Die Welt Kompalt - 11.11.2019

(nextflipdebug5) #1

DIE WELIE WELIE WELT KOMPAKTT KOMPAKT MONTAG, 11. NOVEMBER 2019 THEMA DES TAGES 3


„ICH GLAUBE AN EIN EINLADENDES
HOTEL IN HAMBURG, DAS UNSEREN
GAST IN EINE ANDERE WELT VERSETZT,
EINE WELT OHNE SCHWELLENÄNGSTE,
MIT PULSIERENDEM LEBEN UND
VOLLER HEITERKEIT, IN DER ER
FREUDE UND GLÜCK EMPFINDET.“

Unsere Philosophie seit 1980

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Die Liberale kritisiert auch das
bürokratische Verfahren der Prü-
fung von FuE-Projekten: „Nach
den Stellen für die neue Grund-
steuer müssen noch mehr Stellen
in der Finanzverwaltung geschaf-
fen werden. Stellen, die es nicht
gibt.“ Die mit dem Gesetz ein-
hergehende Bürokratie bedeute
hohe Hürden und Kosten.

Dass sich die Kluft zwischen
Konzernen und Mittelstand wei-
tet, zeigen die Daten, die das In-
stitut für Mittelstandsforschung
Bonn (IfM Bonn) zusammenge-
tragen und analysiert hat. Dem-
nach hat sich die Produktivität
der großen Firmen zwischen 2012
und 2016 um zwölf Prozent bes-
ser entwickelt als die von kleine-

ren Arbeitgebern. „Produktivität
ist ein Schlüsselfaktor für unse-
ren Wohlstand, denn sie be-
stimmt, wie effizient wir mit un-
seren Ressourcen umgehen“,
sagt Ökonom Wortmann.
Produktivitätszuwachs ist
auch das, vorauf das gesetzliche
Rentensystem stillschweigend
setzt, sollen Arbeitnehmer nicht
länger arbeiten oder immer hö-
here Beiträge zahlen. Das Ganze
hat außerdem einen verteilungs-
politischen Aspekt: „Je größer
die Unterschiede in der Produk-
tivität zwischen Wirtschaftssek-
toren oder Regionen, desto stär-
ker können auch Einkommens-
unterschiede in einem Land aus-
fallen.“
Die Lücke zwischen großen
und kleineren Unternehmen ist
laut Forschern gerade für
Deutschland alarmierend. Denn
die mittelständischen Betriebe
bilden eine Säule der hiesigen
Wirtschaft: Per Definition zählen
99,4 Prozent aller deutschen Un-
ternehmen zu den sogenannten
KMU. Als häufig wichtigster Ar-
beitgeber in ihrer Region stehen
sie für 52 Prozent aller sozialver-
sicherungspflichtigen Beschäf-
tigten. „Wenn der Mittelstand
den Anschluss verliert, leidet der
gesamtdeutsche Arbeitsmarkt“,
ist Wortmann überzeugt.
Entscheidend für die Entwick-
lung der Produktivität sind vor
allem Investitionen und die In-
novationskraft einer Volkswirt-
schaft. Doch genau hier hapert es
bei den kleinen Betrieben: Laut
Bertelsmann und IfM Bonn in-
vestieren die großen Unterneh-
men hierzulande jährlich insge-
samt rund fünfmal so viel wie die
Mittelständler. Vor allem in der
zukunftsrelevanten Informati-
ons- und Kommunikationstech-
nik geben die Konzerne klar den
Ton an.
Der Anteil der Großunterneh-
men, die in diesem Bereich inves-
tieren, war zuletzt etwa doppelt
so hoch wie der der KMU. Die In-
novationsschwäche der kleinen
Unternehmen droht so auch auf
die Regionen zurückzuschlagen,
in denen sie als Arbeitgeber vor-

