Die Welt Kompakt - 18.11.2019

(Tina Sui) #1
der Partie aufgrund des schwa-
chen Kartenvorkaufs schon disku-
tiert worden war, bestätigte sich
erneut – die Nationalmannschaft
ist kein Kassenschlager mehr. Die
Massen bleiben weg. Was am
Samstag möglicherweise auch am
Wetter lag. Es war kalt. Am Ende
kamen 33.164 Fans. Die Kapazität
bei dieser Partie lag bei 46.000.
„Wir müssen uns im Fußball
bewusst werden, dass die Zeiten
nicht leichter werden“, hatte Oli-
ver Bierhoff, der Direktor Natio-
nalmannschaften, in den Tagen
zuvor erklärt. Man käme von ei-
ner unglaublich langen Phase der
Begeisterung, wo die Dinge von
alleine liefen. Jetzt müsse man
sich bewusst machen, dass „wir
mehr tun müssen, um das ganze
Niveau zu halten“, so Bierhoff.
Ob eine Blaskapelle dabei hilft?
Die war mit Pauken und Trompe-
ten in Mönchengladbach erschie-
nen. Ab und an stimmte der An-
hang zwar in das mit ein, was mu-
sikalisch vorgegeben wurde.
Letztlich wirkte es mehr befremd-
lich denn stimmungsfördernd.
Überbordend wirkte es zudem,
dass beim Torjubel stets ein über-
großes Nationalmannschaftstri-
kot im neuen Design kurz durch
die Zuschauerreihen ging.
„Hat die Nationalmannschaft
ihren Glanz verloren?“, lautete
die Zuschauerfrage am Sonntag
im Sport1-„Doppelpass“. Viele
bejahten sie.
Die Verantwortlichen der deut-
schen Nationalmannschaft wis-
sen um die Probleme, was die
Strahlkraft des Premiumpro-
dukts betrifft. Selbst Sponsoren
sind nicht mehr so leicht zu fin-
den. Im vergangenen Jahr sprang

ein langjähriger Bierpartner ab –
bislang ist noch kein neuer gefun-
den. Im März kommenden Jah-
res, so schrieb die „Bild“ kürzlich,
soll auch noch SAP aussteigen.
Allerdings wissen die Verant-
wortlichen auch, dass die Gründe
für das mangelnde Interesse, für
die Abkehr nicht nur allein bei ih-
nen zu suchen sind. Eine Über-
sättigung haben ebenso der Welt-
verband Fifa und der europäi-
schen Verband Uefa zu verant-
worten. Die EM 2020 etwa wird
erstmals in zwölf verschiedenen
Ländern ausgetragen, was nicht
überall auf großen Anklang ge-
stoßen ist.
Als Joachim Löw am Samstag-
abend gefragt wurde, ob er sich
denn hinsichtlich der Gruppen-
auslosung für die EM am 30. No-
vember in Bukarest schon mit
dem Modus für die Auslosung be-
ziehungsweise die Gruppenver-
teilung beschäftigt habe, ver-
neinte er das. „Das ist in der Tat
nicht ganz so einfach“, sagte der
Bundestrainer. Wohl wahr.
Der deutschen Mannschaft, die
am Dienstag zum Abschluss der
EM-Qualifikation in Frankfurt
auf Nordirland trifft (20.45 Uhr,
RTL und WELT.de), droht bei der
EM gar eine schwere Gruppe. Das
überrascht, hieß es doch zuletzt,
es könnte einen lockeren Auftakt
beim Turnier geben. Aber nach
dem Remis der Niederlande am
Samstag in Nordirland ist
Deutschland plötzlich wieder
Erster in der Gruppe C. Kurioser-
weise könnte das die Aufgaben
bei der Endrunde im Sommer
deutlich schwieriger machen.
Deutschland spielte nach jetzi-
gem Stand als Gastgeber in der
Gruppe F gegen Ungarn, sofern
sich die Magyaren qualifizieren.
Aus Topf zwei können alle Nicht-
Gastgeber (Kroatien, Frankreich,
Polen) Gegner sein, aus Topf drei
(Österreich, Tschechien, Portu-

Polen) Gegner sein, aus Topf drei
(Österreich, Tschechien, Portu-

Polen) Gegner sein, aus Topf drei

gal, Schweiz, Türkei, Schweden)
ebenso. Ein Duell mit dem Welt-
meister ist also ebenso möglich
wie ein Wiedersehen mit Bayern-
Torjäger Robert Lewandowski
und Superstar Cristiano Ronaldo.
In wenigen Tagen herrscht
diesbezüglich Klarheit. Was den
möglichen Kader für die EM be-
trifft, merkte Löw nach dem Sieg
gegen Weißrussland an, dass er
nur drei Länderspiele habe, um
sich diesbezüglich einen Über-
blick zu verschaffen. Die Partie
am Dienstag gegen Nordirland,
dann sind für Ende März zwei
Testspiele geplant.
Das Gerüst der Mannschaft
steht. Fraglich ist, wann und ob
derzeit verletzte Spieler wieder
fit werden. Leroy Sané, und Ni-
klas Süle (beide Reha nach
Kreuzbandriss) zählen beim
Bundestrainer zu den Stützen.
Aber auch Spieler wie Antonio
Rüdiger, Julian Draxler oder Thi-
lo Kehrer spielen in den Planun-
gen von Löw eine Rolle. „Die Tür
ist immer auf, absolut. Es kann
immer viel passieren, es ist noch

