Berliner Zeitung - 02.11.2019

(nextflipdebug5) #1

Berlin


10 * Berliner Zeitung·Nummer 255·2./3. November 2019 ·························································································································································································································································································


W


as für einAuftritt. Das
werden wohl viele sa-
gen,dieindennächs-
ten Jahren die alte
StaatsbibliothekUnterdenLinden–
bürokratisch korrekt: „Haus 1“ ge-
nannt –betreten. 1914 wurde sie
zum ersten Maleröffnet, gebaut
nach denPlänen des kaiserlichen
HofarchitektenErnst vonIhne und
des Bauingenieurs AntonAdam. Sie
galtdamalsalsdiegrößteundtech-
nisch am besten ausgestatteteBi-
bliothek derWelt. Am kommenden
Montagwir dderBaunach15 Jahren
Grundinstandsetzung durch die
Bundesbaubehörden vondiesen
und dem Architekten HGMerz an
die Nutzer ,die Staatsbibliothek der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
übergebenwerden. Dann wir ddie
alte Staatsbibliothek erst einmal ge-
schlossen,umineinemhalbenJahr
nach demUmzug unter anderem
der kostbarenHandschriftensamm-
lung wieder für dasPublikum offen
zustehen.
DerBauwarimZweitenWeltkrieg
schwerbeschädigtworden,verfielzu
DDR-Zeitenimmerweiter,wurdein
den 80er-Jahren dann mit extrem
dysfunktionalen Magazintürmen
versehen,dieanderStelledeslegen-
dären Hauptlesesaals entstanden.
1990wardie„DeutscheStaatsbiblio-
thek“ baulich abgewirtschaftet. Al-
leinedieSanierungderFundamente
in den 90er-Jahren kostete mehr als
45 Millionen Euro.Die nun abge-
schlosseneSanierungdesGebäudes
darüber schlägt mitweiteren etwa
470MillionenEurozuBuche.
Sämtliche Dächer,Fassaden und
Innenräumewurdensaniertund,so
weit irgend möglich, ästhetisch auf
den Stand derKaiserzeit zurückge-

führt. Neue Lesesaalinterieurs nach
dem Entwurfvon HG Merz kamen
hinzu,dieschlechthinnuralsgigan-
tisch zu bezeichnendenMagazine
undvorallemLeitungen,Rohreund
anderetechnischeInfrastruktur sa-
niert.
Geplant worden war ursprüng-
lichmitetwa370MillionenEuro.Die
Kosten steigerung liegt nach Anga-
ben derBundesbauverwaltung BBR
an der langenBauzeit. Außerdem
wurdedasHauswährendderBauar-
beiten weitgehend offen gehalten,
immer wieder wurden überra-
schend große Schäden ent-
deckt, schließlich stieg der
Baukostenindex um etwa
34 Proz ent. Tatsächlich
scheint das teureProjekt
alte Staatsbibliothek
durchaus imRahmen ge-
bliebenzusein,imVergleich
etwazurSanierungderBiblio-
theque Nationale inParis, deren
ersterBauabschnitt2017übergeben
wurde und bereits 185Millionen
Eurokostete,oderim Vergleichzum
geplantenBerlinerMuseumderMo-
derneaufdemKulturforum.Obwohl
diesesKunstmuseumräumlichund
technischweiteinfacherundinder
Raumkubaturvielkleineristalsdie
alte Staatsbibliothek, wirddieser
Neubau schon jetzt auf skandalöse
450 Millionen taxiert.Auch deswe-
genistersoumstritten.

