DER 9. NOVEMBER 27
Fotos: ddp images; INTERFOTO/Friedrich
Deutsch perfekt 13 / 2019
aber erst einmal verboten. Die National-
sozialisten nutzen den Putschversuch
später als Propaganda. Als sie 1933 an die
Regierung kommen, erinnert die NSDAP
danach jedes Jahr an die Toten des Hit-
ler-Putsches.
- Novemb er 1918
Deutschland wird Republik
Fünf Jahre vor Hitlers Putschversuch: Es
ist eine dramatische Zeit im Herbst 1918.
Deutschland hat den Krieg verloren. Hun-
ger, psychische und körperliche Schmer-
zen bringen jetzt viele Deutsche dazu,
über den Staat nachzudenken. Das Ergeb-
nis: Sie wollen so nicht weitermachen. So-
zialisten und Demokraten fordern immer
lauter Reformen. Der Wunsch nach einer
Revolution ist im ganzen Land zu spüren.
Schon am 7. November wird in München
der Freistaat Bayern ausgerufen.
Nun soll auch die Monarchie im gan-
zen Deutschen Reich zu Ende gehen.
Schon den ganzen Morgen über ziehen
in Berlin Tausende durch die Straßen, die
Arbeiter streiken. Viele haben Waffen
dabei. Sie fordern ein neues politisches
System. Regierungschef Max von Baden
erkennt: Gegen sie kann er die Monar-
chie nicht schützen. Er will Kaiser Wil-
helm II., der gerade in Belgien ist, dazu
bringen, auf den Thron zu verzichten. Als
dieser nicht will, erklärt von Baden selbst
seinen Rücktritt – und den des Kaisers.
Nur so kann er die Menschen beruhigen,
glaubt er. Von Baden macht den Chef der
Sozialdemokraten, Friedrich Ebert, zum
Regierungschef. Ebert will, dass eine Nati-
onalversammlung entscheidet, wie es mit
dem Staat weitergeht.
Aber sein Parteifreund Philipp Schei-
demann sieht das anders. Er glaubt, dass
keine Zeit mehr bleibt. Denn schon um
16 Uhr wird der Kommunist Karl Lieb-
knecht vom Balkon des Berliner Schlos-
ses aus die Republik ausrufen, heißt es.
Liebknecht denkt dabei an das erst zwei
Jahre alte Beispiel der Oktoberrevolution
in Russland. Scheidemann will das nicht,
er hat Angst vor einem Bürgerkrieg. Er
will etwas tun.
Es ist 14 Uhr, als Philipp Scheide-
mann an diesem 9. November 1918 an
ein Fenster des Berliner Reichstags tritt.
Mit Ebert hat er über seinen Plan nicht
gesprochen. Von dem Fenster aus ruft
Scheidemann die „Parlamentarische Re-
publik“ aus. „Es lebe das Neue; es lebe
die deutsche Republik!“, ruft er in seiner
Rede. Die vielen Menschen, die vor dem
Gebäude warten, jubeln. Sie werfen ihre
Hüte in die Luft. Auch Liebknecht ruft
am selben Tag wie geplant ein zweites
Mal die Republik aus. Aber Scheidemann
setzt sich durch. Und mit ihm die Idee
vom Parlamentarismus.
Politisch bleiben es aber sehr unruhige
Zeiten. Die erste Regierung hält nur ei-
nen Monat. Aber das Ergebnis dieses Ta-
ges ist ein neues politisches System: eine
parlamentarische Demokratie. Historiker
nennen sie die Weimarer Republik. Es
wird eine sehr schwierige Zeit mit vielen
Krisen. Die Weimarer Republik endet
am 30. Januar 1933: Adolf Hitler kommt
an die Regierung – es ist der Beginn der
Diktatur.
- Novemb er 1938
Synagogen und Läden brennen
In der Nacht vom 9. auf den 10. November
brennen die Synagogen. Die Straßen sind
voll von Schreien, und überall liegt kaput-
tes Glas. Es ist bis heute einer der schreck-
lichsten Tage der deutschen Geschichte.
Der 9. November 1938 wird bekannt als
n¢tzen „ls
, ≈ benutzen für; verwen-
den für
dramatisch
, hier: schlimm
br“ngen zu
, motivieren zu; machen,
dass jemand ... tut
f¶rdern
, sagen, was man haben
will
spüren
, hier: merken
der Freistaat, -en
, hist. auch: Synonym für
Republik
... s¶ll zu ]nde gehen
, man plant, ... zu beenden
das Deutsche Reich
, erster deutscher Natio-
nalstaat (1871 - 1945)
streiken
, nicht arbeiten, um
vorher genannte Ziele, z. B.
höhere Löhne, zu erreichen
erk¡nnen
, hier: ≈ verstehen
der Kaiser, -
, oberster Monarch
auf den Thron verz“chten
, hier: ≈ freiwillig nicht
mehr Kaiser sein
seinen R•cktritt erklären
, offiziell sagen, dass man
aufhört, in einer offiziellen
Position zu arbeiten
beruhigen
, ruhiger machen
die Nationalversamm-
lung, -en
, Parlament
... heißt ¡s.
, ... so wird berichtet.
der B•rgerkrieg, -e
, Krieg zwischen ver-
schiedenen (politischen)
Gruppen in einem Staat
der Reichstag
, hier: Gebäude in Berlin,
in dem das deutsche Parla-
ment sitzt
treten „n
, gehen zu
]s lebe ...!
, ... soll leben!
die Rede, -n
, hier: Sprechen vor
Publikum
jubeln
, sich laut freuen; Freude
laut zeigen
s“ch d¢rchsetzen
, hier: von der Mehrheit
akzeptiert werden
h„lten
, hier: ≈ bleiben
Am 9. November 1918 macht Philipp
Scheidemann Deutschland zur Republik.