Süddeutsche Zeitung - 06.11.2019

(Tina Sui) #1

Mit der Ernennung von Hansi Flick geht
der große FC Bayern ein Risiko ein. Nörgler
und Niezufriedene, und von denen gibt es
im Umfeld des Vereins ein paar, mögen ein-
wenden, dass der Vorname des neuen Chef-
trainers ausgerechnet an jene Wellensit-
tich-Unterart erinnert, die am zierlichsten
und kleinsten gewachsen ist, den Hansi-
Bubi-Wellensittich. Der Website „Wellen-
sittich Infoportal“ ist zwar zu entnehmen,
dass der Hansi-Bubi ein „Akrobat der Lüf-
te“ sei, aber das hilft wenig, auch einge-
denk der Tatsache, dass der Konkurrenz-
verein TSV 1860 über einen Löwen als Wap-
pentier verfügt. Schwerer wiegt, dass dem
Portal sittiche.de zufolge „Hansi“ das Ran-
king der Sittichnamen zwar 2001 anführte,
2011 aber schon nicht mehr in den Top Five
vertreten war. Außerdem ist beim FC Bay-
ern die Tradition, Trainer zu berufen, de-
ren Namen mit einem i verniedlicht wer-
den, eher unterentwickelt. Es gibt Franz,
Ottmar, Jupp und Pep. Und dann gibt es
Klinsi, wir wissen ja, wie das ausging. Das i
als Diminutivsuffix, wie die Linguisten sa-
gen, führt uns gedanklich zurück in die
Schulzeit, als Basti und Flori auf dem Bolz-
platz kickten und unter der Schulbank von
der Susi oder der Steffi heimlich ein Brief-
chen zugeschoben bekamen, mit den drei
Optionen ja, nein, vielleicht. Heute würde
die Jugend wohl sagen, das i, so schmal
und schmächtig wie es dasteht, sei der
Lauch unter den Buchstaben, aber damals,
süß und unschuldig wie sie waren, ersetz-
ten sie den i-Punkt durch ein Herzchen.
Wer weiß, wenn Hans-Dieter Flick die
nächsten Spiele gewinnt, vielleicht kommt
diese Zeit zurück. oli klasen


Die Insolvenzauflagen gegen den ehemali-
gen Tennisprofi Boris Becker sind um
zwölf Jahre verlängert worden. Das teilte
die staatliche Insolvenzbehörde auf der
Webseite der britischen Regierung mit. Als
Begründung für die Verlängerung der In-
solvenzauflagen hieß es, der dreimalige
Wimbledon-Sieger habe Transaktionen
aus der Zeit vor und nach dem Insolvenz-
verfahren in Höhe von 4,5 Millionen Pfund
(umgerechnet rund 5,2 Millionen Euro)
nicht ordnungsgemäß gemeldet.
Üblicherweise würden Insolvenzbe-
schränkungen nach einem Jahr aufgeho-
ben, heißt es in der Mitteilung der Behör-
de. Das Verhalten von Boris Becker habe
aber dazu geführt, die Auflagen nun zu ver-

längern, "um zu verhindern, dass Herr Be-
cker Gläubigern weiteren Schaden zufügt".
Weiter teilte die Behörde mit: "Insolvente
Personen haben die Pflicht, voll mit ihrem
Insolvenzverwalter zu kooperieren." Wo
das nicht geschehe, "muss eine Insolvenz-
beschränkung in angemessener Länge die-
ses Verhalten reflektieren."
Demnach muss sich Becker bis zum 16.
Oktober 2031 bestimmten Einschränkun-
gen für zahlungsunfähige Personen in
Großbritannien unterwerfen. Dazu gehört
beispielsweise die Pflicht, ab einer Darle-
henshöhe von 500 Pfund (ca. 580 Euro)
den Darlehensgeber über seinen Status zu
informieren. Becker war 2017 für zahlungs-
unfähig erklärt worden. sz

