Berliner Zeitung - 02.11.2019

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4 2./3. NOVEMBER 2019 2./3. NOVEMBER 2019 5


Der Autor und sein Buch:
Islamwissenschaftler
Ralph Ghadban in
seinerWohnung.
BERLINER ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER

R


alphGhadbanfährtdenComputerinsei-
nemArbeitszimmerhoch.Erzeigt,welche
Botschaften ihm Mitglieder arabischer
Clansgeschickthaben.Mails,Videos,inde-
nenihmderTodangedrohtwird,DrohungenimIn-
ternet. Der70-Jährige,derineinergeräumigenWoh-
nung zwischenTausen den Büchernüber Philoso-
phie,ReligionundMigrationlebt,stehtunterPolizei-
schutz. Ghadban veröffentlichte im verg angenen
Jahrsein Buch„ArabischeClans–Dieunterschätzte
Gefahr“.EsistinzwischeneinBestse ller.

HerrGhadban,warumwerdenSiebedroht?
EinlibanesischerFernsehsender hat mit mir ein
InterviewzumeinemBuchgeführt. Ichhabeüberdie
Kriminalität der arabischen Clans gesprochen.Das
hatangeblichdieEhrederFamilienverletzt.AlleMi-
granten versuchen,sichzuHausealserfolgreichdar-
zustellen.Unddannkommteinerundsagt:Nein,der
Reichtum,densiehaben,istgeklaut.

WasisteigentlicheinClan?
DasWortClan ist eine Bezeichnungfür eine
Gruppe,die auf verwandtschaftlicherBasisverbun-
den ist. Clans gibt es überall. Aber was den arabi-
schen Clan vonden anderen unterscheidet,ist die
Endogamie,wobei die Ehe zwischenCousin und
Cousinebevorzugtist.DerClanistsehrstarkpatriar-
chalisch.DasPatriarchatistfestgelegtimKoran.

WiewirktsichdasaufdieGegenwartaus?
Manvergisst, dass in allen islamischenLändern
das Familienrecht religiös ist. Dashat sich im Laufe
derJahrhundertenichtgeändert.DerEinzige,derdas
abgeschaffthat,warAtatürk.AbermitderRe-Islami-
sierung durch Erdogan wurde die Anerkennungdes
religiösenFamilienrechtsimJahr2017wiederinder
Türkeieingeführt.DieMuslimeinderMigration,die
keine Clans haben, finden ihreReferenz in der
Umma, der Gemeinschaftder Muslime. Manche
sprechendiesbezüglichvomMegastamm.Undbeide
Strukturen haben das Potenzial, Kriminalitätund
Terrorismuszuerzeugen.

IstderSchlussnichteinbisschenkurzgegriffen?
Diejenigen,die sich mit dem Islam am stärksten
identifizierenunddieTextedesKoranswortwörtlich
nehmen,sind total gegen unsereGesellschaft.Das
sinddieAnhängerdespolitischenIslamunddesSa-
lafismus,siesindpotenzielleTerroristen.DerDschi-
hadismuskommt aus diesem Milieu. Dertraditio-
nelle Islam, das ist Gott sei Dank die Mehrheit,ist
friedlich.Erweigertsichaber,sichzuintegrieren.Er
verlangt eine gleiche Anerkennungseiner Lebens-
weisewiediederMehrheitsgesellschaft.

ArabischeClansgibtesinDeutschlandnichterstseit
gestern.WieerklärenSie sich das plötzlicheInteresse
derPolitikdafür?
DasInteressekamdurchdieFrechheitderKrimi-
nellen. Ihre Arroganz hat so ein riesiges Ausmaß er-
reicht.EinenAngriffaufdasKaDeWe oderdenDieb-
stahleiner100-Kilo-Münzekannmannichtüberse-
hen. Undwenn die Medien darüberberichten, hat
das Einfluss auf diePolitik. Siereagiertnur,sie hat
vorherkeine Initiativeergriffen.

