gründen für das kühne Riesenprojekt
des Hochwasserschutzes fürVenedig bei


  • was zuweilen zu skeptischen Betrach-
    tungen über göttlicheVorsehung und
    menschliche HybrisAnlass gibt.
    Der Mose von Venedig aus Be-
    ton und Stahl hat bisher5,5 Milliar-
    den Euro gekostet. SeineAufgabe hat


erbeim jüngsten Hochwasser nicht er-
füllt,die Anlage ist noch nicht einsatz-
bereit. ZuJahresanfang war sie «zu 94
Prozent fertiggestellt», wie damals ge-
meldet wurde. Sie soll bei Hochwasser-
gefahr die dreiWasserstrassen sperren,
die in dieLagune vonVenedig führen.
Laut italienischen Medienberich-
ten sind die schwergewichtigenTeile
der Anlage erstellt: DieFundamente
aus Beton auf dem Meeresgrund samt
Unterhaltsstollen sind fertig gebaut.
78 Stahlcaissons – das grösste misst
30×20×4,5 Meter – zumAufhalten des
Hochwassers liegen auf dem Meeres-
boden bereit,sie sollen bei Hochwasser-
gefahr auftauchen und eine Staumauer
aus Stahl bilden.156 Scharniere, jedes 42
Tonnen schwer, halten die Caissons an
den Fundamenten fest. Angeblich sind
aber einige wegen mangelnden Unter-
halts stark vonRost befallen.
Es fehlt aber zumTeil noch die elek-
trischeAusrüstung. Es brauch t Pumpen,
dieLuftindieStahlcaissonsdrücken,da-
mit diese vom Meeresgrund auftauchen.
Es brauchtAufzüge im Innern der An-
lage für den Unterhalt. Ebenfalls fehlt

noch die Steuerung.Teile der Anlage
stehenzwar schonin einemTestbetrieb,
abernurbeiruhigerSee.Kürzlichmusste
einProbebetriebwegentechnischerPro-
bleme abgebrochen werden.

Verzögerung wegen Korruption


Die Inbetriebnahme der Hochwasser-
sperre wird für Mitte 2020 inAussicht
gestellt, die volle Betriebsfähigkeit für
Ende 2020.Politik er von links undrechts
fordern eine Beschleunigung derArbei-
ten, aber das ist bei solchen Grosspro-
jekten nur beschränkt möglich. Eigent-
lich sollte nach dem ursprünglichen, sehr
ehrgeizigen Zeitplan das Projekt Mose
bis 2011 vollendet sein. DieseFrist ver-
strich. 2014 führte ein grosserKorrup-
tionsskandal zu einem längeren Still-
stand der ganzen Arbeiten.
Der Hochwasserschutz ist erst dann
gewährleistet,wenn alle 78 Stahlcaissons
auchbei schwerer Seekoordiniertvom
Meeresboden auftauchenkönnen, um
zusammen eine grosse Stahlmauer zu
bilden, welche die drei Meereszugänge
zur Lagune wasserdicht abschliesst.

VomHochwasser geschädigte Ei nwohnerVenedigs können mit Soforthilfen rechnen. MANUEL SILVESTRI / REUTERS

Die Wiederentdeckung


des Vietnam-Kantschils


Nach 28 Jahre n ist das Huftier wied er in Südostasien gesichtet worden


(dpa)/gam.·Fast dreissigJahre lang galt
es als verschollen – nun habenForscher
erstmals wieder einVietnam-Kantschil
in freierWildbahn gesichtet.Das Huf-
tier aus derFamilie der Hirschferkel,
das etwa so gross ist wie ein Hase, sei
im OstenVietnams bereits im Sommer
des letztenJahres in eine Kamerafalle
geta ppt,berichtet dasTeam um Andrew
Tilker von der Organisation Global
Wildlife Conservation in den USA im
Fachjournal «Nature Ecology and Evo-
lution». Der letzte bekannte Artgenosse
des Tieres sei imJahr 1990 von einem
Jäger erschossen worden.

In Fotofallen getappt


Das E xpertenteam war demnachTipps
von Bewohnern in der Nähe derKüs-
tenstadt NhaTrang nachgegangen, die
das Tier mit dem silbergrauenRü-
ckenfell gesehen hatten. Innerhalb von
sechs Monaten hätten dreissig aufge-
stellteFotofallen dasVietnam-Kant-
schil (Tragulus versicolor) dann mehr

als 200 Mal unabhängig voneinander
aufgezeichnet.
Wie vieleTiere der Art genau in der
Region lebten, sei derzeit nicht bekannt.
DasTier könne wissenschaftlich als wie-
derentdeckt gelten,schreiben die Exper-
ten um AndrewTilker , der gerade Dok-
torand am Leibniz-Institut für Zoo- und
Wildtierforschung in Berlin ist.Für die
Bevölkerung vor Ort sei es allerdings nie
verschwundengewesen. Die Familie der

Hirschferkel ist heute mit zehn bekann-
ten Arten in Asienund Afrika beheima-
tet. Sie sind überwiegend Pflanzenfres-
ser, die sich vor allem von Blättern, Grä-
sern , Knospen und zu Boden gefallenen
Früchten ernähren.Ein kleinerTeil ihrer
Nahrung besteht aus tierischerKost,bei-
spielsweise Insekten,Fischen und Aas.