von oliver meiler

F


ünfzig Meter noch, eine Brücke,
dann kommt die Engelsburg. Sie
steht da vorne im sanften Herbst-
licht, eine wuchtige Zeugin ferner Zeiten.
Da zieht es alle hin, den reißenden Strom
der Touristen, der sich durch Rom bricht,
von der Piazza Navona über den Tiber und
rüber zum Petersplatz. Die Chinesen etwa,
es sind jedes Jahr mehr. Sie kaufen in den
Läden anderer Chinesen Andenken, billi-
gen Kram, kleine Kolosseen aus Kunstharz
zum Beispiel, Made in China. Ein engli-
sches Paar trägt Strandlatschen, als wär’s
immer Sommer, muss ja: im Süden. Auch
eine Schulklasse aus Frankreich ist da, selt-
sam still.

An der Via del Banco di Santo Spirito
kommen sie alle am Antico Caffè di Marte
vorbei, einem unscheinbaren Lokal. Neu-
lich aber war es weltweit in den Schlagzei-
len. Zwei japanische Touristinnen hatten
da, wie sie sagen, für zwei Teller Spaghetti
mit etwas Fisch in Folie und eine Flasche
Wasser 429,80 Euro bezahlt. Darin enthal-
ten: 80 Euro Trinkgeld. Sie posteten den
Kassenzettel auf Facebook, er ging schnell
viral. Eine Touristenfalle im Quadrat.
„Das ist die Version der Japanerinnen“,
wird Sandro Rullo gleich sagen, ein Mann
mit Schal und verrauchter Stimme. „Die
Medien hatten ihre Freude.“ Der Italiener

führt das Lokal, der Besitzer ist Chinese.
Die Globalisierung, sie treibt nun mal er-
staunliche Blüten.
Das Antico Caffè di Marte ist ein Restau-
rant mit wenigen Tischen und bordeauxro-
ten Papierservietten. Früher war es mal ei-
ne Bar. Die lange Theke haben sie einfach
stehen lassen, mitten im Saal. Immer mehr
Bars in Rom wandeln sich zu Restaurants,
über Nacht, die Margen sind viel höher.
Gleich neben dem Eingang, gut sichtbar
für die Passanten, haben sie einen Glaskas-
ten hingestellt mit dem täglichen Angebot
an Fischen und Krustentieren, „fresh“.
Heute liegen da zwei Seebarsche, ein Stein-
butt, ein Haufen Scampi. Rullo ist stolz dar-
auf, „freschissimo“, sagt er. Zwei Kellner
stehen auch noch da, sie sollen die Touris-
ten ins Lokal locken. Die Italiener haben da-
für einen hübschen Begriff: „buttadentro“,
Reinschmeißer.

Das Antico Caffè di Marte öffnet schon
morgens um sieben Uhr, serviert Pilgern
Frühstück, später Mittagessen, dann
Spritz zum Aperitivo, danach Abendessen
bis spät. Reinschmeißen, rund um die Uhr.
Die zwei jungen Japanerinnen schauten
am Mittag vorbei: 14 Uhr. So steht es auf
dem sonst informationskargen „Scontrino
pazzo“, dem verrückten Kassenzettel, wie
die Italiener immer sagen, wenn wieder
ein Gast besonders dreist reingelegt wur-
de. Nicht selten trifft es Asiaten, oft Japa-
ner. In der pauschalen Wahrnehmung sind
Japaner besonders kaufkräftig, höflich
und nicht sehr sprachgewandt. Die Satire-
sendung „Striscia la Notizia“ auf Canale 5
führt die Fälle immer gerne vor, empört
und belustigt zugleich. Mal waren es 82 Eu-
ro für zwei Hamburger und zwei Tassen
Kaffee, mal 204 Euro für Chicken Wings
und Pommes. Rom ist berüchtigt.
Aber 429,80 Euro? Sandro Rullo erzählt,
die Japanerinnen hätten eben auch eine
Fischplatte vom Grill bestellt, eine Aus-
wahl aus dem Glaskasten neben der Tür.
Es steht Aussage gegen Aussage, ohne Aus-
sicht auf Auflösung. Beim frischen Fisch
bezahlt man nach Gewicht, so steht es auf
der Speisekarte. „Vielleicht dachten sie,
das koste sie 200 Euro, jetzt kostete es halt
400“, sagt Rullo und bemüht einen nicht
ganz artverwandten Vergleich. „Wenn du
in einen Sportladen gehst und das neueste
Modell von Nike willst, kostet das nicht 120
Euro, sondern 200.“ Trinkgeld sei freiwil-
lig, sagt Rullo, beim Zahlen frage er jeweils

