Frankfurter Allgemeine Zeitung - 30.10.2019

(Joyce) #1

SEITE 18·MITTWOCH, 30. OKTOBER 2019·NR. 252 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


dmoh.FRANKFURT,29. Oktober. Die
Deutsche Börseliefert unter Theodor
Weimer weiterhin das, was er zu Be-
ginn seiner Amtszeit 2018 angekündigt
hat: Hausmannskost. Die Zahlen für die
ersten neun Monate zeigen ein Erlös-
wachstum um 7 Prozent auf knapp 2,
Milliarden Euro, von dem unterm
Strich ein Überschuss von 863 Millio-
nen Euro verbleibt – ein Anstieg um 12
Prozent. Insbesondere das Geschäft mit
Indizes und hier vor allem mit Deriva-
ten wächst stark.
An der Börse kamen die Zahlen nicht
gut an. Der Aktienkurs der Deutschen
Börse sackte am Dienstag um bis zu 4
Prozent ins Minus. Solide war ein oft ge-
hörtes Wort zu den Zahlen. Solide
reicht aber offenbar nicht, um einer der
stärksten Dax-Aktien des Jahres weitere

Aufwärtsdynamik zu verleihen. „Wir sit-
zen auf einer Milliarde Euro in bar“, sag-
te Finanzvorstand Gregor Pottmeyer in
der Analystenkonferenz. „Offensicht-
lich müssen wir etwas damit tun.“ Was
genau, das bleibt jedoch unklar. Weitere
Aktienrückkäufe wie in den Vorjahren
sind bisher nicht angekündigt. Die Hoff-
nung, das Geld in eine Übernahme ste-
cken zu können, scheint noch nicht beer-
digt. Vorstandsvorsitzender Weimer ver-
weist jedoch stets auf die hohen Bewer-
tungen von Unternehmen im Daten-
oder Devisengeschäft.
Die Anleger bleiben etwas ratlos zu-
rück, können sich aber im dritten Quar-
tal über Wachstum in allen Geschäftsbe-
reichen freuen. Die Gewinnmargen blei-
ben hoch, der Aktienkurs trotz des Rück-
schlags nahe seiner historischen Hochs.

cag. HANNOVER, 29. Oktober. Was
kann der Quantencomputer für Mobili-
tätsdienste leisten, was moderne Hoch-
leistungsrechner nicht können? Für Mar-
tin Hofmann, IT-Vorstand bei Volkswa-
gen, ist die Antwort klar: „Für die Mobili-
tät der Zukunft brauchen wir enorme Re-
chenleistung“, sagt er. Verkehr in der
smarten Großstadt umfasse nicht nur Au-
tos, sondern alle Verkehrsteilnehmer.
„Bei dem hohen Wachstum an notwendi-
ger Rechenleistung kommen die heutigen
Rechnerarchitekturen schnell an ihr
Ende“, sagt er.
Der Autokonzern beschäftigt Spezialis-
ten für Quantencomputing an seinen Ent-
wicklungsstandorten in München und in
San Francisco. Die kleinen Teams arbei-
ten an einem System zur Optimierung
des städtischen Verkehrs, das Volkswa-
gen perspektivisch zur Marktreife bringen
will, so dass es grundsätzlich für jede be-
liebige Stadt und für Fahrzeugflotten je-
der Größe anwendbar ist.
Experimentell haben die Experten von
VW gezeigt, dass das geht. In der nächs-
ten Woche kommt bei der Technologie-
konferenz „WebSummit“ in Lissabon der
erste Praxistest. Die portugiesische Haupt-
stadt stellt dafür neun Busse zur Verfü-
gung. „Die Busfahrer bekommen über
eine App, die wir ebenfalls selbst entwi-
ckelt haben, alle zwei Minuten eine aktua-
lisierte, optimale Route angezeigt“, be-
richtet Hofmann. „Jeder Bus fährt alterna-
tive Strecken zu gleichen Zielen.“
Mit diesen Quanten-Shuttles will Volks-
wagen testen, wie weit technisch in den
Verkehr eingegriffen werden und Staus
vorausschauend umfahren oder sogar ver-
mieden werden können. Anders als im
herkömmlichen Navigationssystem be-
rechnet der Quantenalgorithmus mögli-
che Alternativstrecken schneller und für
jedes Fahrzeug individuell. „Wir können
mit unserem System zur Verkehrsoptimie-
rung die Entwicklung von Staus vorhersa-
gen und jedem Auto eine eigene Strecke
empfehlen“, sagt der Manager.
Volkswagen nutzt für seine Technik die
Quantencomputer des kanadischen Un-
ternehmens D-Wave. Das Wolfsburger
Autounternehmen zeige mit dem Projekt
in Lissabon, wie mit Quantenrechnern


