Die Welt - 05.11.2019

(Brent) #1

21



  • Belichterfreigabe: ----Zeit:Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Zeit:-Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Zeit:-Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: ---Zeit:---Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: :Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: Zeit:Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe: -Belichterfreigabe:
    Belichter: Farbe:Belichter: Farbe:Belichter:


DW_DirDW_DirDW_Dir/DW/DW/DW/DW/DWBE-HP/DWBE-HP
05.11.1905.11.1905.11.19/1/1/1/1/Kul1/Kul1AFREYE 5% 25% 50% 75% 95%

FEUILLETON-REDAKTION: TELEFON: 030 – 2591 71950|FAX: 030 – 2591 71958|E-MAIL: [email protected]|INTERNET: WELT.DE/KULTUR

LITERATUR

Prix Goncourt für
Jean-Paul Dubois

Der französische Literaturpreis Prix
Goncourt geht in diesem Jahr an
den Autor Jean-Paul Dubois. Der
69-Jährige erhält Frankreichs be-
gehrteste Literaturauszeichnung für
den Roman „Tous les hommes n’ha-
bitent pas le monde de la même
façon“ (etwa: Nicht alle Menschen
leben auf die gleiche Weise auf der
Welt), wie die Jury am Montag in
Paris mitteilte. Das Buch handelt
von einem Mann, der in Kanada in
einem Gefängnis sitzt. In seiner
Zelle lässt er sein Leben Revue pas-
sieren – bis hin zu jenen Ereig-
nissen, die zu seiner Verurteilung
führten. Von Dubois sind mehr als
20 Romane erschienen, darunter auf
Deutsch „Ein französisches Leben“
und „Der Fall Sneijder“. Der Prix
Goncourt ist mit symbolischen zehn
Euro dotiert. Die Auszeichnung
kurbelt vor allem die Verkaufs-
zahlen an. Sie wird seit 1903 ver-
geben. Der zeitgleich vergebene Prix
Renaudot ging an Sylvain Tesson für
„La panthère des neiges“ (Der
Schneepanther).

Norbert Scheuer
erhält Raabe-Preis

Der Schriftsteller Norbert Scheuer
ist in Braunschweig mit dem Wil-
helm-Raabe-Literaturpreis aus-
gezeichnet worden. Der 67-Jährige
erhielt die mit 30.000 Euro dotierte
Auszeichnung für seinen Roman
„Winterbienen“. Die Jury bezeich-
nete Scheuer als „einzigartigen
realistischen Erzähler unserer Zeit“.
Sein Werk war auch für den Deut-
schen Buchpreis nominiert. Preis-
träger Scheuer habe seinen kleinen
Eifelort in bisher acht Romanen
zum Spiegel der Welt gemacht und
das lokale Kleine zum Abbild des
großen Ganzen gemacht, hieß es im
Urteil der Jury. „Winterbienen“
erzählt die Geschichte eines Imkers
gegen Ende des Zweiten Weltkriegs,
der in seinen Bienenstöcken Juden
zur Flucht verhilft.

Ernst Augustin


ist gestorben


Der Autor Ernst Augustin ist tot. Er
starb am 3. November, wenige Tage
nach seinem 92. Geburtstag, in
München. Augustin war Mitglied
der Gruppe 47, der Bayerischen
Akademie der Schönen Künste und
der Deutschen Akademie für Spra-
che und Dichtung in Darmstadt.
Sein literarisches Schaffen war un-
trennbar verbunden mit seiner
Arbeit als Mediziner und Psychiater.
Sein zentrales Thema: Was ist das
Ich? Augustin wurde 1927 als Sohn
eines Lehrers in Hirschberg im
Riesengebirge geboren und wuchs
in Schwerin auf. Für seine Werke
hat er zahlreiche Auszeichnungen
bekommen: z. B. den Mörike-Preis
(2009), den Ernst-Hoferichter-Preis
(2008) und den Literaturpreis der
Landeshauptstadt München (1999).
Sein Roman „Robinsons blaues
Haus“ stand 2012 auf der Shortlist
für den Deutschen Buchpreis.

FILM

Schauspielerin Marie


Laforêt ist tot


Die französische Sängerin und
Schauspielerin Marie Laforêt ist tot.
Sie starb im Alter von 80 Jahren.
Laforêt drehte an der Seite von
Alain Delon, Sophie Marceau, Béatr-
ice Dalle und Jean-Paul Belmondo.
Zu ihren bekanntesten Filmen zäh-
len „Nur die Sonne war Zeuge“
(1959)„Fröhliche Ostern“ (1984)
oder „Der Windhund“ (1979). Sie
wurde in Soulac-sur-Mer an der
Atlantikküste geboren, lebte seit
den Siebzigerjahren in der Schweiz.
Sie veröffentlichte mehr als ein
Dutzend Studioalben auf Franzö-
sisch, sang auch auf Spanisch, Por-
tugiesisch, Italienisch. Sie inter-
pretierte außerdem Hits wie „Paint
it Black“ von den Stones neu.