die Kunden, ob sie lieber zehn oder zwan-
zig Prozent geben wollten. 80 Euro sei gar
nicht so viel, es gebe auch „viel, viel höhe-
res“ Trinkgeld.
Der Fall beschäftigte auch den römi-
schen Gewerbeverband, man bangt natür-
lich um den Ruf der gesamten Branche.
„Wir haben nachgerechnet“, sagt Luciano
Sbraga, Vizedirektor und zuständig für
Restaurants und Bars. „Bei diesem Preis
müssten die Japanerinnen zusammen et-
wa fünf Kilogramm Fisch gegessen haben.
Und das ist nun wirklich beschwerlich,
wenn nicht ganz unmöglich.“ In einem Res-
taurant mit korrekter Bedienung, sagt er,
erfahren die Gäste Gewicht und Preis des
Fisches, bevor er auf dem Grill landet. Das
Trinkgeld sei unerhört. In Italien darf von
Gesetzes wegen kein Trinkgeld verlangt
werden.
Dann rät er noch dringend zu vermeint-
lich banalen Reflexen, etwa: Speisekarten
im Aushang studieren, wunderlich über-
triebene Rechnungen zurückweisen, im
Zweifelsfall die Polizei rufen, eher Restau-
rants außerhalb des historischen Zen-
trums wählen. Mehr Tipps mag Sbraga
nicht geben, sein Verband hat schließlich
viele Mitglieder, alles Gastgeber. Das Anti-
co Caffè di Marte gehört nicht dazu.

Touristenfallen sieht man es nicht unbe-
dingt an, dass sie solche sind. Ein paar
Grundregeln gibt es aber schon, alle mit
Ausnahmen. Meiden sollte man Lokale mit
Warteschlangen davor, auch wenn die Kell-
ner den Wartenden neuerdings Prosecco
in Plastikbechern reichen. Die müssen
nicht schlecht sein. Aber sind sie tatsäch-
lich so gut, wie es ausländische Influencer
ihren Followern glauben machen? Römer
jedenfalls stehen nicht Schlange, wenn sie
nicht müssen. Trattorien mit Reinschmei-
ßern wiederum brauchen genau das: Rein-
schmeißer. Rotweiß karierte Tischtücher
sind selten ein Zeichen für echte Tradition,
sondern eher für billige Folklore. Lokale
hingegen, die ihre prominentesten Gäste
fotografieren und die Bilder dann gerahmt
an die Wände hängen, sind oft wunderbar.
Das Antico Caffè di Marte hat Bilder von
Rom an den Wänden hängen, ziemlich kit-
schige. Es ist aber wieder gut besetzt,
schon um 11.30 Uhr ist das Lokal halb voll.
„Drei Tage lang war es schwierig“, sagt Rul-
lo. „Da kamen mehr Reporter als Kunden.“
Jetzt aber, behauptet er, laufe es so gut wie
nie zuvor.

