Der Spiegel - 02.11.2019

(Brent) #1

A


lex Roy ist ein rasender Wider-
spruch. Ein Besessener, der ille-
gale Rennen fährt, auch mal quer
über den amerikanischen Kon -
tinent. Ein Highspeed-Junkie, der Ge-
schwindigkeitsrekorde jagt und stolz da-
rauf ist, wie er dabei die Polizei narrt.
Autofahren ist für Roy, 47, viel mehr als
eine Fortbewegungsart, er hält es für ein
Menschenrecht – eines, das gefährdet ist.
Roy hat einen Verein gegründet (»The Hu-
man Driving Association«), der dafür
kämpft, menschengesteuerte Autos in der
amerikanischen Verfassung festzuschrei-
ben. Denn die Menschheit, glaubt Roy,
müsse davor geschützt werden, dass eines
Tages Roboter und Algorithmen das Auto -
fahren komplett übernehmen.
Und wo arbeitet der Mann? Bei einem
der weltgrößten Start-ups für selbstfahren-
de Autos.
Argo AI heißt die Firma, in Pittsburg zu
Hause, mit einem Ableger im Silicon Val-
ley. Roy ist seit Anfang des Jahres als
Director of Special Operations angestellt.
»Keiner hat verstanden, warum die mich
einstellen«, sagt er und lacht laut, »ich
selbst auch nicht.«
Im Juli kaufte sich der Volkswagen-Kon-
zern mit 2,6 Milliarden Dollar bei Argo AI
ein. Das Investment ist Teil einer strategi-
schen Partnerschaft mit Ford, der US-Kon-
zern arbeitet schon länger mit Argo an
selbstfahrenden Autos. Mit 700 Angestell-
ten und einem Firmenwert von mehr als
sieben Milliarden Dollar gehören Argo und
sein Chef Bryan Salesky zu den Schwer-
gewichten der selbstfahrenden Branche.
Roy ist Bleifuß und Philosoph. Als dauer -
polemischer Autor des Autoportals »The
Drive« stellt er die großen Fragen rund
um die menschliche Fortbewegung: Wie
viel Autonomie wollen wir an die Technik
abgeben? Was bedeutet »selbstfahrend«
überhaupt? Wollen wir wirklich lieber ge-
fahren werden, als selbst zu fahren? Wel-
che Probleme lösen selbstfahrende Autos
eigentlich, die wir nicht besser auf andere
Weise lösen können?
Bekannt geworden ist er als Enfant ter-
rible der US-Autoszene. Zu seinen Leiden-
schaften gehört das sogenannte Cannon-
ball-Rennen, eine Wettfahrt quer durch
die USA, an der sich seit dem 20. Jahrhun-
dert immer neue Abenteurer versucht ha-
ben. Roy raste im Jahr 2006 in 31 Stunden
und 4 Minuten von der Ost- an die West-


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Der selbstfahrende Mann


VisionenAlex Roy gehört zu den schrillsten Stimmen in der Debatte um autonomes Fahren.


Er arbeitet für ein Start-up, das Menschen am Steuer ersetzen soll – und fährt gern illegale Rennen.


TIMOTHY ARCHIBALD / DER SPIEGEL

Manager Roy
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