Süddeutsche Zeitung - 02.11.2019

(Barré) #1
von wolfgang görl

G

ut 13 Jahre nach Bruno, der
im Spitzingseegebiet sein
junges Leben lassen musste,
hat wieder ein Bär die bayeri-
sche Grenze überschritten –
ohne Genehmigung, ohne Ausweiskon-
trolle, also praktisch illegal. Im Landkreis
Garmisch-Partenkirchen ist er in eine Fo-
tofalle getappt. Seitdem gibt es ein Fahn-
dungsbild, das den bayerischen Bärenab-
wehrkräften die Arbeit erleichtern wür-
de, sollte die Staatsregierung zur Über-
zeugung gelangen, auch dieser Bär müs-
se standrechtlich erschossen werden.
Wie schwierig Tiere zu identifizieren
sind, war neulich im Landkreis Freising
zu beobachten. Ein Taxifahrer rammte
ein Wesen, bei dem bis heute nicht klar
ist, ob es sich um einen Riesenhamster,
ein Wildschwein oder einen Biber handel-
te. Nicht auszudenken, sollten die staatli-
chen Wildschützen statt des Bären einen
Goldhamster erlegen – was nun wegen
des Fotos halbwegs ausgeschlossen ist.
Ach Gott, gerne würde man den Bären
in den Arm nehmen, mit ihm eine Fla-
sche Met leeren und ihm zuflüstern: Lauf
weg, solange es geht, in Bayern bist du dei-
nes Lebens nicht sicher! Und um ihn aller
Illusionen zu berauben, hielte man dem
Migrationsbären ein aktuelles Foto von
Bruno vor die Nase. Ausgestopft steht er
im Nymphenburger Museum „Mensch
und Natur“ vor Bienenstöcken, so als hät-
ten ihn die Jäger seinerzeit beim Naschen
ertappt, daneben eine Stellwand mit Zei-
tungen, die schildern, wie aus Bruno alias
JJ1 ein Problembär wurde. Problembären
sind eine neue zoologische Spezies, für
die der Artenschutz vorübergehend au-
ßer Kraft gesetzt werden darf.
Experten sagen, dass der Bär, der sich
jetzt in Bayern herumtreibt, wahrschein-
lich auf der Suche nach einem passenden
Revier ist. Tja, man würde ihm gern Mün-
chen empfehlen, aber eigentlich ist die
Stadt auch kein gutes Pflaster für Braun-
bären. Nicht mal eine Gefährtin fände er
hier, die Braunbärin Olga ist im Juni ver-
gangenen Jahres im Tierpark Hellabrunn
an Altersschwäche gestorben. Und die
dortigen Eisbärinnen stehen nun mal
nicht auf einen Kerl im braunen Pelz. Kir-
chenasyl wäre auch nicht ratsam, wie das
Schicksal des Korbiniansbären zeigt, der
in der Maxburgstraße als Bronzedenk-
mal verewigt ist. Zu Lebzeiten, so geht die
Sage, hat dieser Bär das Lasttier des heili-
gen Korbinian gerissen, als dieser auf Pil-
gerreise nach Rom war. Korbinian, der

Gründer des Bistums Freising, brachte
den Bären zur Räson, belud ihn zur Strafe
mit seinem Gepäck und zwang das Tier,
die gesamte Bagage bis nach Rom zu tra-
gen. Immerhin ließ er dort den Bären frei.
Die Kirche ist mitunter doch barmherzi-
ger als die bayerische Staatsregierung.
Münchens berühmtester Bär neben
Bruno steht in einer Vitrine im Literatur-
haus. Er fletscht die Zähne, doch seine
Haltung ist devot, zumal er dem Besu-
cher eine Holzschale bittend entgegen-
hält. Wie Bruno ist er ausgestopft, und
wie Bruno fiel er der Flinte eines Jägers
zum Opfer, wahrscheinlich irgendwo in
Sibirien vor 150 Jahren. Nach seinem Tod
kam er als Hochzeitsgeschenk in die Be-
ckergrube 52 in Lübeck, wo der Senator
Thomas Heinrich Mann und seine Frau
Julia lebten, die Eltern von Thomas
Mann. Wie es den Bären in Lübeck er-
ging, beschrieb Viktor Mann, der jüngste
Sohn der Familie: „Da stand in der gro-
ßen Diele zwischen den riesigen Mahago-
nischränken und der mächtigen Lübe-
cker Truhe der ausgestopfte sibirische
Braunbär aufrecht auf seinem schwarzen
Sockel und hielt mit den scharf bewehr-
ten Vordertatzen die dunkelrote russi-
sche Holzschale für die Visitenkarte.“
Als die Witwe Julia Mann 1892 nach
München zog, musste der Visitenkarten-
bär natürlich mit. Sohn Thomas erwarb
in der neuen Heimat bald literarischen
Ruhm, ebenso der Bär, der in den „Bud-
denbrooks“ als Taufgeschenk fungiert.
Thomas Mann nahm den Bären auch in
seine Villa in der Poschinger Straße auf.
Doch als der Schriftsteller 1933 gezwun-
gen war, ins Exil zu gehen, trennten sich
die Wege von Bär und Mann. Den heimat-
losen Meister Petz ersteigerte der Ge-
schäftsmann Josef Michael Matt und
stellte ihn ins Schaufenster seines Leder-
warengeschäfts in der Sendlinger Straße.
Später war er dann in der Kreuzstraße zu
bewundern, wo er zwischen Tüchern und
Schwämmen im Laden von Matts Toch-
ter Maria stand. Nach deren Tod endete
seine Odyssee im Literaturhaus.
Ausgeweidet und ausgestopft kann
ein Bär in München also durchaus zu Eh-
ren gelangen. Lebende Bären sollten sich
aber besser Richtung Berlin aufmachen,
wo der Bär das Wappen ziert und pausen-
los steppt. Seit Juni 1962 weist der Berli-
ner Bär eingangs der Autobahn A 9 den
Weg an die Spree. Um dort nicht unange-
nehm aufzufallen, könnte sich der bayeri-
sche Neubär einer der Wildschweinrot-
ten anschließen, die den Grunewald heim-
suchen. Niemand würde das merken.