Grelle Lichter strahlen von der Decke, eine
Neonröhre flackert. Raschelnde Plastiktü-
ten, Menschen wuseln durcheinander,
schieben Wagen hin und her. Im Hinter-
grund dudelt es aus den Musikboxen, eine
Kasse piept. Inmitten dieser Eindrücke
steht ein kleiner Junge. Er sieht aus, als hät-
te er gerade einen Horrorfilm gesehen.
Der Junge spürt eine Reizüberflutung,
eine mögliche Folge von Autismus, darge-
stellt in einem Video der britischen Natio-
nal Autistic Society. Die Kernaussage des
Films: Alltägliche Situationen wie Einkau-
fen können für Menschen mit Autismus ei-
ne Herausforderung sein. „Das menschli-
che Gehirn ist eigentlich dazu ausgelegt,
überflüssige Reize zu filtern, und zu versu-
chen, sich auf das Wesentliche zu konzen-
trieren“, sagt Fabian Diekmann, Fachrefe-
rent des Bundesverbands Autismus
Deutschland. Bei einigen Autisten funktio-
niert das nicht. Alles dringt ungefiltert ins
Gehirn vor: die bunten Lichtelemente, die
die Lebensmittel in Szene setzen sollen.
Die Musik, die den meisten Kunden eher
als harmloses Hintergrundgeräusch auf-
fällt, das Piepen der Kasse. Die Sinneskanä-
le eines Autisten kann das überfordern.
Die größte Supermarktkette Neusee-
lands, Countdown, testet deshalb seit ei-
nem Jahr in zehn Filialen die „Quiet Hour“,
die „Stille Stunde“. Die kam so gut an, dass
es von jetzt an in allen 180 Läden einmal in
der Woche eine Stunde lang ruhig werden
soll. Dazu dimmen die Mitarbeiter das
Licht, die Musik schalten sie ganz aus. Sie
räumen in dieser Zeit keine Waren ein,
schieben keine Einkaufswagen-Kolonnen
durch die Gänge, überhaupt sollen sich auf
den Fluren nur so viele Angestellte bewe-
gen, wie unbedingt nötig ist.
Kiri Hannifin ist bei Countdown für die
Themen Sicherheit und Nachhaltigkeit zu-
ständig. Sie spricht am Telefon von einem
„ruhigen, entspannten Erlebnis“ für die
Kunden. Eine Mitarbeiterin mit einem au-
tistischen Sohn habe die Idee gehabt, und
die Supermarktkette hatte daraufhin das
Gefühl, als „freundliches und inklusives
Unternehmen“ etwas ausprobieren zu
müssen, erzählt Hannifin. Eine gute Akti-
on, findet Autismus-Referent Diekmann.
Allerdings müssten sich die Stillen Stun-
den noch entwickeln, er sagt: „Das ist
nichts, was man den Supermärkten vor-
schreiben sollte.“
Einige Läden in Großbritannien und Po-
len haben das Konzept der Stillen Stunde
schon eingeführt, in Deutschland ist eine
Debatte um den Supermarkt als inklusi-
ven Ort noch nicht angekommen. Im La-
dendesign im Einzelhandel geht es um „au-
diovisuelle Einkaufserlebnisse“, Dienstleis-
ter, die große Supermarktketten zu ihren
Kunden zählen, sind stolz darauf, alle Sin-
ne des Einkaufenden anzusprechen.

Bunte Signalfarben und blecherne Klän-
ge aus den Boxen können auf jeden Super-
marktbesucher manchmal anstrengend
wirken. Das ist allerdings bis ins Detail ge-
plantes Ladendesign. Gemüse steht oft vor-
ne im Eingangsbereich, es wird mit war-
mem, gelblichem Licht beleuchtet, das die
Waren frisch wirken lässt. Verlockend
frisch. Werbetafeln in grellen Farben len-
ken die Blicke auf sich und signalisieren
„Angebot“: Schnell zuschlagen, solange
der Vorrat reicht. Gleichzeitig kündigt eine
tiefe Stimme aus dem eigens für den Super-
markt konzipierten Radio die Weißwurst
zum Schnäppchenpreis an.