Probleme aus der realen Welt gelöst wer-
den könnten, die herkömmliche Groß-
rechner überfordern, heißt es. „Das Pilot-
projekt von Volkswagen ist eines der ers-
ten uns bekannten Projekte, das einen
Quantencomputer produktiv einsetzt“,
sagte der Vorstandschef von D-Wave,
Vern Brownell. „Diese Innovation bringt
uns dem praktischen Einsatz von Quan-
tencomputing näher als je zuvor.“
VW kooperiert beim Quantenrechner
seit einiger Zeit schon mit D-Wave und
mit Google. Mit der höheren Leistung der
D-Wave-Chips könne man eine ganze
Stadt abbilden und jedem Auto und Ver-
kehrsteilnehmer eine individuelle Route
nahezu in Echtzeit anbieten, sagt Hof-
mann. „Für die Navigation wäre das im
wahrsten Sinne des Wortes ein Quanten-
sprung.“ In Lissabon bekommt Volkswa-
gen für den Praxistest die anonymisierten
Daten von Mobilfunknutzern. Aus diesen
Daten erstellt der Rechner eine Prognose,
wie sich der Verkehr in den nächsten 30

Minuten entwickeln wird. Das wird mit
dem Fahrziel abgeglichen, und der Quan-
tencomputer rechnet individuell bei Stau-
gefahr die möglichen Alternativen aus.
Alles kann dieser Computer jedoch
auch nicht. So übernehmen die Analyse
der Verkehrssituation andere Hochge-
schwindigkeits-Rechner. Mit dem Opti-
mieren des Verkehrsflusses sind diese
Großrechner jedoch rasch überfordert.
Graphisch dargestellt, sähe das aus wie
eine Berg-und-Tal-Landschaft, bei der
das tiefste Tal das angestrebte Optimum
wäre. Wo der klassische Großrechner im-
mer den nächsten Berg hochmuss, um zu
sehen, wo das nächste noch tiefere Tal ist,
fliegt der Quantenalgorithmus rechne-
risch blitzschnell durch alle Täler und lan-
det direkt im tiefsten. Lediglich zwei Mi-
nuten dauert der Abgleich aller Daten
hier. Beim Großrechner sind es dagegen
40 bis 45 Minuten.
Mit Taxis in Peking haben die VW-Tech-
niker experimentell bereits 2016 gezeigt,

dass die Routenoptimierung mit dem
Quantencomputer funktioniert. „Jetzt
nehmen wir uns eine Stadt vor und fahren
mit echten Bussen“, erläutert Hofmann.
Der IT-Vorstand berichtet, dass Volks-
wagen seinen Algorithmus mit Patenten
in den Vereinigten Staaten abgesichert
habe. „Das angewandte Programmieren
auf Quantencomputern ist unser Know-
how.“ Groß ist die Truppe nicht, die in
München und San Francisco arbeitet. „Sie
brauchen Spezialisten, die einen Quanten-
computer programmieren können.“
Ohne moderne Programmiersprachen
müssten mathematische Formeln auf ei-
nen Chip gebracht werden. Beim Quan-
tenrechner sei es, „als wären wir zurück
in den 1970ern des Computerzeitalters“,
sagt Hofmann. „Es müssen Schritt für
Schritt komplexe mathematische For-
meln entwickelt und auf dem Rechner
programmiert werden.“ Weitere Pilotpro-
jekte für deutsche und europäische Städte
seien bereits in Planung.