KOMPAKT


D


as Bild der Waage hat es Face-
book angetan. Nicht zufällig hat
Mark Zuckerberg seine geplan-
te Kryptowährung Libra genannt – denn
er versucht gerade, eine Symbolik für
das gesamte Unternehmen zu setzen,
die gegen das Skandalimage seiner Fir-
ma wirken soll. Keineswegs soll nur die
heftig kritisierte Facebookwährung dem
Anspruch von Balance und Fairness ge-
recht werden. Auch das Kernprodukt,
das soziale Netzwerk, das nach eigenen
Angaben regelmäßig von derzeit knapp
2,5 Milliarden Menschen genutzt wird,
soll von der Welt als möglichst neutral
wahrgenommen werden.

VON CHRISTIAN MEIER

Dieses Ziel der ausgleichenden,
gleichsam die Gesellschaft moderieren-
den Plattform geht zurück auf das nie
aufgegebene Selbstbild von Facebook
als einem Infrastrukturanbieter, der
prinzipiell zugänglich und offen ist für
alle, solange sich jeder davon an be-
stimmte Regeln hält, die die Kalifornier
selbst aufgestellt haben. Artikel, Kom-
mentare, Fotos und Videos werden

schließlich nicht von Facebook produ-
ziert und eingespeist, sondern von den
Nutzern, die sich wiederum durch die
Auswahl ihrer Freunde und abonnierten
Quellen ihr eigenes Netzwerk basteln –
und damit auch ihr eigenes Weltbild
konstruieren.
In der Praxis steht dem Selbstbild der
auferlegten Neutralität ein völlig ande-
res Fremdbild gegenüber. Facebook war
und ist ein Einfallstor zur Verbreitung
von Hass und Hetze jeder Art, ein Ver-
stärker politischer Desinformation und
ein schlecht beziehungsweise nicht zu
kontrollierendes Paralleluniversum, das
selten zur Verständigung und häufig zur
Spaltung der Gesellschaft beiträgt. Vor
diesem Hintergrund und eingedenk der
beschriebenen Eigen- und Fremdwahr-
nehmung von Facebook ist die Einfüh-
rung eines Nachrichtenangebots als Teil
der Plattform ein so bedeutsames wie
aufschlussreiches Experiment. Zu-
nächst handelt es sich um einen Test, in
den laut Angaben von Facebook einige
Hunderttausend Nutzer in den USA
einbezogen sind.
Im Fall von Facebook, einem Netz-
werk, das zur Verbreitung politischer

Botschaften massiv instrumentalisiert
wurde und darum unter genauer Beob-
achtung steht, ist allerdings schon die
Auswahl der zur Verfügung stehenden
Nachrichtenquellen ein höchst brisan-
tes Thema. Das Ziel, einen Journalismus
als Korrektiv zu den im Netz grassieren-
den Falschinformationen anzubieten,
mit „Informationen, denen Menschen
vertrauen können“ (O-Ton Facebook)
wird damit bereits zu einem Balanceakt.
In einem kurzen Video hat Facebook
schon mal gezeigt, wie das neue Format
aussehen wird – und welche Marken da-
bei sind. Neben den erwartbaren Me-
dien wie „New York Times“, „Washing-
ton Post“, „Wall Street Journal“ „Time“
und „New Yorker“ sowie einer Riege
jüngerer Marken wie „Business In-
sider“, „Politico“, „Buzzfeed“ und „Wi-
red“, fiel aufmerksamen Beobachtern
vor allem Fox News auf, der Präsident
Trump sehr lange sehr zugeneigte
Nachrichtensender. Für die Abbildung
des medialen politischen Spektrums ge-
hört Fox News allerdings fast zwingend
dazu. Weniger eindeutig ist dies im Fall
von „Breitbart“, das im besten Fall als
rechtspopulistisch bezeichnet werden

