Handelsblatt - 11.11.2019

(Nandana) #1

Deutsche Bank


Gefängnis für früheren Topmanager


In Italien holt die Vergan -


genheit die Deutsche Bank ein



  • mit harten Urteilen in einem


lange schwelenden Skandal.


R. Krieger, M. Maisch, Y. Osman
Rom, Frankfurt

E


s ist einer der größten Fi-
nanzskandale in der italieni-
schen Bankengeschichte.
Drei Jahre hatte die Verhandlung
vor der auf Wirtschaftskriminalität
spezialisierten Kammer des Mailän-
der Gerichts gedauert. Am vergan-
genen Freitag kam das Urteil: Alle
Angeklagten sind im Verfahren we-
gen der Vertuschung von Verlusten
der Problembank Monte dei Paschi
verurteilt worden.
Darunter auch Michele Faissola,
einst ein Topmanager der Deut-
schen Bank und enger Vertrauter
des früheren Vorstandschefs Anshu
Jain. Faissola wurde von den Rich-
tern zu vier Jahren und acht Mona-
ten Haft verurteilt. Er hatte zuletzt
als Chef des Asset-Managements für
die Deutsche Bank gearbeitet. Als
Jains Nachfolger John Cryan beim
größten deutschen Geldhaus im Ok-
tober 2015 aufräumte, musste auch
Faissola die Koffer packen.
Der Fall geht zurück bis zum Jahr


  1. Nach Meinung der italieni-
    schen Strafverfolger gab es einen il-
    legalen Plan, Verluste bei Monte dei
    Paschi gezielt zu verschleiern. Die
    Angeklagten sollen dabei geholfen
    haben, die Bilanzen der Bank aus
    Siena zu fälschen. Die Transaktio-
    nen liefen unter den Projektnamen
    „Santorini“ und „Alexandria“. Mon-
    te dei Paschi hatte sich damals beim
    Kauf des Geldhauses Antonveneta in
    Padua für zehn Milliarden Euro ver-
    hoben und war in eine Schieflage
    geraten. Das Ganze kam
    2013 durch die Banken-
    aufseher in Italien
    und Deutschland ans
    Licht.
    Faissola hatte viel-
    fältige Beziehungen
    zur Deutschen Bank.
    Er war Zeuge im Libor-
    Fall, wo es um die krimi-
    nelle Manipulation von
    Zinsen durch Ban-
    ken ging. Sein
    Rechtsbeistand


dabei war Stefan Simon. Der wurde
später Aufsichtsrat der Deutschen
Bank und im Sommer Mitglied des
Vorstands. Außerdem beriet Faisso-
la als Chef einer Vermögensverwal-
tung zuletzt Mitglieder der katari-
schen Herrscherfamilie Al-Thani,
die zusammen mehr als sechs Pro-
zent an der Deutschen Bank halten
und zurzeit jemanden suchen, der
ihre Interessen im Aufsichtsrat ver-
treten kann. Faissola gilt als eine
der wichtigen Figuren im Reich der
Scheichs. Seit dem vergangenen
Jahr sitzt er im Vorstand der 2014
gekauften Fördergesellschaft Herita-
ge Oil; außerdem auch im Aufsichts-
rat der französischen Kaufhauskette
Printemps.
Insgesamt verurteilten die Richter
fünf ehemalige Deutsch-Banker zu
Gefängnis. Dazu kommen drei Jahre
und sechs Monate für Matteo Ange-
lo Vaghi, der nach Informationen
des Handelsblatts noch immer auf
der Gehaltsliste des Frankfurter
Geldhauses steht.

Der Prozess geht weiter
Die höchste Strafe in dem Prozess
vor dem Mailänder Gericht erhielt
mit sieben Jahren und sechs Mona-
ten der ehemalige Verwaltungsrats-
vorsitzende von Monte dei Paschi,
Giuseppe Mussari. Das Gericht blieb
nur wenig unter dem Strafmaß, das
die Staatsanwaltschaft im Mai gefor-
dert hatte.
Der Verteidiger der angeklagten
Deutsche-Bank-Manager, Giuseppe
Iannaconne, sagte, er könne seinen
„Schock über das Urteil nicht ver-
bergen. Da ich von der Unschuld
meiner Klienten überzeugt bin, wer-
de ich in Berufung gehen, über-
zeugt davon, dass es dann andere
Schlussfolgerungen geben wird.“ In
Italien ist ein Urteil erst nach der
dritten Instanz rechtskräftig.
Eine Berufung dürfte das Verfah-
ren noch einmal zwei bis drei Jahre
in die Länge ziehen, sagte eine mit
dem Sachverhalt vertraute Person.
Der Verteidiger betonte, dass die
in erster Instanz verhängten Stra-
fen gegen die Angeklagten nicht
vollstreckbar seien. Es sei außer-

dem verbreitet, dass Berufungsge-
richte die Entscheidungen der ers-
ten Instanz revidieren.
Auch im Fall der Deutschen Bank
ist das in der Vergangenheit schon
so gewesen, etwa in einem Rechts-
streit, in dem es um den Verkauf
von Zinsderivaten an die Stadt Mai-
land ging: Nachdem ein Gericht in
erster Instanz Deutsche Bank, UBS,
JP Morgan und Depfa sowie Ange-
stellte dieser Institute 2012 zu Geld-
und Bewährungsstrafen verurteilt
hatte, hob ein Berufungsgericht im
März 2014 dieses Urteil wieder auf.
Gegen die Deutsche Bank als In-
stitution verhängten die Mailänder
Richter im Fall Monte dei Paschi ei-
ne Geldstrafe in Höhe von drei Mil-
lionen Euro, außerdem wurden 64
Millionen Euro beschlagnahmt. Ur-
sprünglich hatten die Staatsanwälte
rund 440 Millionen Euro gefordert.
Die japanische Bank Nomura muss
3,45 Millionen Euro Strafe zahlen,

und es werden 88 Millionen Euro
beschlagnahmt. Beide Geldhäuser
sind nach einem italienischen Ge-
setz verwaltungsrechtlich verant-
wortlich für den Skandal.
Die Deutsche Bank zeigte sich von
dem jüngsten Urteil enttäuscht und
will es prüfen, sobald es vorliegt.
Die Anklagepunkte in dem Prozess
waren Marktmanipulation, Bilanz-
fälschung und Behinderung der Re-
gulierungsbehörden.
Mit der Geldstrafe und dem Urteil
gegen Faissola und seine Kollegen
wird die Deutsche Bank wieder ein-
mal von ihrer Vergangenheit einge-
holt. Es trifft die Bank in einer kriti-
schen Phase. Vorstandschef Christi-
an Sewing hat gerade erst den
größten Umbau der vergangenen
Jahrzehnte angestoßen, und viele
Investoren zweifeln nach den
durchwachsenen Zahlen für das
dritte Quartal, dass sein Plan tat-
sächlich aufgeht.

Piazza Salimbeni in
Siena: Sitz der ältesten
Bank der Welt, deren
Krise auch die Deut-
sche Bank belastet.

Bloomberg


Ich kann


meinen


Schock über


das Urteil


nicht


verbergen.


Giuseppe Iannaconne
Verteidiger der
ehemaligen Manager
der Deutschen Bank

Michele Faissola:
Der Ex-Deutsch -
Pressefoto banker soll in Haft.











  
 


 








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Finanzen & Börsen
MONTAG, 11. NOVEMBER 2019, NR. 217

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