ela.WIEN,29. Oktober. Im Datenskan-
dal um die Speicherung von Parteiaffini-
täten von Millionen Post-Kunden und
dem Verkauf dieser Daten an wahlwer-
bende Parteien hat der börsennotierte
Logistikdienstleister Österreichische
Post eine Verwaltungsstrafe erhalten.
Wie aus einer Mitteilung des Unterneh-
mens hervorgeht, wurde ihm von der Da-
tenschutzbehörde eine Geldbuße von 18
Millionen Euro auferlegt.
Für die Datenschutzbehörde ist nach
einer mündlichen Verhandlung erwie-
sen, dass die Post durch die Verarbei-
tung von personenbezogenen Daten
über die vermeintliche politische Affini-
tät von Betroffenen gegen die Daten-
schutzgrundverordnung (DSGVO) ver-
stoßen habe. Darüber hinaus ist unter
anderem eine Rechtsverletzung wegen

der Weiterverarbeitung von Daten über
die Paketfrequenz und die Häufigkeit
von Umzügen zum Zweck des Direkt-
marketings festgestellt, weil dies keine
Deckung in der DSGVO findet. „Diese
Rechtsverletzungen wurden rechtswid-
rig und schuldhaft begangen, weshalb
die Verwaltungsstrafe in oben genann-
ter Höhe angemessen war, um andere
oder gleichartige Rechtsverletzungen
hintanzuhalten“, heißt es. Die Entschei-
dung ist nicht rechtskräftig, die Post legt
Rechtsmittel ein. Die Post sieht ihr Kern-
geschäft der Direktwerbung gefährdet
und wird sich an das Bundesverwal-
tungsgericht wenden. Das teilstaatliche
Unternehmen hält die Entscheidung für
inhaltlich falsch und die verhängte Stra-
fe für die 2018 bekanntgewordene Ver-
letzung völlig überzogen.

tko.FRANKFURT,29. Oktober.Lange
Schlangen vor Sicherheitskontrollen, Rei-
sende, die Flüge knapp erreichten oder
verpassten – im Sommer 2018 hat das un-
ter deutschen Passagieren, Kontrolleuren
und Unternehmen für viel Streit gesorgt.
Nun tritt der Konflikt um die Kontrollen
an hiesigen Flughäfen wieder zutage. Der
DienstleiterKötter, der die Kontrollen an
den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn
durchführt, will seinen bis Ende 2020 lau-
fenden Vertrag mit dem Beschaffungsamt
des Bundesinnenministeriums nicht mehr
erfüllen und vorzeitig zum 31. Mai 2020 lö-
sen. Der Vertrag sei „für uns nicht mehr
wirtschaftlich umzusetzen“, sagte Kötter-
Chef Friedrich Kötter. Soll wohl heißen:
Mit den Kontrollen im Auftrag der Bun-
despolizei verdient der Dienstleister kaum
noch Geld – bei zunehmendem Ärger
über Wartezeiten.
Damit stehen die Kontrollen am dritt-
größten Flughafen hierzulande vor einer
Neuorganisation. Das Beschaffungsamt
soll für Düsseldorf zu einer Aufhebung
des Vertrags bereit sein, für Köln wurde
nach Kötter-Angaben ein vorzeitiges
Ende abgelehnt. Der Düsseldorfer Flug-
hafen zeigte sich von Kötters Wunsch
überrascht. Man befürchtet, dass es wie-
der zu Schlangen kommt, falls zum Be-
ginn der Hauptreisezeit 2020 der Dienst-
leister nach einer Neuausschreibung
wechselt, zumal für die Vergabe nur gut

ein halbes Jahr bliebe. Kötter war mehr-
fach in die Kritik geraten. Der Dienstleis-
ter hält dagegen, seit 2017 mehrere Mil-
lionen Euro in Personalsuche und Ausbil-
dung investiert zu haben. Mittlerweile er-
fülle man im Vergleich zu Unternehmen
andernorts die Vorgaben mit am besten.
In Branchenkreisen heißt es, der Vertrag
sei von Beginn an knapp kalkuliert gewe-
sen. Tariferhöhungen und ein starkes Pas-
sagierwachstum belasteten zusätzlich.
Mancher unkt, Kötter wolle sich schlech-
ter Vertragskonditionen entledigen. An
einer Neuausschreibung wolle man sich
beteiligen, „wenn die operativen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
das unternehmerische Risiko kalkulier-
bar machen“.
Die Kontrollen sind nicht nur in Düssel-
dorf, sondern bundesweit in der Luftfahrt
ein Konfliktthema. Zwar werden nach
und nach Flughäfen mit neuen Geräten
ausgestattet, an den Strukturen wurde
aber nichts verändert. Der Flughafen Düs-
seldorf teilte mit, es sei „dringend erfor-
derlich, nun endlich klar beschriebene
Qualitätskriterien nach unternehmeri-
schen Gesichtspunkten festzulegen und
Regelungen bei Minderleistung in der
Ausschreibung verbindlich zu definie-
ren“. Zudem bekräftigte der Flughafen
den Wunsch der Branche, mehr Verant-
wortung für Organisation und Steuerung
der Kontrollen zu erhalten.

