86 NATIONAL GEOGRAPHIC
ZWEI MÄNNER KAUERN
Wüstenstädtchen an der Grenze
zum Irak auf dem Boden, bewacht
von einem Dutzend kurdischer Sol-
daten, die triumphierend auf sie
herabblicken. Die Männer hat ten
sich zuvor der vorwiegend kurdi-
schen Volksverteidigungseinheit
YPG ergeben, als diese bei der Ein-
nahme von Baghus, der letzten Stel-
lung des IS in Syrien, IS-Kämp fer
aufstöberten. Die Gefangenen war-
ten auf den Abtransport in ein La-
ger, in dem sich schon Zehntau-
sende andere IS-Anhänger und ihre
Angehörigen befinden.
Hundert Meter weiter bewachen
Kämpferinnen der YPJ genannten
Fraueneinheit der YPG mit Ka -
laschnikows über ihren Schultern
Frauen und Kinder der gefangenen
Soldaten. Einige ziehen an ihren
Zigaretten – unter dem IS war
Frauen das Rauchen verboten.
Andere zupfen sich das Haar
zurecht. Unter dem IS wäre eine
Frau ohne Schleier ausgepeitscht
worden. Ab und an spricht eine
YPJ-Kämpferin zu den Frauen, die
wirken wie unter einem Meer aus
schwarzen Stoff verborgen.
Im Laufe des Vormittags schauen
sich einige der YPJ-Kämpferinnen
den Feind von Nahem an. Sie bil-
den einen engen Kreis um die Män-
ner und mustern sie. Vor Kurzem
wären sie in diesem Dorf als Frau
für solches Verhalten vielleicht hin-
gerichtet worden. Aber die letzte
Bastion des IS in Syrien ist gefallen
- auch dank ihnen.
Die kurdischen Soldatinnen sind
nur ein Beispiel von vielen. Von der
Wüste Syriens und den Grassavan-
nen im Südsudan bis zum kriegs-
gebeutelten Dschungel im Westen
Kolumbiens stehen immer mehr
Frauen in militärischen Konflikten
an vorderster Front. Sie wollen
ihrem Land dienen. Sie wollen
Kompetenz und Stärke demonstrie-
ren, ihren Kindern ein Vorbild sein,
vielleicht auch selbst etwas bewei-
sen. Einige haben aber auch noch