Handelsblatt - 18.11.2019

(Tina Meador) #1
Saudi Aramco

Ein Börsengang der Superlative


Etliche Banken sollen der
Erstnotierung des Ölkonzerns
Saudi Aramco zum Erfolg
verhelfen. Einige Anleger
reagieren verhalten.

Robert Landgraf Frankfurt

D


er Startschuss ist gefallen.
Nach Jahren des Wartens
hat der weltgrößte Ölkon-
zern Saudi Aramco am Sonntag die
heiße Phase seines Börsengangs ein-
geleitet. Bis zum Mittwoch, dem


  1. Dezember, wirbt der Konzern nun
    weltweit um Großinvestoren.
    Der saudische Ölriese legte die
    Preisspanne seiner Aktien zwischen
    30 und 32 Riyal festgelegt, was um-
    gerechnet 8,00 beziehungsweise
    8,53 US-Dollar entspricht. Aramco
    will 1,5 Prozent oder etwa drei Milli-
    arden seiner Anteile verkaufen, wie
    das Unternehmen am Sonntag mit-
    teilte. Damit könnte Aramco bis zu
    25,6 Milliarden Dollar einnehmen
    und den Rekord für den größten
    Börsengang knapp brechen, den
    derzeit die chinesische Handelsplatt-
    form Alibaba mit Einnahmen von 25
    Milliarden Dollar hält.
    Der Firmenwert des künftig an
    der Börse Tadawul in der saudi-
    schen Hauptstadt Riad notierten Un-
    ternehmens wird damit vorbörslich
    auf 1,6 bis 1,71 Billionen Dollar ta-
    xiert – ein Stück weg von den Vor-
    stellungen des saudischen Kronprin-
    zen und faktischen Herrschers Mo-
    hammed bin Salman, der immer auf
    eine Marktkapitalisierung von zwei
    Billionen Dollar abgezielt hatte.
    Der endgültige Preis soll am 5. De-
    zember festgelegt werden. Es wird
    erwartet, dass die Aramco-Aktien ei-
    nige Tage später erstmals an der sau-
    di-arabischen Wertpapierbörse ge-
    handelt werden. Ein internationales
    Angebot soll erst im Jahr 2020 oder
    2021 folgen. Laut dem Sender CNBC
    sind die USA allerdings als Börsen-
    platz aus dem Rennen.
    Trotzdem hat der Mega-Konzern
    gute Chancen, zum wertvollsten
    Konzern der Welt zu werden. So
    wollen die Saudis an der Börse zwi-
    schen 24 bis 25,6 Milliarden Dollar
    einsammeln, indem sie einen Anteil
    von 1,5 Prozent an den Aktienmarkt
    bringen. Der Ölkonzern würde so
    auch die US-Technologiekonzerne


Microsoft sowie Apple an der Börse
als wertvollste Firmen ablösen, de-
ren Marktwert bei jeweils rund 1,1
Billionen Dollar liegt.
Wie wichtig dem saudischen
Kronprinzen, kurz MbS genannt, der
Börsengang ist, geht aus den Heer-
scharen von Investmentbanken her-
vor, die an der Emission beteiligt
sind. Insgesamt 25 Institute mischen
mit, darunter auch die Deutsche
Bank, die in der zweiten Reihe als
sogenannter Joint Runner arbeitet.
Lange Zeit war nicht klar, ob die
Deutsche Bank überhaupt ein Man-
dat erhalten würde, da das Institut
Großaktionäre aus Katar hat. Das
Verhältnis von Saudi-Arabien und
Katar ist unterkühlt, hat sich aber in
den vergangenen Wochen wieder et-
was verbessert. Das sei mit ein
Grund, warum die Frankfurter am
Ende doch dabei seien, berichten Fi-
nanzkreise. Hinzu kommen mit La-
zard, M. Klein & Company und Moe-
lis auch noch drei Berater.
Mit dem Geld aus dem Börsen-
gang will der saudische Kronprinz
die starke Abhängigkeit seines Lan-
des vom Öl verringern. Es fließt in
den saudischen Staatsfonds Public
Investment Fund (PIF), der nach
dem „Vision Plan 2030“ mit zwei Bil-
lionen Dollar zum größten Fonds
weltweit aufgebaut werden soll.
Deswegen sind weitere Emissio-
nen geplant. Auf Dauer werde der
Konzern wahrscheinlich fünf Pro-
zent an die Börse bringen, sagt Salah
Shamma von Franklin Templeton
Emerging Markets. Unter den Staats-
fonds ist der norwegische derzeit
mit einem Volumen von rund einer
Billion Dollar die Nummer eins.
Mit dem Fondskapital des PIF soll
der Staatshaushalt gegen Preis-
schwankungen auf dem Rohstoff-
markt abgefedert, Entwicklungsvor-
haben finanziert und Investitionen
sowie Know-how aus dem Ausland
ins Königreich geholt werden.