Schon Anfang 2003 benannte derKrimin aloberrat
MarkusHenningervomBerlinerLKAinseinemArtikel
„ImportierteKrimin alität und derenEtablierung“ in
derFachzeitschrift„Kriminalistik“dasProblem.
DiePolizeigründeteimJahr2000dieErmittlungs-
gruppe „IG-Ident“, dieversuchte,die Identität der
Straftäter festzustellen, um sie abschieben zu kön-
nen. Manhätte diesen Ansatzweiterführen sollen,
aber diePolitik hat dieseEntwicklung 2008 unter-
bunden.Plötzlichwaresverboten,ethnischeHinter-
gründezuerwähnen.Manwolltenichtdiskriminie-
renundstigmatisieren.DamithabensiedieChance,
dasProblemzubehandeln,versäumt.

WardasPhänomennichtschonimmerunterdemöf-
fentlichenunddemnichtöffentlichenRadar?Immer-
hin reistendie ersten arabischen Clans schon ab den
70er-JahrenhiereinundbegingenStraftaten.
Inden80er-JahrenwarichoftaufdenJahrestref-
fender Jugendhilfeeingeladen.Schondamalskann-
ten alle Jugendämter dieFamilien. DasPhänomen
war bekannt.Aber Praxis undPolitik sind zweiWel-
ten. Manhatte die entschuldigendeHaltung, dass
das Asylrecht es ihnen so schwer mache.Aberman
verg isst, dass die negativenBeding ungen des Asyl-
rechte salle Flüchtlinge betreffen, nicht nur diese
Gruppe.Nichtalle FlüchtlingehabeneineClankrimi-
nalitätentwickelt.

Waresn ichteinegroßeIntegrationshürde,dassesih-
nendamalsuntersagtwurde,zuarbeiten?
Siedurften arbeiten.Dassind dieseMythen, die
bisheutekolportiertwerden. DasArbeitsverbotwar
begrenzt auf ein und dann zweiJahre. Undmit der
Altfall-Regelunginden80er-Jahrenwaresvorbei,als
sie eineAufenthaltserlaubnis hatten.DieFrage ist,
warumsiejetztauchnach25,30Jahren nichtarbei-
ten:Siehabenfestgestellt,welcheVorteiledieClanso-
lidarität mit sich bringt.Diese führ tunter anderem

dazu,dasssieinnerhalbeinerkurzenZeit30,40Ver-
wandte mobilisieren können, um anderezut errori-
sieren und auch diePolizei einzuschüchtern.Wenn
Polizisten einenVerdächtigen kontrollieren wollen,
sind sie plötzlich umkreist,werden geschubst, be-
schimpft,bedroht.SosindNo-go-Areasentstanden.

InIhrem BuchschreibenSieüberdie Volksgruppeder
Mhallami, die aus arabischsprachigenGebieten in
Ostanatolien in denLibanon einwanderte und dort
isoliertund in Armut lebte.Ab 1975, nach demAus-
bruch des Bürgerkriegs, kamen sie alsFlücht linge
nachWest-Berlin.WasunterscheidetdieseGruppevon
anderenarabischenEinwanderern?
AmBeispielderMhallamiversucheich,einegrö-
ßereMigrationsfragezubehandeln,nämlichdieInte-
gration vonMenschen,diesichnichtalsIndivi duen
verstehen,sondernalsTeileiner Gruppe–seiesdie
Familie,dieReligion–ineineindividualisierteGesell-
schaft. Beiuns ist das Individuumdie Referenz für
dasgesamteSystem.Wennmansagt,dieWürdedes
Menschen ist unantastbar,meint man das Indivi-
duumimKant’schenSinnderAufklärung.Damitist
nichtdieWürdederDeutschengemeint,sondernje-
des Einzelnen. Dasist die Grundlage.Diese
GruppenhabeneineganzandereStruktur,
die Großfamilie spielt eine andere,
wichtigeRollebeiihnen.Wirhaben
daserlebtmitdenTürken,voral-
lemabden70er-Jahren,alsdie
Familienzusammenführung
nach dem Anwerbestopp
Hauptgrund für die Mi-
gration war.Dader Be-
griff der Familie posi-
tiv besetzt ist, hat
man sich gefreut,
wietolldiezusam-
menhalten.

