National Geographic Germany - 11.2019

(Barry) #1

34 NATIONAL GEOGRAPHIC


T


Die Fotos für diese
Reportage entstanden
unter Förderung des
Pulitzer Center for
Crisis Reporting.

THERESA KACHINDAMOTO erinnert


sich noch genau an die erste Kin-


der ehe, die sie annullierte. Wenige


Tage zuvor war sie zum ersten


weiblichen Paramount Chief der


Volksgruppe der Südlichen Nguni


in Malawi ernannt worden. Im Dis-


trikt Dedza war sie an einer Gruppe


Kinder vorbeigekommen, die Fuß-


ball spielten, ein häufiger Anblick.


Doch dann verließ eines der Mäd-


chen das Spiel, um einem Baby die


Brust zu geben. Die Mutter, Cecilia,


war gerade erst zwölf Jahre alt.


„Ich war schockiert“, erinnert sich

Kachindamoto. Sie berichtete den


Ältesten. „Sie sagten: ‚Das ist hier


in der Gegend so üblich, aber jetzt


sind Sie Chief, und Sie können es so


handhaben, wie Sie wollen.‘“ Und


das tat sie. Sie erklärte die Ehe für


ungültig und schickte die junge


Mutter in die Schule.


Das war 2003. Kachindamoto

bezahlte Cecilias Schulgeld, bis das


Mädchen die weiterführende Schule


abgeschlossen hatte. Heute führt


Cecilia einen Lebensmittel laden.
Und jedes Mal, wenn Kachin da-
moto sie besucht, zeigt sie noch
immer ihre Dankbarkeit.
Seit dieser ersten Eheannullie-
rung beendete Paramount Chief
Kachindamoto (60) insgesamt 2 549
solcher Verbindungen und schickte
die Mädchen zur Schule. Außerdem
verbot sie ein Initiationsritual für
Mädchen beim Eintritt in die Pu-
bertät, bei dem sie ihre Jungfräu-
lichkeit an Fremde verlieren.
Kachindamotos Stimme ist nur
eine von vielen, die auf der ganzen
Welt mehr Frauenrechte fordern. In
den vergangenen Jahren fühlen sich
immer mehr Frauen von Frank-
reich bis Indien, von Namibia bis
Japan dazu ermutigt, Männer für
ihr Fehlverhalten zur Verantwor-
tung zu ziehen. Das führte zu einer
weltweiten Debatte über Sexismus,
Frauenfeindlichkeit und die Macht-
mechanismen, denen Frauen aus-
gesetzt sind. Auch zur #MeToo-
Bewegung.
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