DieParadeachse
DiealteStaatsbibliothekistselbstin
denRiesenbautenderKaiserzeitein
Ausnahmemonument, eine der in
jeder Hinsicht größtenBibliotheken
der Welt. 107 Meter breit und 170
MeterlangistderBau,siebenInnen-
höfe umfasst er,36Meter hoch er-

3xxn ×nd


ež••en


I


ckkoofma'nHund!“,sagtmeinin-
nerer Berliner.„Wieso denn so
plötzlich?“, frage ich. „Dafrachste
noch?EtwirdZeit!OhneHundisman
doch jar keenrichtija Berliner.So'n
Hund is imma nett, wackelt mit'n
Schwanz,kiektmittreueKulleroogen
zudirhochundistdankbarfürallet.
UnddraußenkommsteimmaintJe-
sprächmitandreHundefritzen!“
Ja,ich weiß. Ohne Hunde wäre
Berlin nicht das,was es ist.Hunde
wurdeneinstsogarzumArbeitenge-
braucht.Wieman auf altenBildern
sehen kann, mussten sie kleine
Marktkarren mit Obst undGemüse
durchdieStraßenziehen.Undweres
sichleistenkonnte,hieltauchschon
damalsHundenurzumZeitvertreib.
„Lebe glücklich, lebe froh, wie der
Mops im Paletot“, heißt es in einem
altenKinderreim.Dergehtzurückauf
das18. Jahrhundert,alsderMopsder
Berliner Modehund war.Die Mutter
desAltenFritzenliebteihn.Erwarder
Verwöhnhund für feineDamen. Bis
heute findet er sich in derSprache.
Manfühltsich„mopsig“oder„mops-
fidel“, man „mopst sich gewaltig“
oder„mopst“irgendwas.
DieHundeaufderStraßehattenes
allerdings nie einfach.Auch das zei-
gendie BerlinerSprüche:„Ditishun-
dekaltdraußen!“–„Ditjammertja'n
Hund“ –„Da schickt man ja keen
Hund vordeTüre!“ –„Ditisz um
Junge-Hunde-Kriejen“. Jemand ist
bekannt „wie'n bunterHund“, „kalt
wie 'neHundeschnauze“ oder ein-
fachnur„'nHundsfott“.
Soll sich mein innerer Berliner
doch einenHund anschaffen!Mich
soll er aber damit inRuhe lassen.
„Hauptsache,duhastkünftigimmer
300 Euro bei dir ,wenn du mit dem
Vieh rausgehst“, sage ich zu ihm.
„Wieso?“, fragt er.„Na,wegen des
neuen Berliner Bußgeldkatalogs.
Wenndein VieheinenHaufenaufdie
StraßesetztunddudieHinterlassen-
schaft nicht eintütest und weg-
schaffst, musst du neuerdings or-
dentlich blechen!Vorausgesetzt, je-
mandkontrolliert.“
Plötzlich fällt mir ein, dass mein
innerer Berlinerjaniemalsohnemich
rausgehen kann und dass ich dann
denHaufenbeseitigenmuss.Ers pürt
meinenUnmut:„Okay,ichseh ’sjaein.
Dann also keenHund! Ditmit die
TütejehtmirsowiesojejendenStrich.
Wielangebrauchtso’nHaufen,bissa
verrottet is?Einpaar Wochen. Und
wielangebraucht’neTüte?Jahre! Wir
zwingen die Leute,Einkoofstüten zu
sparenundtütendafürWuffiwürste
ein.SoeenBlödsinn!Undvielestelln
dieDingeroochnochanStraßen-
rand,stattsemitzunehmen.DieWelt
jehtehmvordeHunde.Dajejenhel-
fenoochBußjeldanischt.“


Harmsens Berlin


TorstenHarmsendenkt
überdentreuestenFreund
desBerlinersnach.

