Werner Kogler
Der Kanzlermacher
A
usgerechnet in der Urania, dem Sitz
der Wiener Sternwarte, traf sich Grü-
nen-Chef Werner Kogler mit seinem
erweiterten Bundesvorstand. Einstimmig
entschied sich die Parteispitze für den Griff
nach den Sternen. Die Öko-Partei will Ge-
spräche mit der ÖVP über die Bildung einer
Regierungskoalition beginnen. „Unsere Hand
zur ÖVP ist ausgestreckt“, signalisierte Kogler
nach der Sitzung in Wien am Sonntagabend.
Ob die Koalitionsgespräche zum Erfolg füh-
ren, ließ er aber offen. „Wie es ausgeht, wis-
sen wir nicht“, sagte der Grünen-Chef.
Er wolle einen Beitrag leisten, die „aufge-
rissenen Gräben zu überbrücken, versprach
Kogler in Anspielung auf die Zerrissenheit
Österreichs. Nach der Ibiza-Affäre will er das
Image Österreichs in Europa verbessern.
„Eine proeuropäische Orientierung der Re-
publik ist uns wichtig“, sagte er.
Kogler gilt als ein pragmatischer Ökonom
mit Handschlagqualität. Innerhalb seiner
Partei ist der Politiker die unbestrittene
Nummer eins – aus gutem Grund. Der seit
zwei Jahren amtierende Parteichef hat ein
politisches Wunder vollbracht. Bei den Na-
tionalratswahlen Ende September holte
Kogler die Grünen mit 13,9 Prozent wieder
ins Parlament – ein Plus von über zehn Pro-
zent. Bei der Wahlparty im Theater Metro-
pol ließ er sich dafür feiern wie ein Popstar
- mit grüner Sonnenbrille im Gesicht.
Koglers größte politische Herausforderung
kommt noch. Für ein Bündnis mit Kurz sind
bei Themen wie Migration, Umwelt- und Kli-
maschutz, Sozial- sowie Medienpolitik sehr
tiefe Gräben zur ÖVP zu überwinden. Genü-
gend Erfahrung dürfte Kogler haben. Bereits
seit den Achtzigerjahren engagiert sich der
Umweltökonom für die Grünen und ist bes-
tens verdrahtet – auch in die Wirtschaft.
Georg Kapsch, Präsident der Industriellen-
vereinigung und CEO des Telematikkon-
zerns Kapsch AG, schätzt den Dialog mit
ihm. Selbst politische Gegner bescheinigen
ihm Standfestigkeit und Geradlinigkeit. Doch
Kogler kann auch stur sein: Um das Staats-
budget 2011 zu verzögern, hielt er eine Rede
von über zwölf Stunden im Parlament – ein
Rekord. Hans-Peter Siebenhaar
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imago images/Eibner Europa
Anja Karliczek
Flucht nach vorn
I
m Streit um die 500 Millionen Euro
schwere neue Forschung für Batterie-
technologie geht Bundesforschungsmi-
nisterin Anja Karliczek einen großen Schritt
auf ihre Kritiker zu: Die Gesamtsumme soll
um 60 auf 560 Millionen Euro steigen und
damit nicht genug: nach Münster, das den
Hauptzuschlag für die Batteriefabrik bekom-
men hatte, soll erst mal weniger Geld flie-
ßen. Denn in den ersten vier Jahren seien
dort eigentlich nur 250 Millionen Euro nö-
tig. So werden insgesamt 160 Millionen für
neue Projekte anderswo frei. Das teilte Kar-
liczek ihren Länderkollegen Ende vergange-
ner Woche in kleiner Runde mit – und ernte-
te allgemeine Zufriedenheit.
Eigentlich hätte das Forschungsprojekt
Batterie – bei aller Wichtigkeit für die E-Mo-
bilität – keinen großen Wirbel verursacht.
Wäre die Entscheidung für den Standort
nicht nach einem völlig chaotischen und un-
durchsichtigen Verfahren und zudem ausge-
rechnet auf Münster gefallen, das unmittel-
bar an Karliczeks Wahlkreis grenzt.
Das löste erbitterten Protest aus: Die Län-
derchefs Markus Söder (CSU), Winfried
Kretschmann (Grüne) und Stephan Weil
(SPD) beschwerten sich bei der Kanzlerin.
Baden-Württembergs Kultusministerin Su-
sanne Eisenmann (CDU) forderte gar Kar-
liczeks Rücktritt. Nun hoffen die Kritiker auf
einen Teil am „fresh money“ aus Berlin –
und Anja Karliczek hat fürs Erste wieder Ru-
he. Barbara Gillmann
BusinessLoungeLounge
Herzlich: Dilma Rousseff, ehemalige Präsidentin
von Brasilien, und Alberto Fernandez, designier-
ter argentinischer Präsident, umarmen sich
gegenseitig während der Eröffnung der zweiten
Sitzung der Puebla-Gruppe in Buenos Aires.
Majestätisch:Un-
ter dem Jubel
Zehntausender
Menschen haben
sich Japans neuer
Kaiser Naruhito
und seine
Gemahlin Kaise-
rin Masako am
Sonntag bei ei-
ner Parade durch
Tokio dem Volk
gezeigt. Der Mo-
narch und seine
Frau winkten
vom Rücksitz
hrer offenen
Limousine den
Fähnchen
schwenkenden
Menschen
ächelnd zu.
M t Z M s K u G r S n T g n F v
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lä
Gedenktag:Der britische Premierminister Boris
Johnson nimmt gemeinsam mit seiner Freundin
Carrie Symonds am „Remembrance Sunday“ teil.
Sie gedenken an diesem Tag der zivilen Opfer
und gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege.
Gedenktag:Der britische PremierministerBoris
Konferenz:Sberbank-Chef Herman Oskaro-
witsch Gref (l.) und der russische Präsident Wla-
dimir Putin nehmen an einer Podiumsdiskussion
der „Artificial Intelligence Journey“ teil.
Konferenz:SberbankChefHerman Oskaro
dpa, imago images/ITAR-TASS, dpa, REUTERS
Der 57-jährige Chef der Grünen
nimmt Gespräche mit der ÖVP über
die Bildung einer schwarz-grünen
Koalition in Österreich auf.
Die Forschungsministerin gibt
mehr Geld für Batterieforschungen,
und besänftigt so ihre Kritiker in
den Ländern.
Anja Karliczek:
Die Bundesfor-
schungsministerin
geht einen großen
Schritt auf ihre
Kritiker zu.
dpa
13,9
PROZENT
der Stimmen
holten die Grünen
bei den
Nationalratswahlen
Ende September.
Quelle: Innenministerium
Namen des Tages
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MONTAG, 11. NOVEMBER 2019, NR. 217
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