Süddeutsche Zeitung - 06.11.2019

(Tina Sui) #1
interview: david steinitz

D


er Regisseur Roland Emmerich, 63,
gehört zu den unterhaltsamsten Ge-
sprächspartnern aus Hollywood,
weil er den ganzen Betrieb nicht so ernst
nimmt. Mittlerweile gilt das nicht nur ideo-
logisch, sondern auch ökonomisch: Seinen
Film „Midway“, der am Donnerstag im Ki-
no startet, hat er erstmals seit langer Zeit
ohne die großen US-Studios produziert –
mit schwäbischer Sparsamkeit, aber natür-
lich weiterhin auf Blockbusterniveau. Die
Geschichte von der Schlacht um Midway
im Zweiten Weltkrieg zwischen Amerika-
nern und Japanern wollte er seit mehr als
zwanzig Jahren auf die Leinwand bringen.


SZ: Warum hat es so lange gedauert, bis
Sie „Midway“ drehen konnten?
Roland Emmerich: Weil ich noch nie solche
Schwierigkeiten hatte, einen Film finan-
ziert zu bekommen. „Midway“ hat gut
100 Millionen Dollar gekostet, was in Holly-
wood heutzutage ein mittleres Budget ist.
Und genau in diesem mittleren Bereich
will fast niemand mehr investieren. Billige
Horrorfilme für fünf Millionen und Super-
heldenfilme für 300 Millionen sind kein
Problem – aber 100 Millionen schon. Au-
ßerdem zweifelten die Studiochefs daran,


dass man einen aufwendigen Kriegsfilm
so günstig drehen kann. Da habe ich ge-
sagt, das geht doch auch billiger, dann ma-
chen wir es eben ohne die Studios und mit
Finanziers aus der ganzen Welt. „Midway“
ist in diesem Sinne eine Independent-Pro-
duktion, wie ich sie früher gemacht habe.


Unter anderem mit einem großen Batzen
Geld aus China.
Die Chinesen fanden die Idee sofort super
und haben gesagt: Okay, das machen wir.


Dabei hatten Sie das Projekt schon vor
zwanzig Jahren in Hollywood vorgeschla-
gen, als Sie gerade zum Superstar des
Actionkinos wurden. Warum hat es da-
mals nicht geklappt?
Als ich „Independence Day“ und „Godzil-
la“ gemacht hatte, sollte das eigentlich
mein nächstes Projekt sein. Das Studio Co-
lumbia Tristar wollte es zunächst auch ma-
chen. Aber dann wurde ihnen die Sache zu
teuer, weil die Computereffekte noch nicht
so weit waren und wir viel hätten nachbau-
en müssen. Damals hätte der Film fast dop-
pelt so viel gekostet wie heute. Columbia
ist zwar ein US-Studio, wurde aber von den
Japanern aufgekauft. Die hatten keine


Lust, so viel Geld in einen Film zu stecken,
in dem sie von den Amis eins auf den De-
ckel bekommen. Also ist die Sache letztlich
geplatzt, und ich habe mit Mel Gibson „Der
Patriot“ gemacht. Dafür habe ich „Mid-
way“ heute zu meinen Bedingungen ge-
dreht, und das auch noch recht günstig.


Hatten Sie beim Drehen trotzdem das Ge-
fühl, dass das Geld knapp ist?
Es war tatsächlich hart. Ich hatte nur 65
Drehtage, das ist für einen Film dieser Grö-
ßenordnung wenig. Bei „Independence
Day: Resurgence“, meinem letzten Film,
den ich mit einem großen Hollywood-Stu-
dio gemacht habe, waren es 85 Drehtage.


Woran haben Sie neben den Drehtagen
noch gespart?
Ich hatte keine Second Unit, also kein zwei-
tes Drehteam, das bestimmte Außenauf-
nahmen oder Massenszenen für den Regis-
seur erledigt. Das ist bei US-Produktionen
Standard, bei „Midway“ habe ich alles sel-
ber gemacht. Aber das ist mir auch lieber.


Das Genre Kriegsfilm war in den vergan-
gen Jahren allerdings selten erfolgreich ...
Kriegsfilme waren in den Fünfzigern mal
Kassenschlager, seitdem eher nicht mehr,
das stimmt. Wobei man mittlerweile
eigentlich noch weiter gehen und sagen
muss: Ernste Filme mit echten Menschen
laufen einfach nicht mehr gut. Schreck-
lich! Nur noch Superhelden. Wenn es um
diese Marvel-Sachen geht, muss ich mich
zurückhalten, sonst sage ich wieder böse
Sachen. Haben Sie „Avengers: Endgame“
gesehen? Da vertrödeln die eine Stunde
Filmzeit, um zu erklären, dass sie jetzt in
der Zeit zurückreisen werden. Da fühle ich
mich als Zuschauer für blöd verkauft. Aber
das Ding ist mittlerweile der erfolgreichste
Film aller Zeiten.