Teddybären (ganz oben) machen Werbung für die Münchner Aidshil-
fe.Meist ungefährliche Gummibären hält Teresa Galekovic in ih-
rem Laden „Bears&Friends“. FOTOS: SEBASTIAN BECK, ALESSANDRA SCHELLNEGGER

Lauf weg,


solange es geht


Der Bär geht um in Bayern. Vermutlich sucht er
ein passendes Revier. Man würde ihm gern München
empfehlen, aber eigentlich ist die Stadt kein
gutes Pflaster für ihn – ein Blick in die Geschichte

Im Museum „Mensch und
Natur“ (ganz oben) betrauern
vor allem Kinder den
unglücklichen „Bruno“.
Nach seinem gewaltsamen
Tod hat man ihn ausgestopft
und als Honigräuber
vor Bienenstöcken
ausgestellt. Bild darunter:
der Heilige Korbinian mit
seinem Lastenbär. Die beiden
sind in der Maxburgstraße
zu bewundern.
FOTOS: STEPHAN RUMPF, MOSES OMEOGO

Zur Not tut es auch
Grünzeug: Eisbär (ganz
oben) im Tierpark
Hellabrunn. Darunter:
Bär im „Teddybär-
Krankenhaus“, wo Kinder
lernen, wie es in
der Klinik zugeht;
der balancierende Bär
auf dem Elisabethmarkt;
der Thomas-Mann-Bär
im Literaturhaus. Unten:
Der Braunbär, den
eine Wildtierkamera
im Landkreis Garmisch-
Partenkirchen
aufgenommen hat.
FOTOS: MARIA NICOLE FENCIK,
ROBERT HAAS, MOSES OMEOGO,
CATHERINA HESS

Da geht’s nach Berlin!
Der BerlinerBär (links)
steht seit 1962 an der
A9 bei Fröttmaning.
Bild darunter: Teddybären
mit Doktorhut im Shop
der Ludwig-Maximilians-
Universität. Rechts:
Der aus einem
Kalksteinblock gehauene
Korbiniansbär auf
der Gebsattelbrücke.
FOTOS: FLORIAN PELJAK, ALESSANDRA
SCHELLNEGGER, JAN A. STAIGER

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„Einen Tag die Welt regieren“


Familienkonzert im Möbelhaus –„Höffner goes Classic“
mit Kinderchor und Kammermusik-Ensemble
der Bayerischen Philharmonie

Seit Jahren begeistert Möbel
Höffner in München-Freiham
mit Konzerten unter dem Motto
„Höffner goes Classic“. Jetzt
lädt der Einrichtungs-Experte zu
einem Familienkonzert der be-
sonderen Art ein – im Lichthof
des Möbelhauses! Am Sonntag, 3.
November werden der Kinderchor
und das Kammermusik-Ensemble
der Bayerischen Philharmonie „Ei-
nen Tag die Welt regieren“.
Unter der Leitung von Kirsten Döring-
Lohmann präsentieren „die BayPhil Kids“
inmitten der Sofas, Sessel und stilvollen
Möbel Songs aus der gleichnamigen CD,
die aus der Sicht der Kinder unter ande-
rem über Flüchtlinge, Armut und Reichtum
erzählen. Begleitet werden die jungen Mu-
siker von Haindling-Mitglied Reinhold Hoff-
mann, der die Songs komponierte, sowie
von Kika- und „Sendung mit der Maus“-
Moderator André Gatzke. Ein Herbst-

Sonntag, der die ganze Familie musika-
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Die BayPhil Kids und Moderator André Gatzke sind
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