Berliner Zeitung - 02.11.2019

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Berlin


Berliner Zeitung·Nummer 255·2./3. November 2019 13 **·························································································································································································································································································

Deutsche Wohnenmusszahlen


MietererzwingtvorGerichtRückzahlungzuhoherNebenkosten.Vieleanderekönntendavonprofitieren


VonUlrich Paul

D


iezur DeutscheWohnen
gehörende GSW hatvor
dem AmtsgerichtSpan-
daudenRechtsstreitum
eineBetriebskostenabrechnungver-
loren. Für das größte privateWoh-
nungsunternehmen in Berlin
könntedasteuerwerden–weilmög-
licherweise vieleweitereMieter be-
troffensind.
„Fürunsererund82 Quadratme-
ter großeWohnung sollten wir im
Jahr 2016 in den Betriebskosten
77,68EuromehrfürdieVersicherung
zahlen–insgesamt227,33Eurostatt
149,65Euro,wieim Jahrzuvor“,sagt
MieterDetlefLangerausderWester-
waldstraße.„Dashat uns stutzig ge-
macht“, so der 73-Jährige.Erh abe
sich daraufhin denVertragfür die
Versicherungvorlegen lassen. „Da-
bei kam heraus,dass die Versiche-
rung mitten in der Laufzeit umge-
stellt worden ist:Voneiner Berech-
nung pr oWohneinheit auf dieBe-
rechnung nach Quadratmeter
Wohnfläche“, sagt Langer.Dagegen

seiermitseinerFrauvorGerichtge-
zogen–undhabeRechtbekommen.
DasAmtsgerichtentschied,dassden
Mieternder Erhöhungsbetragvon
77,68Eurozurückzuerstattensei.
„Der in Rede stehendeVersiche-
rungsvertraghatteeinefesteLaufzeit
vom1.J anuar2014biszum1.Januar
2017“, heißt es in derGerichtsent-
scheidung. Es sei „nicht ersichtlich,
dassderVersicherereinevertraglich
eingeräumte Befugnis hatte,die
Grundlage derPrämienberechnung
währendderLaufzeiteinseitigzuän-
dern“. Vonsich aus habe derVersi-
chererdenVertragnichteinfachän-
derndürfen. DeswegenseidieErhö-
hung derVersicherungsprämie un-
wirksam,sodasAmtsgericht.

Wirtschaftlichkeitistzubeachten
Seidie Änderung derBerechnungs-
grundlage auf eine Vereinbarung
zwischen demVersicherer und dem
Wohnungsunternehmen zurückzu-
führen, wärenicht ersichtlich,
warum sich die GSW darauf einge-
lassen habe.Eine Vertragsänderung
mit einer spürbarenPrämienerhö-

hung trotz fester Vertragslaufzeit
wäreein „Verstoß gegen dasGebot
wirtschaftlicher Geschäftsführung“
und verpflichte zum Schadenser-
satz,stelltdasAmtsgerichtfest.
DerAlternativ eMieter-undVer-
braucherschutzbund (AMV)zeigt
sich zufrieden. „Das Amtsgericht
Spandau hat in seinem maßgebli-
chenUrteilüber zeugendundnach-
vollziehbar begründet, warum die
aufdereinseitigenUmstellungberu-
hende Prämienerhöhung unwirk-
sam ist“, sagt der ersteVorsitzende
desAMV ,Marcel Eupen.„Zwaristdie
Entscheidung des Amtsgerichts
Spandau nur ein kleinesPuzzleteil
im Betriebskostenrecht, jedoch ein
positivesSignal für alle betroffenen
MieterinnenundMieter,dassessich
lohnt,sichseineBetriebs-undHeiz-
kostenabrechnung genau anzu-
schauenundsievonExpertenüber-
prüfen zu lassen“, soEupen. „Wir
hoffen, dass dieDeutsche Wohnen
nun freiwilligErstattungen derKos-
tender Versicherungandieübrigen
betroffenenMieterinnenundMieter
leistet und sichweitereRechtsstrei-

tigkeitenvermeidenlassen“,sagtEu-
pen. Nach seinen Angaben fordert
der AMV für zirka 50weitereMieter
ausSpandaueineRückerstattung.
DieDeutscheWohnenräumtauf
Anfrage dieUmstellung bei derBe-
rechnung derVersicherungsprämie
ein.„DamithabenwirfüralleMieter
eine faireund gerechteVerteilung
derKostenerreicht“,sagtUnterneh-
menssprecherMarkoRosteck.

