Die Welt Kompalt - 11.11.2019

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WIRTSCHAFT MONTAG,11.NOVEMBER2019 SEITE 10


klar sein, dass er die Kosten
fürs Zurückschicken der Ware
in der Regel selbst tragen muss.
Das ist erlaubt, wenn der Ver-
käufer auf seiner Internetseite
klar darüber informiert hat.
Schickt der Käufer Wertvol-
les wie eine Uhr oder Schmuck
auf eigene Kosten zurück, sollte
er auf Haftungsgrenzen achten.
Paketinhalte, die von DHL,
Hermes und Co transportiert
werden, sind häufig nur bis 500
Euro versichert. Ist der Inhalt
mehr wert und geht die Sen-
dung beim Transport verloren,
bekommen Kunden keinen
Cent erstattet.
Kostbares sollte besser höher
versichert oder durch Wertku-
riere versendet werden – was
den Auslandskauf am Ende
doch weniger attraktiv machen
kann. Wer Mühe mit Widerruf
oder bei Reklamation hat, kann

W


eihnachtsge-
schenke online
bestellen? Das
macht inzwi-
schen fast jeder. Doch immer
häufiger geraten Käufer bei der
Suche nach Präsenten auch auf
Angebote aus dem Ausland –
und diese scheinen oft wahre
Schnäppchen zu sein. In den
USA zum Beispiel sind Tiffany-
Verlobungsringe, Golfschläger,
Designerkleider oder hippe
Sneakers meist günstiger zu
kriegen als hierzulande. In
Großbritannien locken Kosme-
tikartikel für kleines Geld. In
China sind Textilien verführe-
risch günstig, in Indien die
Preise für Goldschmuck.


VON BERRIT GRÄBER

„Sehr viele Verbraucher kauf-
en bereits außerhalb Deutsch-
lands ein“, sagt André Schulze-
Wethmar, Rechtsexperte beim
Europäischen Verbraucherzen-
trum (EVZ) in Kehl. Solange
der Händler seriös ist, hält sich
das Kaufrisiko in Grenzen. Wä-
ren da nicht die Extrakosten für
Zoll, Einfuhr und Versand, die
selten mitkalkuliert werden,
den Schnapp aber mächtig ver-
miesen können. Abenteuerlich
können Retouren und Reklama-
tionen werden.
Wer sich bei seinen On-
lineshoppingtouren innerhalb
der Europäischen Union (EU)
bewegt, muss sich keinen Kopf
machen, was Zoll und Abgaben
angeht – solange er privat ein-
kauft und nicht gewerblich. In
den EU-Ländern gelten der
Richtlinie über Verbraucher-
rechtegemäß weitgehend glei-
che rechtliche Bedingungen
beim Interneteinkauf, wie Ju-
rist Schulze-Wethmar betont.
Das gilt vorerst auch noch für
Großbritannien, das aus der EU
austreten will.
Konkret heißt das: Wer nun
auf Schnäppchentour in der EU
geht, muss nicht befürchten,
dass ihn die günstige Designer-
uhr oder Golfausrüstung durch
versteckte Einfuhrabgaben
plötzlich teurer zu stehen
kommt als hierzulande. Der im
Check-out des Onlineshops an-
gezeigte Preis ist der endgülti-
ge. Dass eine Bestellung etwa in
Britischen Pfund oder in Däni-
schen Kronen und nicht in Euro
bezahlt wird, ändert daran
nichts. Verbrauchssteuern sind
nur auf einzelne Produkte wie
Alkohol, Kaffee und Tabakwa-
ren zu zahlen.
Was das Auslandsschnäpp-
chenverteuern kann, sind rela-
tiv hohe Versandgebühren. Die
Lieferzeit ist zudem nicht im-
mer genau kalkulierbar, vor al-
lem nicht im hektischen Weih-
nachtsgeschäft. Worauf sich
Käufer dagegen auch beim EU-
weiten Shopping verlassen kön-
nen, ist das 14-tägige Wider-
rufsrecht, das sie von deut-
schen Händlern gewohnt sind.
Aber: Wer im europäischen
Ausland bestellt, dem sollte


sich an die Clearingstelle des
EVZ wenden. Das Netzwerk
hilft außergerichtlich bei grenz-
überschreitenden Streitigkei-
ten zwischen Verbrauchern und
Unternehmern.
Ob USA, Indien oder China:
Bestellt ein deutscher Verbrau-
cher bei einem Händler außer-
halb der EU, muss er mit Extra-
kosten rechnen. Dazu gehören
in der Regel Einfuhrabgaben
wie Steuern und Zollgebühren,
aber auch oft happige Gebüh-
ren für den Paketdienst. Viele
Käufer kalkulieren diese Ausga-
ben nicht ein und fallen aus al-
len Wolken, wenn die günstige
Markenware aus dem Ausland
durch Abgaben am Ende sogar
mehr kostet als hierzulande.
„Einkaufstouren in der Ferne
können gut gehen, müssen es
aber nicht“, gibt Georg Tryba
zu bedenken, Experte der Ver-

