Handelsblatt - 18.11.2019

(Tina Meador) #1
John Legere: Der 61-Jährige
ist als unkonventioneller
Manager bekannt.

AP

Markus Fasse München

S


egeln und Motorradfahren – für seine
Leidenschaften hatte Markus Dues-
mann in den vergangenen Monaten
viel Zeit. Denn in beruflicher Hinsicht
ging für den 50-Jährigen seit Juli 2018
nicht viel. Er hatte seinen Posten als BMW-Ein-
kaufsvorstand gekündigt, was ihm Aufsichtsrats-
chef Norbert Reithofer übel nahm. So bestand er
auf Vertragserfüllung und verhängte eine einjäh-
rige Wettbewerbssperre gegen den Abtrünnigen.
Duesmann hatte es gewagt, den Verlockungen
von VW-Chef Diess zu folgen, der ihn zum Chef
von Audi machen will. Diesen Job wird Dues-
mann im kommenden Jahr auch antreten. Am
Freitag ernannte der VW-Aufsichtsrat ihn zum
neuen Vorstandsvorsitzenden – mit Wirkung zum


  1. April 2020. Sein Name weckt in Ingolstadt gro-
    ße Hoffnungen. „Von Markus Duesmann und sei-
    nem Vorstandsteam erwarten wir eine stabile
    Auslastung der Werke“, sagte Betriebsratschef
    Peter Mosch. Auch Diess begrüßte die Neuver-
    pflichtung aus München. Duesmann werde als
    „exzellenter Ingenieur alles daransetzen, die gro-
    ßen Potenziale der Marke Audi zu heben und da-
    mit das Versprechen ‚Vorsprung durch Technik‘
    erneut verstärkt unter Beweis zu stellen“, sagte
    Diess, der den neuen Audi-Chef aus seiner eige-
    nen BMW-Vergangenheit gut kennt.
    Duesmann war immer der Wunschkandidat
    von Diess. Der gebürtige Westfale begann seine
    Karriere bei Daimler als Motorenentwickler. Er
    wechselt zunächst in das Formel-1-Team von Mer-
    cedes und dann in den Rennstall von BMW. Stets
    gelang es Duesmann, mit besonderen techni-
    schen Lösungen seine Förderer zu überzeugen.
    Als die Münchener 2009 aus der Formel 1 aus-
    stiegen, wechselte der Diplom-Ingenieur in die
    Zentrale und leitete für BMW die Bereiche Fahr-
    dynamik und Antrieb. 2016 wurde er mit 47 Jah-
    ren Einkaufsvorstand bei BMW – ein Ressort, das
    zuvor Herbert Diess geleitet hatte. Der hatte zu-
    vor den Machtkampf um den BMW-Chefposten
    verloren. Bei seinem Wechsel nach Wolfsburg
    nahm er das Wissen um das große Talent Dues-


manns mit. Auch deshalb wird dieser nicht nur
Audi-Chef, sondern auch Vorstand für Forschung
und Entwicklung im gesamten VW-Konzern.
Duesmann wird Bram Schot ablösen, der den
Autobauer nach der Verhaftung von Ex-Audi-Boss
Rupert Stadler im Juni 2018 übernommen hatte.
Der ehemalige Vertriebsvorstand galt auch we-
gen seiner fehlenden technischen Expertise nur
als Übergangskandidat, der mit seiner Besonnen-
heit aber immerhin für etwas Ruhe in Ingolstadt
sorgte. Schot habe Audi in einer schwierigen Zeit
übernommen, die Geschäfte sehr erfolgreich ge-
leitet und wichtige Veränderungen angestoßen,
lobte Diess. „Der richtige Mann zur richtigen Zeit
bei Audi“, bestätigt Betriebsratschef Mosch.
Trotz der netten Worte: Schot wird den Konzern
verlassen, erklärte der Aufsichtsrat.

