Frankfurter Allgemeine Zeitung - 30.10.2019

(Joyce) #1

SEITE 20·MITTWOCH, 30. OKTOBER 2019·NR. 252 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


U

nauffällig und geräuschlos – die-
se Attribute neben Klugheit und
scharfsinniger Argumentation
lassen sich führende Notenbank-
manager gerne zuschreiben. In der Oester-
reichischen Nationalbank (OeNB) weht
mit der Übernahme der Führung durch
Robert Holzmann seit September aber
ein anderer Wind. Holzmann hat es in
kurzer Zeit wie kein anderer seiner Vor-
gänger geschafft, Wellen zu schlagen in
der traditionsreichen Einrichtung auf
dem Otto-Wagner-Platz. Auch im Rat der
Europäischen Zentralbank (EZB), in dem
Holzmann die Alpenrepublik vertritt,
sind die Wellen angekommen.
Vorgeschlagen wurde der 70 Jahre alte
gebürtige Steirer von der FPÖ, bisheriger
Juniorpartner in der Koalition mit der
Österreichischen Volkspartei. Es ist das
erste Mal, dass ein Kandidat einer populis-
tischen Partei dem obersten Beschlussor-
gan der EZB angehört. Holzmann folgt
dem ehemaligen SPÖ-Politiker und Uni-
versitätsprofessor Ewald Nowotny, der
nach zwei Amtszeiten abgetreten ist.
Zweifelsohne ist der neue Gouverneur
ein Ökonom mit internationaler Reputati-
on. Vor allem auf Gebieten wie Migrati-
on, Renten und Arbeitsmarkt hat sich der
Österreicher international einen heraus-
ragenden Ruf erworben – weniger in der
Geldpolitik. Doch seit Holzmann als Ver-
treter der OeNB tätig ist, gibt es viel Kri-
tik. Bereits bei seinem ersten Auftritt im
Rat der Europäischen Zentralbank im
September belehrte er seine erfahrenen
Amtskollegen, dass die Zinsen nicht nach
unten, sondern nach oben gehen sollten.
Diese These verkündete er auch in der Öf-
fentlichkeit.
Dann irritierte er die Belegschaft der
Notenbank mit dem Versuch, Führungs-
personal quasi im Alleingang auszutau-
schen. Das wurde nicht nur intern als Me-
thode mit der Brechstange empfunden.
Rasch musste er einen Rückzieher ma-
chen. Zwar ist es üblich, eigene Besetzun-
gen vorzunehmen. Doch gelten auch in
der von altem Proporzdenken geprägten

und entsprechend häufig parteipolitisch
besetzten gut ausgestatteten Expertenor-
ganisation Richtlinien und Arbeitsrecht,
nach denen Rochaden möglich sind. Die-
se wurden offenbar missachtet, die Vor-
gänge werden derzeit von einem externen
Anwalt untersucht. Wie immer diese Prü-
fung ausfällt, es herrscht unter den Be-
schäftigten Verunsicherung. In der Zen-
tralbank machen viele erst mal nur
Dienst nach Vorschrift.
Holzmann ist aufgrund seines bisheri-
gen beruflichen Werdegangs offenbar mit
den Wiener Gepflogenheiten weniger ver-
traut als mit den Regeln auf dem interna-
tionalen Parkett. Er war bis 2011 über
Jahrzehnte im Ausland tätig. Er hat zahl-

reiche Bücher veröffentlicht und Zeit-
schriftenbeiträge verfasst und vieles da-
von gemeinsam mit dem Wirtschaftsno-
belpreisträger Joseph Stiglitz publiziert.
Nach seinem Wirtschaftsstudium in Wien
und Grenoble wurde er als Professor in
verschiedenen internationalen Universi-
täten berufen. Dann gab es Tätigkeiten
für die OECD in Paris. Später war er Chef-
ökonom im Internationalen Währungs-
fonds in Washington und schließlich Fach-
mann für Soziales und Arbeit in der Welt-
bank.
Wenn er jetzt im Rat als Falke auftritt
und damit die ultralockere Geldpolitik be-
anstandet, kommt ihm entgegen, dass die
Zeichen ohnehin auf Straffung stehen.

