Die Welt Kompalt - 11.11.2019

(nextflipdebug5) #1

nahme, Technik, Pässe, Bewe-
gung – in all diesen Belangen wa-
ren wir nicht gut“, analysierte er
schonungslos.
AAAusgerechnet Favre, der dasusgerechnet Favre, der das
Team in den vergangenen Wo-
chen immer wieder in der seiner
Ansicht nach zu pauschal geführ-
ten Debatte um nicht ausreichen-
de Mentalität in Schutz genom-
men hatte, musste erfahren, dass
die Vorwürfe sehr wohl ihre Be-
rechtigung haben: Bereits nach 36
Minuten sah er sich gezwungen,
den völlig indisponierten Jadon
Sancho auszuwechseln. „Er war


zzzwei Tage verletzt und konntewei Tage verletzt und konnte
wenig trainieren. Heute war es
einfach nicht gut genug“, sagte
Favre. Das englische Supertalent
stand komplett neben sich – im
bis hierhin wichtigsten Spiel der
Saison.
Zu diesem Zeitpunkt lag Dort-
mund bereits mit 0:1 hinten. San-
cho hatte den Ball vertändelt, die
Bayern bissen sich am Dortmun-
der Strafraum fest, in der BVB-
AAAbwehr brach Chaos aus. Robertbwehr brach Chaos aus. Robert
Lewandowski hatte, als er zur
Führung einköpfte (17. Minute),
nach rechts und links über zwei

Meter Platz. Danach brachen alle
Dämme. „Ab der 15. Minute war
es nichts mehr, da waren wir die
klar unterlegene Mannschaft“,
sagte Hummels. Der BVB zerfiel
in seine Einzelteile: Die Bayern
stellten Axel Witsel, den ent-
scheidenden Aufbauspieler, zu
und ließen allenfalls noch Befrei-
ungsschläge zu. Das größte
strukturelle Problem der Dort-
munder wurde deutlich: Wird
ihr Spielfluss gestört, gibt es kei-
nen Plan B. Es fehlte an Athletik
und Robustheit, um auf zweite
Bälle gehen zu können. Dazu ist
die Zweikampfschwäche im Mit-
telfeld zu eklatant und die Be-
reitschaft, Wege
zu gehen und
Räume zu öffnen,
zu gering.
„„„Wir haben al-Wir haben al-
les vermissen las-
sen. Bayern hat
auch in der Höhe verdient ge-
wonnen, wir haben es ihnen viel
zu einfach gemacht“, sagte Zorc,
der anschließend auch noch mit-
erleben musste, wie seine Forde-
rung nach einer erwachsenen,
kämpferischen Einstellung für
Erheiterung beim Gegner sorgte.
„Es war unter der Woche von
‚Männerfußball‘ die Rede, das
spornt mich an“, sagte Thomas
Müller und erklärte auch gleich
mit, was seiner Ansicht nach un-
ter dem Begriff zu verstehen ist:
VVVon der ersten Sekunde an klaron der ersten Sekunde an klar
erkennen zu lassen, wer dieses
Spiel gewinnen will. „Das ist auch
der Grund, warum wir siebenmal
in Folge Meister geworden sind.
Es ist immer wieder herrlich,
wenn der BVB hierherkommt und
wir dann so auftreten“, sagte er.
WWWas das spielerische Potenzialas das spielerische Potenzial
betrifft, befinden sich die beide
Teams nahezu auf Augenhöhe: Es
fffehlt den Dortmundern aller-ehlt den Dortmundern aller-
dings immer noch die Reife, um
Bayern ernsthaft herauszufor-
dern. Das hängt auch mit Favre
zusammen, dem es auch im zwei-
ten Jahr bislang nicht gelungen
ist, dass Team wetterfest zu ma-
chen. Doch es liegt auch an der
Zusammensetzung des Kaders:
Dort gibt es zwar viel Talent, aber
ein Defizit an Robustheit. Andere
nennen es Mentalität oder Män-
nerfußball.

NNNiedergeschlageniedergeschlagen
verlässt die Dort-
munder Mann-
schaft in Mün-
chen das Feld

PICTURE ALLIANCE/ GUIDO KIRCHNE

/CHRISTOPHER NEUNDORF

in den Überlegungen sicher auch
eine Rolle. Der Klub hat noch kei-
ne festgelegte Meinung zu die-
sem Thema“, sagte Hoeneß.
Federführend sollen in dem
Entscheidungsprozess Rumme-
nigge und Sportdirektor Hasan
Salihamidzic sein, der bei der Sit-
zung des Aufsichtsrats an diesem
Montag zum Vorstand befördert
werden könnte. Auch der künfti-
ge Vorstand Oliver Kahn und
Herbert Hainer, der neuer Präsi-
dent werden sollen, werden laut
Hoeneß eingebunden, „und ich
werde auch dabei sein“. Sonntag
rief Hoeneß im Sport1-„Doppel-
pass“ an, weil er fand, dort wurde
zu despektierlich über Saliha-
midzic gesprochen. „Ich bin


überzeugt, dass es keine Schnell-
schüsse gibt, und ich denke, dass
der erste Gesprächspartner für

die nächsten Wochen erst mal
Hansi Flick sein wird“, hatte er
am Samstag gesagt.