UrtümlichsteWiederkäuer


Stammesgeschichtlich bilden Hirschfer-
kel die urtümlichste Gruppe derWie-
derkäuer. Die frühestenFunde ihrer
Vorfahren gehen auf das späte Oligo-
zän und das frühe Miozän zurück und
sind damit etwa 23 MillionenJahre alt.
In jener Epoche war dieFamilie der
Hirschferkel am weitesten über den
Globus verbreitet.FossileFunde aus
Europa, Asien und Afrika sind doku-
mentiert. Seither ist dasVerbreitungs-
gebiet geschrumpft.Rein äusserlich sind
die h eutigenVertreter der Hirschferkel
im Vergleich mit ihrenVorfahren aber
nahezu unverändert geblieben.

Das Hirschferkel mit dem silbergrauen
Rückenfell in einemWald in Vietnam.AP

Brände


in Australien


forder n vier Tote


Zwei Gliedstaaten
rufen den Notstand aus

(dpa)·Bei den verheerenden Busch-
bränden inAustralien ist die Zahl der
Todesopfer auf vier gestiegen.Viele der
Feuer wurdenabsichtl ich gelegt. Die
Polizei nahm zweiVerdächtige im Alter
von 16 und 20Jahren als mutmassliche
Brandstifter fest.Durch die Flammen
sind in New SouthWales und im benach-
barten Gliedstaat Queensland mehr als
12000Quadratkilometer Buschland ab-
gebrannt. BeideRegionen haben den
Notstand ausgerufen. In verschiedenen
Orten wurden die Menschen gezwun-
gen, ihre Häuser zu verlassen.
Australiens Ostküste ist beiTouristen
sehr beliebt. Am Donnerstag breiteten
sich die Brände nicht mehr in grösserem
Umfang aus. Normalerweise beginnt die
Zeit der Buschbrände inAustralien im
Dezember. In diesemJahr begann sie je-
doch schon im Oktober.Wissenschafter
gehen davon aus, dass der Klimawandel
das Problem der Buschbrändever stärkt.
Die betroff enen Gliedstaaten leiden seit
längerem unter grosserTrockenheit.

1760 Straftaten


gegen Tiere


Die Stiftungfür das Tier im Recht


geht von hoher Dunkelziffer aus


(sda)·Im vergangenenJahr sind in der
Schweiz1760StraftatengegenTierejuris-
tisch behandelt worden. Die Stiftung für
das Tier imRecht (TIR) geht aber von
einer hohenDunkelziffer aus und for-
dert griffigere kantonale Strukturen und
eine bessereAusbildung der involvierten
Instanzen.Die Hälfte der 2018 begange-
nen Straftaten wurde an Haustieren ver-
übt,vor allem an Hunden.In einem Drit-
tel derFälle waren Nutztiere betroffen.
Die Analyse derFallzahlen zeigt laut
der TIR-Juristin BiancaKörner grosse
kantonale Unterschiede. Gemessen an
der Bevölkerungszahl wurden inden
Kantonen durchschnittlich 2,02Verfah-
ren pro 10000 Ein wohner geführt. Über
diesemWert liegen etwa Bern mit 3,27
Verfahren sowie St. Gallen, der Aargau,
LuzernundSolothurn.Beidenpositivbe-
werteten Kantonen fällt laufKörner auf,
dass diese «spezielleVollzugsstrukturen
haben». BeispielsweiseFachstellen, spe-
zialisierte Staatsanwälte oderFachperso-
nen bei derPolizei. Um die Sensibilisie-
rung voranzutreiben, wird TIR eine E-
Learning-Weiterbildungsplattform für
Polizistinnen undPolizisten lancieren.


Erneut Schüsse


an einer Schule


in Amerika


Zwei Todesopfer – Täter gefasst


(afp/dpa)·An einer Schule im ameri-
kanischen Gliedstaat Kalifornien sind
am Donnerstag eine16-Jährige und ein
15-Jähriger durch Schüsse getötet und
mehrere weiterePersonen verletzt wor-
den.Der mutmassliche Schütze – der am
Donnerstag16 Jahrealtgewordenistund
andiegleicheHighSchoolging–hatsich
lau teinemPolizeisprecher nach derTat
selber in denKopf geschossen. Ersei
mit schwerenVerletzungen in ein Kran-
kenhaus gebracht worden. Der Schütze
habe eine halbautomatischeWaffe be-
nutzt. Ein erster Notruf sei bei derPoli-
zei um 7 Uhr 38 (Ortszeit) eingegan-
gen. Zwei Minuten später seien Beamte
an der Schule gewesen. Dort hätten sie
sechsVerletzte mit Schusswunden vor-
gefunden,die alle Schüler an der Saugus
HighSchoolseien.Späterstelltesichher-
aus, dass einer derVerletzten der Täter
war. Die beiden Opfer verstarben später
im Krankenhaus.
In den USAkommt es immer wie-
dervor,dassinSchulen,Einkaufszentren
oderananderenöffentlichenOrtenMen-
schendurchSchüssegetöt etwerden.Be-
mühungen um schärfereWaffengesetze
werdenvondermächtigenWaffenlobby-
organisation NRA vehement bekämpft.

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