Sie haben die irren Budgets dieser
Superheldenwelt erwähnt. Warum kostet
ein Marvel-Film überhaupt 300 Millionen
Dollar?
Weil da eine unglaubliche Verschwendung
stattfindet. Marvel gehört zu Disney, und
Disney ist das mächtigste Filmstudio. Die
haben also Geld, und wenn Geld da ist,
wird es auch ausgegeben. Jeder, der da am
Set rumläuft, hat einen Assistenten, und
die Assistenten haben auch noch mal einen
Assistenten, und für die ganzen Leute brau-
chen Sie dann auch Catering. Außerdem,


das kenne ich ja aus eigener Erfahrung,
dreht man auch viel unnützes Zeug, das
man hinterher im Schneideraum eigent-
lich gar nicht braucht, wenn man mal ehr-
lich ist.

Das heißt, es ginge eigentlich auch bei
Marvel für 50 Millionen weniger?
Mindestens. Vollkommen absurd, was die
mittlerweile pro Film ausgeben. Plus Wer-
bekosten. Das können Sie durch einen

Film allein gar nicht mehr reinholen. Diese
Summen, das funktioniert nur über Mer-
chandisingverkauf. Das kenne ich ja
selbst, als ich „Godzilla“ gedreht habe,
kam das Geld auch in erster Linie durch
Merchandising zurück, nicht durch Kino-
tickets.

Kommt man sich da nicht vor wie ein Wer-
beclip-Regisseur für Spielzeug?
Genauso bin ich mir auch vorgekommen.

Das war eine reine Auftragsarbeit gegen gu-
te Bezahlung.

Sehen Sie bei den aktuellen Superhelden-
zuständen Ihre Zukunft also weiterhin
eher als von Hollywood unabhängiger
Filmemacher?
Ich mach jetzt erst mal so weiter wie bei
„Midway“. Meinen nächsten Film „Moon-
fall“ haben wir auch so finanziert, auch
wenn der wieder etwas teurer werden wird

und etwa 138 Millionen Dollar kostet. Klar,
das ist nicht einfach, das Geld auf der gan-
zen Welt zusammentreiben zu müssen.
Aber wenn man es einmal gemacht hat,
hat man den Dreh eigentlich raus. Ich habe
für den Mondfilm in Cannes im Frühjahr
so eine Art Q & A für Investoren gemacht.
Ich habe gesagt, worum es gehen wird, die
Leute wissen, was für Filme ich bislang ge-
macht habe – und dann geht das.

Für Streamingdienste wie Netflix zu arbei-
ten, können Sie sich nicht vorstellen?
Zurzeit nicht. Ich habe mit Netflix über
„Midway“ gesprochen, aber es war ihnen
dann doch zu teuer.

Ihr Beruf hat sich durch die Digitalisie-
rung rasant verändert. Verstehen Sie Kol-
legen wie Quentin Tarantino oder Martin
Scorsese, die dem analogen Filmmaterial
nachtrauern?
Das ist völliger Blödsinn. Die Qualität von
Filmmaterial ist eindeutig schlechter, das
Bild wackelt ständig, es ist mir völlig schlei-
erhaft, wie man dem so hinterherweinen
kann. Digitalformate sind viel besser.
„Midway“ habe ich mit einer 8K-Digitial-
kamera gedreht, das ist dem alten Zeug
komplett überlegen. Besonders die Krat-
zer auf abgenutzten Filmkopien haben
mich immer wahnsinnig gestört. Und digi-
tal gibt es keine Kratzer.

Wird man fauler durch die Effektmöglich-
keiten?
Also das Basteln vermisse ich tatsächlich,
Raumschiffe an Fäden aufzuhängen ...
Aber es stimmt schon, der Satz „We fix it in
post“ fällt sehr häufig mittlerweile. Die
Computer haben uns auch bei „Midway“
sehr geholfen.

