Handelsblatt - 11.11.2019

(Nandana) #1

Eduard Dörrenberg


Mit Haut und Haar


D


er Chef der Dr.-Wolff-Gruppe
scheut keinen Aufwand, um
die Chinesen für seine Sham-
poo-Marken Alpecin und Plantur zu
begeistern. Pünktlich vor dem Start
des Mega-Shopping-Events Singles’
Day trat Eduard Dörrenberg als Gast
in der chinesischen TV-Show „Let’s
Talk“ auf. Sogar in der größten chine-
sischen Abendshow „Happy Camp“
mit 300 Millionen Zuschauern wur-
den Plantur-Produkte präsentiert.
Denn es ging um das Thema, bei
dem sich die Dr.-Wolff-Gruppe als Ex-
perte sieht: Haarausfall.
„In einer chinesischen Fernseh-
show zu sitzen war für mich eine
ganz neue Erfahrung“, sagt der ge-
schäftsführende Gesellschafter des
Bielefelder Familienunternehmens.
Doch es lohnt sich. Im vergangenen
Jahr verkaufte Dr. Wolff allein am Sin-

gles’ Day 60 000 Flaschen Alpecin in
China. Dieses Jahr sollen es deutlich
mehr werden. „Wir erwarten wieder
Rekordumsätze“, sagt der 51-Jährige.
Der Singles’ Day ist eine giganti-
sche Verkaufsmaschine, die jedes
Jahr über Onlinemarktplätze, Social
Media und TV Milliardenumsätze ge-
neriert. Allein über die Plattform des
Marktführers Alibaba wurden im ver-
gangenen Jahr Geschäfte im Volumen
von 31 Milliarden Dollar gemacht.
Das sind rund 150 000 Onlinebestel-
lungen pro Sekunde. Dr. Wolff ist
nicht das einzige deutsche Unterneh-
men, das daran mitverdient – gerade
mit Körperpflegeprodukten. Aldi et-
wa geht mit Eigenmarken wie Kör-
perpflegeartikeln von Lacura ins Ren-
nen, Beiersdorf hofft auch dieses Jahr
wieder auf hohe Umsätze mit Nivea.
Doch kaum einer betreibt das Ge-
schäft so akribisch wie Dörrenberg.
Um den asiatischen Markt wirklich zu
verstehen, siedelte er mit Frau und
drei Kindern nach Singapur um und
leitete das Unternehmen vier Jahre
lang von dort. „Wie dramatisch die
Digitalisierung den Handel in China

verändert hat, kann man sich gar
nicht vorstellen, wenn man nicht mal
dort gelebt hat“, sagt er.
Das ist typisch für den Urenkel des
Firmengründers, der seinen Job mit
Haut und Haar lebt. Mit Anfang 20,
noch während des Maschinenbau -
studiums, baute er nach der Wende
den Vertrieb des Unternehmens in
Sachsen und Thüringen auf. Mit 29
Jahren übernahm er als Geschäfts-
führer die Firma, die damals Verluste
machte. Mit aggressivem Marketing
(„Doping für die Haare“) und neuen
Produkten modernisierte er die Mar-
ke und schaffte die Wende. Bei einem
Umsatz von 300 Millionen Euro hat
das Familienunternehmen heute ei-
ne Umsatzmarge beim Ergebnis nach
Steuern von knapp zehn Prozent.
Wer den chinesischen Markt ver-
steht, der kennt die Trends von mor-
gen, ist Dörrenberg überzeugt. Das
Land sei im E-Commerce weltweit
vorn. „Die Digitalisierung des Han-
dels, wie wir sie in China sehen, ist
nicht aufzuhalten“, sagt. Und das
werde auch in Deutschland immer
stärker kommen. Florian Kolf

Die Digita-


lisierung des


Handels, wie


wir sie in


China sehen,


ist nicht


aufzuhalten.


Eduard Dörrenberg
Dr.-Wolff-Chef

Eduard Dörren-
berg: Mit 29 Jah-
ren hat er die Lei-
tung des Famili-
enunternehmens
übernommen.

Dr. Wolff


Der Urenkel des Gründers der


Dr.-Wolff-Gruppe fiebert dem


Singles’ Day in China entgegen.


Mit der Marke Alpecin hofft er


wieder auf Rekordumsätze.


