Handelsblatt - 18.11.2019

(Tina Meador) #1
Geldwäscheverdacht

EZB greift bei


Ex-Meinl Bank durch


Die EZB-Bankenaufsicht hat
der früheren Wiener Meinl
Bank wegen der Verletzung
von Sorgfaltspflichten die
Lizenz entzogen.

Catiana Krapp, Julian Trauthig
Düsseldorf

E


s ist der letzte Schritt in einem
jahrelangen Konflikt. Die Ban-
kenaufseher der Europäi-
schen Zentralbank (EZB) haben der
ehemaligen österreichischen Meinl
Bank die Lizenz entzogen. Somit darf
die Privatbank, die sich im Sommer
2019 nach einer Neuausrichtung in
Anglo Austrian AAB Bank umbe-
nannt hatte, seit Freitag keine Bank-
geschäfte mehr tätigen.
Die 1923 gegründete Meinl Bank
war eine der bekanntesten, wenn
auch kleineren, Geldhäuser Öster-
reichs. Julius Meinl V., Spross der tra-
ditionsreichen Wiener Unternehmer-
familie Meinl, die vor allem durch ih-
ren Kaffee mit dem Logo eines
Kinderkopfes mit hohem rotem Fes
bekannt ist, steht seit Jahren im Fo-
kus der Finanzaufsicht. Grund dafür
waren unter anderem Mängel in der
Geldwäscheprävention bei dem Insti-
tut. Die Bank selbst bedauert die Ent-
scheidung der EZB in einer Stellung-
nahme auf ihrer Homepage: „Objek-
tiv betrachtet liegt kein Grund dafür
vor, der AAB Bank AG die Konzession
zu entziehen.“
Helmut Ettl, Chef der österrei-
chischen Finanzmarktaufsicht FMA,
der in diesem Fall eng mit der EZB
zusammengearbeitet hat, erklärte
den Lizenzentzug als Ende eines lan-
gen Prozesses, bei dem immer wie-
der Sorgfaltspflichten vonseiten der
Bank verletzt worden seien: „Man
kann einer Bank nicht über Nacht so-
fort die Lizenz entziehen“, sagte er
am Freitag im österreichischen Fern-
sehen. „Wir haben zunächst das Insti-

tut aufgefordert, den rechtmäßigen
Zustand wiederherzustellen, haben
dann Geschäftsleiter abgesetzt, an-
schließend Geldstrafen ausgespro-
chen und schlussendlich, als letztes
Mittel, die Lizenz entzogen.“
Im September 2016 hatte die FMA
wegen Verstößen gegen die Sorgfalts-
pflichten zur Verhinderung der Geld-
wäscherei und Terrorismusfinanzie-
rung einen Strafbescheid gegen die
Meinl Bank verhängt, der nach meh-
reren Einsprüchen seit Frühjahr 2019
rechtskräftig ist.
Die Meinl Bank geriet in der Ver-
gangenheit häufiger ins Visier der Jus-
tiz. So war Julius Meinl V. beispiels-
weise Untreue im Zusammenhang
mit der Auszahlung einer Dividende
der Meinl Bank vorgeworfen worden.
Die Anklage wurde 2015 vom Ober-
landesgericht Wien zurückgewiesen.

Neue Vorwürfe
Laut Recherchen des Nachrichten-
magazins Profil, des Organized Crime
and Corruption Reporting Project
(OCCRP) und des ORF, die am Mon-
tag im Detail veröffentlicht werden,
stand die Bank zwischen 2009 und
2015 im Zentrum einer globalen Fi-
nanzstruktur, durch welche osteuro-
päische Geschäftsleute und Bankiers
mindestens 500 Millionen Euro ge-
schleust haben sollen.
Das Geld kam demnach von 16 in-
solvenzreifen Privatbanken aus der
Ukraine, Litauen und Lettland und
landete bei Offshore-Firmen. Allein
113 Millionen Euro entfallen wohl auf
den Fall eines russischen Geschäfts-
mannes und Meinl-Kunden, der an
drei insolventen Banken beteiligt
war.
In ihrer Stellungnahme verwies die
Bank am Freitag darauf, dass man
bereits vor mehr als einem Monat
den Entschluss gefasst habe, sich aus
dem Bankgeschäft zurückzuziehen.
„Insofern ändert sich durch die heu-
tige Entscheidung der EZB nichts.“

Pornhub

Paypal blockiert Zahlungen auf Pornhub


Paypal stellt das Geschäft mit
Nachwuchsdarstellern auf der
Plattform Pornhub ein. Das
Porno-Portal spricht von
Diskriminierung.

