TITEL
3232 FO- CUS 46/2019
Berlin, en vogue Models von Lala Berlin, Kronprinzenpalais, 2015. Mode kommt von mutig
- Mai 2001
Gerhard Schröder
bezieht das vom
Architekten-Duo
Schultes und Frank
entworfene neue
Kanzleramt am
Spreebogen - Juni 2001
Der Vorsitzende der
SPD-Fraktion im
Berliner Senat, Klaus
Wowereit, outet sich:
„Ich bin schwul, und
das ist auch gut
so!“ - April 2001
„Dickes B“ von Seeed
wird veröffentlicht.
Die Zeile „Im Sommer
tust du gut, und im
Winter tut’s weh“ gilt
nach wie vor
Februar 2001
Berichte über den
Berliner Banken-
skandal erscheinen.
Bürgermeister
Eberhard Diepgen
wackelt
- September 1999
Der Bundestag
nimmt nach
dem Berlin-
Umzug erstmals
die Arbeit in der
Hauptstadt auf - Juli 1999
Die größte Loveparade
aller Zeiten zieht
durch Berlin. Die
Veranstalter sprechen
von 1,5 Millionen
Besuchern - Oktober 1998
Teileröffnung des
Potsdamer Platzes.
Hier war Mitte des
Jahrzehnts die größte
innerstädtische
Baustelle Europas
dem Hosenboden durch ein Kellerfenster
rutschen, einen anderen Eingang gab es
nicht. Oder der „Bunker“, der heute ja
Christian Boros gehört: Da lief zwar immer
echt harter Techno, aber es gab auch kurz
nach der Wende eine wirklich fantastische
Videokunstausstellung.
Frank Künster, 52,
kuratiert als
Türsteher soziale
Skulpturen.
Vergangene Woche
zeigte er den Film
„Berlin Bouncer“
in New York
Frank Künster: Ich erinnere mich auch gern
an das erste „WMF“. In den Neunzigern
und Anfang der Nullerjahre war der Laden
unheimlich wichtig. Im Grunde ein besetz-
tes Haus in der Mauerstraße. Diese Jungs
haben später noch sieben Locations auf-
gebaut. Aber das war die erste. „Planet“,
„E-Werk“ und „Tresor“, das waren alles
bedeutende Läden. Aber das „WMF“ wird
zu wenig gewürdigt.
Christoph Stölzl, 75,
Historiker und
Politiker, war
Senator in Berlin
und Chef des
Deutschen
Historischen
Museums
Christoph Stölzl: 1990 wurde entschieden,
das große DDR-Museum aufzulösen.
Plötzlich war ich nicht nur Dienstherr
von dem kleinen Trupp mit 20 West-
Leuten, sondern auch von vielen DDR-
Kollegen. Eine sehr aufregende Zeit, in
der ich auch Herrn Gauck kennenlern-
te. Das war im Bundesinnenministeri-
um in Bonn. Da saß neben mir dieser
gut aussehende Mann. Ich erzählte ihm,
ich brauche 100 Stellen. Er entgegnete:
„Ich brauche 2000 Stellen.“ Oder waren
es 1000? Jedenfalls sehr viele, für die
Stasi-Unterlagen-Behörde. Ich stellte
100 DDR-Mitarbeiter ein. Wir zogen in
das alte DDR-Museum im Zeughaus ein.
Dann trennten Restauratoren aus einer
DDR-Flagge Hammer und Sichel he-
raus, nähten sie neu zusammen, und wir
hissten in der Nacht vor dem 3. Oktober
diese Fahne, viele sicher mit gemischten
Gefühlen.
Palina Rojinski, 34,
wollte olympiareif
turnen, landete
stattdessen bei MTV.
Seither macht
und kann sie alles,
auch den Podcast
Podkinski
Palina Rojinski: Als wir im Frühjahr 1991
in Berlin ankamen, mussten wir erst
einmal ein Versprechen einlösen – und
zwar der Verwandtschaft in St. Peters-
burg ein Bild aus dem Westen schicken.
Also machten wir uns auf die Suche.
Wir liefen den Ku’damm rauf und run-
ter, bis wir schließlich ans Europacen-
ter kamen – und konnten unser Glück
nicht fassen: All die Leuchtreklamen,
grell und riesig groß, blinkten uns freu-
dig entgegen, tauchten unsere Gesich-
ter in warmes, verheißungsvolles Licht.
Mehr Westen ging einfach nicht. Dachten
wir. Doch dann entdeckten wir etwas,
das noch viel bezaubernder war: die
Brücke im Inneren des Europacenters.
Für andere Besucher mag das nur eine
kleine Brücke über einen künstlichen
Fluss gewesen sein – aber wir spürten
eine tiefe Dankbarkeit: Danke, Ber-
lin, dass du uns aufgenommen hast,
hier, zwischen Ost und West, am Nabel
der Welt.
Anita Tillman, 47,
die gebürtige
Düsseldorferin hat
gleich mehrere
Modemessen auf
den Weg gebracht,
darunter die
Premium
Anita Tillmann: Wir fuhren im Kreis um die
Siegessäule, und ich beschloss an diesem
Tag, nach Berlin zu ziehen. Hier gab es
ein Versprechen: Du kannst hier machen,
was du willst.
Klaus Wowereit