Focus - 09.11.19

(singke) #1

KULTUR FILM


sichtlich etwas von mir.“ Die Publicity rund
um die letzte Staffel hat sie genutzt, um
die Charity-Organisation „SameYou“ zu
gründen, die jungen Schlaganfallpatien-
ten hilft und die Gesellschaft für diese
Fälle sensibilisieren soll.
Es ist ihr schwergefallen, mit ihren
Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu
gehen, deswegen hat sie so viele Jah-
re dafür gebraucht. Selbst am Set von
„Game of Thrones“ wusste kaum jemand
davon, und sie musste ständig diese
unglaubliche Müdigkeit überspielen, die
eine komplizierte Hirn-
operation mit sich bringt.


Weder pathetisch
noch peinlich


Clarke gehört zu den
Menschen, die über erns -
te Themen wie diese mit
einer Art von Humor
reden können, die man
früher einmal „britisch“
nannte, bevor Boris
Johnson eine ganz neue
Dimension von Gaga im
politischen Alltag eta-
bliert hat. Sie ist weder
pathetisch noch peinlich,
lacht gern und viel und
hat sich die Bodenstän-
digkeit eines Mädchens
vom Lande irgendwie
bewahrt zwischen Hol-
lywood und den zahl-
reichen Drehorten von
„Game of Thrones“.
Aufgewachsen ist sie in
der Nähe von London, „proper country-
side“. Als Schülerin in einem Elite-Internat
hat sie früh gelernt, wie es sich anfühlt, so
gar nicht dazuzugehören, „dafür hatten
wir zu wenig Geld“. Sie hört gern politi-
sche und gesellschaftliche Podcasts und
hat zu vielen Themen eine dezidierte Mei-
nung. Organtransplantationen zum Bei-
spiel: „Die Bluttransfusionen, die ich wäh-
rend meiner Operationen bekam, haben
mich verändert. Wie emotional muss diese
Veränderung sein, wenn das Herz eines
anderen in dir schlägt?“ Über den Brexit
sagt sie: „Es ist traurig, entfremdend und
beängstigend. Das, was London so wun-
derbar macht, ist ja eben die Weltoffenheit.
Die Mischung der Menschen, die sich die-
se Stadt aneignen.“ Nationalismus findet
sie erschreckend. „In diesem technologi-
schen Zeitalter des Wachstums können wir
über die Grenzen hinweg lernen, Organe


züchten, weltweit
kommunizieren.
Ausgerechnet jetzt
schmeißen wir das
weg, nur um zu sagen: Das ist meins, das
ist deins, ich bin in meiner kleinen Ecke,
und du kannst dich in deine verpissen.“
Für Stars ihres Ranges ist die Frage, wie
viel sie von ihren politischen Ansichten
und ihrem Privatleben preisgeben wol-
len, immer riskant. Zu viel macht ver-
letzlich, zu wenig unsympathisch. Über
die Trauer nach dem Tod ihres Vaters,
der im Juli 2016 an Krebs starb, hat sie
ebenso offen gesprochen wie jetzt über
ihre Hirnblutungen. „Als ich krank war,
habe ich mir die Frage nach der Existenz
Gottes nie gestellt, aber als mein Vater
starb, schon. Mir war es so unbegreiflich.
Wo ist er jetzt eigentlich? Wo ist er hin-
gegangen? In unserer modernen Welt ist

jeder so unendlich erreichbar, dass die
Endlichkeit, die der Tod bedeutet, für
mich schier nicht zu fassen war.“
Wer sich mit 33 Jahren so tiefgründi-
ge Gedanken macht, muss schon einiges
erlebt haben. Es mag zynisch klingen,
aber für eine Schauspielerin ist das natür-
lich auch Persönlichkeits- und Karriereka-
pital. Clarke verhalf Daenerys Targaryen
zu einer Tiefe, die man als Zuschauer einer
Fantasy-Serie gar nicht erwartet und sel-
ten geboten bekommt. Sie kann heroisch,
grausam, moralisch, humorvoll, sexy und
verletzlich gleichzeitig
sein. Man hätte sie jetzt
gern in einer echten Cha-
rakterrolle gesehen statt
als süße Weihnachtselfe
zu den Klängen von „Last
Christmas“. Obwohl sie
darin natürlich auch
wirklich gut ist.
Nun denn, es ist bald
Weihnachten, wieder
völlig unerwartet wie
jedes Jahr. Wie feiert
die Mutter der Drachen
das Fest der Liebe? „Mit
meiner Familie, einem
Baum, der Jahr für Jahr
an derselben Stelle
steht, ohne meinen
Vater, der immer so
grandios gekocht
hat. Wir hören
den King’s College
Choir aus Cam-
bridge, Frank Sinat-
ra, Aretha Franklin
und Bing Crosby.“
Ihr neuer Film
erzählt neben viel
Klamauk und Feel-
good eine erfrischend ernsthafte Ge-
schichte. Über Krankheit, Heimat und
das Verlorensein zwischen Weihnachtslie-
dern, die schwierige Beziehung erwach-
sener Kinder zu ihren älter werdenden
Eltern, die emotionale Kälte unserer Zeit,
Schwesternliebe und die Liebe an sich. Es
ist aber leider nicht der Film, der Emilia
Clarke befreit hätte aus der schwester-
lichen Umarmung von Daenerys Targa-
ryen. Zeit für einen Weihnachtswunsch:
Gebt dieser Schauspielerin eine groß-
artige, tiefgründige Rolle, in der sie keine
Schuhe mit Glöckchen tragen muss und
keine Perücke! „Diesmal waren es Exten-
sions“, sagt Clarke. Okay, die dann eben
auch nicht.n Fotos: face to face, HBO

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Ich vermisse


Daenerys auch


sehr. Sie hat


mich erzogen


«


Emilia Clarke über ihre Figur in
„Game of Thrones“

Zum Totlachen
Emilia Clarke ist ein humorvoller Mensch.
Als Daenerys Targaryen (r.) musste sie meist
sehr ernst ziemlich viele Leute meucheln

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