Ein Supermarkt ist ein Gesamtkonzept,
alles ist aufeinander abgestimmt. Wolf-
gang Gruschwitz, Geschäftsführer der
Gruschwitz GmbH, die sich als führendes
internationales Design- und Realisierungs-
büro für Verkaufsräume versteht, sieht we-
nig Bedarf, die Läden ruhiger zu machen,
man müsse eher das Erlebnis steigern.
Licht könne sich auf die Stimmung der
Kunden natürlich auswirken, blaues, kal-
tes Licht zum Beispiel aktiviere die Leute,
und das verursache Stress. Sie fühlen sich
gehetzt. „Das sollte man in bestimmten Be-
reichen vermeiden, besonders im Kassen-
bereich.“ Gerade dort soll der Kunde ja
noch mal in die Regale greifen. Dass wäh-
rend der Stillen Stunde auch das Licht her-
untergeregelt wird, kritisiert Gruschwitz:
„Wenn ich weniger Licht reinbringe oder
Licht dimme, sehen die Leute weniger,
dann fühlen sie sich unsicher.“ Gerade älte-

re Leute, die nicht mehr so gut sehen, seien
dann wiederum im Nachteil.
In sozialen Medien und Blogs äußern
Nutzer wiederum ganz andere Kritik: Eine
Stunde pro Woche, während der auch noch
viele Menschen arbeiten müssten, das sei
zu wenig. Hannifin kann diese Kritik nicht
verstehen. Mit ihrem Team hat sie sich für
die Konzipierung mit Autism New Zealand
beraten, dem größten neuseeländischen
Verband für Autisten. „Viele unserer Kun-
den kommen, nachdem sie ihre autisti-
schen Kinder von der Schule abgeholt
haben“, sagt sie. Daher habe man sich ent-
schieden, am frühen Nachmittag Ruhe ein-
kehren zu lassen.
Letztlich richte sich das Angebot aber
an alle Kunden, betont Hannifin immer
wieder. In den Testläden habe man nicht
nur von Autisten positive Rückmeldungen
bekommen, sondern auch von älteren Ein-
käufern oder Menschen, die an Angststö-
rungen leiden. Für sie sei der Wochenein-
kauf bislang ein Stressfall gewesen: Sie hät-
ten den Supermarkt betreten und zu den
erstbesten Produkten gegriffen, um den
Laden schnell wieder verlassen zu können.
Manche gingen auch gar nicht mehr in die
Märkte, sondern bestellten nur online.
Autismus-Experte Diekmann erinnert
sich an einen eigenen schrecklichen Besuch
im Supermarkt: Technoschlager dröhnte
aus den Boxen. Er sei sofort umgekehrt.
Müssen Einkaufszentren und Super-
märkte wirklich ständig an die Sinne der
Einkaufenden appellieren? Das sei doch
für viele Menschen anstrengend, unabhän-
gig vom Gesundheitszustand, sagt Diek-
mann. Im besten Fall also ist es beim Super-
markt irgendwann genau so wie an vielen
anderen Orten der Inklusion: Am Ende ha-
ben alle was davon. natascha holstein

STILKRITIK


Das Schlager-Duo Sigrid & Marina hat
geradeseine neue DVD veröffentlicht.
Sie heißt: „Heimatgefühle von Herzen –
Halleluja der Berge“. Gut, da weiß man
wenigstens gleich Bescheid. Heimat
gleich Gefühle gleich Herz gleich Hallelu-
ja gleich Berge gleich Sigrid gleich Mari-
na. Da bleiben echt keine Fragen offen.
Wenn hingegen die Deutsche Post –
wie gerade wieder – ihren jährlichen
„Glücksatlas“ vorstellt, so fragt man
sich schon: Was, bitte, hat die Post mit
Glück zu tun? Ein paar Tausend Men-
schen wurden auch heuer wieder be-
fragt: „Wie zufrieden sind Sie gegenwär-
tig mit Ihrem Leben?“ Ergebnis: Schles-
wig-Holsteiner sind besonders zufrie-
den, Brandenburger eher nicht. Doch
insgesamt wirkt Deutschland schon
recht aufgeräumt (7,14 von 10 Punkten),