herrschend sind. Da gibt es in
Deutschland große Unterschie-
de. Eine Auswertung des Leibniz-
Instituts für Wirtschaftsfor-
schung Halle (IWH) für WELT
zeigt, dass die Ausgaben der
Wirtschaft für Forschung und
Entwicklung in vier Bundeslän-
dern über dem Schnitt von 2,
Prozent des Bruttoinlands-
produkts liegen, nämlich in Ba-
den-Württemberg, Bayern, Nie-
dersachsen und Hessen. In die-
sen Ländern sind internationale
Konzerne und große Mittel-
ständler wichtige Arbeitgeber.
Anders sieht es in Mecklen-
burg-Vorpommern, Brandenburg
und Sachsen-Anhalt aus. Hier
zeichnen kleine und mittlere Un-
ternehmen für einen Großteil
der Jobs verantwortlich. In die-
sen Ländern investiert die Wirt-
schaft weniger als ein Prozent
der Wirtschaftskraft in For-
schung und Entwicklung. Auch in
Schleswig-Holstein, im Saarland
und in Bremen sind die privaten
FuE-Ausgaben schwach.
Mit Blick auf die einzelnen
Wirtschaftsbranchen schauen
die Studienautoren mit besonde-
rer Sorge auf das produzierende
Gewerbe. In der für den deut-
schen Export so wichtigen Indus-
trie sind die Unterschiede zwi-
schen kleineren und großen Un-
ternehmen mit acht Prozent am
größten. Im tertiären Sektor da-
gegen, der alle möglichen Dienst-
leistungen umfasst, ist die Ar-
beitsproduktivität im Durch-
schnitt gleich hoch. Hier ist auch
nicht zu erkennen, dass sich über
die Jahre eine wachsende Kluft
aufgetan hätte.
Auch die regionale Komponen-
te hat es in sich: In Bayern und
Baden-Württemberg sind Unter-
nehmen merklich produktiver als
im Norden Deutschlands, ver-
merken die Forscher von Bertels-
mann und IfM. Dazu kommt:
Mittelständler im Osten sind we-
niger produktiv als Mittelständ-
ler im Westen. Um nicht den An-
schluss zu verlieren, wären in
den östlichen Bundesländern al-
so besondere Anstrengungen
vonnöten. Doch was ist zu tun?
Als wesentliche Ursachen für
eine abnehmende Produktivität
werden in der Bertelsmann-Stu-

die zwei Faktoren genannt: hohe
Kosten und ein zunehmender
Mangel an Fachkräften. In der
jährlichen Befragung des Insti-
tuts für Arbeitsmarkt- und Be-
rufsforschung nennen Betriebe
am häufigsten zu hohe Investiti-
onskosten als Grund für ausblei-
bende Innovationen.
Darüber hinaus macht sich der
Fachkräftemangel bemerkbar:
Zwischen 2006 und 2016 (neuere
flächendeckende Daten liegen
noch nicht vor) ist der Anteil der
Betriebe, die den Fachkräfteman-
gel als Innovationshemmnis an-
geben, signifikant gestiegen. Von
rund 21 Prozent bei den kleinen
und mittleren Unternehmen und
13 Prozent bei den Großunter-
nehmen (jeweils 2006) hat er
sich bei allen Unternehmensty-
pen im Jahr 2016 auf über ein
Drittel erhöht.
Aus diesen Ursachen unzurei-
chender Produktivität leiten die
Autoren ihren Maßnahmenkata-
log ab. Was die politischen Stell-
schrauben anbelangt, raten die
Experten der Bundesregierung
zu mehr Zielorientierung und Fo-
kussierung: „Aktionismus schafft
keine Produktivität, sondern
eher Mitnahmeeffekte“, formu-
liert Wortmann seine Bedenken
gegenüber dem neuen Gesetz.
Eine pauschale Forschungs-
förderung helfe primär denen,
die auch ohne Hilfe bereits viel
Geld in Forschung und Entwick-
lung stecken können. Da sowohl
kleine als auch große Unterneh-
men von der steuerlichen Be-
günstigung für FuE-Investitio-
nen profitieren, bestehe die Ge-
fahr, dass es ähnlich wie bei an-
deren staatlichen Hilfen zum
schlichten Abgreifen von Sub-
ventionen kommt.
Anreize und Eingriffe sollten
sich laut Autoren vor allem auf
Rahmenbedingungen konzen-
trieren, die insbesondere KMU
helfen, ihre Produktivität zu stei-
gern. „Dazu gehören die Förde-
rung von Forschungseinrichtun-
gen, der Ausbau der digitalen In-
frastruktur oder ein erleichterter
Zuzug von internationalen Fach-
kräften.“ Bei alledem sei oft aller-
dings auch eine größere Offen-
heit der Unternehmen selbst er-
forderlich.

Entwicklung der Arbeitsproduktivität

Quelle: Bertelsmann Stiftung

Median, Wertschöpfung in Euro

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Großunternehmen Kleine und mittlere Unternehmen

Arbeitsproduktivität im Produzierenden Gewerbe

Quelle: Bertelsmann Stiftung

Median, Wertschöpfung in Euro

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Großunternehmen Kleine und mittlere Unternehmen

Entwicklung der indexierten Arbeitsproduktivität

*Informations- und Kommunikationstechnik Quelle: Bertelsmann Stiftung

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Großunternehmen Kleine und mittlere Unternehmen

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DPA

/ SEBASTIAN KAHNERT
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