Überdies gehört Österreich angesichts sei-
ner Wirtschaftsstruktur zum von Deutsch-
land angeführten Hartwährungsblock.
Die Sitzungen des Rats der EZB hält Holz-
mann jetzt besonders für wichtig, weil es
mit Christine Lagarde von November an
eine neue Präsidentin der EZB geben
wird und weil eine Revision der EZB-Stra-
tegie angedacht ist. Zwar weiß er, dass er
die anderen EZB-Direktoren nicht in ei-
ner einzigen Sitzung überzeugen wird
können. Jedoch will er einen Anstoß ge-
ben, dass in der Revision der Strategie
stärker über Alternativen nachgedacht
wird.
Seine Ausbildung, seine Einstellung
und auch seine beruflichen Erfahrungen
haben ihn in Bezug auf die Geldpolitik
mehr zum Falken als zur Taube werden
lassen, also zum Kritiker einer Aus-
weitung der Geldzufuhr an die Wirt-
schaft. Aber empirische Evidenz – ein
wichtiges Kriterium in der Wissenschaft


  • sei immer der Maßstab für seine
    Entscheidungen. Die expansive Geldpoli-
    tik von 2010/2012 goutiert der Volkswirt
    als monetäre Entlastung und Unterstüt-
    zung des staatlichen Anleihemarkts. Sie
    sei notwendig zum Überleben des Euro
    gewesen, sagte er dem ORF. Aber jetzt, da
    die EZB schon zahlreiche Anleihen ge-
    kauft hat, seien die Wahrscheinlichkeit
    weiterer Effekte gering, Risiken hingegen
    erhöht.
    Obzwar er von der FPÖ für den Posten
    des Gouverneurs nominiert wurde, be-
    tont der Wissenschaftler: „Ich habe nie ei-
    ner Partei angehört und plane nicht, je-
    mals einer Partei anzugehören.“ Er hat
    ein sehr offenes Verhältnis zu den Frei-
    heitlichen: „Weil sie eine Richtung gehabt
    haben, die liberal freiheitlich war“, sagte
    er dem ORF im Hinblick auf den früheren
    liberalen Flügel der Freiheitlichen – wie
    ihn der Denkerzirkel Atterseekreis als Ge-
    genpol zu den Deutschnationalen vertrat.
    Das entspreche seiner Einstellung. Posi-
    tiv findet er, dass die FPÖ die Diskussion
    über Flüchtlinge in Gang bringe. Denn
    aus Holzmanns Sicht ist klar, dass unge-
    ordnete Migration weder den Betroffe-
    nen noch ihren Herkunftsländern noch
    Österreich helfe. Weniger begeistert sei
    er von der zu geringen Abgrenzung der
    FPÖ gegen den rechten Rand. Grundsätz-
    lich glaubt er nicht, dass durch Interven-
    tionen der Freiheitlichen bei der National-
    bank ein Schaden eingetreten sei. Das sei
    Teil der Demokratie und für ihn politi-
    sche Realität. Der mit einer Französin ver-
    heiratete Vater zweier Kinder ist in mehre-
    ren Sprachen zu Hause, also international
    kommunikationsfähig. Immer wieder ist
    er aber auch in seiner alten Heimat in der
    Steiermark anzutreffen, deren Bewohner
    seit je einen Hang zur Aufmüpfigkeit ha-
    ben. MICHAELA SEISER


Querschläger aus Österreich


cmu.HAMBURG,29. Oktober. Die Plä-
ne für eine Zerteilung der Supermarkt-
kette Real werden konkreter. Wie das
Bundeskartellamt am Dienstag bekannt-
machte, hat der Konkurrent Edeka bei
den Wettbewerbshütern die Übernahme
eines Teils der Filialen angemeldet. Kon-
kret gehe es um eine „hohe zweistellige
Zahl“ an Märkten, erklärte der Kartell-
amtspräsident Mundt. In Medienberich-
ten war von knapp 100 Standorten die
Rede. Mundt zufolge will das Amt im
nächsten Schritt „umfassende Ermittlun-
gen für die betroffenen Absatz- und Be-
schaffungs-Märkte einleiten“. Die Ge-
werkschaft Verdi kritisierte am Diens-
tag, dass die Beschäftigten über ihre Zu-
kunft im Unklaren gelassen würden.
Der Mutterkonzern von Real, die Me-
tro aus Düsseldorf, will Real an eine
Gruppe um den Immobilieninvestor Re-
dos verkaufen. Dieser will nach Informa-
tionen aus der Branche mehr als 50 der
270 Supermärkte unter der bisherigen
Marke weiterbetreiben. Die übrigen
Standorte sollen an Wettbewerber ge-
hen, was jeweils eine eigene Prüfung
durch das Bundeskartellamt erfordert.
Die Behörde sieht die Konzentration im
Handel schon lange kritisch und schaut
sich deshalb angemeldete Übernahmen