je nach Auslegung könnte das für An-
spruchslosigkeit, Realitätsverlust, Dro-
genmissbrauch oder Fatalismus spre-
chen. Bei der Vorstellung des recht ober-
flächlichen Berichts in Berlin jedenfalls
(weiteres Fazit: „Arbeiten in geschlech-
tergemischten Teams erhöht die Arbeits-
zufriedenheit“) nahm ein lächelnder
Post-Vorstand den Atlas von einem lä-
chelnden Wirtschaftswissenschaftler
entgegen. Zwei Männer vor einer gelben
Wand. Dabei sehen die Briefmarken der
Deutschen Post mittlerweile so langwei-
lig aus wie die Preisetiketten im Kühlre-

gal. Der Postkasten wird auch immer lee-
rer, meist findet sich darin abends nur
ein Abholschein, weil wieder niemand
aufgemacht hat, als der DHL-Bote was
abzugeben hatte. Post, das ist doch eher
Stress, Unterbezahlung, Abholwahn-
sinn und schlechtes Gewissen für den In-
ternet-Einkauf. Dabei war da mal was,
mit Post und Glück und so. Als Liebes-
briefe noch aufwendig gestaltet wur-
den, der Paketzusteller noch viel Zeit
mitbrachte und nicht Instagram-Bilder,
sondern Postkarten von fernen Welten
erzählten. Als im Fernsehen der Glücks-
postbote Walter Spahrbier hieß und den
Zuschauern Geld und Geschenke brach-
te – 30 Jahre lang. Da brauchte niemand
groß zu betonen, dass die Farbe des
Glücks Gelb ist. Postgelb!
„Ich bin überzeugt, dass nur zufriede-
ne Mitarbeiter, die faire Arbeitsbedin-
gungen vorfinden und angemessen be-
zahlt werden, unseren Kunden die Top-
Leistungen liefern können, die sie ver-
dienen“, hat der „Personalvorstand und
Arbeitsdirektor von Deutsche Post DHL
Group“ bei der Vorstellung des Glücksat-
las gesagt und die Erhöhung des Frauen-
anteils in Führungspositionen von 22
auf 30 Prozent in den nächsten fünf Jah-
ren versprochen. Ein echter Glückskon-
zern also, die Deutsche Post.
Wen das jetzt nicht happy macht, der
muss sich halt noch ein bisschen be-
mühen, beim „Positive Thinking“. Wie
singen Sigrid & Marina so schön? „Wer
lacht in froher Runde, der weiß, wie gut
das tut.“ Halleluja. martin zips

Einladend? Das Antico Caffè di Marte liegt direkt
gegenüber der Engelsburg, am anderen Tiber-Ufer. Ein perfek-
ter Ort für ein Touri-Lokal.FOTO: IMAGO

Ein Supermarktdesigner aus
Deutschland findet: Shoppen
muss ein Erlebnis sein

Kiri Hannifin ist bei „Countdown“ für Sicherheit zuständig. Eine Mitarbeiterin mit
einem autistischen Sohn hat sie auf die Idee mit der Stillen Stunde gebracht. FOTO: OH

Frischer Fisch sei halt teuer, sagt
der Chef. Das sei so ähnlich
wie bei Nike-Turnschuhen

Insolvenzauflagen bis 2031


Boris Becker muss zwölf Jahre mit Beschränkungen rechnen


Keanu Reeves, 55, kanadischer Schau-
spieler, hat Schluss gemacht. Er beende-
te sein Single-Dasein und zeigte sich
erstmals seit fast 20 Jahren mit einer
Frau auf dem roten Teppich: Künstlerin
Alexandra Grant, 46. Die letzte öffentlich
bekannt gewordene Beziehung führte
Reeves mit der US-Schauspielerin Jenni-
fer Syme. Nachdem die Tochter des Paa-
res 1999 tot zur Welt kam, zerbrach die
Liebe. Syme kam eineinhalb Jahre spä-
ter bei einem Unfall ums Leben.