Mit dem Quantenrechner den Stau vermeiden


Flucht vor dem Stau: In der portugiesischen Hauptstadt will VW sein selbstentwickeltes Verkehrssystem testen. Foto Reuters


Post Austria muss zahlen


Die Datenschutzbehörde verhängt eine Geldbuße


ham.FRANKFURT,29. Oktober. Ob-
wohl unklar ist, ob von ihr etwas übrig
bleibt, geht die Comdirect mit viel Selbst-
bewusstsein in die Verhandlungen über
ein neues Geschäftsmodell mit ihrer Mut-
tergesellschaft. Der Vorstandsvorsitzende
Arno Walter gab in einem Pressegespräch
anlässlich der starken Geschäftszahlen
zum dritten Quartal zu, dass er und die
knapp 1300 Mitarbeiter erst einmal einen
Überraschungsmoment hätten überwin-
den müssen, als die Commerzbank Mitte
September ihre Übernahmepläne be-
kanntgab. Inzwischen aber schaut Walter
nach vorn: „Am Ende hat die Commerz-
bank ja gerade wegen der Stärke der Com-
direct entschieden, sie ganz zu überneh-
men. Das sehe ich als Kompliment für un-
sere Arbeit.“ Die Comdirect liege mit ih-
ren digitalen Angeboten auf Augenhöhe
und in manchem wie dem Wertpapierge-
schäft sogar vor denen der polnischen
M-Bank, welche die Commerzbank ver-
kaufen will.
Dass der Eingliederung der Comdirect
die Hälfte der Arbeitsplätze zum Opfer
fallen könnte, bezeichnete Walter als Spe-
kulation. Ob das Angebot der Commerz-
bank an die Besitzer der 18 Prozent Com-
direct-Aktien, die noch nicht in ihrem Be-
sitz sind, zu den in Aussicht gestellten
11,44 Euro je Aktie attraktiv sei, werde er
erst kommentieren, wenn das Angebot
wirklich vorliege. Am Dienstag kletterte
die Comdirect-Aktie um 1,8 Prozent auf


13,30 Euro, den höchsten Kurs seit dem
Jahr 2001.
Die Aktie wird getrieben von guten Ge-
schäftszahlen, welche Comdirect vorlegte.
Das verwaltete Kundenvermögen stieg in
den ersten neun Monaten von 62 Milliar-
den Euro auf erstmals mehr als 75 Milliar-
den Euro, auch weil ihr die Kunden 5 Milli-
arden Euro an Depotgeldern und 2,8 Milli-
arden Euro an Einlagen neu anvertrauten.
Anders als bei der Muttergesellschaft
Commerzbank schlägt sich das Wachstum
in einem deutlichen Anstieg der Erträge
von 8 Prozent nieder. Künftig will Comdi-
rect als Makler auch Versicherungen an-
bieten. Comdirect wird eingegliedert, weil
sich die Commerzbank selbst zu einer vor-
rangig über Smartphones erreichbaren
Bank entwickeln will. „Dafür bringen wir
viel mit“, sagt Walter. Die Frage, wie Com-
direct-Kunden auf die von Commerzbank-
Chef Martin Zielke angedeuteten Preis-
und Gebührenerhöhungen reagieren
könnten, beantwortete Walter nicht. Er
müsse sich aber keine Vorwürfe machen,
die Erträge nicht optimiert zu haben.
Nach den ersten neun Monaten verdiente
Comdirect vor Steuern fast 176 Millionen
Euro – so viel wie nie. Das liegt auch dar-
an, dass der Verkauf der Ebase 103 Millio-
nen Euro (weitgehend steuerfrei) in die
Kasse spült. Sein Gewinnziel für 2019 hat-
te Walter schon Anfang Oktober auf mehr
als 185 Millionen Euro vor Steuern er-
höht. (Kommentar Seite 22.)