Manhat also
nicht unter-
sucht, was das
bedeutenkann?
Erst jetzt se-
hen wir,dass
dieseSichtweise
naiv war.Als in
Schleswig-Hol-
stein40,50Men-
schen aufeinan-
der losgegangen
sind,dachteich,es
gibt keine arabi-
schen Clans dort.
Aber das waren türki-
sche Großfamilien,die
aufeinanderlosgegangen
sind.TeilederdrittenGene-
rationderTürkensinddabei,
ihreGroßfamilienzubeleben.

Siesehen die Tendenz auch bei den
Türken?
Beiallen, die aus den islamischen Län-
dernkommen,vonZentralasien bisMarokko.
DerStamm, dieGroßfamilie,ist die grundsätzliche
sozialeOrganisationindiesenLändern.DieGroßfa-
milie hat vierFormen: DieNomaden, die mit ihrem
Vieh über tausendKilometer umherziehen, haben
dieamstärkstenausgeprägteClansolidarität.Undes
gibtdie HalbnomadenamRandederWüste.Weilihre
ErträgeinderLandwirtschafteingeschränktsind,ha-
bensieauchViehwirtschaftundziehenumher,aber
nichtso weit.UndbeidiesenLeutenistdieClansoli-
daritätebenfallsstark.BeidensesshaftenBauernist
dieSolidaritätschwächer,dieFamilieistoffener.Man
heiratetinandereFamilien,umBündnissezuschaf-
fen.BeidenStädternistdieSolidaritätindenGroßfa-
milienamschwächsten.Aberdie Wohnviertelinden
StädtenimOrientrichtensichdennochnachGroßfa-
milieundAbstam mung.

SinddieMhallami-Clans,dieunshierinDeutschland
beschäftigen, noch abgeschotteter als anderearabi-
scheGroßfamilien?
Siegehören zu denHalbnomaden.DerUnter-
schiedistdieClansolidarität.BeidenNomadenund
Halbnomadenistsieextrem,siewirdmitder Blutra-
chezementiert.DieBlutracheführtdazu,dassdasIn-
dividuumzuderGruppegehörtundsich vonderAu-
ßenwelttotalabgrenzt.WennjemandausderGruppe
angegriffenwird,danndürfensiejedenvonderan-
deren Gruppeangreifenundbelangen.BeidenBau-
ernund den Städternhat man keineBlutrache .Die
Palästinenser gehören zu denBauernund die Liba-
nesen zu denStädtern. DerGradder Integration ist
beiden PalästinensernunddenLibanesenhöher,bei
denMhallamigleichnull.DochauchbeidenTürken
sindnach50Jahren MigrationnichteinmaldieHälfte
integriert.

Ihrer MeinungnachbefördertderIslamdieseStruktu-
ren?
InkeinerReligioninderWeltwir ddasThemaFa-
miliesoumfassendbehandeltwieimKoran,dereine

patriarchalischeStrukturdurchsetzt.DieVorstellung
vondieser Struktur im Koranund im Islam ist sehr
starkvon diesem islamischenStammesverständnis
geprägt.
Nehmen wir im islamischenRecht die Sache mit
demTotschlagoderMord.Beiunsgibteseinöffentli-
chesInteresse ,dieStraftatohneRücksichtnahmeauf
dieWünschederAngehörigenderGetötetenzuver-
folgen. Im Is lam wir dMordals Verlust für eine
Gruppe dargestellt.Eine Blutrache auf eigeneFaust
erlaubtderIslamallerdingsnicht.DerStaatmussei-
nenordentlichenStrafprozessdurchführen.Aberdie
Entscheidung bleibt den Angehörigen überlassen.
Entweder verlangensiedieTötungdesMördersoder
sie sind mit einerEntschädigung zufrieden, dann
kommt der Täter frei.Dasist das besteBeispiel für
Stammesverhältnisse,dieinsislamischeRechtüber-
nommenwordensind.HinzukommendasErb-und
dasFamilienrechtsowiedieEndogamie.InallenZivi-
lisationengehtdieErbschaftvertikalaufdieKinder;
imIslamgehtsieinalleRichtungen.WennzumBei-

spiel der Mann stirbt und keineKinder hat, beerbt
ihn seineFrau nicht ganz.EinAnteil geht an seine
Brüder.DasEigentumwirdsoi nnerhalbderGroßfa-
milierecyce lt.AlledieseElementeführendazu,dass
man die arabisch-islamischeFamilie sehr schwer
knackenkann.