Scarlett Byrne, 29, britische Schauspie-
lerin, undCooper Hefner, 28, Playboy-
Gründer-Sohn, haben unglamourös
geheiratet. Auf Instagram posteten beide
je ein Hochzeitsfoto aus dem Standes-
amt von Ventura County in Kalifornien.
Auf dem Bild posieren sie Arm in Arm
vor einer Holzvertäfelung. Er trägt ein
schlecht gebügeltes Hemd ohne Krawat-
te, sie ein weißes
Corsagenkleid im
Unterwäsche-Stil.
Pompöse Bilder
könnten aber noch
folgen, denn das
Paar schrieb: „Jetzt
freuen wir uns dar-
auf, unsere Hoch-
zeitsparty mit Freun-
den und Familie zu
planen.“FOTO: HEF-
NER / INSTAGRAM


Tsuneo Yamada, 85, japanischer Rugby-
spieler, hat seine Karriere verlängert. Er
wolle noch mindestens fünf Jahre weiter-
machen, sagte er der ZeitungAsahi Shim-
bun, weil er vom guten Abschneiden
Japans bei der WM (Viertelfinale) „über-
wältigt“ sei. Yamada spielt beim
Ü-40-Klub Meiwaku. In Japan tragen
Seniorenrugbyspieler je nach Altersgrup-
pe verschiedene Hosenfarben, die
Ü-80-Hosen sind lila, Yamadas Ziel sind
die goldenen Ü-90-Hosen. Ältere Spieler
dürfen in Japan nicht umgerissen, son-
dern nur sanft zu Boden gezogen wer-
den. Yamada findet das doof: „Rugby
ohne Tackling ist kein Rugby.“


Muriel Baumeister, 47, Schauspielerin
mit einem deutschen und einem österrei-
chischen Pass, hat auch ein deutsches
und ein österreichi-
sches Wahl-Outfit.
Bei Wahlen in Berlin
mache sie sich einen
Spaß daraus, ein
Dirndl zu tragen,
sagte sie der dpa. Sie
stifte damit ein biss-
chen Verwirrung. Bei
Wahlen in Österreich
trage sie hingegen
kein Dirndl – „damit
das klar ist“.FOTO: DPA


Kevin Harlan, 59, US-Sportmoderator,
hat ein Footballspiel mit Flitzer kommen-
tiert. Mitten während der Partie zwi-
schen den New York Giants und den
Dallas Cowboys tigerte eine schwarze
Katze übers Spielfeld. Der Radiosender
Westwood One übertrug live. „Sie läuft
zur Drei-Yard-Linie, jetzt ist sie schon
bei zwei Yards“, rief Harlan ins Mikro.
„Sie läuft in die Endzone. Touchdown!
Diese Katze ist einfach nicht zu stoppen.“


Spaghetti für 429,80 Euro


Zwei japanische Touristinnen posten ihre horrende Restaurantrechnung aus Rom,
Empörung und Schadenfreude sind gleichermaßen groß. Aber woran erkennt man eigentlich eine seriöse Pizzeria?

Endlich in Ruhe einkaufen


Warumneuseeländische Supermärkte für eine Stunde pro Woche die Musik abstellen


„Scontrino pazzo“, verrückten Kassenzet-
tel, nennen die Italiener eine Wucher-
Quittung wie die aus Rom. FOTO: OH

i


Happy Hour


Die DeutschePost macht mal wieder einen auf Glückskonzern


Zwei Männer vor einer gelben
Wand und ihr „Glücksatlas“

Regel Nummer eins:
Vermeiden Sie Lokale mit
Warteschlange vor der Tür!

8 HMG (^) PANORAMA Mittwoch,6. November 2019, Nr. 256 DEFGH
LEUTE
FOTO: LACI PERENYI/IMAGO

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