Mancheprofitieren
„Bis dahin trugenMieter einerEin-
Raum-WohnungdiegleichenKosten
wiedieeinerFünf-Raum-Wohnung,
obwohldasVersicherungsrisikound
die-kostenbeieinergrößerenWoh-
nunghöhersind“,soRosteck.„Folg-
lichhabensichdieKostenfür Mieter
kleinerer Wohnungen verringert,
Mieter größererWohnungen zahlen
entsprechend mehr.“DieFrage,ob
erhöhteBeträge freiwillig zurücker-
stattet werden, beantwortete das
Unternehmen nicht.DieDeutsche
Wohnen hat bundesweit rund
165000 Wohnungen, etwa 115000
davonimGroßraum Berlin.

Mieter Detlef Langer aus Spandau hat sich gegen die Deutsche-Wohnen-Tochter GSW durchgesetzt–und bekommt Geld zurück. BERND FRIEDEL

Abgeordneter


verklagtden


Innensenator


ZahlenzuStraftatenan
SchulenunterVerschluss

D


ie Innenverwaltung will öffent-
lichkeineAuskunftüberdieZahl
derStraftatenanden689staatlichen
Berliner Schulen geben.Siesind als
„Verschlusssache –Nur für den
Dienstgebrauch“ eingestuft. Der
FDP-AbgeordneteMarcel Luthe hat
deshalbInnensenatorAndreasGeisel
(SPD) vordem Verfassungsgericht
verklagt.SeineKlage,dieeramMitt-
wocheinreichte,begründeterdamit,
dassdieVerwaltungseineparlamen-
tarischenAnfragennichtbeantwortet
beziehungsweise als „VS“ eingestuft
habe.Erf ühlt sich in seinem in der
Landesverfassung garantiertenFra-
gerechtalsAbgeordneterverletzt.
ImMaihatteLutheeineersteAn-
frage gestellt.Damals lehnteInnen-
staatssekretärTorsten Akmann eine
zurVeröffentlichungbestimmteAnt-
wortab, „da sich an den genannten
Anschriften mitunter nicht nur
RäumlichkeitenvonSchulen, son-
dernauch Privatwohnungen befin-
den“, die in den Schutzbereich des
GrundrechtsaufinformelleSelbstbe-
stimmungfielen.
Also stellteLuthe im Juni 689 in-
haltsgleicheAnfragenzujeeinerAn-
schrift. Ergingdavonaus,dassesder
Verwaltung möglich sei, jeneEinzel-
anfragen zu beantworten, die sich
nicht aufAdressen mitPrivatwoh-
nungen beziehen.Auch auf dieses
Fragenpaket antwortete dieVerwal-
tungmitAblehnung:EineVeröffentli-
chung habe auch stigmatisierende
WirkungaufSchüler,dieeineSchule
mit überdurchschnittlicher Anzahl
anStraftenbesuchen.
„Angesichts der erschütternden
BerichteDutzenderElternalleinmir
gegenüberauszahlreichenSchulen
mussdiePolitikdesfeigenWegdu-
ckenseinEndehabenundTranspa-
renzandenSchuleneinziehen“,sagt
Luthe.„Nurdannkönnenwirden
Kindernhelfenundgegendiejenigen
vorgehen,dieGewaltundMobbing
durchUnfähigkeitoderArglosigkeit
begünstigen.“(kop.)


DerMoment,


derallesänderte


PeterBrinkmannredetinFrohnauüberden9.November


VonAnne Brüning

M


anche Menschen hat der 9.
November 1989 berühmt ge-
macht. So erging es zumBeispiel
dem JournalistenPeter Brinkmann.
Denn er war es,der an demAbend
bei der legendärenPressekonferenz
im Internationalen Pressezentrum
derDDR,beideresumdasneueRei-
segesetz ging, Günter
Schabowski fragte „Wann
trittdasinKraft?“Worauf-
hinSchabowskidenvielzi-
tierten Satzsagte:„Dastritt
nach meinerKenntnis ...
Istdas sofort, unverzüg-
lich.“
Brinkmann war am
DonnerstagabendinsCen-
treBagatelleinFrohnauge-
kommen,umnocheinmal
vondiesem Abend zu erzählen. An-
lässlichdes30.JahrestagsdesMauer-
falls hatten dieBerliner Zeitung, der
FrohnauerGrundbesitzerverein und
der Frohnauer Immobilienmakler
Dirk Wohltorfzue inem Abend mit
Zeitzeugen ausBerlin undBranden-
burgeingeladen.Frohnau, ein Orts-
teil vonReinickendorf, war während
der Teilung Berlins vondreiSeiten
eingemauertgewesen. EinOrtderbe-
sonderenGeschichten.
Im Gespräch mitJochen Arntz,
demChefredakteurderBerlinerZei-
tung, erinnerte sichBrinkmann an