In IhremBuch schreibenSie, dass die ethnisch-reli-
giöseKriminalitätmitihrerEinbettungindieislami-
sche Parallel gesellschaft gefährlicher sei als die übli-
cheorganisierteKriminalität.
Janatürlich,dieGefahristenorm.Siefrisstunsere
Gesellschaft.DieClansbetrachtendasGanzehierals

Beuteg esellschaft.IhrHorizontbeschränktsichaber
aufihr eFamilie.DerHorizontvielerMuslimeistda-
gegendieGemeinschaftderMuslime,undd ieistin-
zwischenriesig. Dasist un ser Hauptproblem. Die
ersteForderung vonmuslimischenVerbändeninEu-
ropawar1974inGroßbritanniendieEinführungdes
islamischenFamilienrechts.Dorthaben wir inzwi-
schen über hundertSchariagerichte,angesiedelt in
denMoscheen.

DerStaat sieht dieIslamverbände alsPartner.Ist es
nicht wichtig, mit ihnen einenDialog zu führen, um
FortschrittebeiderIntegrationzuerzielen?
Ichwar 2006 Mitglied der erstenIslamkonferenz
und saß in der Arbeitsgruppe „Islamismus undSi-
cherheit“.DreiJahrelanghabenwirmitdenVertre-
ternderVerbändediskutiert,diehabendenBegriff Is-
lamismus abgelehnt.Daswar vergeudete Zeit, man
ist zu keinemErgebnisgekommen.Ichwar auch
skeptisch,dass man mit Leuten redet, dievomVer-
fassungsschutzbeobachtetwerden.EswareinBluff,
wasichvonAnfanganvermutethabe,weilderpoliti-
scheIslameineAgendahat.DerIslamisteinepoliti-
sche Religion, wenn man ihn wörtlich nimmt.Das
wirdnicht ausreichend wahrgenommen.Die
Sprüche vomDschihad kommen alle aus
dem Koran: „Undwenn die heiligen
Monate vorbei sind, tötet dieUn-
gläubigen überall, wo ihr sie fin-
det.“ DieIslamisten und der
politischeIslam haben alle
Reformversuche der letz-
ten 150 Jahreind er isla-
mischenWelt rückgän-
gig gemacht undver-
stehen den Koran
wiederwörtlich,mit
den Konsequen-
zen, die wir ken-
nen.

BerlinsRegieren-
der Bürgermeis-
tersprachaufei-
ner Kundge-
bungfürdieOp-
fer des
Anschlags vom
Breitscheidplatz.
An dieser Kund-
gebungnahm
auchderImamd er
Neuköllner Begeg-
nungsstätte teil,die
Verbindungen zur
Muslimbruderschaft
habensoll.Wardasnicht
imSinneeinesDialogs?
Daswar ein Fehler. Und
ein Zeichen vonIgnoranz.
Dasist entstandendurch eine
ideologisiertePolitik,diemitMul-
tikultizutunhat.Multik ultigehtvon
derPrämisse aus:Wenn ich meinen
Feindumarme ,wirderf riedlich. Dashatsich
nirgendwoinderGeschichteundinderWeltbe-
wahrheitet.Aber diese Attitüde wird weiter verfolgt.
Siewurde zueine rPolitik desfrüheren Innensenators
Körting.ErhatdiesalafistischeAl-Nur-Moscheebe-
sucht.

DieStrategie war:Lieber mi tihnen reden, be vorsie
sichüberhauptnichtmehrzurGesells chaftzugehörig
fühlen.
Daswar falsch. DieAl-Nur-Moschee is tein Hort
derIslamisierungundRadikalisie rung.KörtingsVor-
gehenhatdieArbei tderVerfassungsinstitutionenins
Leerelaufen lassen.MitdieserirrsinnigenPoliti kwird
unsereDemokratiegeschwächt.

