Frankfurter Allgemeine Zeitung - 30.10.2019

(Joyce) #1

ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND


Mittwoch, 30. Oktober 2019·Nr. 252/44 R1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,00 € D 2955 A F. A. Z. im Internet:faz.net


Das Pilotprojekt mit E-Lastwagen


auf derA 5 ist nach Ansicht des


Steuerzahlerbunds Geldverschwen-


dung. Rhein-Main-Zeitung, Seite 29


1400 Kilometer allein im Eis:


Anja Blacha bricht nur mit


einem Schlitten zum Südpol auf.


Deutschland und die Welt, Seite 7


Ein Film ohne Männer und ohne


Musik, kann das gutgehen? Ja!


„Porträt einer jungen Frau in Flam-


men“ beweist es. Feuilleton, Seite 9


Güney Artak ist Kickboxer und


Fußball-Schiedsrichter. Und ein


Mann für Spiele, die als „hitzig“


eingestuft werden. Sport, Seite 28


Im iranischen Qom hielt Ajatollah


Chomeini seine ersten politischen


Reden. Für Schiiten ist die Stadt


ein Pilgerort. Politik, Seite 5


Durch den Digitalpakt sollen


Schüler mit Rechnern zu arbeiten


lernen. Doch Hardware ist nicht


alles. Wirtschaft, Seite 17


Ein Fall fürs „Schwarzbuch“


Protestantische Raumdeckung


job.LONDON,29. Oktober. Die Briten
werden am 12. Dezember ein neues Unter-
haus wählen. Nach einer mehr als acht-
stündigen Debatte folgten die Abgeordne-
ten am Dienstagabend mit 438 zu 20 Stim-
men einem entsprechenden Antrag der Re-
gierung. Zuvor hatte die Labour Party
eine Kehrtwende vollzogen und sich auch
für rasche Neuwahlen ausgesprochen.
„Wir werden die größte Kampagne entfa-
chen, die diese Partei jemals hatte“, kün-
digte Labour-Chef Jeremy Corbyn an. Als
Favorit zieht die Konservative Partei in
den Wahlkampf, die unter Boris Johnson
zehn Prozentpunkte vor der Labour Party
liegt. Johnson wirbt damit, die EU mit
dem von ihm vereinbarten Deal zu verlas-
sen. (Siehe Seite 2; Kommentar Seite 8.)

S

chon oft ist das „Dublin-Abkom-
men“ über die EU-Asylpolitik für
gescheitert erklärt worden, unter an-
deren von Bundeskanzlerin Angela
Merkel, um anschließend von densel-
ben Politikern dennoch hartnäckig
verteidigt zu werden. Der Grund ist,
dass es in dem Abkommen um die Ver-
teilung der Asylbewerber und Flücht-
linge in der EU geht und darum, wer
über deren Anträge zu entscheiden
hat. Da ist eine noch so unvollkomme-
ne Regelung, selbst wenn sie eine
Flüchtlingskrise wie 2015 provozier-
te, immer noch besser als gar keine.
Eine bessere war aber nie in Sicht.
Gibt es die denn jetzt? Bundes-
innenminister Horst Seehofer hat das
Abkommen endgültig für funktions-
untüchtig erklärt, was vor allem die
Grenzländer am südlichen und südöst-
lichen Rand der EU erfreuen dürfte.
Denn sie tragen die Hauptlast der EU-
Asylpolitik, weil laut „Dublin“ sie al-
lein für die Bearbeitung der Anträge
zuständig sind. Solange die EU nicht
von einem Ring sicherer Drittstaaten
umgeben ist, in die unbedenklich Asyl-
bewerber zurückgewiesen werden kön-
nen, und solange nicht einmal alle
EU-Staaten asylrechtliche Mindest-

standards einhalten können, war das
stets Anstoß erbitterter, auch zyni-
scher „Verteilungskämpfe“ in der EU