lange hin“, sagte Löw am Sams-
tagabend: „Es kommen hoffent-
lich noch einige zurück, aber
durch die vielen Verletzten ist
der Rahmen schon fast ausge-
schöpft. Aber endgültig werden
wir die Türe erst zumachen,
wenn es nicht mehr geht. Die
Vergangenheit hat gezeigt, dass
es oft den ein oder anderen ge-
ben kann, dessen Leistungen
noch mal explodieren.“ Neu im
Lazarett ist seit Samstag der
Freiburger Luca Waldschmidt,
der sich bei einem unglücklichen
Zusammenstoß eine Mittelge-
sichtsfraktur und eine Gehirner-
schütterung zuzog.
Es gibt noch viele Fragezeichen.
AAAuch in Bezug auf eine Rückkehruch in Bezug auf eine Rückkehr
von Mats Hummels. Den Welt-
meister von 2014 hatte Löw im
März aussortiert, wie auch Tho-
mas Müller und Jérôme Boateng.
Über ein Comeback von Hummels
war zuletzt debattiert worden, vor
allem auch im Anschluss an die
VVVerletzung von Süle. Denn dererletzung von Süle. Denn der
deutschen Nationalmannschaft
fffehlt es in der Defensive an Stabili-ehlt es in der Defensive an Stabili-

tät. Der Kontakt zu Hummels sei
nicht abgerissen, heißt es hinter
vorgehaltener Hand. Er könnte, da
ist man sich offenbar einig, auf-
grund seiner Erfahrung eine Alter-
native sein, auch wenn er an
Schnelligkeit eingebüßt hat.
„Mit der Endgültigkeit im Fuß-
ball ist es so eine Sache, die gibt
es eigentlich nicht. Das hat auch
Jogi schon mehrfach betont“,
hatte Oliver Bierhoff kürzlich ge-
genüber WELT AM SONNTAG
auf die Frage geantwortet, wie
realistisch ein Comeback von
Hummels sei. Der Neuaufbau der
Nationalmannschaft, ergänzte
Bierhoff, sei zwar ganz bewusst
eingeleitet worden. Doch das
Trainerteam würde die verschie-
denen Konstellationen stets sehr
klar analysieren. Bierhoff: „Sie
werden sich auch sehr genau die
unterschiedlichen Konstellatio-
nen und Optionen für die Euro-
pameisterschaft überlegen und
dann ihre Entscheidungen tref-
fen. Das muss nicht schon heute
sein.“
Dafür ist noch genug Zeit.

son dürften die Bayern einen
neuen Trainer verpflichten. Viel-
leicht Pep Guardiola, der die
Münchner von 2013 bis 2016 oft
herausragenden Fußball spielen
ließ? Hainer ließ mit seiner Ant-
wort alles offen: „Pep ist ein su-
per Trainer, aber er hat bei Man-
chester City einen Vertrag.“
Hainer sagte, die Herausfor-
derungen im Profifußball wer-
den größer. „Es wird noch
schwieriger werden, den Spagat
zwischen sportlichen Erfolg,
Heimatnähe, wirtschaftlicher
Prosperität zu finden.“ Es gehe
nicht nur ums Geld. Es gehe
auch darum, das Herz und die
Seele des Vereins zu erhalten.
„Der FC Bayern ist kein kicken-
der Konzern. Und darf es auch
niemals werden“, so Hainer. Es
gehe nicht um den maximalen
Profit. Der Klub habe in Zeiten
einer immer größeren Spaltung

eine gesellschaftliche Verant-
wortung. Weltoffenheit, Tole-
ranz, Respekt und soziales Enga-
gement seien sehr wichtig.
Die Mitglieder werden genau
beobachten, wie sehr der Klub
unter Hainer seine angestrebten
Werte leben wird. Dass Qatar
Airways Sponsor der Bayern ist
und die Mannschaft auch im
kommenden Januar in dem von
Menschenrechtlern kritisierten
Katar ihr Trainingslager abhalten
wird, empört viele Fans. Wegen
Katar gab es Freitag viele Pfiffe,
immer wieder forderten Mitglie-
der eine Erklärung dafür. Rum-
menigge äußerte sich dann auch
dazu und erklärte, vieles in Katar
habe sich verbessert.
Hainer wird an diesem Wo-
chenende gemerkt haben, dass
die Fans des FC Bayern viele Fra-
ge haben, welche den Klub länger
beschäftigen werden.

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MONTAG,18.NOVEMBER2019 SPORT 27


Die deutsche Abwehr wirkte
selbst gegen einen limitierten
Gegner wie Weißrussland längst
nicht immer sattelfest

ie der neue Präsident des FC Bayern tickt und welche Pläne der ehemalige Adidas-Chef mit dem Rekordmeister hat


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