braucherzentrale Nordrhein-
Westfalen. Die Internetforen
sind voll mit Einträgen ent-
täuschter Besteller. Da gibt es
Kunden, die monatelang auf ih-
re Lieferung warten müssen.
Schlimmstenfalls kommt gar
nichts an. Ein andermal stoppt
der Zoll die Sendung und ver-
langt happige Mehrkosten. Zu-
dem können Gebühren für den
Paketdienst anfallen, wenn die-
ser für den Empfänger die Zoll-
anmeldung durchführt.
„Kaum ein Verbraucher
kennt sich beim Procedere
wirklich aus“, betont Tryba.
Hat der Verkäufer zum Beispiel
keine Rechnung auf die Sen-
dung geklebt, erkennt der Zoll
nicht, was die Lieferung enthält
und sie landet im Zollamt. Dort
muss der Besteller das Paket
selbst abholen, selbst anmelden
und fällige Steuern und Zoll
entrichten. Das kostet Zeit,
Geld und Nerven.
In der Regel bittet der Zoll
immer dann zur Kasse, wenn
der Gesamtwert der Bestellung
über 22 Euro liegt. Dann wird
die Einfuhrumsatzsteuer fällig.
Sie entspricht der deutschen
Mehrwertsteuer. Meist sind es
19, selten sieben Prozent. Wich-
tig: Warenwert und Porto wer-
den zusammengerechnet.
Liegt der Kaufpreis für die
Ware mitsamt Versand bei über
150 Euro, kommen zusätzlich
zur Steuer noch Zollabgaben
dazu. Je nach Warenart können
sie 2,5 bis zu 17 Prozent ausma-
chen. Auch als Geschenk dekla-
rierte Sendungen werden vom
Zoll stichprobenartig geprüft.
Was außerdem oft noch zu den
Versandkosten dazukommt:
Meldet ein Paketdienst die Wa-
re beim Zoll an, muss der Kun-
de auch das bezahlen.

DHL Express verlangt für die
Dienstleistung etwa zwei Pro-
zent des Gesamtwerts – min-
destens 12,50 Euro zuzüglich
Mehrwertsteuer, so Stiftung
Warentest. Nur wer die Sen-
dung beim Zollamt persönlich
auslöst, kann sich die Gebühr
sparen. „Für so manchen Kun-
den kann das alles zum Aben-
teuer werden“, warnt Tryba.
Die Berechnung der Zusatz-
kosten bei Bestellungen außer-
halb Europas ist kompliziert.
Ein Beispiel von Stiftung Wa-
rentest zeigt jedoch, wie
schnell sich ein Schnäppchen
verteuern kann: Eine Frau
möchte ein Paar Sneakers in
Kalifornien bestellen, die ihr
hierzulande zu teuer erschei-
nen. Inklusive Versand kosten
sie in den USA umgerechnet
156,25 Euro. Weil sie aus Leder
sind, liegt der Zollsatz bei acht
Prozent. Das verteuert sie um
12,50 Euro auf 168,75 Euro. Auf
diesen Betrag werden noch 19
Prozent Einfuhrumsatzsteuer
fällig. Das macht weitere 32,
Euro an Zusatzkosten. Die Käu-
ferin müsste also fast 45 Euro
drauflegen und am Ende rund
200 Euro für die Sneakers aus-
geben. Mögliche Gebühren für
den Paketdienst sind da noch
nicht einmal einberechnet. In
Deutschland sind die Schuhe
für 176 Euro zu kriegen.
„Wer glaubt, beim Auslands-
kauf sparen zu können, liegt
häufig falsch“, betont Tryba.
Sein Tipp: Sich vor der Bestel-
lung schlau machen und zu-
nächst die Kosten kalkulieren.
Ein Abgabenrechner von Stif-
tung Warentesthilft beim Ein-
schätzen der Einfuhrkosten.
Selbst wenn die Sendung
günstig ist, ist ein Happy End
noch nicht garantiert. „Oft ist
es so, dass die Qualität einfach
nicht stimmt, speziell was Ein-
käufe in Fernost angeht“, so
Tryba. Viele Kunden sind ent-
täuscht, wenn sie zu kleine, ver-
knitterte, nach Chemikalien
riechende Kleider, Schuhe oder
T-Shirts auspacken. Zwar ist
die Rückgabe theoretisch mög-
lich. „Händler, die in Deutsch-
land ihre Ware anbieten, müs-
sen ein Widerrufsrecht einräu-
men“, erklärt Tryba.
In der Praxis ist Zurückschi-
cken oder Reklamierenaber ein
Unding. Das Porto summiert
sich schnell auf bis zu 43 Euro.
Dazu sollen Kunden manchmal
Bearbeitungsgebühren von 18
Euro für die Rückabwicklung
oder 50 Euro Lagerauffüllge-
bühren zahlen. Wer beispiels-
weise 100 Euro für die Ware ge-
zahlt hat, wirft die missratene
Lieferung lieber gleich weg.
Käuferschutz nach hierzu-
lande geltenden Gesetzen ist
meist nur dann gegeben, wenn
Schnäppchenjäger über Portale
wie Amazon oder Ebay einkau-
fen und der ausländische An-
bieter eine Außenstelle plus La-
ger in Deutschland oder Europa
hat. Ist dies der Fall, dann gibt
es auch keine Zollprobleme.

Post aus China: Schon bei Bestellungen über 22 Euro wird Einfuhrumsatzsteuer fällig

PICTURE ALLIANCE/ PIXSELL

/ DINO STANIN

TTTeure eure Schnäppchen


aus der Ferne


Weltweites Einkaufen im Internet ist


oft günstig. Doch wer außerhalb der


Europäischen Union bestellt, muss


einiges beachten. Denn sonst drohen


mitunter horrende Extrakosten


Zusätzliche Kosten

Quelle: Stiftung Warentest

Diese Einfuhrabgaben werden bei Bestellungen in Nicht-EU-Ländern fällig
Verbrauchsteuern
Werden auf bestimmte Waren wie
Alkohol und Kaffee erhoben
Einfuhrumsatzsteuern
Wie die Mehrwertsteuer 19 Prozent
(selten 7 Prozent)
Zoll
Je nach Warenwert gibt es ganz
unterschiedliche Zollsätze

Warenwert
Bis
 Euro

 Euro -
 Euro
Über
 Euro

VSt

VSt

VSt EUSt

VSt EUSt ZOLL

EUSt

ZOLL
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