  • und Motiv zum „Durchwinken“ in
    Krisenzeiten. Allerdings wäre es reali-
    tätsfern zu glauben, dass sich in ei-
    nem Punkt etwas ändern könnte: Die
    EU-Außengrenze lässt sich nicht ver-
    schieben, um die Staaten entlang der
    Grenze zu entlasten. Irgendeine Form
    der Aufnahme und Bearbeitung des
    Asylantrags wird es dort geben müs-
    sen. Daran werden noch so viele Dub-
    lin-Beerdigungen und noch so viele
    Frontex-Grenzschützer nichts än-
    dern. Die Zurückweisung an der Au-
    ßengrenze soll zwar einfacher wer-
    den. Allerdings dürfte keine Regelung
    Bestand haben, die nicht auf einer
    gründlichen Prüfung eines Asylan-
    trags beruht; selbst „offensichtlich un-
    begründete“ Fälle müssen erst einmal
    als solche erkannt werden.
    Die Ersatzregelung, die sechs EU-
    Mitglieder jetzt vorschlagen, zielt des-
    halb auch weniger auf die Aufnahme,
    sondern vielmehr auf die Verteilung.
    Die „ernsthaften“ Asylbewerber sollen
    in Zukunft schon verteilt werden, be-
    vor über ihren Antrag entschieden wur-
    de. Das läuft darauf hinaus, was ohne-
    hin schon Praxis ist, und spart Verwal-
    tungsaufwand. Wie auch immer man
    es aber dreht und wendet: Die Belas-
    tung Deutschlands in der Migrations-
    politik wird dadurch nicht kleiner.
    Auf der Durchreise – Umihren Priesternachwuchs sorgen
    sich Katholiken schon lange. Auch in protestantischen Ge-
    meinden, zumal in denen Ostdeutschlands, wird das Ensem-
    ble aus Kirchturm, Pfarrer, frommen Seelen aber immer sel-
    tener. Die Mitgliederzahlen sinken, das Geld wird knapp.


Anstatt auf Mann- setzt die Kirche deshalb auf Raum-
deckung und schickt Pastoren wie Andreas Ohle durch die
Lande. Im sächsischen Bad Düben, das nach über tausend
Jahren keinen eigenen Pfarrer mehr hat, formiert sich
dagegen Widerstand. Seite 3 Foto Jens Gyarmaty

Stadt der Revolution


Eine Malerin und ihr Modell


Laptop in der Schule


Das „Biest“ an der Pfeife


Britisches Parlament


stimmtfür Neuwahlen


elo.BERLIN, 29.Oktober. In der CDU
nimmt der Streit über das Führungsperso-
nal an Schärfe zu. Friedrich Merz, wel-
cher der heutigen CDU-Vorsitzenden An-
negret Kramp-Karrenbauer bei der Kandi-
datur für den Parteivorsitz im vorigen
Jahr knapp unterlegen war, sie seither
aber unterstützt, griff Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) an. Sein Eindruck
sei, „dass sich seit Jahren über dieses
Land wie ein Nebelteppich die Untätig-
keit und die mangelnde Führung durch
die Bundeskanzlerin legt“, sagte er am
Montagabend im ZDF. „Das gesamte Er-
scheinungsbild der Bundesregierung ist
einfach grottenschlecht.“ Der frühere hes-
sische Ministerpräsident Roland Koch kri-
tisierte in der Zeitschrift „Cicero“, es man-
gele an Führung Merkels.

Verteidigt wurde die Bundeskanzlerin
dagegen von Bundesinnenminister Horst
Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU). „Ich teile die Kritik
von Friedrich Merz nicht“, sagte Seehofer
in München. Wenn er sich die Halbzeit-
bilanz der großen Koalition anschaue,
„dann, finde ich, hat diese Bundesregie-
rung ziemlich viel umgesetzt“, sagte
Spahn am Dienstag in Berlin. Auch er hat-
te sich im vorigen Dezember um den
CDU-Vorsitz beworben und war auf dem
dritten Platz gelandet. Spahn forderte
eine Konzentration der Union auf Sach-
debatten. „Impfen macht immun gegen
Krankheiten. Und gute Sachdebatten, De-
batten mit Profil, machen immun gegen
Personaldebatten“, sagte er. Das Vertrau-
en der Bürger könne man mit Entschei-