kann, das Kritiker aber auch mal als
„rechtsextrem“ etikettieren.
Bedeutet diese Inklusion nun, wie
amerikanische Kritiker nahelegen, dass
Mark Zuckerberg ein rechter Republika-
ner ist? Kaum. Bereits vor drei Jahren
feuerte Facebook ein Team von Redak-
teuren, die viel diskutierte Artikel auf
der Plattform ausgesucht hatten und
angeblich viele Beiträge mit konservati-
vem Einschlag links liegen ließen. Da-
nach übernahmen Algorithmen die Aus-
wahl. Bei dem neuen Nachrichtenüber-
blick wird es eine Kombination von
Empfehlungen von echten Redakteuren
(„Die Stories von heute“) und Maschi-
nen („Empfohlen für Dich“) geben.
Nein, viel wahrscheinlicher ist, dass
es Zuckerberg nicht um politischen Ein-
fluss oder Meinungsmache geht, son-
dern allein um die Rückgewinnung der
Deutungshoheit über seine Plattform.
Um das Narrativ, das bei Facebook alle
Nutzer ihre Meinung äußern können
und in der Auswahl ihrer Quellen auch
nicht bevormundet werden. Dieses Ziel
ist freilich kein Selbstzweck oder mit
dem hehren Anspruch verbunden, die
Demokratie zu retten. Sondern kühle

Kalkulation. Es geht darum, die Zahl der
Nutzer zu halten oder gar auszubauen
und diesen Menschen mit einem Nach-
richtenangebot zu signalisieren, dass es
keine Vorbehalte gegenüber jedweder
Meinung gibt, die sich im rechtlich zu-
lässigen Rahmen verorten lässt. Ganz
im Sinne der Werbevermarktung, die
trotz aller Skandale floriert.
So gesehen ist ein eigenes Nachrich-
tenangebot nicht nur ein Service, der
die Dauer der Nutzung verlängern soll,
die unter den amerikanischen Nutzern
zuletzt um durchschnittlich 30 Sekun-
den auf 37 Minuten am Tag sank (immer
noch sehr eindrucksvoll). Es ist auch
mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl in
Richtung der Suchmaschine Google, die
für die Nutzung von Inhalten keine Li-
zenzgebühren bezahlt – denn zumin-
dest einer Reihe von Medienmarken
will Facebook nun offenbar Geld für die
Aufnahme in seine Nachrichten zahlen.
Facebook News ist mehr: der erneute
Versuch, die Medienwelt in sich aufzu-
saugen und sich damit selbst zu immu-
nisieren. Echte Neutralität kann es aber
weder im wahren Leben noch in einem
sozialen Netzwerk geben.

WWWie neutral kann Facebook wirklich sein?ie neutral kann Facebook wirklich sein?


Das weltgrößte soziale Netzwerk plant ein eigenes Nachrichtenangebot – und will als unparteiische Plattform wahrgenommen werden


DIE WELT DIENSTAG,5.NOVEMBER2019 SEITE 21

Gespräch mit


Roland Emmerich Seite 22


„Midway“


FEUILLETON


G


estern hat Rodrigo einen
Apfelkuchen gebacken,
der erstaunlich ähnlich
roch wie der meiner
schwäbischen Großmut-
ter. Dabei kommt Rodrigo doch aus Ma-
drid, von wo er jeden Monat Freunde
bei sich und seinem Freund Anton be-
grüßen darf. Bei sich, das ist auch bei
mir, denn alle drei wohnen wir in der
Berliner Weserstraße, einmal Hinter-
haus und einmal Seitenflügel, um’s Eck.

VON JULIANE EVA REICHERT

Faktisch sieht das dann so aus, dass
nur wenige Zentimeter Beton unsere
beiden Betten trennen, und was Rodri-
go und Anton kochen, zieht durch das
Wohnzimmerfenster in meine Nase,
wenn ich am Schreibtisch sitze und ar-
beite. Das ist schön, hat etwas sehr
Wohnliches und fühlt sich beim ersten
Schritt in die Wohnung immer etwa so
an, als würde man von der Schule kom-
men und die Mutter habe gekocht.

Bloß dass man das Essen eben nie auf
dem eigenen Teller sehen wird. Meis-
tens kocht Rodrigo, es wird massenwei-
se Knoblauch gebraten, in unüberschau-
baren Litermengen frittiert, und dazu
gibt es Wein. Viel Wein. Wein mit Kor-
ken aus Kork, nicht Plastik, und manch-
mal öffne ich dann auch einen Wein und
stoße im Geiste und um die Ecke an.
Amtssprache bei den beiden ist Eng-
lisch, und wenn Anton nach Hause
kommt und Rodrigo wieder mal spani-
sche Freunde zu Besuch hat, wird sofort
gewechselt. Anton kocht kaum. Außer,
wenn die beiden eine Party schmeißen,
was etwa alle drei Monate vorkommt.
Hängt ein Zettel an der unteren Ein-
gangstür, so hoffe ich insgeheim immer,
dass es eine Partywarnung von Rodrigo
und Anton ist, deren Feiern ein legendä-
rer Mix aus New Kids on the Block,
knallenden Korken und gegeneinander
ankämpfendem „Chin Chin“ sind.
Und, nicht zu vergessen, Cher mit
„Save Up All Your Tears“, einem Lied,
das nicht nur bei Partys gespielt wird,