Flick hat es geschafft, eine po-
sitive Stimmung zu erzeugen.
Nach dem Sieg gegen Dortmund
bedankte er sich bei seinen Spie-
lern für die vergangenen Tage.
„Er ist ein Menschenfänger. Er
hat einen guten Draht zu den
Spielern, hat viel mit uns gespro-
chen“, berichtete Kapitän Manu-
el Neuer. Die Mannschaft vertei-
digte zuletzt kompakter und
agierte entschlossener. „Hansi
Flick hat uns in den zwei Spielen
ganz klar seine Idee vermittelt“,
so Thomas Müller.
Rummenigge war bemüht, das
Lob für den Interimstrainer
nicht ausufern zu lassen. Auch
aus Rücksicht auf Niko Kovac,
wie er durchblicken ließ. Das

war interessant, denn Rumme-
nigge war mit Kovac immer kri-
tisch gewesen, Hoeneß der Für-
sprecher des Trainers. Samstag
waren die Rollen etwas ver-
tauscht. Hoeneß betonte zwar,
er sei Kovacs Freund und in
Kontakt mit ihm. Er verriet im
ZDF aber auch: „Es hat sicher-
lich Strömungen innerhalb der
Mannschaft gegeben, die den
Trainer weg haben wollten. Des-
wegen hat die Führung entspre-
chend reagiert.“
Für die neue Saison wollen die
Bayern einen Trainer, der eine
Ära prägen kann. Als Kandidaten

Bayern einen Trainer, der eine
Ära prägen kann. Als Kandidaten

Bayern einen Trainer, der eine

gelten vor allem Erik ten Hag von
Ajax Amsterdam und Thomas
Tuchel von Paris St. Germain.

NNNach zwei Siegen in zwei Spielen bleibt Flick im Amtach zwei Siegen in zwei Spielen bleibt Flick im Amt

BONGARTS/ GETTY IMAGES

/ ALEXANDER HASSENSTEIN

DIE WELIE WELIE WELT KOMPAKTT KOMPAKT MONTAG, 11. NOVEMBER 2019 SPORT 27


S


amstagabend sprach
Uli Hoeneß das aus,
was in München den
meisten lange klar war. Teile
der Mannschaft des FC Bay-
ern hätten Trainer Niko Ko-
vac weg haben wollen, „des-
wegen hat die Führung ent-
sprechend reagiert“, so der
Präsident des Rekordmeisters
nach dem 4:0 gegen Borussia
Dortmund im ZDF-„Sportstu-
dio“.
WWWenngleich Hoeneß dieenngleich Hoeneß die
WWWahrheit sagt, wäre es Kovacahrheit sagt, wäre es Kovac
gegenüber fair gewesen, sich
diese Sätze in der Öffentlich-
keit zu sparen. Klubchef Karl-
Heinz Rummenigge und
Sportdirektor Hasan Saliha-
midzic hatten in den vergan-
genen Tagen betont, die Tren-
nung sei einvernehmlich ge-
wesen. Rummenigge sagte,
man habe vereinbart, keine
schmutzige Wäsche zu wa-
schen. Auch wenn Hoeneß
dem Ex-Trainer nicht bewusst
schaden will: Die Bayern las-
sen Kovac durch seine Aussa-
gen ein Stück weit als hilflo-
sen Trainer dastehen. Analy-
sen von Experten und gut re-
cherchierte Berichte sind das
eine. Eine offizielle Bestäti-
gung, dass Kovac die Mann-
schaft nicht mehr hinter sich
hatte, hätte in dieser Form
nicht sein müssen.
Ein großes Problem des
VVVereins ist der große Einflussereins ist der große Einfluss
der Spieler. Die Klubführung
gesteht den Stars seit Jahren
sehr viel Macht zu. Und so
war Kovac der zweite Trainer
innerhalb von zwei Jahren,
den die Mannschaft mehr
oder weniger weggemobbt
hat. Der erste war Carlo Ance-
lotti. Seine „lange Leine“ soll-
te nach der Ära Pep Guardiola
guttun, doch die Spieler wa-
ren unzufrieden. Nun folgte

in Kovac ein jüngerer Trainer
mit einem vergleichsweise
kleinen Namen, gegen den
sich die Spieler durchsetzten.
Bei den Bayern entlassen qua-
si die Spieler den Trainer.
WWWas besonders bedenklichas besonders bedenklich
ist: Die Mannschaft hat sich
seit der Ancelotti-Entlassung
verändert, unter anderem ha-
ben Mats Hummels, Franck
Ribéry und Arjen Robben den
Klub verlassen. Vor dieser
Saison gaben die Bayern zu-
dem James und Sanches ab,
die keine Kovac-Freunde wa-
ren. Doch auch nun gibt es ge-
nug Spieler mit der Macht, ei-
nen Trainer „wegzukriegen“,
um es mit Hoeneß’ Worten zu
schreiben. Auch diese Mann-
schaft ist nicht untrainierbar,
aber schwierig anzuleiten.
Der Fehler liegt in der
Struktur. Insbesondere bei
Hoeneß konnten sich die
Spieler ausweinen. Sein Rück-
zug als Präsident und Auf-
sichtsratsvorsitzender auf der
Jahreshauptversammlung
kommenden Freitag ist ein
Einschnitt. Ohne ihn wäre der
Klub nie auf dem Level ange-
kommen, auf dem er heute ist.
Sein Rückzug ist aber auch ei-
ne Chance.
Er bietet die Gelegenheit,
die Türen der Chefbüros in
der zweiten Etage der Klub-
zentrale für die Spieler etwas
mehr zu schließen. Oliver
Kahn fängt im Januar als Vor-
stand an, Salihamidzic könnte
bald ebenfalls zum Vorstand
gemacht werden. Beide sind
ehemalige Spieler. Sie müssen
nah an der Mannschaft sein,
um Strömungen zu erkennen.
Und gleichzeitig stark genug
sein, um einen Trainer zu
schützen. Einen weiteren
Trainersturz kann sich der FC
Bayern nicht erlauben.

KOMMENTAR

JULIEN WOLFF

Die Macht der Bayern-Spieler

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