genau an. So hatten die Beamten zuletzt
Widerspruch gegen die Übernahme von
Kaiser’s Tengelmann durch Edeka einge-
legt. Erst nach einer Sondererlaubnis
durch den damaligen Wirtschaftsminis-
ter Sigmar Gabriel (SPD) und einem lan-
gen Ringen zwischen den Beteiligten
landete die Kette unter dem Dach von
Edeka und Rewe.
In die Einzelheiten des jetzt angepeil-
ten Verkaufs von Real seien viele Betei-
ligte eingeweiht, darunter Metro, Redos,
weitere am Erwerb interessierte Unter-
nehmen und das Bundeskartellamt, er-
klärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied
Stefanie Nutzenberger. Dies gelte aber
nicht für die Beschäftigten. Diese müss-
ten informiert und Verdi müsse beteiligt
werden. Die Tarifkommission Reals wer-
de bald zusammentreten und über das
weitere Vorgehen beraten. Der Vorsit-
zende des Real-Gesamtbetriebsrats,
Werner Klockhaus, hatte schon ein-
dringlich vor einem Stellenabbau ge-
warnt und einen sogenannten Vorratsso-
zialplan gefordert. „Wenn Real zerstü-
ckelt wird, werden wir es nicht zulassen,
dass unsere Kolleginnen und Kollegen
zum Nulltarif nach Hause geschickt wer-
den.“ Proteste könnten „zu erheblichen
Konsequenzen führen“.

MÜNCHEN/NEW YORK,29. Okto-
ber (Reuters/dpa).Der Elektrofahrzeug-
Hersteller Tesla bekommt Ärger mit ei-
ner mächtigen Kontrollorganisation der
deutschen Wirtschaft. Die Zentrale zur
Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs
gab am Dienstag bekannt, das amerikani-
sche Unternehmen wegen Werbeaussa-
gen zum autonomen Fahren zu verkla-
gen. Die Klage sei am Landgericht Mün-
chen eingereicht worden. Nach Ansicht
der Wettbewerbszentrale erweckte Tesla
den irreführenden Eindruck, seine Wa-
gen könnten auf deutschen Straßen auto-
nom fahren, obwohl es sich tatsächlich
nur um Fahrassistenzsysteme handle.
Denn einige Funktionen seien in
Deutschland bisher gar nicht zugelassen.
Die Wettbewerbszentrale kritisierte
unter anderem die Aussage, die „Autopi-
lot“-Funktion ermögliche „automati-
sches Lenken, Beschleunigen und Brem-
sen“, mit der Tesla auch am Dienstag
noch auf seiner Internetseite warb. Aller-
dings hieß es dort ergänzend: „Die ge-
genwärtigen Autopilot-Funktionen ver-
langen aktive Überwachung durch den
Fahrer – ein autonomer Betrieb des

Fahrzeugs ist damit nicht möglich.“ Die
Wettbewerbszentrale ist eine Selbstkon-
trollinstitution der deutschen Wirt-
schaft. Zu ihren etwa 2000 Mitgliedsun-
ternehmen und -organisationen zählen
auch die Tesla-Wettbewerber Volkswa-
gen, Audi, Daimler und BMW.
Auf dem amerikanischen Heimat-
markt musste Tesla im dritten Quartal
derweil einen Dämpfer hinnehmen. In
den drei Monaten bis Ende September
ging der Umsatz im Jahresvergleich um
fast 40 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar
(2,8 Milliarden Euro) zurück, wie Tesla
am Dienstag mitteilte. Der Autoprodu-
zent hatte seine Quartalszahlen eigent-
lich schon veröffentlicht, legte nun aber
in einer Mitteilung an die Börsenauf-
sicht SEC mit Details zur regionalen Ge-
schäftsentwicklung nach. Demnach ge-
rät der Absatz in den Vereinigten Staa-
ten stark ins Stocken, wo bislang die
meisten Teslas verkauft werden. Zwar
legten die Erlöse in anderen Regionen,
vor allem in China, deutlich zu. Den-
noch kamen die detaillierten Zahlen un-
ter Anlegern nicht gut an. Der Kurs ten-
dierte ins Minus.

