Neue Zürcher Zeitung - 01.11.2019

(Brent) #1

28 WIRTSCHAFT Freitag, 1. November 2019


Hongkongs Wirtschaft stürzt in die Krise


Der Handelskonflikt, die anhalten den Unruhen und ausbleibende Touristen ziehen den Stadtstaat ins Minus


HongkongsWirtschaft befindet


sich in einerRezession. Und die


Aussichten sind trüb. Ökonomen


rechnen damit, dass die


Wirtschaftsleistung in diesem


Jahr um bis zu 1,5 Prozent


einbrechen wird.


MATTHIAS MÜLLER, PEKING


Hongkongs Wirtschaft bekommt die
Auswirkungen des amerikanisch-chine-
sischen Handelskonflikts und dieFol-
gen der sich eintrübendenWeltwirt-
schaft sowie der sich seitJuni hinzie-
henden Demonstrationen immer stärker
zu spüren. Sie befindet sich nunmehr in
einer technischenRezession: Im dritten
Quartal ist diereale Wirtschaftsleistung
gegenüber den Monaten April bisJuni
diesesJahres um 3,2% zurückgegangen;
im zweiten Quartal hatte das Minus
gegenüber den ersten drei Monaten des
laufendenJahres noch 0,5% betragen.
Von einer technischenRezession spre-
chen Ökonomen, wenn dieWirtschafts-
leistung in zwei aufeinanderfolgenden
Quartalen sinkt.


Nur schlechte Nachrichten


Und die Anzeichen verdichten sich,
dass HongkongsWirtschaft im gesam-
ten laufendenJahr schrumpfen wird. In
der Medienmitteilung des Census and
Statistics Department heisst es, Hong-
kong kämpfe noch immer mit einem be-
trächtlichen Abwärtstrend. Die Umfra-


gen zeigten, dass die Stimmung unter
Hongkongs Geschäftsleuten sehr pessi-
mistisch sei. «Es ist sehr wahrscheinlich,
dass man 2019 ein negativesWachstum
verzeichnen wird»,folgert die Behörde.
Der ÖkonomTommyWu vom Bera-
tungsunternehmen Oxford Economics
geht davon aus, dass dieWirtschaft in
der einstigen britischenKolonie im lau-
fendenJahr um 1,5% schrumpfen wird.
Die schlechte Stimmung unter Hong-
kongs Konsumenten und die ausbleiben-
den Touristen machen den Detaillisten
zunehmend zu schaffen. So sanken laut
dem Census and Statistics Department
die privatenKonsumausgaben im drit-
ten Quartal gegenüber demVorjahres-

zeitraum umreal 3, 5%, nachdem sie von
April bisJuni gegenüber demVorjahres-
zeitraum noch um 1,3% zugelegt hat-
ten. Besonders harttrifft es neben den
Detaillisten auch die Hotellerie und die
Gastronomen.Jeder fü nfte Hongkonger
arbeitet in einem dieser drei Sektoren.
Im August waren die Detailhandels-
umsätze wegen der schlechten Stim-
mung unter HongkongsKonsumen-
ten und der ausbleibendenTouristen
gegenüber demVorjahresmonat bereits
um 23% zurückgegangen. «Ein solches
Minus hat es in derVergangenheit noch
nie gegeben, nicht einmal während der

FinanzkriseinAsien», sagt Wu. Den bis-
her grössten Einbruch bei den Detail-
handelsumsätzen hatte Hongkong im
September1998 mit einem Minus von
22 % erlitten.
Und die bisher für Oktober vorlie-
genden Zahlen zu denTouristenströ-
men verheissen nichts Gutes für das
dritte Quartal.Laut derHongkonger
Regierung hat sich in den ersten zwei
Oktoberwochen die Zahl der Gäste
geg enüber derVorjahresperiode hal-
biert.Dies ist verheerend für die Detail-
listen, die Hotellerie sowie die Gastro-
nomen, weil während der auf dem chi-

nesischenFestland gefeierten Goldenen
Woche vom1. bis 7. Oktober normaler-
weise dieTouristen nach Hongkong
strömen.Festlandchinesen haben inzwi-
schen jedochAngst, in die einstige bri-
tischeKolonie zureisen, weil sie insVi-
sier der gewalttätigen Demonstranten
geratenkönnten.

Aussenhandelbricht ein


In der volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnung werdenTouristen als Export
einer Dienstleistung erfasst. Die-
ser Wert ging im dritten Quartal 20 19
gegenüber demVorjahresquartal um
13,7% zurück;im zweiten Quartalhatte
sich dasMinus noch auf 1,1% belaufen.
Laut dem Census and Statistics Depart-
ment gab es einen solchen Einbruch
letztmals im zweiten Quartal 2003, als
Touristen Hongkong wegen der Sars-
Pandemie mieden.

Stark sind zudem dieRückgänge bei
den geha ndelten Gütern. Die exportier-
ten Waren gingen, in Hongkong-Dollar
gerechnet, im dritten Quartal umreal
7, 0% zurück;im z weiten Quartal waren
sie um 5,4% geschrumpft. Und die Ein-
fuhren brachen vonJuli bis September
gegenüber dem dritten Quartal 2018 gar
um 11,1% ein.

Ein Mann wirft einen Blick in ein Geschäft in Hongkong, das bei Protesten gegen die
Regierung verwüstet wurde. ATHIT PERAWONGMETHA / REUTERS

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Kommentar auf Seite 11

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