Deutsch Perfekt - 13.2019

(Ann) #1
In Deutschland, Österreich und der Schweiz
(D-A-CH) leben 100 Millionen Menschen. An dieser
Stelle interviewen wir jedes Mal einen von ihnen.

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Foto: Kalweit ITS

Deutsch perfekt 13 / 2019

Herr Kalweit, was genau macht ein Auftrags-


hacker?


Ich berate Firmen, wie sie IT-Sicherheit


effektiv implementieren. Ich mache auch


eine Revision: Im Auftragshacking ist das


der sogenannte Penetrationstest.


Wa s p a s s i e r t d a b e i?


Ich teste, ob das System der Firma sicher


ist. Dabei arbeite ich so, wie es ein poten-


zieller Angreifer auch tun würde. So prüfe


ich die Sicherheitsstandards des Systems.


Was gefällt Ihnen an dieser Arbeit?


Es ist tatsächlich die Machtposition, die


man dabei hat. Viele Leute haben daran


gearbeitet, dass das, was ich mache, nicht


möglich ist – damit es also keine Sicher-


heitslücken gibt. Dabei habe ich alle Rech-


te und auch viel Verantwortung. Das ist


ein Privileg, das man sich erarbeiten muss.


In Deutschland gibt es maximal 100 bis


200 Menschen, die das können.


Ist bei so einem Hack schon mal etwas wirk-


lich schiefgelaufen?


Wir hatten einmal einen Penetrations-


test, da wusste die IT-Abteilung der an-


deren Firma nicht Bescheid. Sie bemerk-


te den Test dann und rief bei unserer


Sales-Hotline an: „Waren Sie das gerade?


Was soll das denn, das kann doch nicht


sein!“ Aber am Ende blieb alles professi-


onell. Und es war eigentlich auch lustig.


Sie sind erst 19 Jahre alt. Gibt es noch Kunden,


die von Ihrem Alter überrascht sind?


Definitiv. Speziell konservative Kunden


sehen es nicht gerne, wenn ich in Freizeit-


kleidung komme. Damit zeige ich ihnen


nämlich den Altersunterschied besonders


deutlich. Das ist dann nicht schön. Aber


daran kann ich nichts ändern – sondern


nur, wie ich darauf reagiere. Es gibt aber
auch viele Kunden, die damit kein Pro-
blem haben.
Schreiben Sie eigentlich noch normale
E-Mails, und benutzen Sie WhatsApp?
Gerade, weil ich mich mit IT-Sicherheit
beschäftige, traue ich mich in meiner
privaten Kommunikation mehr. Die
meisten Unsicherheiten in der IT entste-
hen durch den Menschen, zum Beispiel
durch schlechte Passwörter. Wer sich mit
IT auskennt, kann sehr viel machen. Er
weiß nämlich, wie er unsichere Services
mit weniger Risiko benutzen kann.
Wichtig ist also, was man schreibt und nicht,
welches Programm man benutzt?
Das Programm ist auch wichtig, aber die
zentrale Komponente ist der Mensch.
Eine klassische Jobinterviewfrage: Wo sehen
Sie sich in zehn Jahren?
Glücklich. Ich weiß selber noch nicht,
was ich langfristig machen möchte. Ob es
dieser Beruf ist oder etwas anderes. Das
einzige Ziel, das ich letztendlich habe, ist
glücklich zu sein. Ich bin jetzt in der IT ge-
landet, aber das muss nichts heißen. Ich
hoffe vor allem, dass ich in zehn Jahren
viel von der Welt gesehen habe.
Wo l l e n S i e n o c h s t u d i e r e n?
Auf jeden Fall. Es muss aber nicht Infor-
mationssicherheit sein. Am liebsten wür-
de ich Wirtschaftspsychologie studieren.
Das finde ich sehr spannend. IT gefällt
mir sehr gut, ich habe mein Hobby zum
Beruf gemacht. Aber für das Studium
hätte ich lieber etwas, das mehr mit dem
Menschen zu tun hat und weniger mit
der Technik. Das ist das, was mich wirk-
lich interessiert. Inter view: Guillaume Horst

implementieren
, hier: anwenden;
realisieren

der Penetrationstest, -s
, Test, ob man als Hacker
in ein Sicherheitssystem
gehen und dort Daten
sehen kann

der [ngreifer, -
, hier: Hacker

prüfen
, testen

tatsæchlich
, ≈ wirklich

die M„chtposition, -en
, Situation, in der man
Kontrolle über andere hat

die S“cherheitslücke, -n
, Stelle, an der ein System
nicht sicher ist

die R¡chte Pl.
, hier: ≈ Erlaubnis, in ein
System zu gehen
s“ch er„rbeiten
, hier: durch viel Arbeit
bekommen

schieflaufen
, nicht klappen; nicht
funktionieren

bem¡rken
, hier: sehen; merken

W„s s¶ll das d¡nn?
, hier: m Was machen
Sie da? Das dürfen Sie nicht!

gerade
, hier: ≈ besonders

s“ch trauen
, keine Angst haben,
etwas zu tun

entstehen
, hier: gemacht werden

das P„sswort, ¿er
, geheimes Wort oder
Kombination von Buchsta-
ben und Zahlen, um sich in
einem Computersystem
anzumelden

s“ch auskennen m“t
, Erfahrung haben mit;
kennen

s“ch sehen
, hier: als Plan/Wunsch
haben, wie man sein wird

s¡lber
, selbst

l„ngfristig
, für längere Zeit; in
Zukunft

letzt¡ndlich
, schließlich
l„nden “n
, hier: arbeit finden in

Das m¢ss n“chts heißen.
, hier: ≈ Das kann sich
noch ändern.

sp„nnend
, L langweilig

zu tun haben m“t
, hier: zum Thema haben;
eine Verbindung haben mit

D-A-CH-MENSCHEN – EINER VON 100 MILLIONEN


Philipp Kalweit (19) hat schon mit
zwölf Jahren angefangen zu
programmieren. Noch als Schüler
startete er mit 16 seine eigene IT-
Firma, Kalweit ITS. Heute ist Kalweit
einer der besten Auftragshacker
Deutschlands. Er berät große
Firmen, Banken und Ämter der
Bundesregierung und testet die
Sicherheit ihrer IT-Systeme.

„Mein Hobby zum Beruf gemacht“


Er ist erst 19 Jahre alt, aber schon Chef seiner eigenen IT-


Firma: Philipp Kalweits Beruf ist Hacker – er tut aber nichts


Illegales. Sein Ziel ist es nämlich, die Sicherheit der IT-Systeme


seiner Kunden zu verbessern. MITTEL

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