Escada wird verkauft
Die angeschlagene Modemarke Escada
wechselt offenbar abermals den Besitzer.
Das „Manager Magazin“ berichtete, Ei-
gentümerin Megha Mittal habe nach mo-
natelanger Suche einen Käufer gefun-
den. Es handle sich um den Finanzinves-
tor Regent L.P. mit Sitz in Kalifornien.
Ein Kaufvertrag sei bereits unterzeich-
net. Noch im laufenden Jahr solle der
Deal abgeschlossen werden. Escada woll-
te dies den Angaben zufolge nicht kom-
mentieren. Megha Mittal, Schwiegertoch-
ter des indischen Stahlmagnaten
Lakshmi Mittal, hatte Escada nach der In-
solvenz im November 2009 gekauft. Ihr
war es jedoch nicht gelungen, die Marke
wiederzubeleben. Der Gewinn vor Zin-
sen und Steuern war 2018 negativ. AFP

Vattenfall mit Gewinnsteigerung
Der Energiekonzern Vattenfall hat dank
der guten Entwicklung in Deutschland
eine deutliche Gewinnsteigerung verzeich-
net. Unter dem Strich stand bei den Schwe-
den im dritten Quartal ein Plus von 6,7 Mil-
liarden schwedischen Kronen (rund 621
Millionen Euro). Im Vorjahreszeitraum wa-
ren es lediglich 1,8 Milliarden Kronen ge-
wesen, teilte das Unternehmen am Diens-
tag mit. Der Gewinn in den ersten neun
Monaten des Jahres lag bei 14,4 Milliarden

Kronen (2018: 8,9 Milliarden). Wichtigs-
ter Grund für die Gewinnsteigerung war
die Anfang September abgeschlossene Ver-
äußerung des Fernwärmegeschäfts in
Hamburg, die 3,1 Milliarden Kronen in die
Vattenfall-Kassen spülte. dpa-AFX

BP-Gewinn sinkt
Der britische Öl- und GaskonzernBPhat
aufgrund niedrigerer Preise, schlechter
Wetterbedingungen und Reparaturarbei-
ten im dritten Quartal einen Gewinnrück-
gang um gut 40 Prozent hinnehmen müs-
sen. Wie BP in London mitteilte, sank
der Gewinn auf 2,3 Milliarden Dollar
nach 3,8 Milliarden Dollar im Vorjahres-
quartal. BP wird an die Aktionäre eine
Quartalsdividende von 10,25 Cent zah-
len. Der Aktienkurs sank am Dienstag-
vormittag im Handelsverlauf um mehr
als 3 Prozent. ppl.

Symrise wächst kräftig
Der Duft- und Aromenhersteller Symrise
ist trotz weltweiter Konjunkturflaute ge-
wachsen. Der Umsatz stieg in den ersten
neun Monaten um 7,1 Prozent auf 2,
Milliarden Euro. „Auch angesichts einer
etwas schwächeren Wirtschaftsentwick-
lung in einzelnen Ländern konnten wir
Geschäftschancen sehr gut nutzen und in
allen Segmenten zulegen“, erklärte Kon-

zernchef Heinz-Jürgen Bertram. Er be-
kräftigte daher seine Jahresziele, die ei-
nen Umsatzanstieg zwischen fünf und sie-
ben Prozent vorsehen und eine operative
Umsatzrendite (Ebitda-Marge) von rund
21 Prozent. Reuters

GM spürt Streikfolgen
Der lange Streik der Gewerkschaft und
das unter dem Handelsstreit leidende
China-Geschäft haben den Gewinn von
General Motors geschmälert. Der Reinge-
winn sank im dritten Quartal binnen Jah-
resfrist um rund 200 Millionen Dollar
auf 2,3 Milliarden Dollar, teilte der größ-
te Autohersteller des Landes am Diens-
tag mit. Damit fiel der Rückgang nicht so
stark aus wie erwartet. Reuters