Massive Untergewichtung
Platz für neue Aktien von Saudi
Aramco in den Portfolios der Fonds
besteht ausreichend. Saudi-Arabien
sei vor dem Börsengang bisher mas-
siv untergewichtet, analysiert Co-
pley Fund Research. Das Land weise
die drittstärkste Anlage-Unterge-
wichtung weltweit relativ zum weit
verbreiteten Maßstab MSCI Emer-

ging Markets Index aus. 87 Prozent
der Schwellenländer-Fonds seien
überhaupt nicht engagiert in Aktien
aus Saudi-Arabien. Kein Zufall: In-
vestoren hätten sich in Saudi-Ara-
bien wegen des Reputations-Risikos
seit dem Skandal um den ermorde-
ten Exil-Journalisten Jamal Khashog-
gi zurückgehalten und fürchteten,

dass Aramco den Markt über-
schwemmen könnte, sagte Re-
search-Chef Steven Holden.
Khashoggi war im Herbst 2018 im
saudischen Konsulat in Istanbul
grausam ermordet worden.
Der Börsengang ist nun ein wichti-
ges Prestigeprojekt für die Saudis.
Um einen erfolgreichen Sprung auf
das Parkett präsentieren zu können,
wurde der Druck auf die reichsten
Familien Saudi-Arabiens erhöht, Ak-
tien in größerem Umfang zu zeich-
nen, berichtete die Nachrichten-
agentur Bloomberg unlängst. Dazu
gehöre die Milliardärsfamilie Olayan,
die zu den größten Anteilseignern
von Credit Suisse zählt.
Angeblich erwägt die Familie,
Aramco-Aktien im Wert von mehre-
ren Hundert Millionen Dollar zu
zeichnen. Auch Al-Walid Bin Talal
verhandele über ein größeres Enga-
gement beim sogenannten IPO. Der
Prinz ist beispielsweise Aktionär
von Citigroup und Twitter. Dem Ver-
nehmen nach sind Vertreter von
Aramco zudem um Investments der
Familie Almajdouie sowie des Al-
Turki-Clans bemüht, der unter an-
derem in Immobilien und Häfen in-
vestiert ist.

Euphorie und Skepsis
Internationale Investoren reagieren
unterschiedlich auf den Börsengang.
Der norwegische Staatsfonds und
die Holdinggesellschaft Temasek aus
Singapur investieren wegen der star-
ken Abhängigkeit von Öl nicht in die
Aktie, wie sie bereits im Vorfeld
deutlich gemacht haben.
Andere Anleger wie Franklin Tem-
pleton klingen fast euphorisch. Für
Salah Shamma von Franklin Temple-
ton Emerging Markets bietet sich mit
dem Börsengang eine „einzigartige
Investitionsmöglichkeit“.
Niedrige Ölpreise hatten den Ge-
winn des Energieriesen in den ers-
ten neun Monaten des laufenden
Jahres zwar um 18 Prozent absacken
lassen. Bis Ende September erzielte
Aramco jedoch noch immer einen
stattlichen Gewinn von 68,2 Milliar-
den Dollar. Damit lag Aramco immer
noch vor Apple, das jahrelang als
das profitabelste Unternehmen der
Welt galt.
Der Tech-Riese aus Kalifornien
verdiente im ganzen Jahr 2018
knapp 60 Milliarden Dollar.

Ölreserven
Weltweiten Rohölreserven gesamt: 1 498 Bill. Barrel

Iran
Irak
Kuwait
Vereinigte Arabische Emirate
Russland
Libyen
USA
Nigeria

10,4
9,7
6,8
6,5
5,3
3,
3,1
,5

17,8 %Saudi-Arabien

0, Venezuela

155,6
145,0
101,5
97,8
80,0
48,4
47,1
37,0

67,0

30,8

Anteil am Gesamtvorkommen In Bill. Barrel
%

HANDELSBLATT • Stand: 2018 • Quelle: Opec

% % % % % % % %

Saudi-Aramco-
Anlage: Rund
acht Dollar soll
die Aktie kosten.

Maxim Shemetov

 
      
 
 



   
 
 


  


 
 

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MONTAG, 18. NOVEMBER 2019, NR. 222
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