hebt sich der gläserneKubus des
neuen Hauptlesesaals.Hinter den
monumentalenFassadenverbergen
sich 107 000QuadratmeterBrutto-
grundfläche,von denen 52 000
direkt derBibliothek dienen.
50 Kilometer lang sind al-
leinedielegendären,festin
den Baumontierten Lip-
mann-Regale.
ZudenLindenhinlädt
nun wieder die offene
Vorhalle ein, auf die der
breitgelagertemonumen-
tal-kalte Vorhof mit den
netten Weinranken an den
Fassad en folgt.Hier blieben
auch die einzigenZeugen der
DDR-Geschichte diesesBaus ste-
hen,einReliefblockunddaset-
wassteifeDenkmal„Lesender
Arbeiter“vonWerner Stöt-
zer;esisteinevonsehrvie-
lenMännerdarstellungenin
der altenStaatsbibliothek,
Frauenbildnisse wurden
beimerstenRundgangnicht
gesichtet.VomVorhofausöff-
net das prachtvollePortal mit
den schweren Türen denWegzur
breiten Paradetreppe.Ihrgedrängter
Eindruck verwischtbeimEmporstei-
gen zunehmend,weil Ihnes große
Säulen undGesimseihn aufheben
undHGMerzdasimKriegzerstörte
Gewölbe in abstrakterForm nach-
bauenließ.Seinzu IhnesMonumen-
talitätpassendes,eherkräftigesRau-
teng erüstzeigt sich dabei unver-
kennbar als Schwester jenes filigra-
nen Gewölbes,das nach HGMerz’
Entwurfimr okokohaft zartenGro-
ßen Saal der StaatsoperUnter den
Lindeneingebautwurde.
DieTreppe führtine inen weite-
renVorsaal,derjetztwiedermiteiner
flachen Kuppel überwölbt wurde.
Leiderstehenquerdurchdiesenho-
hen, luftigenRaum ha lbhohe Glas-
wände.Angeblich, wurde beim
Rundgang kolportiert, sollen sie
Diebe davon abhalten, mit ihrem
Diebesgut einfach hinauszulaufen.
Daserscheintmindestensskurrilan-
gesichtsallderanderenSicherun gs-
einrichtungen. Diese Glaswände
sind ein ästhetischer Anschlag auf
die kraftvollen Raumfo rmen von
Ihneund Merz,undmitihreminzwi-
schen schon wieder aus derMode
geratenen geätzten Schattenmus-
tern, Pardon,auch eineAttacke auf
den gutenGeschmack.Siesollten
schnellstensdemontiertwerden.
Abgeschlossenwirddiegrandiose
Hauptach se vombereits 2012 über-
gebenen neuen Hauptles esaal,
ebenfallsvonHGMerzentworfen.Er
zeigtbereitsjetzt,wieschlechtseine
knalligeFarbwahl –orangener Tep-
pichun dTischbelag,hellgepolsterte
Stühle–derZeitstandhält,siewirkt
heute geradezu altmodisch. Noch
ärgerlicher sind die deutlichenAb-
nutzungsspurenanRegalen,Tischen

und Stühlen in diesem erst sieben
Jahrealten Raum,der kaum 260 Ar-
beitstische bietet und wahrlich kei-
nen Massenverk ehr bewältigen
muss.Immerhin:Derausgeblichene
Teppichs olljetztausgewechseltwer-
den. Sparen kann auch teuerwer-
den.

Preußen-R enaiss ance
Kurz:Wirstehenvoreinerregelrech-
tenWiedergeburtdiesesriesigenGe-
bäud es.Aberwarum,fragtmansich
schnell,istdieseSanierungtraditio-
nellgeraten?Heutigew issens chaftl i-
che Biblioth eken sindweniger der
Arbeitsortvon individuellenGenies
alsvielmehrArbeitstreffpunkt–aber
hierkonntengeradenocheinigemit
demmodischenÄtzglaswändenum-
gebeneGruppenarbeitsräumeinei-
nenderhistorischenSäleeingestellt
werden.Esgibtsogarnocheinenre-
gelrechten Zeitungslesesaal –im
Zeitalter derDigitalmedienwenigs-
tenseineexklusiveIdee.DieseSanie-
rung ist Folge einerKonzeption, die
in den 90er-Jahren gegen den hefti-
genWiderstandvielervorallemjün-
gerer Mitarbeiter durchgesetzt
wurde .IhreGrundidee:Diealte
PreußischeStaatsbibliothekderZeit
vor1933 soll wiedererstehen, und
zwar nicht nur alsErinnerung, son-
dernphysisch.Umdaszue rreichen,
sollte einZeitschnitt dieSammlun-
gen teilen: Alles,was vor1940 er-
schienen ist, sollte in der alten
Staatsbibliothek, alle spätereLitera-
turinderneuenStaatsbibliothekam
Kulturforum unterkommen, die
1979 nach denPlänen vonHans
Scharoun undHeinzWisniewski er-
öffnetwurde.
ZwarwurdeinzwischenderZeit-
schnitt innerhalb derStaatsbiblio-
thekauf1900verlegt,sodasswenigs-
tensdie ForscherzurGeschichtedes