Kellogg profitiert von Verkauf
Der amerikanische Cornflakes-Anbieter
Kellogg hat im dritten Quartal weniger
umgesetzt, dabei aber besser abgeschnit-
ten als erwartet. Die Erlöse sanken auf-
grund der Veräußerung der Marke Keeb-
ler Biscuits sowie anderer Vermögenswer-
te um 2,8 Prozent auf 3,37 Milliarden Dol-
lar. Organisch legte der Umsatz um 2,
Prozent zu. Analysten hatten 3,35 Milliar-
den Dollar erwartet. Kellogg habe von
der Nachfrage nach seinen Snacks wie
Pringles, Cheez-It und Pop-Tarts profi-

tiert, hieß es. Der Nettogewinn sank aller-
dings im Berichtszeitraum auf 247 (Vor-
jahr: 380) Millionen Dollar. Reuters

Pfizer peilt hohen Gewinn an
Der Pharmahersteller Pfizer hat nach ei-
nem unerwartet hohen Gewinnanstieg
im dritten Quartal seine Ziele angeho-
ben. Im vergangenen Jahresviertel klet-
terte der Nettogewinn auf 7,68 Milliar-
den Dollar von 4,11 Milliarden im Vorjah-
reszeitraum, teilte der Konzern mit.
Dabei profitierte der Hersteller auch von
einem positiven Einmaleffekt nach dem
Abschluss des Gemeinschaftsunter-
nehmens bei rezeptfreien Gesundheits-
produkten mit der britischen Glaxo-
SmithKline. Rückenwind kam zudem
von starken Geschäften mit dem Krebs-
mittel Ibrance. Reuters

Merck erhält weitere Zulassung
Merck und der Pharmapartner Pfizer ha-
ben für das Krebsimmunpräparat Baven-
cio in Kombination mit dem Präparat Axi-
tinib nun auch die Zulassung von der euro-
päischen Arzneimittelbehörde EMA ge-
gen fortgeschrittenen Nierenkrebs als
Erstlinientherapie für erwachsene Patien-
ten erhalten. Vor kurzem hatten der Dax-
Konzern und sein amerikanischer Part-
ner die Zulassung gegen Nierenkrebs
schon in Amerika erhalten. ikop.

bth.FRANKFURT,29. Oktober. Der
von Konzernchef Mark Zuckerberg aus-
gegebene Umgang mit politischen An-
zeigen auf Facebook hat Proteste der Be-
legschaft ausgelöst. Auf einer internen
Kommunikationsplattform steht seit
zwei Wochen ein offener Brief, der
Zuckerbergs Position als „Bedrohung
dessen, wofür Facebook steht“ kritisiert.
Unterschrieben wurde er von mehr als
250 Mitarbeitern, wie die „New York
Times“ berichtet. „Wir widersprechen
scharf dem ausgegebenen Umgang“,
heißt es darin.
Der Facebook-Chef hatte in einer
Rede vor zwei Wochen die Position for-
muliert, dass auch Anzeigen von Politi-
kern als Meinungsäußerungen Teil des
politischen Diskurses sind. Das gelte
auch, wenn sie nachweislich falsche Be-
hauptungen enthielten. „Wir prüfen poli-

tische Anzeigen nicht auf Fakten“, sagte
Zuckerberg. „Als Prinzip glaube ich dar-
an, dass in einer Demokratie die Men-
schen entscheiden sollten, was glaub-
würdig ist, nicht Tech-Konzerne.“
Die Aussagen hatten eine Kontrover-
se ausgelöst, weil Kritiker Zuckerberg
vorwarfen, nur das Geschäft mit politi-
schen Anzeigen mitnehmen zu wollen
und sich ansonsten aus der Verantwor-
tung zu stehlen. Facebook steht seit der
mutmaßlich durch gesteuerte Falschmel-
dungen beeinflussten amerikanischen
Präsidentenwahl im Jahr 2016 in der Kri-
tik, zu wenig gegen Missinformation zu
tun. Die Anzahl der Unterzeichner ent-
spricht nur einem Bruchteil von Face-
books mehr als 35 000 Menschen star-
ker Belegschaft, doch der Brief ist ein
seltenes Beispiel für internen Unmut,
der nach außen dringt.