A. Dörner, M. Maisch, J. Trauthig
New York, Frankfurt, Düsseldorf

E


s ist eine Entscheidung, die
nicht nur unter den Zahlungs-
dienstleistern für Unruhe sor-
gen dürfte. Der US-amerikanische
Onlinebezahldienst Paypal wickelt
keine Transaktionen mehr an Porno-
darsteller auf der Plattform Pornhub
ab. „Nach einer Untersuchung haben
wir festgestellt, dass Pornhub be-
stimmte Zahlungen über Paypal getä-
tigt hat, ohne dafür vorher eine Ge-
nehmigung einzufordern“, teilte Pay-
pal Ende vergangener Woche mit.
Man habe Schritte eingeleitet, damit
diese Transaktionen nicht mehr statt-
fänden.

Dabei handelt es sich dem Unter-
nehmen zufolge nur um Zahlungen
an Darsteller des sogenannten „Mo-
del Program“. Laut Pornhub können
Darsteller dort eigene Videos hochla-
den und verkaufen beziehungsweise
an den Werbeerlösen beteiligt wer-
den. Zu den genauen Gründen äu-
ßerte sich Paypal nicht.
Paypals Nutzungsbedingungen
sind für die Sexbranche vage formu-
liert. Eine Reihe großer US-amerika-
nischer Geldhäuser sowie die Kredit-
kartenunternehmen Visa und Master-
card verbieten solche Zahlungen
generell.

Ersatz Kryptowährungen
Pornhub verurteilte den Schritt und
ließ mitteilen, der Zahlungsdienstleis-
ter würde „nichts anderes tun, als
den Bemühungen zu schaden, Diskri-
minierung und Stigmatisierung von
Sexarbeitern zu beenden“. Paypal
stoppe Zahlungen an „über hundert-
tausend Darsteller, die so ihren Le-

bensunterhalt bestreiten“. „Wir sind
alle am Boden zerstört“, schrieb
Pornhub-Vizepräsident Corey Price
in einer per E-Mail versandten Erklä-
rung.
„Pornhubs wachsendes Model-Pro-
gramm wurde gestartet, um Content-
Ersteller in der Erotikbranche zu un-
terstützen.“ Es biete „einen sicheren,
gut sichtbaren und sexuell positiven
Raum auf unserer Plattform“, schrieb
Price. Nun prüfe die Plattform ande-
re Optionen für die Bezahlung der
Darsteller, zum Beispiel mit Krypto-
währungen.
Pornhub, dessen Mutterkonzern
Mindgeek in Luxemburg sitzt, ver-
steht sich als der führende kostenlo-
se, werbegestützte Streamingservice
für Erwachsene mit mehr als fünf
Millionen Videos und 120 Millionen
Besuchern pro Tag.
Der Umgang mit Glücksspielanbie-
tern und Adult Entertainment ist für
sämtliche Zahlungsdienstleister ein
heikles Thema. Im Gespräch mit dem

Handelsblatt hatte Wirecard-Chef
Markus Braun kürzlich erklärt, der
Geschäftsanteil mit diesen Branchen
liege mittlerweile bei unter zehn Pro-
zent. „Sie gelten tatsächlich als Hoch-
risikobereiche, obwohl sie, wenn
man richtig mit ihnen umgeht, nicht
riskanter sind als andere Kunden“,
sagte der Chef des Dax-Konzerns.

Spiegelbild der Branche
Braun erläuterte weiter, in den frü-
hen Jahren des Zahlungsdienstleis-
ters hätten Glücksspiel und Adult En-
tertainment einen hohen Anteil am
gesamten Markt der Echtzeitabwick-
lungen von Kreditkartenunterneh-
men ausgemacht. „Da wir heute wie
damals ein Spiegelbild des Gesamt-
markts sind, lag der Anteil entspre-
chend höher.“
Auf Anfrage des Handelsblatts, wie
Wirecard das aktuelle Vorgehen des
Konkurrenten Paypal im Zusammen-
hang mit Pornhub bewerte, reagierte
das Unternehmen nicht.

Pornhub-Logo:
Das Unternehmen
sucht nach neuen
Wegen, die Darsteller
nach dem Paypal-Aus
künftig zu bezahlen.

Getty Images Entertainment/Getty Images










 





     
   

 
 
   


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Finanzen & Börsen
MONTAG, 18. NOVEMBER 2019, NR. 222
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