InIhremBuchkritisierenSiedenMultiku lturalismus.
WasstörtSiedaran?
DieDemokratieistVielfaltau fgemeinsamerBasis,
nämlic hder Basis de rMensc henrechte ,die ih ren
Ausdruckin derVerfassungfindet.Multik ultiis tauch
pluralistisch, ohne gemeinsamenNenner. DieMen-
sche nrechte werden vonden Multik ulturalisten als
Produkt derwestlich-c hristl ichenKultur betrachtet.
DasistKultur relativismus.ImVorde rgrundstehtRe-
spek tundAne rkennungderKulturen,weilalle Kultu-
rengleichwertigseien, wasfalsch ist,weil nicht alle
Kulturen dieMenschenrechte anerkannthaben –
etwa Iranoder Saudi- Arabien. Beides sind Scharia-
Staaten. DieIdeol ogie desMultikulturalismus
stammt vondem Philosophen CharlesTaylor.Seine
These: Derliberale Individua lismusführtdazu,dass
derMensc hder Befrie digung seinerBedürfnisse
nachgehtunddurchdieKonsumweltentfremdetund
amoralischwird.Daskönnemankorrigieren,indem
manaufalteStrukturen zurückgreift,nämlichdieGe-
meinschaft,dieeineauthentischeIdentitätundeine
gute Sittlichkeitliefere. Dasgeht einher mitEin-
schränkungen der individuellenFreiheit, aberführt
zurAufhebun gderEntfremdung.Taylorbenutzteine
marxistischeTerminologie ,die er jedoch totalum-
formt. Ichbin derAuffassung,Multik ulti is tkeine

Ralph Ghadban...


... wurde1949 im Libanongeborenu nd studiertevon
1966 bis 1972 Philosophie in Beirut. 1972 siedelte er
nach West-Berlin über und studierte Islamwissenschaften.
Er promovierte alsPolitologe.

... leistetevon1977 bis 1992 Sozialarbeit mit
arabischen Berlinern, unter anderem als Leiter der
Beratungsstelle für Araber beim DiakonischenWerk.
Seit 1992 ist er in der Migrationsforschung mit dem
Schwerpunkt Islam in Europa tätig.

... istunter anderem Gründungsmitglied der Initiative
säkularer Islam, etwa zusammen mit dem Grünen-Politiker
Cem Özdemir,der Frauenrechtlerin Seyran Ates, dem
Psychologen Ahmad Mansour,der Psychologin Lale
Akgün und demPolitologen Hamed Abdel-Samad.

linke,sonderneinereaktionäreIdeologie,gerichtet
gegendenliberalenIndividualismus.

HabenSiekeineAngst,fürIhreAussagenBeifallaus
derrechtenEckezubekommen?
DieseFragehörtmanimmerwieder.Siebezweckt
die UnterdrückungderI slamkritik undverrät im
Grunde genommen eine antidemokratischeHal-
tung.DieDiskussiongehörtzurDemokrat ie,dieBe-
handlungsensiblerThemengehörtzurMittederGe-
sellschaftunddarfnichtihrenRändern,wederrechts
noch links,überlassenwerden.Ich war in den 90er-
Jahren einer der ersten KritikervonMultikulti.Ich
warder Erste,dervonParal lelgesellschaftengespro-
chenhat.Auchder Erste,derau fdieClankriminalität
hingewiesen hat.Ichhabemich vonideologischen
Lasten nicht beirren lassen und mich stets an den
Faktenor ientiert.

Diearabischen Clans sind mittlerweile in Berlin fest
verankert.WaskannderStaatjetztnochtun,umdort
denFußindieTürzubekommen?
Manmuss die ideologischeBrille abnehmen.
Wen neine bestimmteGruppe überproportional
kriminell ist, muss man sie beimNamennennen.
Ichschätzesehrdie ArbeitvonInnensenatorGei-
sel.ErgibtsichrichtigMüheimVergleichzuseinen
Vorgängern. Er hat aber keineUnterstütz ung von
seinenKoalitionspartnern.SeinHauptwidersacher
istdergrüneJustizsenator.Erh atdenBegri ffClan
bisheutenichtakzeptiert.UnddieSozialsenatorin
vonderLinksparteiverhindertdiegese tzlich veran-
kerte Arbeit derPolizei und dieAbschiebungen Kri-
mineller.