dungen und Debatten über Zukunftsfra-
gen zurückgewinnen. „Wenn wir alle
sechs Monate Personal- und Verfahrens-
debatten führen, nicht.“
Unterdessen bekräftigt CDU-General-
sekretär Paul Ziemiak seine Ablehnung ei-
nes Bündnisses seiner Partei mit der
Linkspartei. „Für mich ist klar, dass es kei-
ne Koalitionen zwischen CDU und Lin-
ker geben kann. Das wäre ein Verrat an
den Werten und den Grundsätzen der
Christdemokratie“, schreibt Ziemiak in ei-
nem Gastbeitrag für diese Zeitung. „Als
Christdemokraten machen wir Politik auf
der Grundlage des christlichen Menschen-
bildes. Die Linke hingegen knüpft an so-
zialistische und kommunistische Gleich-
heitstraditionen an.“ (Siehe Seiten 2 und
8 sowie Feuilleton, Seite 9.)

O


b die SPD sich mit ihrem langwie-
rigen Verfahren zur Wahl einer
neuen Leitung einen Gefallen getan
hat, kann man nicht nur wegen des de-
saströsen Ergebnisses bei der Land-
tagswahl in Thüringen bezweifeln. Ei-
nen Vorteil aber hat die Führungslosig-
keit: Wer keine(n) Vorsitzende(n) hat,
kann ihn/sie auch nicht beschädigen.
Wie das geht, führt in der Zwischen-
zeit ersatzweise die CDU vor. Sie
macht das nicht wie die deutsche Sozi-
aldemokratie aus Gewohnheit, son-
dern aus der Furcht, dort zu landen,
wo die SPD schon ist: in der politi-
schen Bedeutungslosigkeit.
Das Abschneiden in Thüringen hat
diese Angst hell auflodern lassen. Im
einstigen „Stammland“ rechts und
links außen überholt zu werden muss
eine Volkspartei wie die CDU ins
Mark treffen; danach kann nicht ein-
mal sie so tun, als wäre nichts gewe-
sen. Denn das Resultat wirft nicht nur
die Frage auf, ob der örtliche Partei-
chef mit dem Ministerpräsidenten von
der Linkspartei einen Kaffee trinken
darf. Der schleichende, wie in Thürin-
gen aber mitunter auch galoppierende
Niedergang der CDU erfordert eine
grundsätzliche Auseinandersetzung
mit den Gründen und den Konsequen-
zen, die daraus zu ziehen sind, für das
Programm wie für das Personal.
Im vergangenen Jahr reichten die Be-
fürchtungen und die Unzufriedenheit
in der CDU nur zu einer halben Konse-
quenz. Merkel musste den Parteivor-
sitz aufgeben, durfte aber Kanzlerin
bleiben. Annegret Kramp-Karrenbau-
er setzte sich knapp gegen Friedrich
Merz und Jens Spahn durch, weil der
Teil der Partei, der nicht grundsätzlich
mit der Merkel’schen Linie der Links-
verschiebung brechen wollte, etwas
stärker war als das Lager, das ein stär-
keres konservatives Profil fordert, um
wieder zu Kräften zu kommen.
Doch gelang es der neuen Parteivor-
sitzenden nicht, den Abwärtstrend zu
brechen. Deswegen gerät sie zuneh-
mend von beiden Seiten unter Feuer,
von den „Merkelianern“ wie von deren
Antipoden. Mit einer Reihe von Feh-
lern machte sie es Kritikern und Kon-
kurrenten leicht, ihr den Stempel auf-
zudrücken: Die kann es nicht. Doch
treffen die angebliche „Merkel 2.0“
auch Hiebe, die der Vorgängerin gel-
ten. Bislang fehlte den Resten des An-
den-Pakts und den nachgewachsenen
Kritikern Merkels der Mumm, zum
Sturz der Kanzlerin zu blasen. Merz,
der keinen Hehl daraus macht, was er
von Merkel und ihrer Sozialisation in
der DDR hält, hat nun kräftig ins Horn
gestoßen.
Hört Merkel aber die Signale? Lässt
sie sich von den Vorwürfen ihres alten
Feindes beeindrucken? Die Populari-
tätswerte ihrer jedenfalls einstigen
Wunschnachfolgerin zwingen Merkel
jedenfalls nicht dazu, der CDU-Vorsit-
zenden sofort den Schlüssel zum Kanz-
leramt auszuhändigen. Und von jenen,
die sich für einen besseren Kanzlerkan-

