Handelsblatt - 01.11.2019

(Brent) #1

Tabakindustrie


Altria muss Juul-Anteile abschreiben


Der Marlboro-Hersteller hatte
Milliarden für Anteile am
E-Zigarettenhersteller
ausgegeben. Doch jetzt steckt
Juul tief in der Krise.


Katharina Kort New York


D


er Marlboro-Hersteller Altria
hat sich mit seiner Investiti-
on in den E-Zigaretten-Spe-
zialisten Juul Labs verzockt. 4,5 Milli-
arden Dollar, rund vier Milliarden
Euro, muss Altria nun auf die Beteili-
gung abschreiben. Das gab das Unter-
nehmen an diesem Donnerstag be-
kannt. Für den Anteil von 35 Prozent
hatte der Tabakkonzern noch im De-
zember 2018 knapp 13 Milliarden Dol-
lar investiert.
Seit Anfang des Jahres häufen sich
in den USA Lungenkrankheiten und
Todesfälle von E-Zigaretten-Rau-
chern, sogenannten Vapern. Auch
wenn Juul nicht direkt mit den To-
desfällen in Verbindung steht, so hat
sich die Stimmung gegen E-Zigaretten
gedreht.
Staatsanwälte untersuchen, ob An-
bieter von E-Zigaretten mit ihrem
Marketing direkt Teenager anspre-
chen und wie hoch die Nikotinwerte
in der vermeintlich gesünderen Ziga-
rettenalternative sind. Die US-Regie-
rung erwägt, fruchtige und minzige
Geschmacksrichtungen zu verbieten
und nur noch den klassischen Tabak-
geschmack zuzulassen. Gerade die
süßlichen Geschmacksrichtungen
sind die Einsteigervarianten, die auch


Nichtraucher ansprechen. Für Juul
wäre ein solches Verbot verheerend:
Schließlich machen diese Ge-
schmacksrichtungen 80 Prozent der
Umsätze aus.
Altria nennt das drohende Verbot
als Hauptgrund für die Abschreibun-
gen. Dennoch hält Vorstandschef Ho-
ward Willard an der Suche nach Al-
ternativen zum klassischen Tabak
fest: „Wir glauben weiterhin, dass die
Evolution der Tabakindustrie eine
große Chance für Altria darstellt“,
sagte er. „Mit den aktuellen Trends
unter erwachsenen Rauchern und
der Disruption durch E-Vaper ist es
die richtige Zeit, das Angebot dieser
Optionen zu erweitern.“


Entlassungen stehen an
Erst vor wenigen Tagen wurde be-
kannt, dass Juul 500 Mitarbeiter ent-
lassen wird. Das sind mehr als zehn
Prozent der Belegschaft. Firmenchef
Kevin Burns war bereits im Septem-
ber zurückgetreten und hatte sich für
die Vaping-Epidemie unter Teen-
agern entschuldigt. Mittlerweile steht


K.C. Crosthwaite an der Spitze von
Juul, ein Topmanager des Marlboro-
Herstellers Altria. Er bringt seine
langjährige Erfahrung in der Tabak-
industrie mit.
Crosthwaite hat bereits das Marke-
tingbudget gekürzt und Kampagnen
gegen Vaping für Jugendliche ange-
stoßen. Ziel sei es, „eine Lizenz zu er-
langen, mit der wir in den USA und

weltweit operieren können“, teilte
der Juul-Chef mit.
Die Probleme bei Juul hatten zu-
letzt auch die Fusionsgespräche zwi-
schen Altria und Philip Morris Inter-
national beendet. Die beiden wollten
sich eigentlich wieder zusammen-
schließen. Für Philip Morris war vor
allem Altrias Beteiligung an Juul inte-
ressant gewesen.

Doch mit den jüngsten Skandalen
bei Juul haben die beiden Konzerne
ihre Fusionsverhandlungen abgebro-
chen. Philip Morris konzentriert sich
nun wieder auf die eigene E-Zigaret-
ten-Variante Iqos, bei der Tabak er-
hitzt, aber nicht verbrannt wird. Die-
se wurde, anders als Juul, von der
US-Gesundheitsbehörde FDA bereits
zugelassen.

Wertverfall


4,


MILLIARDEN


Dollar muss Altria auf seine Beteili-
gung von 35 Prozent am E-Zigaret-
ten-Anbieter Juul abschreiben.
Quelle: Unternehmen


  
 
 





 
 
   




  














  




Unternehmen & Märkte
WOCHENENDE 1./2./3. NOVEMBER 2019, NR. 211^19


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