InzwischenveranstaltenPolizeiundBezirkejedeWo-
che gemeinsameEinsätzegegen Clankriminalität.
Shisha-BarsundCaféswerdendurchsucht.Istdasder
richtigeAnsatz?
Dasmuss man machen.Mandarfdie Gruppen
nichtin Ruhelassen.WasdieGruppezusammenhält,
istder Profit.Solangeessichlohnt,kriminellzusein,
werden si ekr iminell bleiben.DieAktion der Polizei
reicht allerdings allein nicht.Entsch eidender ist die
AktionderJustiz.Seit2017hatsieeinInstrument,das
Vermögensabschöpfungsgesetz.Aberda sGesetz,das
eigentlich dieUmsetzung einer EU-Richtlinie ist,
wurde inDeutschlandverwässe rt.Ind em Gesetz
stehtkeinedeutlicheBeweislastumkehr.Daher istzu
befürchten, dass die 77 beschlagnahmtenImmobi-
lien derFamilieRemmo nicht eingezogen werden
könnenunddassderSta atsieirgendwannzurückge-
benmuss,weilernachw ievorbewei senmuss,dass
essichumDiebesguthandelt.DieRemmosbehaup-
ten,das Geldkommtausd emLibanonundauslega-
len Geschäften, und aus dem Libanon können sie
sichallemöglichenDokumenteholen.

AllerdingsgiltauchdieUnschuldsvermutung,dieim
Grundgesetzgeregeltist.
Ja,aber das darfnicht zur Verdummung führen.
Wenn jemand sein ganzes Leben nie gearbeitet hat
und einriesiges Eigentum besitzt, muss man das
Rechthabenzufragen,wohereskommt.Italienhat
dasvorg emachtundüber3000Mafia-Firmeneinge-
zogen.

DieBundestagsabgeordneteUllaJelpkevonderLinks-
parteinanntekürzlichdieVerfolgungderClans„ras-
sistisch“undforderteeinEndeder„Dreckskampagne“.
WassagenSiedazu?
DasisteingutesBeispielfüreineverantwortungs-
lose Haltung, bedingt durch die ideologischeBrille.
Wasmichdabeivorallemstört,ist,dasseszueinerZeit
geschieht, in der dieVerantwortlichenvorOrt,der
Neuköllner BürgermeisterHerr Hikelund sein Stell-
vertreterHerr Liecke,sehr intensiv am selbenStrang
ziehen,umdieProblemedesBezirkszulösen.DieIn-
terventionvonFrauJelpk eisteinAktderSabotage.

In Ihrem Buch schreibenSie, dass man nur über die
Frauen an die Clansrankommenkann. KönnenSie
dase rläutern?
ImLibanonhatdieGroßfamilieeineSchutzfunk-
tion. Hier imWohlfahrtsstaatwerden alle dieseAuf-
gabenvomStaatübernommen.Eigentlichsolltesich
derClanauflösen.Aberdie Solidaritätwirddurchdie
Endogamie aufrechterhalten. Sieist in Berlin hun-
dertpr ozentig und höher als im Libanon.Daskann
mannurdurchZwangsehen,durch Heiratmit Min-
derjährigenerreichen.DassindbeidesStraftaten.Bei
Islamistenistesgangundgäbe.DieUnterdrückung
derFrauistentscheidendfürdenZusammenhaltder
Gruppe.Das findet statt inZusammenarbeit mit
manchenMoscheen,diesolchereligiösenEhenund
Familienberatung durchführen.Seit Jahren spreche
ichvonAussteigerprogrammen.DiegibtesfürJungs,
aber für die Mädchen gibt es gar nichts.Wenndie
Frauen rebellieren, dannzerfällt die Clanstruktur,
unddie Integrationwirdmöglich.

AndreasKopietz
glaubt, dass Clankriminalität auch das Ergebnis
falschverstandenerToleranz ist.

Interview:AndreasKopietz


DerIslamwissenschaftlerRalphGhadban


hateinBuchüberarabischeClansgeschrieben.


ImInterviewsprichterüberIntegrationunddie


BlindheitderPolitikimUmgangmit


islamischerKriminalität


Unter


uns

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