didaten und Parteivorsitzenden als
Kramp-Karrenbauer halten, hat sich
noch keiner ganz aus der Deckung ge-
wagt. Es scheint, als wollten die
Thronaspiranten es der SPD überlas-
sen, den Stecker von Merkels Kanzler-
schaft zu ziehen. Ein Koalitionsbruch
wäre für die Merkel-Kritiker in der
CDU die sauberste Lösung, denn dann
könnten sie die Frage „Wer hat die
Kanzlerin verraten?“ unisono beant-
worten mit: „Die Sozialdemokraten!“
Doch ist noch unklar, ob die SPD
den Merkel-Gegnern diesen Gefallen
tut. Der Parteitag der Sozialdemokra-
ten, auf dem die neue Führung ge-
wählt wird, findet erst am 6. Dezem-
ber statt. Die CDU aber muss schon
zwei Wochen vorher auf ihrem eige-
nen Parteitag entscheiden, ob sie wei-

ter an der erst vor einem Jahr gewähl-
ten Vorsitzenden festhält oder beim
Führungskräfteschreddern dem Bei-
spiel der SPD folgen will. Viel Zeit
bleibt Kramp-Karrenbauer bis dahin
nicht mehr, um der Partei nachhalti-
ger als bisher zu beweisen, dass sie die
richtige Wahl war. Dazu gehört eine
klare Positionierung gegen eine Zu-
sammenarbeit mit der Linkspartei. Ju-
lia Klöckner hat völlig recht: Warum
sollte man CDU wählen, wenn deren
Kooperationsbereitschaft nach links
sogar noch über die Grünen hinaus-
reichte? Linke und AfD dagegen wür-
den sich bedanken.
Aus der unangenehmen Lage, allen-
falls anderen Parteien als Steigbügel-
halter dienen zu können, in den Län-
dern oder sogar im Bund, kommt die
CDU nur heraus, wenn sie im bürgerli-
chen Lager wieder zu dem Leuchtturm
wird, der sie einst war. Ob Kramp-Kar-
renbauer, Laschet, Merz oder Spahn –
keiner von ihnen strahlt derzeit allein
die Helligkeit aus, die dafür nötig
wäre. Selbst in den guten alten Zeiten
der CDU reichte dafür eine Birne
nicht. Die sehnsüchtige Suche nach
der Lichtgestalt, die ihre Partei von al-
len Existenzängsten befreit, muss, wie
bei der SPD schon oft gesehen, in Ent-
täuschung enden. Nur eine Mann-
schaft kann glaubwürdig das ganze
Spektrum vertreten, das eine Volkspar-
tei bieten muss, wenn sie bei einer
Wahl nicht hinter Linkspartei und
AfD landen will.
Doch braucht es auch eine starke
Führungsfigur, die diese Truppe zu-
sammenhält. Kramp-Karrenbauer hat
die Partei und die öffentliche Meinung
noch nicht davon überzeugt, dass sie
über diese Stärke verfügt. Aber auch
Merkel war, als sie Parteivorsitzende
wurde, noch nicht so abgebrüht wie
heute. Unterschätzt hat man sie da-
mals ebenfalls, sogar noch lange Zeit.