sondern auch beim Putzen am Tag da-
nach, an den seltenen Abenden, wenn
zu zweit gekocht wird, oder wenn die
beiden an einem Wochenendmorgen
nach Hause kommen und eine letzte
Flasche geöffnet wird.
Das war aber nicht immer so. Im letz-
ten Jahr hat es vermehrt gekracht, we-
gen Eifersucht. In Antons Augen hat es
Rodrigo mit der Flirterei etwas über-
trieben, und als jüngst sein Exfreund
mit im „Sisyphos“ gewesen war, wurde
es Anton zu viel. Rodrigo fand es zwar
enttäuschend, dass da das Vertrauen
nicht reichte, war das viele Streiten
dann aber doch leid.
Anton zog aus, für etwa ein halbes Jahr.
Ein halbes Jahr, in dem es Rodrigo durch-
aaaus hat krachen lassen. Keine Tortillasus hat krachen lassen. Keine Tortillas
mehr, dafür Deliveroo, er kam noch spä-
ter nach Hause als ohnehin schon, meis-
tens mit Begleitung. Die nicht Anton war.
Es ist eine unfreiwillige Ausbildung, der
ich mich da unterzogen habe, aber ja,
Menschen sind auch akustisch relativ gut
voneinander zu unterscheiden beim Sex.

Die Besucher wechselten oft, gingen
meist noch in der Nacht, und das an-
schließende Gläserklappern klang nicht
nach einer der ausbalanciertesten Pha-
sen in Rodrigos Leben – das er in eini-
gen Teilen und zwischen den Tagen
über der Kloschüssel verbrachte.
Bis zu dem Tag, an dem wieder beide
Teilnehmer sehr vertraut klangen. Und
mich sonntagmorgens in der Früh Cher
weckte. Anton war zurück, und da ist er
auch heute noch. Und um eine Erfah-
rung reicher, die er nicht müde wird zu
teilen, und zwar in Form von Bezie-
hungsratschlägen, am Telefon, in der
Küche, bei einer Tasse Kaffee. „Ganz
ehrlich, wenn der bei eurem ersten Date
schon mit so einer Scheißgalligkeit an-
kommt, wird das nichts mehr. Hätte
selbst Rigo nie gebracht. Schieß den di-
rekt wieder ab, so was brauchst du
nicht“, weiß Anton. Er erzählt auch,
dass er eine Therapie angefangen habe,
seiner Eifersucht wegen. „War vermut-
lich echt nicht gerechtfertigt“, so sein
Resümee.

„You say that you can do without me /
Go ahead now try to live without me“,
diese Zeilen Chers passen so gar nicht
mehr zu den beiden. Hat ja auch nicht
geklappt mit dem Alleinleben. Letzte
Woche war wieder eine Feier im Haus in
der Weserstraße. Ich habe meine eigene
Musik ausgeschaltet, Wein gekauft und
Freunde eingeladen, bloß eben an mei-
nem Tisch, fünf Quadratmeter entfernt
vom eigentlichen Festtisch, an dem
jetzt Spanisch, Englisch und auch
Deutsch gesprochen wird; Maltes Eltern
sind zu Besuch gekommen, um endlich
mal diesen Rodrigo kennenzulernen.
Wir haben einander noch nie gesehen
und noch kein Wort miteinander ge-
wechselt, aber immerhin ein gemeinsa-
mes Lied: „Save Up All Your Tears“.
Nun, ich habe mich unfreiwillig hinein-
geschlichen, in unsere akustische Drei-
samkeit, aber ich bin gerne dort. Rodri-
go kann etwas besser den Ton halten als
Anton, aber das ist ja egal. Ich singe ei-
gentlich auch nur dann mit, wenn An-
ton es wagt.

Porträt


meiner


Nachbarn


PICTURE ALLIANCE / DPA

/HORST OSSINGER

Man sagt, in der Stadt lebe jeder


nur für sich, aber das stimmt nicht


–jedenfalls, wenn die Wände dünn


genug sind. Über eine fast rein


akustische Wohngemeinschaft


© WELTN24 GmbH. Alle Rechte vorbehalten - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exclusiv über https://www.axelspringer-syndication.de/angebot/lizenzierung DIE WELT -2019-11-05-ab-22 03009f56541eee0559ca00c1b1172d60

UPLOADED BY "What's News" vk.com/wsnws TELEGRAM: t.me/whatsnws

Free download pdf