Was hat Sie neben der Action noch an der
Schlacht um Midway interessiert?
Ich versuche, bei jedem Film ein bisschen
die Gegenwart zu reflektieren, egal wann
er spielt. Gerade heutzutage, wo der Natio-
nalismus wieder modern wird, Globalisie-
rung ein Schimpfwort ist und überall
Naziparteien aus dem Boden sprießen. In

Amerika sind die Republikaner die Nazis,
das muss man so wirklich so sagen. Da
finde ich es doch gut, daran zu erinnern,
dass es mal eine Zeit gab, in der die Ameri-
kaner vereint für die Demokratie ge-
kämpft haben.

Der jetzige Präsident hingegen zieht Trup-
pen ab und löst Chaos aus ...
Der Mann ist ein Betrüger, ein Hochstap-
ler! Deshalb wollte ich dem heutigen Ame-
rika das gute Amerika gegenüberstellen,
das es ja auch gibt.

Sie leben trotzdem weiterhin in Los Ange-
les. Fühlen Sie sich dort noch wohl?
Es ist schon unangenehmer geworden,
weil man auch im liberalen Kalifornien im-
mer mit Trump konfrontiert wird, allein
dadurch, dass man sich ständig aufregt
und über ihn spricht. Ich finde, man sollte
einfach nicht mehr so viel über ihn reden.
Deshalb ist er ja überhaupt erst Präsident
geworden. Der Typ vom Verteidigungsmi-
nisterium, der uns für „Midway“ abge-
stellt wurde, weil wir teilweise an Original-
schauplätzen auf einer Militärbasis ge-
dreht haben, war ein Trump-Unterstützer.
Das war nicht leicht für mich.

Haben Sie überlegt, aus den USA wegzu-
ziehen?
Ich habe mir tatsächlich mal vorgestellt,
ob ich nicht doch zurück in die Heimat
will, nach Berlin vielleicht, und dort sogar
eine Wohnung gekauft. Dann habe ich vor
ein paar Jahren in Babelsberg einen Film
gedreht. Mitten im Berliner Winter. Da
dachte ich mir: Na, vielleicht lieber doch
nicht.

Wegen des grauen Berliner Winters ist ja
auch die Berlinale eins der anstrengends-
ten Filmfestivals ...
Da war ich ja mal Jurypräsident. Jeden Tag
nimmt man sich vor, früh ins Bett zu ge-
hen, und steht dann doch wieder um fünf
Uhr morgens noch auf einer Party. Und um
neun muss man schon wieder Filme angu-
cken. Da mussten wir uns immer gegensei-
tig wachrütteln, das ist ja sonst peinlich,
wenn die Jury geschlossen schläft. Aber
nach ein paar Tagen mit kaum Schlaf ist es
halt schwer zu widerstehen, wenn wieder
ein dreistündiger Schwarz-Weiß-Film
über chinesische Bauern läuft ...

Durch solche Tätigkeiten sind Sie ständig
unterwegs. Der Job als Regisseur ist
schwierig fürs Sozialleben, oder?
Ich bin ja seit zwei Jahren verheiratet, und
mein Mann hat schon gesagt, ich sehe dich
gar nicht, was ist denn los? Aber da kann
ich dann nur antworten: Sorry, I’m making
a movie! Ich mag sowieso keine Pausen, in
der Regel bereite ich während der Postpro-
duktion eines Films schon den nächsten
vor. Jetzt erst recht, wo ich auf die 65 zuge-
he. Ich weiß ja nicht, wie viele Filme ich
noch machen kann.

Denken Sie darüber viel nach?
Klar, seit ich fünfzig wurde. Ich denke oft
daran, wie viele Filme mir noch bleiben, al-
so, je schneller ich sie mache, umso besser.

Aber Ihr Beruf ist ja keiner, wo man mit
65 in Rente geht ...
Das ist richtig. Mich werden sie noch im
Rollstuhl mit Sauerstoffgerät und Tropf
ans Set fahren müssen!