tifr. MÜNCHEN, 29. Oktober. Bundesin-
nenminister Horst Seehofer (CSU) hält
das Dublin-System, nach dem Asylbewer-
ber in demjenigen EU-Staat ihr Verfahren
durchlaufen, in dem sie zuerst europäi-
schen Boden betreten haben, für „geschei-
tert“. Das sagte er auf einem G-6-Treffen
mit den Innenministerkollegen aus Frank-
reich, Italien, Spanien, Polen und Großbri-
tannien. Eine „neue Philosophie“ sei von-
nöten, zumal der Migrationsdruck „aus al-
len Himmelsrichtungen“ nach wie vor „er-
heblich“ sei. Bis zur deutschen EU-Rats-
präsidentschaft in der zweiten Jahreshälf-
te 2020 will Seehofer neue Regeln zur Ent-
scheidung vorlegen. Er regte etwa Erstprü-
fungen auf Asyl an den EU-Außengren-
zen an. (Siehe Seite 4.)

Heute


sat.WASHINGTON, 29. Oktober. Ein
Mitarbeiter des Weißen Hauses hat den
amerikanischen Präsidenten Donald
Trump in der Ukraine-Affäre schwer belas-
tet. Alexander Vindman, ein Ukraine-
Fachmann im Nationalen Sicherheitsrat,
sagte am Dienstag in einer Kongressanhö-
rung aus, er sei durch das Telefonat
Trumps mit dem ukrainischen Präsiden-
ten Wolodymyr Selenskyj Ende Juli zu-
tiefst beunruhigt gewesen und habe seine
Bedenken seinem Vorgesetzten berichtet.
Das Eingangsstatement Vindmans, eines
Oberstleutnants des Heeres, war vor der
nichtöffentlichen Anhörung an die Öffent-
lichkeit gelangt.
„Ich hielt es nicht für angemessen, eine
ausländische Regierung aufzufordern, ge-
gen einen amerikanischen Staatsbürger zu

ermitteln. Zudem war ich besorgt wegen
der Auswirkungen auf die amerikanische
Unterstützung für Kiew“, sagte Vindman
mit Bezug auf die Entscheidung Trumps,
die vom Kongress bewilligte Militärhilfe
für die Ukraine zurückzuhalten. Er habe
erkannt, dass eine Untersuchung der ukrai-
nischen Justiz gegen Joe Biden, seinen
Sohn Hunter und das ukrainische Gasun-
ternehmen Burisma als parteipolitische
Taktik gedeutet worden wäre, was zweifel-
los dazu geführt hätte, dass Kiew die frak-
tionsübergreifende Unterstützung des
Kongresses verloren hätte. Dies hätte die
nationale Sicherheit der Vereinigten Staa-
ten untergraben.
Vindman zählte zu der kleinen Grup-
pe, die das Telefonat mithörte. Trump
nannte den Zeugen einen „Never Trum-

per“ und verwies auf das von ihm veröf-
fentlichte Protokoll des Telefonats. Die
Demokraten beschlossen derweil, am
Donnerstag im Repräsentantenhaus erst-
mals eine Plenarabstimmung über die
Vorbereitungen für ein Amtsenthebungs-
verfahren anzusetzen.
Nancy Pelosi, die „Sprecherin“ der ers-
ten Kammer, kündigte den Schritt in ei-
nem Schreiben an die Abgeordneten an.
Damit könne das Weiße Haus das Fehlen
eines solchen Beschlusses nicht mehr als
„grundlose“ Ausrede nutzen, um die Im-
peachment-Ermittlungen zu boykottie-
ren. Rechtlich sei ein solches Votum nicht
nötig. Man wolle aber eine neue Phase der
Untersuchungen einleiten und öffentliche
Anhörungen vornehmen. (Siehe Seite 3;
Kommentar Seite 8.)

cheh.BEIRUT, 29. Oktober. Unter dem
Druck andauernder Massenproteste hat
der libanesische Regierungschef Saad Ha-
riri seinen Rücktritt angekündigt. Er wer-
de bei Präsident Michel Aoun ein entspre-
chendes Gesuch einreichen, sagte Hariri
am Dienstag in einer Fernsehansprache.
Er sei in einer „Sackgasse“ angekommen.
Seit knapp zwei Wochen gehen die Leute
im Libanon auf die Straße, um gegen Kor-
ruption und Misswirtschaft zu protestie-
ren. Sie verlangen den Rücktritt der ge-
samten Führung. (Siehe Seite 5.)