den Abend, an dem er mit einer
Frage an Schabowski Geschichte
schrieb .Brinkmann schilderte dem
FrohnauerPublikum, wie er gleich
danachausdemRaumeilte ,umv on
seinem Auto aus mit einem klobi-
gen, damals aber futuristischen C-
Netz-Funktelefon dieSensation in
seine Redaktion derBild-Zeitung in
Hamburgdurchzugeben. „Das
klappte aber nicht gleich,
denn es gab keinenFunk-
mastin Ost-Berlin.“
Bisheute amüsiert
Brinkmann,dassSchabow-
ski nach derPressekonfe-
renz einfach nachHause
gefahren ist. „Erhat sich
eine Flasche Bier aufge-
machtundvordenFernse-
her gesetzt“, erzählte
Brinkmann. Als Schabow-
ski dann gesehen habe,was an den
Grenzübergängen los war,habe er
seinen Fahrer zurückbeordert, um
sichzur BornholmerStraßechauffie-
renzul assen. „Erwollte eigentlich
unerkanntbleiben,aberdieLeuteha-
benihmaufdieSchultergeklopftund
ihngelobt.“WastatSchabowskidar-
aufhin?„EristwiedernachHausege-
fahren“, sagteBrinkmann schmun-
zelnd. Er selbst ist in dieserNacht
nochperTaxizur BornholmerStraße,
zum Checkpoint Charlie und zum
BrandenburgerTorgefahren. Dort
haterdieSäulendesToresumarmt.

Günter
Schabowski

DPA

NACHRICHTEN


Tödlicher U-Bahn-Stoß –
Verdächtiger gefasst

NachdemtödlichenStoßeines
MannesvordieU-BahnamKottbus-
serTorinB erlinisteinTatverdächti-
gergefasstworden.BerlinerFahnder
hättenihninEberswaldefestgenom-
men,teiltedieGeneralstaatsanwalt-
schaftBerlinamFreitagabendmit.
SeineVorführungzumErlasseines
HaftbefehlsseifürSamstagvorgese-
hen.InderNachtzu Mittwochhatte
einManneinen30-jährigenIraner
voreineU-Bahngestoßenunddabei
tödlichverletzt.EineMordkommis-
sionderBerlinerKriminalpolizei
hattenachdemTätergesucht.(BLZ)

Senatssprecherin Sünder
gibtihr Amtab

SenatssprecherinClaudiaSünder
verlässtdasRoteRathaus.Wiedie
B.Z.meldet,wirdsieabdem1.April
alsGeschäftsführerinzueinemPro-
jektentwickler
wechseln.„Es
gibtnichtden
Haucheines
Konflikts“,zitiert
dasBlattdie50-
Jährige ,dieseit
2017alsChef-
sprecherinvon
Rot-Rot-Grün
fungiert.Ihre
Vorgängerin
DanielaAugensteinwarnacheinem
Zerwürfnisentlassenworden.Eine
teureAbfindungwerdedurchden
Abgangnichtfällig.Sünderistkeine
beamteteStaatssekretärinsondern
angestellteAbteilungsleiterin.(BLZ)

Fußgänger erleidetKollaps
und wird von Lkw überrollt

InNeuköllnistamDonnerstagnach-
mittagein 57 JahrealterMannvon
einemLkwüberrolltworden.Der
MannstarbnochamUnfallort.Nach
erstenErmittlungenderPolizeihatte
derFußgängerinderEmserStraße
dasGleichgewichtverlorenundwar
aufdieFahrbahngestürzt.DerLkw-
Fahrerkonntenichtmehrrechtzeitig
bremsen.DieUrsachefürdenKreis-
laufkollapsistnochunklar.(ls.)

Senatssprecherin
Claudia Sünder

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