ikop.FRANKFURT,29. Oktober. Der
Gesundheitskonzern Fresenius hat im
selbsterklärten Übergangsjahr 2019 im
dritten Quartal von guten Geschäften mit
Dialysepatienten profitiert – unterm
Strich blieb ein Gewinn von 453 Millionen
Euro. Um Wechselkurseffekte bereinigt
stagnierte das Nettoergebnis damit zwar,
allerdings war es mehr, als Analysten im
Vorfeld prognostiziert hatten. Anleger rea-
gierten dementsprechend – der Aktien-
kurs von Fresenius wie auch der Kurs der
ebenfalls an der Börse notierten Tochter-
gesellschaft Fresenius Medical Care
(FMC) setzten sich zwischenzeitlich mit ei-
nem Plus von rund 5 und rund 6 Prozent
an die Spitze des Dax.
Der Umsatz des Mutterkonzerns stieg
dank einer starken organischen Entwick-
lung in allen Sparten auf 8,9 Milliarden
Euro, ein währungsbereinigter Anstieg
von 6 Prozent. „Unsere Geschäfte haben
sich im dritten Quartal ordentlich entwi-
ckelt“, sagte Vorstandschef Stephan
Sturm. Fresenius sei damit weiter auf


Kurs, die Ergebnisse zu liefern, die man
versprochen habe. Der währungsbereinig-
te Umsatz soll dabei zwischen 4 und 7 Pro-
zent zulegen, der Konzerngewinn in etwa
auf dem Vorjahresniveau verharren.
Nach zwei Prognosekappungen sowie
der abgesagten Übernahme des Generika-
herstellers Akorn im vergangenen Jahr
hatte Sturm für 2019 ein Jahr der Investi-
tionen angekündigt – rund 2,5 Milliarden
Euro will er in die Hand nehmen. „Unsere
angekündigten Investitionen laufen plan-
mäßig. Diese drücken in diesem Jahr auf
unseren Gewinn“, sagte er. Sie seien aller-
dings nötig, um auf Dauer erfolgreich zu
sein. So wird hierzulande beispielsweise
vermehrt Pflege- und Krankenhausperso-
nal geschult und eingestellt, in Amerika
setzt die Dialyse-Tochtergesellschaft FMC
zunehmend auf den Wachstumsmarkt der
Heimdialyse, welcher auf- und ausgebaut
wird. Außerdem expandiert der Medizin-
konzern mit der Klinik-Sparte Helios in
ausländischen Märkten, so zuletzt in Ko-
lumbien. Auch in Europa will Sturm nach

eigener Aussage neben Spanien und
Deutschland noch „in einen dritten oder
gar vierten Markt“ eintreten, sagte er am
Dienstag in einer Telefonkonferenz mit
Analysten.
Die Einnahmen der Tochtergesellschaft
FMC legten dank starker Nachfrage nach

Heimdialysen währungsbereinigt um 5
Prozent auf 4,38 Milliarden Euro zu, der
Gewinn stieg um 2 Prozent auf 363 Millio-
nen Euro. In dem Bereich hatte Fresenius
für rund 2 Milliarden Euro den Anbieter
NxStage übernommen.
Die Sparte Kabi, die Flüssigmedikamen-
te herstellt, wuchs insbesondere in Schwel-
lenländern und setzte währungsbereinigt
insgesamt 1,76 Milliarden Euro um, 5 Pro-
zent mehr. Der Spartengewinn stagnierte
auf bereinigter Basis bei 204 Millionen
Euro. In Amerika, wo Fresenius zuvor von
Lieferengpässen der Konkurrenz profi-
tiert hatte, fiel der Umsatz organisch.
Schwach lief es weiterhin im Klinikge-
schäft Helios. Der Spartengewinn sank
währungsbereinigt um 12 Prozent auf 113
Millionen Euro, der Umsatz legte hinge-
gen um 7 Prozent auf 2,23 Milliarden Euro
zu. Regulatorische Anforderungen hierzu-
lande erfordern hohe Investitionen, be-
gründete Fresenius. Zudem sollen ambu-
lante Angebote ausgebaut, die Prozesse in
den Kliniken weiter digitalisiert werden.