Mit der Zauberkraft des Schriftstellers kön-
ne ermühelos durch die Wände seines Ge-
fängnisses gehen, hatte Ahmet Altan ge-
sagt. Die Fantasie war sein schärfstes
Schwert gegen die Absurdität eines türki-
schen Gerichtsurteils, das Haft bis ans
Lebensende angeordnet hatte. Am späten
Montagabend aber öffneten sich für Altan
nach gut drei Jahren die Tore eines Hochsi-
cherheitsgefängnisses in der Nähe von Is-
tanbul. Zauberkraft war nicht im Spiel,
sondern ein neues Urteil, das nicht weni-
ger bizarr als das erste war, aber der Justiz
offenbar einen Ausweg bot, um den Schrift-
steller und Journalisten, dessen Inhaftie-
rung international kritisiert wurde, auf
freien Fuß zu setzen.
Altan wurde in einem neuen Verfahren
von einem Gericht in Istanbul wegen „Un-
terstützung einer Terrororganisation“ zu
zehn Jahren und sechs Monaten Gefängnis
verurteilt. Wegen der bereits abgesesse-
nen Haftzeit ordnete der Richter danach
seine sofortige Freilassung unter Auflagen
an. Der 69-Jährige muss sich nun regelmä-
ßig bei der Polizei melden. Im Juli hatte
das höchste Berufungsgericht bereits das
erste Urteil aufgehoben.
Das Ganze bleibt eine Tragödie. Die Vor-
würfe stützten sich auf eine Talkshow, in
der Altan kurz vor dem Putschversuch im
Juli 2016 sagte: „Die AKP wird ihre Macht
verlieren, und sie wird vor Gericht gestellt
werden.“ Die AKP ist die Partei von Präsi-
dent Recep Tayyip Erdoğan. Die Aussage
wurde von der Justiz als „unterschwellige
Botschaft“ an die Gülen-Bewegung gewer-
tet, die die Regierung für den Putschver-
such verantwortlich macht. Er habe immer
nur für einen Machtwechsel durch Wahlen
plädiert, verteidigte sich der Autor.
Am 25. November wird Altan in Mün-
chen der Geschwister-Scholl-Preis verlie-
hen, wohl in Abwesenheit, denn mit den
Meldeauflagen ist üblicherweise eine dau-
erhafte Ausreisesperre verbunden. Anfang
Oktober hatten der Börsenverein des Deut-
schen Buchhandels und die Stadt Mün-
chen, die den Preis verleihen, den Empfän-
ger bekannt gegeben. Altan wird für sein
Gefängnistagebuch („Ich werde die Welt

nie wiedersehen“) ausgezeichnet, von dem
die Jury sagte, es zeuge „vom Entschluss,
trotz aller Entbehrungen stärker zu sein
als die Vernehmer, Ankläger und Richter“.
Das Buch erschien vor einem Jahr, es wur-
de bereits in viele Sprachen übersetzt.
Altan schildert darin auch das kafkaeske
erste Verfahren, in dem der Richter, fast be-
dauernd, anmerkte: „Hätten Sie doch im-
mer nur Romane geschrieben und sich
nicht mit politischen Themen befasst.“
Altans Romane sind voll historischer Be-
züge, es sind Geschichten von Liebe und
Intrige in Zeiten des Niedergangs der Sul-
tanherrschaft. Wer will, kann darin heute
aktuelle Bezüge lesen. Als einer der ersten
Journalisten mahnte Altan schon in den
Neunzigerjahren mehr Rechte für die Kur-
den an und nannte später die Ermordung
und Vertreibung der osmanischen Armeni-
er einen Genozid.
Als Altan am Montag kurz vor Mitter-
nacht seine Zelle verlassen hatte, warteten
vor den Gefängnismauern seine Tochter
Sanem, Freunde und Journalistenkollegen
auf ihn. Sie fragten, ob er bedauere, so vie-
le Jahre verloren zu haben. Er habe sie
nicht verloren, entgegnete Altan: Das habe
er seinen Widersachern „nicht erlaubt“. In
seiner Zelle habe er weiter Bücher geschrie-
ben. Aber er sei traurig wegen der vielen an-
deren, die das Gefängnis nicht verlassen
durften. Altan sagte: „Da drinnen gibt es
Tausende unschuldige Menschen.“
christiane schlötzer

Mittendrin im Gewitter aus Bomben-
explosionen, Flakwolken, Sturz- und
Kamikazeflügen, zerschellenden Flie-
gern, brennenden Flugzeugträgern gibt
es einen kurzen Moment Ruhe. Ein Na-
vy-Soldat, von einem japanischen Kreu-
zer aufgegabelt, weigert sich, den Japa-
nern mit Auskünften zu dienen, und
wird über Bord geworfen, mit einem an
seine Füße gebundenen Anker, der ihn
sofort in die Tiefe zieht. Ein stiller, auf
perverse Weise aufrechter Tod. Und: ein
Moment der allerletzten Einsamkeit.
Die Schlacht von Midway ist in der
amerikanischen historischen Mytho-
logie weniger bekannt, für den Pazifik-
krieg in den Vierzigern steht vor allem
der Name Pearl Harbor, der Angriff der
Japaner auf die US-Flotte vom 7. Dezem-
ber 1941. Auch bei Roland Emmerich
geht’s damit los, ein zitterndes Brum-
men in der Luft, die Teller in der Spüle
klappern, ein kleines Mädchen schaut
verwundert in den Himmel, dann zie-
hen die japanischen Bomber vor dem
Gartenzaun vorbei, ganz niedrig, und