Weitere Wechsel in Ingolstadt
Schots Nachfolger erwartet viel Arbeit: Mit dem
Dieselskandal ist die einstige Gewinnmaschine
des VW-Konzerns ins Stottern gekommen, Audi
verlor kontinuierlich an Absatz und Rendite. Die
Stammwerke in Ingolstadt und Neckarsulm sind
schlecht ausgelastet, seit Monaten ringen Ma-
nagement und Beschäftigte um einen Zukunfts-
plan, der an diesem Mittwoch im Audi-Aufsichts-
rat zum Thema werden könnte.
Neben dem Wechsel an der Spitze deuten sich
weitere Veränderungen an: Personalvorstand
Wendelin Göbel könnte keinen neuen Vertrag be-
kommen, verlautete aus dem Audi-Umfeld. Unge-
wiss ist auch die Zukunft von Beschaffungsvor-
stand Bernd Martens, gegen den im Rahmen der
Dieselaffäre ein Ermittlungsverfahren läuft. Als
sicher gilt der Wechsel von Finanzvorstand Ale-
xander Seitz, der in der gleichen Funktion zur
Marke VW nach Wolfsburg wechselt. Im Gegen-
zug soll VW-Finanzvorstand Arno Antlitz nach
Ingolstadt kommen. Die im Juli angetretene Mar-
ketingvorständin Hildegard Wortmann dürfte
Duesmann ebenso vertraut sein wie Kommunika-
tionschef Dirk Arnold: Beide sind ebenfalls von
BMW gewechselt.

Markus Duesmann


Audis neuer


Hoffnungsträger


Im April 2020 darf der designierte Audi-Chef seinen Posten


antreten. Er ist der Wunschkandidat von VW-Chef Diess.


Markus
Duesmann:
Begann seine
Karriere bei
Daimler.

ullstein bild - Spiegl

Von Markus


Duesmann


und seinem


Vorstands team


erwar ten wir


eine stabile


Aus lastung


der Werke.


Peter Mosch
Betriebsratschef

John Legere


Doch kein Wechsel


zu WeWork


NEW YORK Der Chef
der Telekom-Tochter
T-Mobile US, John Le-
gere, wird nicht zum
angeschlagenen US-
Büroplatzvermieter
WeWork wechseln.
Das berichtet der Wirt-
schaftsnachrichten-
sender „CNBC“. Zu
Wochenbeginn noch
wurde Legere als neu-
er Chef von WeWork
gehandelt. Legere ist
als unkonventioneller
Manager bekannt. Er
scheut nicht davor zu-
rück, vor laufender
Kamera in Magentarot
zu tanzen, durch
Washington zu joggen
oder sich die Haare zu
färben. Die sozialen
Medien beherrscht er
perfekt. So ist er als
Hobbykoch ständig
mit seinen Followern
in Kontakt.


Seit sieben Jahren
führt er T-Mobile US
mit kämpferischem
Stil: Konkurrenten ver-
spottete der 61-Jährige
auf Twitter schon ein-
mal als „dumm und
dümmer“. Gleichzeitig
hat Legere Millionen
neuer Mobilfunkkun-
den in den USA ange-
lockt und die anste-
hende Übernahme des
Rivalen Sprint einge-
leitet.
Der Chefposten bei
WeWork ist vakant,
weil der Börsengang
des hoch bewerteten,
aber auch hochdefizi-
tären Start-ups schei-
terte. Adam Neumann
musste den Chefpos-
ten räumen, weil ihm
der japanische Groß-
investor Softbank das
Vertrauen entzogen
hatte. HB/Reuters

Alexander Lukaschenko


Präsident kandidiert


ein weiteres Mal


MINSK Der weißrussi-
sche Staatschef Ale-
xander Lukaschenko
hat bei der Parla-
mentswahl am Sonn-
tag in Minsk offiziell
seine Kandidatur für
eine neue Amtszeit im
kommenden Jahr an-
gekündigt. Lukaschen-
ko, der als letzter Dik-
tator Europas gilt, re-
giert Weißrussland seit
mehr als 25 Jahren mit
harter Hand. In dem
autoritär regierten
Land waren am Sonn-
tag 6,9 Millionen Men-
schen aufgerufen, ein
neues Parlament zu
wählen. Mögliche an-
dere Kandidaten gel-
ten als chancenlos.
Er klebe nicht an sei-


nem Sessel, sagte Lu-
kaschenko, der so lan-
ge an der Macht ist
wie niemand sonst in
Europa. Eine neue
Amtszeit für ihn liefe
bis 2025. Der Präsi-
dent wollte mit der
vorgezogenen Parla-
mentswahl seine
Macht festigen. Regu-
lär hätte erst 2020 ge-
wählt werden sollen.
Beobachter kritisieren
die Wahlen in Weiß-
russland immer wie-
der als undemokra-
tisch. Das Land, das
als einziges auf dem
europäischen Konti-
nent die Todesstrafe
vollstreckt, ist wirt-
schaftlich von Russ-
land abhängig. dpa

Namen


des Tages


MONTAG, 18. NOVEMBER 2019, NR. 222
46


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