Robert Holzmann Foto Bloomberg


Kurze Meldungen


D


erfrühere SPD-Vorsitzende und Au-
ßenminister Sigmar Gabriel hat in
dieser Woche viel zu tun. Am Freitag legt
Gabriel wie geplant sein Amt als Bundes-
tagsabgeordneter nieder. Zuvor reist er
aber noch mit Mitgliedern der Atlantik-
Brücke durch die Vereinigten Staaten,
um als Vorsitzender des Vereins in Bos-
ton und der amerikanischen Hauptstadt
Washington die deutsch-amerikanischen
Beziehungen zu pflegen. In Boston hat
sich Gabriel nun auch zu Berichten geäu-
ßert, nach denen er an die Spitze des Ver-
bandes der Automobilindustrie (VDA)
rücken könnte, und hat damit dem Rät-
selraten um den nächsten Präsidenten
der deutschen Autolobby neue Nahrung
gegeben.
„Ich kann dementieren, dass es mit mir
irgendwelche formellen Gespräche dar-
über gegeben hat“, sagte Gabriel der Wo-
chenzeitung „Die Zeit“. „Die gab es
nicht.“ Freilich lässt diese Formulierung
Raum für die Vermutung, dass es infor-
melle Gespräche gegeben haben könnte.

„Ich habe mich nicht ins Spiel gebracht
und bin nicht offiziell vom VDA angespro-
chen worden“, sagte Gabriel weiter. Er
staune vielmehr „ein bisschen“ über die
Diskussion, sei aber in den Vereinigten
Staaten weit genug weg von Deutschland
und sehe sich die Debatte um seine Per-
son mit großer Gelassenheit an.
Am Wochenende hatten mehrere Me-
dien Gabriel als einen von zwei aussichts-
reichen Kandidaten für den Präsidenten-
posten des VDA ins Spiel gebracht. In der
„Bild am Sonntag“ hieß es, der SPD-Politi-
ker sei der Wunschkandidat der Autoher-
steller und Zulieferer für den Posten. Ga-
briel solle auch signalisiert haben, das
Amt übernehmen zu wollen. Sollten keine
unüberbrückbaren Differenzen mit ihm
auftreten, werde er der neue Präsident,
hieß es weiter. Gabriels mögliches Engage-
ment für den VDA hätte allerdings einer
Aussage des Politikers aus dem vergange-
nen Jahr widersprochen. „Man soll nicht
an Türen klopfen, hinter denen man selbst
mal gesessen hat“, hatte Gabriel damals

der „Bild“-Zeitung zu einer möglichen
Karriere als Lobbyist gesagt. Die Frankfur-
ter Allgemeine Sonntagszeitung berichte-
te zudem am Wochenende, dass neben Ga-
briel die frühere CDU-Politikerin Hilde-
gard Müller für das Amt im Gespräch sei.
Müller war drei Jahre lang Staatsministe-
rin im Kanzleramt, führte danach den Bun-
desverband der Energie- und Wasserwirt-
schaft und arbeitete bis vor wenigen Wo-
chen als Vorstand für Netz und Infrastruk-
tur des Energieunternehmens Innogy.
Der Verband der Automobilindustrie
sucht einen Nachfolger für den derzeiti-
gen Präsidenten Bernhard Mattes. Der
frühere Manager von Ford in Deutsch-
land hatte im September während der Au-
tomesse IAA in Frankfurt überraschend
angekündigt, das Amt zum Jahresende ab-
geben zu wollen. Mattes hatte den Präsi-
dentenposten im Januar vergangenen Jah-
res angetreten und war damals auf den
langjährigen CDU-Bundestagsabgeordne-
ten und früheren Bundesverkehrsminis-
ter Matthias Wissmann gefolgt. magr.

Unruhe in Facebooks Belegschaft


Mitarbeiter gegen Umgang mit politischen Anzeigen


Edeka greift nach Real-Märkten


Gewerkschaft Verdi fordert mehr Informationen
D

ie Vorarlberger Luxusmarke Wol-
fordmuss vorerst ohne Vorstands-
sprecher auskommen. Wie der in einem
Sanierungsprozess steckende Wäsche-
konzern am Dienstag mitteilte, hat Axel
Dreher sein Vorstandsmandat am Diens-
tag im besten Einvernehmen mit dem
Aufsichtsrat niedergelegt. Er scheidet da-
mit zum Monatsende aus. Die Position
bleibt den Angaben zufolge nun vorüber-
gehend unbesetzt. Damit besteht der Vor-
stand bis auf weiteres aus nur noch zwei
Mitgliedern. Zu einem dieser beiden
Mitgliedern bestellte der Aufsichtsrat Sil-
via Azzali. Sie wird ab November neben
dem Verkauf auch das Marketing und De-
sign verantworten. Andrew Thorndike
(COO), der dem Vorstand erst seit 1. Ok-
tober angehört, trägt weiterhin die Ver-
antwortung für Produktentwicklung, Fi-
nanz- und Rechnungswesen, Control-
ling, Investor Relations und Informations-
technik. ela.

