28 DER 9. NOVEMBER Deutsch perfekt 13 / 2019
Foto: Bildarchiv Pisarek/akg-images
der Tag, an dem die Ve r f o l g u n g der Juden
in Deutschland und Österreich eine neue
Stufe erreicht. Österreich ist seit März
1938 von Deutschland annektiert.
Es gibt einen Grund dafür, dass die
Nationalsozialisten diesen 9. November
wählen, um ihr schreckliches Zeichen zu
setzen. Hitler will an den 15. Jahrestag
seines Putschversuchs in München er-
innern.
In München haben sich die wichtigs-
ten Nazis getroffen. Von dort geht das
Kommando an Hitlers Sturmabteilung
und Schutzstaffel heraus. Als Grund
nennen die Nationalsozialisten die Er-
mordung eines Sekretärs der deutschen
Botschaft in Paris. Der 17-jährige Jude
Herschel Gr ynszpan hat ihn am 7. No-
vember ermordet – aus Protest dagegen,
dass 17 000 polnische Juden aus Deutsch-
land weggehen müssen. Die Nazis sagen
jetzt, dass das deutsche Volk sich dafür
rächt, ganz spontan. Aber das ist falsch.
Die Pogrome waren geplant.
Schon seit Beginn der Nazi-Diktatur
1933 hatten Juden immer mehr Rechte
verloren. Viele durften nicht mehr ar-
beiten, auch im Alltag gab es Schikanen.
Nichtjüdisch-jüdische Paare durften zum
Beispiel nicht mehr heiraten. Die Juden
wurden zu Gegnern Deutschlands ge-
macht. Aber ab diesem 9. November
1938 müssen sie um ihr Leben kämpfen.
Schon am 10. November kommen 30 000
jüdische Männer in Konzentrationslager.
Millionen weitere werden in den nächs-
ten Jahren in die Lager müssen.
Die Pogrome beginnen schon am spä-
ten Nachmittag des 7. November. Zeitun-
gen haben dazu aufgerufen. Zum Beispiel
in den Kleinstädten Bebra, Sontra, Zie-
renberg, Bad Hersfeld und Rotenburg
werden alle jüdischen Wohnungen und
Geschäfte zerstört. Auch die Synagogen
brennen, wie in der übernächsten Nacht
überall in Deutschland. Die Nazis schla-
gen Schaufenster jüdischer Geschäfte ein
und machen den Menschen Angst. Wie
viele dabei sterben, ist unklar. Historiker
vermuten heute mehr als 1300, andere
vermuten, dass 400 Menschen getötet
werden oder Suizid machen. Offiziell
melden die Nazis viel weniger Tote und
Ve r l e t z t e. Me n s c h e n , Wo h n u n g e n , j ü d i-
sche Friedhöfe – alles wird zerstört. Ge-
nauso jede zweite deutsche und österrei-
chische Synagoge. Das Ereignis bekommt
den Namen „Reichskristallnacht“. Weil so
viel Glas auf den Straßen liegt.
die Verf¶lgung, -en
, von: verfolgen = hier:
jemandem aus religiösen,
politischen oder ethnischen
Gründen Probleme machen
oder Nachteile bringen
ein Zeichen s¡tzen
, etwas tun, was für die
Zukunft sehr wichtig ist
die St¢rmabteilung
, kurz für: SA = Kampfor-
ganisation der NSDAP von
1921 - 1945
die Sch¢tzstaffel
, kurz für: SS = Kampfor-
ganisation der NSDAP von
1925 - 1945
die Erm¶rdung, -en
, von: ermorden = einen
Menschen absichtlich so
verletzen, dass er stirbt
s“ch rächen für
, jemanden strafen, weil
er einem selbst etwas
Böses getan hat
das R¡cht, -e
, hier: gleiche Chancen,
Möglichkeiten und Bedin-
gungen für alle
die Schikane, -n
, hier: Regel, um jeman-
dem unnötige Schwierig-
keiten oder Probleme zu
machen
der Gegner, -
, Person, gegen die man
kämpft
aufrufen zu
, offiziell wollen, dass
viele Leute ... tun
zerstören
, kaputt machen
einschlagen
, kaputt machen
das Schaufenster, -
, Fenster eines Geschäfts,
in dem Waren gezeigt
werden
m¡lden
, hier: bekannt machen;
mitteilen
der Friedhof, ¿e
, Ort, an dem die Toten
liegen
In ganz Deutschland brennen in der Nacht
vom 9. auf den 10. Novem ber 1938 die
Synagogen und Läden von Juden.
Der Pogrom von 1938
bekommt den Namen
„Reichskristallnacht“.
Weil so viel Glas auf den
Straßen liegt.