Focus - 09.11.19

(singke) #1
Eine der teuersten
Uhren der Welt: Rolex
„Daytona Paul Newman“

Fotos: Finum_Finanzhaus_AG, PHILLIPS

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➝ FINANZIEREN


genannt. „Patek Philippe hält acht der zehn Versteige-
rungsrekorde“, sagt Thomas List, Fachberater bei Juwe-
lier Kuhnle in Fürth. Erfolgreiche Uhrenmarken halten
sich an bewährte Linien: So ist die Rolex „Submariner“
seit den 1950er-Jahren im Programm, die „Nautilus“
von Patek Philippe seit 1976. Eine „Submariner“ von
1960, damals um die 600 Mark teuer, kann heute im
exzellenten Zustand mehrere Zehntausend Euro wert
sein. Eine Patek Philippe „Nautilus“ aus der aktuellen
Kollektion wird von Konzessionären wie Kuhnle zum
UVP von aktuell 27 550 Euro angeboten – auf dem
Sekundärmarkt erlöst sie rund 60 000 Euro. Grund ist
die geringe Verfügbarkeit bei hoher Nachfrage. „Wenn
man eine Rolex ,GMT-Master II‘ zum Listenpreis von
8400 Euro beim Fachhändler erwerben kann, kann man
sie sofort wieder fürs Doppelte verkaufen.“ Natürlich
gelte das auch für andere große Marken, sagt
Thomas List und führt als Beispiele Panerai,
A. Lange & Söhne, Jaeger-LeCoultre an.
Eine Uhr sei aber mehr als eine reine
Geldanlage, betont List: „Der emotio-
nale Faktor spielt immer mit hinein.
Eine Uhr repräsentiert den Charak-
ter und ist ein Statussymbol.“ Hier
muss der Besitzer abwägen: Soll
die Uhr absolut kratzerfrei bleiben,
gehört sie in den Tresor. Wer Spaß
daran hat, sich mit ihr zu zeigen, dem
rät List, sie „wertschätzend“ zu tragen –
bei gesellschaftlichen Anlässen etwa, nicht
beim Sport. Im Übrigen bedeuten kleine Kratzer
keinen Totalverlust, der Markt für getragene Uhren
ist groß. Entsprechend kursieren viele Fälschungen.
Die größte Sicherheit bietet das Fachhandelssiegel
„Certified Pre-Owned Watches“. Wer bei gebrauch-
ten Uhren Orientierung sucht, findet die auch online –
zum Beispiel bei Watchfinder.com. Seit 2018 Teil der
Richemont-Gruppe, bietet die Seite gebrauchte Uhren
von über 50 Marken zum Kauf an.
Einsteiger sollten zwischen 30 000 und 50 000 Euro
einsetzen, um ein Portfolio aus fünf oder sechs Uhren
bekannter Hersteller zu erwerben, rät Thomas List.
Je seltener, desto renditeträchtiger. Dabei zählen nur
mechanische Herrenarmbanduhren mit Automatik-
oder Handaufzug. Zwischen drei und fünf Jahre sollte
man so eine Uhr auf jeden Fall behalten. Jede Uhr,
auch wenn sie im Tresor lagert, muss alle fünf bis
zehn Jahre grundüberholt werden. So ein Service
kann auch mal 1000 bis 1500 Euro kosten.
Wie bei allen Investments gilt: Es gibt keine Garan-
tien für Erfolg. Dafür ist der Spaß, den man mit dem
eigenen Oldtimer hat, die Freude, die man an einer
besonderen Uhr haben kann, kaum durch eine Aktie
oder einen Goldbarren aufzuwiegen.  n

Warum sind Sachanlagen sinnvoll, und wo liegen
die Fallen? Ready+ sprach mit Günter Hübner,
Partner der FiNUM.Private Finance AG, München

Herr Hübner, für wen kann es interessant sein,
in Oldtimer, Wein oder Uhren zu investieren?
Für alternative Anlagen dieser Art sollte bereits
ein größeres Vermögen vorhanden sein. Das sind
ganz klar Spezialinvestments und nichts für die
Altersvorsorge. Um bei den sehr hohen Ein-
standspreisen mithalten zu können, benötigt
man Kapital, auf das man auf keinen Fall kurz-
oder mittelfristig angewiesen sein sollte.
In Zeiten von Niedrigstzinsen ist der
Blick auf die Renditen verlockend, die
manche Uhren, Weine oder Autos abwerfen.
Oder sind das nur extreme Einzelfälle?
Ganz und gar nicht. Es ist in der Tat so, dass
man in diesen Segmenten mit relativ konstanten
Wertsteigerungen rechnen kann. Die Märkte für
Oldtimer und Uhren funktionieren schon sehr lan-
ge und sind vor allem in den letzten Jahren immer
beliebter geworden. Bei einer Uhr ist immer die
erste Frage: Wer hat sie wie oft hergestellt? Bei Old-
timern nimmt die Zahl der Fahrzeuge eines Typs mit
der Zeit automatisch ab, und es tritt eine Verknap-
pung ein. Bei Wein ist das noch ausgeprägter.
Kann man sich auch an bestehenden
Sammlungen beteiligen, statt etwa
selbst am Oldtimer zu schrauben?
Die allermeisten, die in diesem Bereich aktiv
sind, legen die Uhren in einen Safe. Den Wein
lassen sie von einem guten Sommelier aufbewahren
oder lagern ihn selber ein, die Oldtimer stehen in
der Garage. Schon wegen des emotionalen Effekts.
Es gibt inzwischen aber auch einige wenige Fonds,
die auf diese Themen spezialisiert sind.
Aber eigentlich sollte die Leidenschaft an der
eigenen Sammlung im Vordergrund stehen.
Sie macht natürlich den besonderen Spaß an
diesen Spezialanlageformen aus. Aber unter Ren-
ditegesichtspunkten sollte die Leidenschaft nicht
so groß sein, dass sie rationale Entscheidungen
verhindert. Sammler haben es mit schwanken-
den Märkten zu tun, da kommt es auf die richtigen
Zeitpunkte zum Ein- oder Aussteigen an. Beson-
dere Vorsicht und Sachkenntnis sind auch gebo-
ten: Wenn Sie Ihren Oldtimer an die Wand fahren,
ist das Geld weg. Wenn Sie Ihre Rolex einmal nicht
in einer Rolex-Fachwerkstatt warten lassen, haben
Sie automatisch einen Wertverlust. Wenn der Wein
falsch gelagert wird, ist er hinüber.

Die Grundsätze alternativer


Geldanlagen


Prozent
Wertzuwachs haben Oldtimer
in Deutschland über alle
Modelle hinweg in den letzten
20 Jahren erfahren

160


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