cheh.BEIRUT, 29. Oktober. In Nord-
syrien ist es am Dienstag erstmals zu
Kämpfen zwischen syrischen Einhei-
ten und Verbündeten der Türkei ge-
kommen. Die Nachrichtenagentur
AFP meldete, sechs syrische Soldaten
seien in der Nähe des Grenzortes Ras
al Ain von arabischen Milizen getötet
worden, die von der Türkei unterstützt
werden. Die kurdische Autonomiever-
waltung hatte das Assad-Regime zu
Hilfe gerufen, nachdem die Türkei am



  1. Oktober in den Grenzstreifen einge-
    drungen war. Vorige Woche hatten An-
    kara und Moskau gemeinsame Patrouil-
    len in Grenznähe vereinbart. Sie ver-
    langten, dass sich kurdische Milizionä-
    re der „Volksverteidigungskräfte“ YPG
    bis Dienstagabend aus einem dreißig
    Kilometer breiten Streifen entlang der
    Grenze zur Türkei vollständig zurück-
    ziehen. Der Abzug sei „vorzeitig abge-
    schlossen“ worden, sagte der russische
    Verteidigungsminister Sergej Schojgu
    am Dienstag. Hingegen wurde der tür-
    kische Verteidigungsminister Hulusi
    Akar kurz vor Ablauf der Frist von der
    Zeitung „Sabah“ mit den Worten zi-
    tiert: „Der Kampf ist nicht vorbei. Uns
    ist klar, dass er nicht enden wird.“ Es
    hielten sich noch YPG-Milizionäre in
    der Grenzstadt Manbidsch und im Ort
    Tel Rifaat auf, die laut russisch-türki-
    scher Übereinkunft geräumt werden
    sollen. (Siehe Seite 2.)


Abmarsch in


die Antarktis


Seehofer: Dublin-System


istgescheitert


Ministerpräsident des


Libanon will zurücktreten


Unter Feuer


VonBerthold Kohler


sat.WASHINGTON, 29. Oktober. Ameri-
kanische Streitkräfte haben den mutmaßli-
chen Nachfolger des Terroristenführers
Abu Bakr al Bagdadi getötet. Präsident Do-
nald Trump teilte am Dienstag mit, Solda-
ten hätten die „Nummer eins für die Nach-
folge“ an der Spitze der Terrormiliz „Isla-
mischer Staat“ (IS) ausgeschaltet. Unklar
ist, um wen es sich handelt und ob der mut-
maßliche Nachfolger bei demselben Ein-
satz ums Leben kam, bei dem am Samstag
Bagdadi getötet worden war, oder ob es
sich um eine andere Operation handelte.
Von Seiten der syrischen Kurden war mit-
geteilt worden, dass bei einem weiteren
Einsatz am Sonntag in Nordsyrien IS-Spre-
cher Abu Hassan al Muhadschir getötet
worden sei.

Mitarbeiter des Weißen Hauses belastet Trump


Anhörung zu Ukraine-Affäre im Kongress / Demokraten erhöhen Druck auf Präsidenten


Verbündete der


Türkei töten


syrische Soldaten


Streit in der CDU über das


Führungspersonal wird schärfer


Merz und Koch greifen Merkel an / Seehofer und Spahn unterstützen die Kanzlerin


Briefe an die Herausgeber Seite 6


Trump: Mutmaßlicher


Bagdadi-Nachfolger tot


Die CDU will nicht wie
die SPDenden. Doch
keine(r) kann sie allein
davor bewahren.

Dublins Ende


VonJasper von Altenbockum


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Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 3,80 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 3,90 € / Dänemark 29dkr/ Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,10 sfrs / Ungarn 1050 Ft

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