kön.MÜNCHEN,29. Oktober. Zusätz-
lich zur deutlich verschlechterten Auf-
tragslage im dritten Quartal erschweren
offenbar weitere operative Schwierigkei-
ten die Lage des Roboterherstellers
Kuka. Zwischen Juli und September bra-
chen die Aufträge um 17 Prozent auf nur
noch 625 Millionen Euro ein; für neun
Monate ergab sich ein Minus von 7 Pro-
zent auf 2,4 Milliarden Euro. Das Augs-
burger Unternehmen, zu knapp 95 Pro-
zent im Besitz des chinesischen Hausge-
räteherstellers Midea, bekommt so mit
voller Wucht die schwache Entwicklung
der Automobilindustrie und sinkende
Verkaufszahlen in der Elektroindustrie
zu spüren. Bereits im September hatte
Kuka die Prognosen für das Geschäfts-
jahr 2019 von einem erwarteten Umsatz
von 3,3 auf 3,2 Milliarden Euro zurückge-
nommen. Die Umsatzrendite, bezogen
auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern
(Ebit), soll einschließlich aller Struktur-
aufwendungen nur noch oberhalb des
Vorjahreswertes von 1,1 Prozent liegen,
was Kuka noch einmal bestätigte. Dahin-
ter stehen eine schwache globale Kon-
junktur sowie handelspolitische Unsi-
cherheiten, die zur Investitionszurückhal-
tung führten. Es gibt weiterhin Belastun-
gen aus bestehenden Projektaufträgen,
mit denen das Unternehmen zu kämpfen
hat. Zudem bestünde die Notwendigkeit
der Restrukturierung in einem nicht nä-
her beschriebenen Teilbereich, wie jetzt
mitgeteilt worden ist.

ols.STUTTGART, 29. Oktober. Das
Stuttgarter Oberlandesgericht hat zwei
Berufungsverfahren im Zuge des Die-
sel-Skandals bei Volkswagen über mögli-
chen Schadenersatz für Anleger der
VW-Dachgesellschaft Porsche SE ausge-
setzt. Der Zivilsenat wolle den Ausgang
der Musterverfahren in Braunschweig
und Stuttgart abwarten, teilte Senatsvor-
sitzender Wolfgang Reder mit. Somit
sollen sich widersprechende Entschei-
dungen vermieden werden. In Braun-
schweig wird seit September 2018 ge-
prüft, ob Europas größter Autoherstel-
ler seine Aktionäre zu spät über die fi-
nanziellen Folgen des Diesel-Skandals
informiert hat. Musterkläger ist dort die
Fondsgesellschaft Deka Investment ge-
gen Volkswagen wegen der erlittenen
Kursverluste. Die VW-Dachgesellschaft
war im vergangenen Jahr in Stuttgart zu
Schadenersatz in Höhe von rund 47 Mil-
lionen Euro wegen unterlassener Ad-
hoc-Mitteilungen verurteilt worden. Klä-
ger waren zwei Fondsgesellschaften.
Nach Auffassung des Stuttgarter Landge-
richts informierte die Porsche SE ihre
Anleger im Herbst 2015 nicht rechtzei-
tig. Das Unternehmen ging in Berufung,
weil es die Klagen für unbegründet hält.
Die Kläger legten ebenfalls Rechtsmittel
ein, weil sie eigentlich mehr Geld woll-
ten. Die Dachgesellschaft, die von den
Familien Porsche und Piëch kontrolliert
wird, hält mit gut 53 Prozent der Stimm-
rechte die Mehrheit an Volkswagen.

