Focus - 09.11.19

(singke) #1

schwer heranzukommen, wenn es nur 100 oder 200
Kisten gibt.“ Wenn man den Gewinn realisieren wol-
le, gehe das am besten „mit der am leichtesten han-
delbaren Ware. Die kommt mit weitem Abstand aus
dem Bordeaux.“ Auf 60 bis 80 Prozent schätzt er den
Bordeaux-Anteil im Weininvestment. Auf jeden Fall
sollte die Original-Holzkiste aufbewahrt werden: „Sonst
haben Sie einen Wertverlust von 10 bis 15 Prozent.“
Die Preise für Weine, in die sich zu investieren loh-
nen könnte, fangen bei etwa 100 Euro pro Flasche an.
Kaufen oder verkaufen sollten Kunden nur über den
Fachhandel, um nicht auf Fälschungen hereinzufallen.
Die sind mittlerweile ein ernsthaftes Problem. Auch bei
der Lagerung sollte man sich professionellen Wein-
kellern anvertrauen, die die optimale Temperatur und
Luftfeuchtigkeit garantieren können, damit der edle
Tropfen keinen Schaden nimmt. Etwa 1,50 Euro pro
Kiste und Monat sollte man hier kalkulieren. Exklusive
Clubs (wie http://www.winebank.de) bieten Weinfächer an,
so wie Geldinstitute Schließfächer. „Wein ist immer ein
langfristiges Investment“, fasst Unger zusammen. „Wir
geben grundsätzlich keine Investmentempfehlungen
nach dem Motto: Kauf genau das, es wird in drei Jahren
zehn Prozent mehr kosten. Wir würden dem Kunden
immer ein Portfolio von fünf bis zehn relativ vernünfti-
gen Weinen an die Hand geben.“ Eine wichtige Orien-
tierung bietet das Punktesystem des US-Weinkritikers
Robert Parker. Die Bestnote sind 96 bis 100 Punkte für
einen außerordentlichen Wein, bei 90 bis 95 Punkten ist
er noch „hervorragend“. Alles unterhalb von 60 Punk-
ten gilt als „inakzeptabel“.
Wer mit Wein Rendite machen will, ohne Fla-
schen einzulagern: Spezielle Fonds, etwa
von Vincent Pretet, investieren in den
Ausbau besonderer Weingüter. Die welt-
weit einzige elektronische Börse für
Spitzenweine ist die Liv-ex, die Lon-
don International Vintners Exchange.
Ihr monatlich berechneter Liv-ex-
100-Index liefert der Branche die
Bezugsgrößen.

Sneakers: Hype oder Anlagemarkt?
Das Nike-Modell „What the Dunk“ von 2007
kostete circa 200 Euro im Laden – Sammler zah-
len dafür heute schon mal 7500 Euro. Sneakers, die von
Sportstars getragen und signiert wurden, gehen auf
Auktionen regelmäßig für einige Zehntausend weg. Für
den Normalsammler bringen die Hersteller limitierte
Auflagen in den Handel. Käufer stehen dafür entwe-
der stundenlang vor den Stores Schlange oder müssen
sich ihr Kaufrecht per Verlosung sichern. Während die
einen nur fabrikneue Schuhe sammeln, ziehen andere
ihre teuren Treter auch zu besonderen Anlässen oder
sogar im Alltag an. Welche Modelle Anleger wann
kaufen und verkaufen sollten, lässt sich nicht vorhersa-

gen. Problematisch sind die Alterungsprozesse: Weich-
macher verfliegen, Kleber bröseln, Sohlen lösen sich.
Spezialbetriebe bessern aus und reparieren, doch das
schmälert die Rendite. Genauso wie die Aufbewahrung
in klimatisierten Lagerräumen.

Oldtimer: Anlage mit wachsendem Charme
Klassischer als Sneakers sind Oldtimer. Vor zehn, 15
Jahren kostete ein Mercedes 190 SL aus den 1960ern
im Top-Zustand keine 50 000 Euro – heute ist er das
Doppelte wert. Auch bei einem Porsche 911 Targa,
Baujahr 1973 und im selben Zustand, ist man mit 50 000
Euro dabei. Zwei Beispiele für starke Modelle starker
Marken, deren Wert bei anhaltend guter Pflege wohl
auch nicht wieder fallen wird – schließlich werden sie
mit jedem Jahr seltener.
Mit festen Gewinnerwartungen sollte man jedoch
nicht herangehen, meint Oldtimer- und Finanzexper-
te Holger Lüttke: „Der Spaß sollte im Vordergrund
stehen.“ Auktionen sind durch ihre Öffentlichkeit ein
guter Gradmesser für die Preisentwicklung, das Gros
der Oldtimer wird aber über Verkaufsportale im Internet
oder Fachmagazine angeboten. Um beim Kauf etwaige
Mängel nicht zu übersehen, braucht es zwingend ent-
weder eigene Sachkenntnis oder einen mitgebrachten
Fachmann. Nicht zu unterschätzen sind die laufenden
Kosten für das Unterstellen, die Versicherungen und
Reparaturen: „Muss ein Motor zur Generalrevision, sind
schnell zwischen 10 000 und 50 000 Euro fällig“, weiß
der Oldtimer-Experte. „Für unvorhergesehene Kosten
muss immer ein Budget vorhanden sein.“
Die Wertsteigerung für einen Oldtimer muss unter
Umständen also ganz erheblich sein, bevor an
eine Rendite zu denken ist. Zudem unterliegt
die Nachfrage auch Moden. Da sich die Prei-
se in der Vergangenheit immer nach oben
bewegt hätten, „sind natürlich viele auf den
Zug aufgesprungen. Manche Preise schos-
sen übers Ziel hinaus. Jetzt sind wir wieder
auf einem normalen Niveau.“ Höchstpreise
erzielten nach wie vor Fahrzeuge „im unbe-
rührten, das heißt unrestaurierten Spitzenzu-
stand oder mit einer außergewöhnlichen Patina
oder Historie wie prominenten Vorbesitzern.“
Grundsätzlich werden vor allem sportliche Fahrzeu-
ge, möglichst offen, viel beachtet und nachgefragt.
Mancher hat sich auf Fahrzeuge mit Rennhistorie spe-
zialisiert. Er selbst sammle silbern lackierte Autos mit
roter Innenausstattung, erzählt Lüttke. Unter Rendite-
gesichtspunkten ist es sinnvoller, völlig verschiedene
Modelle zu sammeln: „Sollte eins mal völlig aus der
Mode sein, reißen die anderen es wieder raus.“

Uhren: als Statussymbol mehr als eine Geldanlage
Die Marken Patek Philippe und Rolex werden beim
Thema „Investieren in Armbanduhren“ stets zuerst ➝

»Wein ist immer ein langfristiges


Investment« Michael Unger


1982er Château
Mouton Rothschild

Kapitalanlagen


35

US-Dollar erzielte eine Flasche
Romanée-Conti von 1945 im
Oktober 2018 in einer
Auktion bei Sotheby’s

558 000


Fotos: Ryan Unruh, Sotheby’s, Antik Wein

FOCUS READY+ Special/2019
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