das Chaos der Zerstörung beginnt. Die
Katastrophe, mit der Roland Emmerich
all seine Filme einsetzen lässt, ist dies-
mal eine historische. Pearl Harbor ist
das größte geheimdienstliche Versagen
der amerikanischen Geschichte, erklärt
Lieutenant Commander Layton den Be-
fehlshabern. Patrick Wilson spielt ihn
mit hinreißender Fassungslosigkeit,
die gern bis zur Ironie geht. Wenn die Ja-
paner nicht gestoppt werden können,
ist die Westküste der USA – und die
Welt – verloren, dann brennen Seattle,
San Francisco, Los Angeles.
Vom Pazifikkrieg haben die meisten
großen Regisseure erzählt, auf allen
möglichen Schauplätzen, Fritz Lang,
Sam Fuller, Richard Fleischer, Otto
Preminger, John Ford. Emmerich ver-
schiebt den Akzent, vom vollen Einsatz
der Kämpfer und ihren Materialschlach-
ten – einer bremst gar eine lose, übers
Deck schlitternde Bombe, als wäre er
auf einem Rodeo – zu den Geheim-
dienstlern hinter ihnen, die aus Fakten,
Fehlinformationen und Nebensächlich-

keiten die Absichten des Feindes dechif-
frieren müssen. Und sich durchsetzen
müssen gegen das ferne Washington.
Diesen Bastlern fühlen sich die Filme-
macher innig verwandt, Emmerich
liebt, bei aller Computertechnik, das
Handwerkliche, das eine eigene Reali-
tät schafft. Mit diesem naiven Enthusi-
asmus startete er von der HFF in Mün-
chen weg, direkt nach Hollywood. Auch
John Ford, eins seiner Vorbilder, hat er
mit diesem Enthusiasmus ausgestattet.
Ford war in Midway dabei, hat selbst ei-
ne 16mm-Kamera in den Händen ge-
habt und einen Kurzfilm gedreht, „The
Battle of Midway“. Bei Emmerich ka-
driert er begeistert mit den Händen sei-
ne Bildausschnitte, als käme er direkt
von der Filmschule. fritz göttler

Midway,USA 2019 – Regie: Roland Emmerich.
Buch: Wes Tooke. Kamera: Robby Baumgartner.
Mit: Ed Skrein, Patrick Wilson, Luke Evans, Woo-
dy Harrelson, Mandy Moore, Dennis Quaid, Aa-
ron Eckhart. Universum, 138 Minuten.

„Ich wollte dem heutigen
Amerika dasgute Amerika
gegenüberstellen,
das es ja auch gibt.“

„Wenn es um diese
Marvel-Sachen geht, muss ich
mich zurückhalten, sonst sage
ich wieder böse Sachen.“

DEFGH Nr. 256, Mittwoch, 6. November 2019 9


Frei nach drei Jahren Gefängnis: Ahmed
Altan. FOTO: BULENT KILIC / AFP

Wiedersehen


mit der Welt


Der türkische Schriftsteller
Ahmed Altan ist frei

Bomben überm Gartenzaun


Roland Emmerichs „Midway“-Film verschiebt den Akzent von den Soldaten zu den Spionen


Feuilleton
Das Dresdner Albertinum
zeigt das schillernde Frühwerk
von A. R. Penck 11

Literatur
DerAlltag und die Katastrophen –
Rolf Kießlings „Jüdische
Geschichte in Bayern“ 12

Wissen
Zum Unwohl der Patienten:
Warum wird in Deutschland
so oft unnötig behandelt? 14

 http://www.sz.de/kultur

Roland Emmerichwurde
1955 in Stuttgart gebo-
ren. Er studierte an der
Filmhochschule in Mün-
chen und machte bald in
den USA Karriere, wo er
mit „Stargate“, „Indepen-
dence Day“ und „2012“
zu einem Star des Action-
kinos wurde.FOTO: GETTY

„Das geht


doch auch


billiger“


Regisseur Roland Emmerich


über seine Wut auf Superhelden,


Sparsamkeit in Hollywood


und seinen Kriegsfilm „Midway“


FEUILLETON


Die „Schlachtum Midway“, von der Emmerich in seinem Film erzählt, fand vom 4. bis 7. Juni 1942 statt. FOTO: UNIVERSUM

HEUTE

Free download pdf