  1. Jahrhu nderts nicht mehr unun-
    terbrochen zwischen zwei Häusern
    wechse lnoderdieLiteraturaufwen-
    dig vomeinen in das andereHaus
    bestellen müssen.Dennoch ist eine
    solche Teilung nachZeitschnitt in-
    ternational dieAusnahme ,auchin
    denBibliotheken, die ihrePlatznot
    durch einenNeubau gelöst haben.
    DiePariser BibliothequeNationale
    etwa oder dieWashingtonerLibrary
    ofCongresshabensichentschieden,
    ihreAltbautenmitSonder-undSpe-
    zialsammlungen zunutzen –was
    auch inBerlinvorge schlagenwor-
    denwar.
    Doch in Berlinstand einer sol-
    chen funktionalenTrennungnach
    1990 dieSehnsuc ht nach eine rbes-
    serenVerga ngenheit, jenseitsvon
    Nazi-Zeit undDDR entgegen.Dazu
    kamdasSelbstverständnisvielerost-
    deutscher Staatsbibliotheken, in ei-
    nerfaktischenNationalbibliothekzu
    arbeiten, mitdemRecht ,von jeder
    Publikationin derDDRein Exemplar
    beziehe nzuk önnen. DieStaatsbi-


Gerade eingeweiht: Die alte Staatsbibliothek 1914, fotografiertinSüd-
Nord-Richtung.Der Kuppelsaal wurde 1941 zerstört. STAATSBIBLIOTHEK BERLIN

Frisch saniert: Die alte Staatsbibliotek heute, fotografiertinNord-Süd-
Richtung.ImZentrum der neue Lesesaal. STAATSBIBLIOTHEK BERLIN /KRUMNOW

Veranstaltungen,
Ausstellungen,
Führungen

33 713


E-Medien
stehen zur Ausleihe
rund um die Uhr
bereit

135 693


Bibliotheksbesuche
pro Einwohner*in

2,


BLZ/HECHER; QUELLE: VOEBB, STAND 2018

Bibliothekenstatistik 2018


Entleihungen
pro Einwohner*in

6,


Schöner


lesen


AmMontagwerdendieriesigeneuealteStaatsbibliothek


UnterdenLindenunddiewinzigeHansabibliothekam


HansaplatzderÖffentlichkeitübergeben.


EinersterRundgang


VonNikolaus Bernau


Gültige
Leseausweise

413 817


Berliner Kinder und Jugendliche
nutzen ihren
Bibliotheksausweis

165 552


Griechische Gastlichkeit
in Blankenburg

Neuer separater Veranstaltungsraum


ab dem 01. November mit Platz für bis zu 100 Personen
Feiern Sie in geschlossener Gesellschaft
Ihre Taufe, Hochzeits-, Weihnachts-,
Firmen- oder Trauerfeier.
Dazu bieten wir ein leckeres Buffet
mit verschiedenen griechischen,
italienischen oder deutschen Spezialitäten.

Wir laden zu unserer Silvesterfeier 2019 ein:


–zwei verschiedene 6-Gänge-Menüs
–DJ-Musik
–Tombola (3×2Ü.im5-Sterne-Hotel an der Ostsee)
–viele andere Geschenke
Preis: 59 €*
*Pro Person. Getränke sind nicht im Preis enthalten.
Für mehr Informationen zu unserer wechselnden Karte und Events,
besuchen Sie unsere Website:www.syrtaki-blankenburg.com
Tel.: 030/47 48 59 77•Alt-Blankenburg 22, 13129 Berlin

Sieerhalten10%Rabatt


aufSpeis en undGetränke


beiAbgabediesesCoupo ns.


ˆ


ˆ

Free download pdf