Berliner Zeitung - 02.11.2019

(nextflipdebug5) #1
Berliner Zeitung·Nummer 255·2./3. November 2019–Seite 17
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Berlin


AM WOCHENENDE


HinterderMaske:


KostümefürHalloweenundmehr


SchönesWochenende Seite 19


UnterderWelle:


ApnoetauchenfürSurfer


Berlin bewegt sich Seite 20


Familienausflug


Lebenim


Schloss


W


ieisteswohl,ineinemSchloss
groß zuwerden? Dasfragen
sich bestimmt viele Kinder ange-
sichts riesiger Säle,endloserFlure
und prachtvollerBilder.Einschüch-
ternd wirkenReichtum undPrunk.
Kannmanüberhaupttoben?Verläuft
mansichnachtsaufdemWegzurToi-
lette? Hatman Freunde als Königs-
kind?KommendiezuBesuch?
ZumBeispiel Friedrich II., auch
Friedrich derGroße genannt oder
„deralteFritz“.Derwarjanichtim-

merschongroßundalt.Sondernerst
einmaleinJunge,derMusikundBü-
cher liebte,von seinemVater,dem
SoldatenkönigFriedrich Wilhelm I.,
jedochmitmilitärischemDriller zo-
gen wurde.Umso mehr liebte und
verehrte FriedrichseineGroßmutter
Sophie Charlotte,wie er einFein-
geist. Siehatte das Schloss Charlot-
tenburg1699 in Auftrag gegeben,
weswegen der Stadtteil heute so
heißt.IhrenerstenNamenträgtauch
die Kammerzofe,die am Sonntag

durchdieSäle,FlureundGemächer
führtund viel darüber erzählen
kann, wie der Alltag ablief.Wiees
war,dortKindzusein.
Verlaufenwirdmansichnichtan
SophiesSeite.Aberviellernen,auch
über Friedrich den Großen und
seineOma.

Mit Kammerzofe Sophie durchs SchlossFami-
lienführung im Schloss Charlottenburg,Spandauer
Damm 20–24(TreffpunktKasseNeuerFlügel). So
15 Uhr,Eintritt 10, ermäßigt7Euro. Ab6Jahre.

VonBarbaraWeitzel

Schlossführung mit Kammerzofe Sophie SPSG/PETERADAMIK

VomHafer


gestochen


DiemeistenMenschenhabennichtdie


bestenErinnerungenanHaferbrei.So


gingesauchTinaHüttl–bissiesichim


Haferkaterbekehrenließ


BERLINER ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER BLZ/HECHER

50 m

PRENZLAUER
BERG

Haferkater

Eberswalder Str.

Pappelallee

Kastanienallee

Lychener Str

.

Topstr.

Schönhauser Allee

Danziger Str.