ols.STUTTGART,29. Oktober. Viele
Unternehmen sind den Menschen vom
Namen her ein Begriff: so auch Varta
mit Sitz in Ellwangen. Der kleine Batte-
riehersteller sorgt seit Monaten für Be-
geisterung an der Börse. Seit dem Gang
des Unternehmens auf das Parkett im
Oktober 2017 – die Papiere waren zu
17,50 Euro verkauft worden – hat sich
der Kurs fast versechsfacht. Am Diens-
tag notierte das Papier zum ersten Mal
über der Marke von 100 Euro. Grund da-
für ist die starke Nachfrage nach Lithi-
um-Ionen-Batterien für Hightech-Pro-
dukte, beispielsweise für kabellose Kopf-
hörer.
Varta war in der jüngsten Zeit als po-
tentieller Lieferant für die neuen erwar-
teten kabellosen Kopfhörer von Apple
gehandelt worden. Analyst Stephan
Klepp von der Commerzbank erklärte,
der amerikanische Konzern habe aber
bei einer Präsentation neuer Produkte
keine neue Airpod-Generation vorge-
stellt, sondern lediglich ein neues Mo-
dell. Das Ausbleiben sei mit Blick auf
Varta eine Enttäuschung. Klepp setzte
nun darauf, dass Apple den Airpod spä-
testens im Frühjahr 2020 präsentiert.
„Die Frage ist nicht, ob Varta der Zuliefe-
rer von Apple wird, sondern wann“, gab
sich der Analyst zuversichtlich. Nach ei-
nem erneuten Wachstumssprung im drit-
ten Quartal hat der Batteriehersteller
zum dritten Mal in diesem Jahr seine
Prognose angehoben.
Beim Umsatz peilt er nun 330 bis 340
Millionen Euro an statt 320 bis 330 Mil-
lionen – mithin ein Plus von 21 bis 25
Prozent. Das bereinigte operative Ergeb-

nis (Ebitda) soll 84 bis 88 Millionen
Euro erreichen statt 72 bis 76 Millionen.
Das wäre dann ein Zuwachs von 67 bis
75 Prozent. Vor dem Hintergrund der
Nachfrage nach den kleinen Lithium-Io-
nen-Zellen investiert Varta viel Geld in
den Ausbau der Produktion. So sollen
2019 nun zwischen 95 und 110 Millio-
nen Euro statt der bisher geplanten 75
bis 90 Millionen Euro investiert werden.
Erst Anfang September hatte Varta mit-
geteilt, die Produktion bis 2022 auf
mehr als 150 Millionen Zellen jährlich
auszubauen. Hintergrund sei die unge-
brochen hohe Kundennachfrage in ei-
nem Markt, der jährlich um mehr als 30
Prozent wachse.
Die positive Marktentwicklung bildet
sich gleichfalls in den Zahlen der ersten
neun Monate ab: Die Erlöse legten bis
Ende September im Jahresvergleich um
22 Prozent auf 242,8 Millionen Euro zu.
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen,
Steuern und Abschreibungen stieg trotz
hoher Investitionen sogar um rund zwei
Drittel auf 63 Millionen Euro. Der Über-
schuss ging ähnlich in die Höhe auf 33
Millionen Euro. In den jüngsten Zahlen
und in der Prognose nicht enthalten ist
die im Mai angekündigte Wiedervereini-
gung der Varta-Familie: Just die Haus-
haltsbatterien, von denen die meisten
Menschen den Namen Varta kennen, ge-
hörten nämlich seit langem nicht mehr
zur Varta AG in Ellwangen. Jetzt soll die-
ses Geschäft vom amerikanischen Wett-
bewerber Energizer zurückgekauft wer-
den. Die Marktkapitalisierung des Un-
ternehmens liegt inzwischen bei vier
Milliarden Euro.

Hausmannskost von der Börse


DerAktienkurs fällt / Eine Milliarde Euro Bargeld


Selbstbewusst vor der Übernahme


Comdirect-Kurs steigt so hoch wie seit 2001 nicht mehr


Fresenius überzeugt die Anleger


Quartalszahlen besser als erwartet / Wieder stärkeres Dialysegeschäft in Amerika / Helios bleibt schwach


Fresenius

Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß

Wochenschlusskurse Xetra
29.10.: Tagesverlauf

ISIN DE

35

40

45

50

55

60

26.10.2018 25.10.

in Euro

Für Kuka nehmen die


Schwierigkeiten zu


Zwei Klagen gegen


Porsche SE ruhen


Varta kauft die Produktion


von Haushaltsbatterien zurück


Der Kurs der Aktie hat sich mehr als verfünffacht


Neuer Wirbel um Fluggastkontrolle


Dienstleister will aus Vertrag am Flughafen Düsseldorf raus


Um den Verkehrsfluss in einer


Stadt optimal zu steuern, sind


herkömmliche Großrechner


überfordert. Volkswagen


startet daher in Lissabon


sein erstes Pilotprojekt mit


einem Quantencomputer.

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