geg.FRANKFURT,29. Oktober.EY ist
fester Bestandteil der sogenannten
„Big 4“ der Wirtschaftsprüferbranche.
Global ist EY mit 36,4 Milliarden Dol-
lar Umsatz im Geschäftsjahr 2018/
(30. Juni) die Nummer 3 nach Deloitte
und PWC. In Deutschland kann EY
wahrscheinlich den zweiten Rang hin-
ter PWC behaupten mit einem nationa-
len Umsatz von 2,1 Milliarden Euro.
Das ist ein Zuwachs von 7,2 Prozent
und liegt ziemlich genau im Durch-
schnitt der vergangenen Jahre.
Hinter diesen Zahlen verbergen sich
aber große Umbrüche. Zum einen
wächst die Beratung schneller als die
Wirtschaftsprüfung sowie Steuer- und
Rechtsberatung. Das spiegelt die gute Si-
tuation der Beraterbranche insgesamt
wider, aber auch die wachsende Bedeu-
tung von EY in diesem Markt. EY be-
trachtet es als ein Alleinstellungsmerk-
mal, über die gesamte Wertschöpfungs-
kette von der Strategieberatung über die
Organisationsberatung bis hin zur Steu-
erberatung alles aus einer Hand zu lie-
fern. „Wir profitieren von der digitalen
Transformation aller Wirtschaftsberei-
che“, sagt Hubert Barth, Vorsitzender
der Geschäftsführung von EY Deutsch-
land. Dabei gehe es um die Neuausrich-
tung von Produkten und Geschäftsfel-
dern ebenso wie um die Digitalisierung
ganzer Unternehmen oder den Umbau
von Konzernen. Letzteres ist oft auch

mit der Ausgründung von Unterneh-
mensteilen verbunden, was wiederum
großen Beratungsbedarf mit sich bringt.
Aber EY profitiert derzeit auch von
der erstmals vollzogenen gesetzlichen
Zwangsrotation der Wirtschaftsprüfer.
Börsennotierte Konzerne sind gezwun-
gen, nach in der Regel zehn Jahren den
Wirtschaftsprüfer auszutauschen. Bis-
her wurden historisch bedingt viele
Dax-Unternehmen von KPMG oder
PWC geprüft. Beide müssen durch die
Zwangsrotation Federn lassen. EY ist
es stärker als Deloitte gelungen, große
Mandate zu gewinnen, darunter die
Deutsche Bank, die Deutsche Lufthan-
sa, der Rückversicherer Munich Re und
Volkswagen. Da Wirecard das Mandat
mit EY verlängert hat und MTU,
Siemens und Beiersdorf bereits von EY
geprüft werden, hat das Unternehmen
seinen Anteil im Bereich der
Dax-30-Unternehmen auf 27 Prozent
erhöht. Aber auch unterhalb der Dax-
Konzerne habe man mit den neuen
Mandaten wie Bosch, Wüstenrot oder
ENBW seine Position gefestigt.
Das ist für Barth ein guter Wert. Sein
Ziel ist es, die Geschäftsbereiche Wirt-
schaftsprüfung, Steuerberatung und Un-
ternehmensberatung mit jeweils einem
Drittel Umsatzanteil gleich zu gewich-
ten. Das sei langfristig für das Unterneh-
men die sicherste Basis, um Schwankun-
gen in den Teilbereichen auszugleichen.

Rätselraten um den nächsten Autolobby-Präsidenten


Wettbewerbszentrale verklagt


Tesla wegen Autopilot-Werbung


Dämpfer für den Autohersteller im Heimatmarkt Amerika


Wolford verliert


seinenChef


EY profitiert von Zwangsrotation


Am stärksten wächst aber die Beratung


Robert Holzmann,


neuer Gouverneur der


Oesterreichischen


Zentralbank, fällt im


Rat der Europäischen


Zentralbank eher


durch einen ruppigen


Umgang auf.


MENSCHEN& WIRTSCHAFT

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