Hanno Heintzenberg


McMakler-


Mitgründer


geht


Matthias Streit Erfurt


H


anno Heintzenberg, ei-
ner der Co-Gründer
von McMakler, verlässt
das Unternehmen zum Jahres -
ende. Das erfuhr das Handels-
blatt aus Unternehmenskreisen.
Heintzenberg verlässt die Firma
auf eigenen Wunsch.
Der 32-Jährige soll McMakler
künftig als Gesellschafter bera-
tend verbunden bleiben. Unklar
ist jedoch, was mit Heintzen-
bergs Anteilen an McMakler pas-
siert. Das Proptech, wie Jungun-
ternehmen aus dem Immobilien-
bereich genannt werden, will
sich dazu nicht äußern.
Die Aufgaben Heintzenbergs
sollen Matthias Klauser und Juli-
an Lübke übernehmen. Beide
waren von Beginn an für
McMakler tätig. „Hanno hat die
letzten viereinhalb Jahre Groß -
artiges im Aufbau der gesamten
Maklerstruktur geleistet“, wür-
digt Co-Gründer und CEO Felix
Jahn Heintzenberg. „Wir bedau-
ern seine Entscheidung.“
Heintzenberg hatte 2015 ne-
ben Jahn und Lukas Pieczonka
das Start-up gegründet. Pieczon-
ka und er kennen sich bereits
aus der gemeinsamen Schulzeit
in Düsseldorf. Später absolvier-
ten sie ihren Master in Finance
an der Universität Sankt Gallen.
Dann trennten sich die Wege.
Heintzenberg arbeitete bei der
Unternehmensberatung BCG,
bevor er mit Jahn und Pieczonka
bei McMakler zusammenkam.
Zum Immobilienmarkt kam
Heintzenberg eher zufällig. Fe-
lix Jahn war Ideengeber und
Gründungsinvestor für die Platt-
form. Jahn hatte Pieczonka be-
reits aus seiner vorherigen
Gründung Home24 gekannt.
Der wiederum holte Heintzen-
berg an Bord. Die alten Schul-
freunde haben zu Beginn maß-
geblich das operative Geschäft
McMaklers aufgebaut.
McMakler ist eine Online-Mak-
lerplattform, über die Eigentü-
mer ihre Immobilie verkaufen
können. Konkurrenten in dem
Bereich sind unter anderem
Homeday und Maklaro.
Im Sommer hat das Start-up in
einer Finanzierungsrunde 50
Millionen Euro eingenommen
und setzt damit bislang den Re-
kord für ein Proptech-Unterneh-
men. Die Bewertung der Firma
mit rund 500 Mitarbeitern liegt
obsgeschätzt bei 230 Millionen Euro.

Robert Tönnies


Zerrüttete Verhältnisse?


R


obert Tönnies, dem die
Hälfte des gleichnamigen
Schlacht- und Fleischkon-
zerns aus Rheda-Wiedenbrück ge-
hört, hat die Auskunftsklage vor
dem Landgericht Bielefeld kurzfris-
tig zurückgezogen. Zuerst hatte das
„Manager Magazin“ darüber berich-
tet. Bei der Klage ging es um eine ge-
plante Megainvestition der Tönnies-
Gruppe in China. Robert fühlte sich
darüber von seinem Onkel, Clemens
Tönnies, Geschäftsführer und Mitge-
sellschafter, unzureichend infor-
miert.

„Die Geschäftsleitung hat in letzter
Sekunde unter dem Druck des anste-
hendenden Gerichtstermins die nöti-
gen Unterlagen geliefert“, teilte Ro-
bert Tönnies auf Rückfrage des Han-
delsblatts mit. „Es ist bedauerlich,
dass die Geschäftsleitung mein mir
vertraglich zustehendes Auskunfts-
und Informationsrecht wiederum
erst nach Einleitung von Rechtsmit-
teln erfüllt.“ Clemens Tönnies trete
den Einigungsvertrag mit Füßen.
Die Familie des Onkels und der
Neffe streiten seit Jahren. Beiden Par-
teien gehört je die Hälfte des Unter-
nehmens. 2017 schlossen beide Sei-
ten einen Einigungsvertrag. Doch der
Friede hielt nicht lange. Robert Tön-
nies, 41, will nun zeigen, dass das Ver-
hältnis der Parteien zerrüttet ist. In
diesem Fall ist laut Vertrag ein Ver-
kauf des Unternehmens möglich. Der

Onkel ist dagegen. Daniel Nottbrock,
Geschäftsführer der Tönnies Holding,
widerspricht der Darstellung des Nef-
fen: „Wenn Robert Tönnies behaup-
tet, erst jetzt die geforderten Infor-
mationen über unser geplantes Chi-
na-Joint-Venture erhalten zu haben,
ist das unzutreffend.“ Katrin Terpitz

Robert und
Clemens Tönnies:
Der Friede von 2017
währte nicht lange.

dpa


Robert Tönnies will den


Verkauf des Fleischkonzerns


erzwingen. Er wettert gegen


das Geschäftsgebaren seines


Onkels Clemens.


Familienunternehmen des Tages


MONTAG, 11. NOVEMBER 2019, NR. 217


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