H


aferbrei und Hafer-
schleim lösen bei mir
Kindheitserinnerungen
aus–undnichtdiebes-
ten. Wenn mir sehr übel war,ich
nichtvomKlorunterkamundschon
gar nichts essen wollte,kochte mir
meine Mutter eineHaferschleim-
suppe mit demHinweis ,sie sei gut
für die Magenschleimhaut. Schleim
–daw ar es wieder,diesesWort,das
rein gar nichtsAppetitanregendes
hat.
DieBriten haben das besser ge-
löst:SiekochenPorridge .Dasklingt
zumindestwieeineGemüseart,und
es ist dortviel beliebter,vor allem
zum Frühstück. In
den schottischen
Highlands gibt es
seit über 25Jahren
sogar einePorridge-
WM, hier inBerlin
seit knapp fünfJah-
rendenHaferkater.
Bisher habe ich
um den Laden, der
sich auf Haferge-
richte spezialisiert,
einen Bogen ge-
macht.Dasgehtnun
nichtmehr.InB erlin
existierenzweiLäden,insechsdeut-
schen Großstädten je eineFiliale,
weiteresindgeplant.
HaferschleimalsBerlinerExport-
schlager,dasistlustig,denkeich.Die
drei Gründer waren klug genug, ihr
„signaturedish“ umzubenennen:
AufderKartestehenwederHaferbrei
noch Hafergrütz eoder garHafer-
schleim.DieverschiedenenZuberei-
tungen heißenApfelkater,Bärenka-
ter,Knusperkater undZiegenkater.
Ersterer ist bei den Anfängern, wie
die Bedienung sie nennt, sehr be-
liebt, weil der süßeGeschmack des
ApfelmusesunddieNüssedominie-
ren. Letzterer,der Herzhafte mit
Frischkäse ausZiegenmilch,Birne,
Walnüssen, Honig und Thymian,
werdesowohl zumFrühstück als
auch mittags gerngegessen, im An-
gebot sind zudemBrote und eine
Quinoa-Bowl.
DieVerstärkung,dieichzumTes-
ten mitnehmen wollte,ist abge-
sprungen,weshalb es wohl bei ei-
nem Porridge bleiben wird.Um 7
Uhrmorgens macht derHaferkater
nahe der U-Bahn Ebersw alder
Straße auf, ich bin unter den ersten
Gästen. In der folgenden Stunde
herrscht im großen Laden mit den
dicken Holztischen,Hockernund
Makramee-Blumenampelneinreges
KommenundGehen.
IchhabemichfürdenBärenkater
entschieden, der erstaunlich schön
aussieht.Erwirdwarm,leichtdamp-
fend serviert–oben drauf gestreut
sind Bananenscheiben, getrocknete

rote Goji-, Preisel- und helleMaul-
beeren sowie dunkle Chiasamen.
Aber da nn kommtsie doch, die be-
fürchtete schleimige Konsistenz –
und siehe da, sie ist gar nicht
schlimm, im Gegenteil. Überra-
schenderweiseschmecktdasSchlei-
mige,welch essichwieeineHülleum
die aufgequollenen Haferflocken
legt, eher angenehm cremig, es ist
leicht salzig und hat eine zarteHo-
nigschicht.MitbeidenGeschmacks-
richtungen, demSalzigen und dem
Süßen, wurde jedoch sparsam um-
gegangen, sie halten sich exakt die
Waage.DerHaferwir dtäglichfrisch
in der Haferquetsche geflockt und
geröstet,danneinen
Taglang mitWasser
undSalzgeköchelt.
Biss erhält der
Brei du rchdie Tro-
ckenfrüchte,die die
Süße leichtverstär-
ken, ebenso passt
die eher feste,nicht
matschige Banane
wunderbar.Schön
wären vielleicht
noch frische rote
Früchte.
Ichmuss zuge-
ben, dass derBrei bi szum letzten
Löffel schmeckt. Er wirdweder
klumpi gnochschwer,ehersogarzu-
nehmend besser,weildie Trocken-
beeren allmählich ihr Aroma abge-
ben.Zurückbleibt–zumindestnach
der kleinenPortion –auch kein un-
angenehmesVöllegefühl.
Diemeisten Gäste, merke ich,
sind Wiederho lungstäter und nicht
zum erstenMalhier.Sie haben ein
Stempe lkärtchen.Wersieben Breie
konsumiert hat,bekommteinenge-
schenkt.Auchichlassemireinesge-
ben, was ich sonst nie mache.Und
weilessogutwar,kaufeichnochei-
nenKnusperkaterimrecyceltenKar-
tonbechert ogo–fürm eineVerabre-
dung,dieabgesprungenist.

Haferkater IEberswalder Str.26, Prenzlauer Berg.
Mo–Fr 7–18 Uhr,Sa–So 8–19 Uhr
Eine kleinePortion(300 Gramm)kostet 3,80,
einegroßePortion (400 Gramm) 4,30 Euro. Brote
kosten 3,90–6,20 Euro, die Bowl 7,90 Euro.

AUFGETISCHT


Tina Hüttl
warimHaferkater.
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