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Die größte Kirche der Welt steht in der
Elfenbeinküste, in Äthiopien gibt es guten
Wein und der schönste Ort Kenias ist ein
Hubschrauberlandeplatz über den Dä-
chern Nairobis. Es sind Orte, die man nicht
unbedingt in Verbindung bringt mit Afri-
ka, einem Kontinent, von dem viele ein
ziemlich klares Bild haben, ohne je da
gewesen zu sein. Was aber, wenn Afrika
auch ganz andere Seiten hat, ganz anders
ist als man denkt?
Bernd Dörries, Afrika-Korrespondent
der SZ, hat in den vergangenen zwei Jahren
34 Länder besucht und beschreibt in „Der
lachende Kontinent“ Begegnungen und Or-
te, die sonst nicht so oft vorkommen, wenn
über Afrika diskutiert wird. Er trifft Men-
schen, die nicht nur Opfer sind, die nicht
den ganzen Tag daran denken, wie sie nach
Europa kommen. Es gibt nicht immer et-
was zu lachen in diesem Buch, es entsteht
aber ein Bild Afrikas, das vielfältiger und
hoffnungsvoller ist, als das Klischee. sz
Bernd Dörries : Der lachende Kontinent. Expeditio-
nen ins unbekannte Afrika. Terra Mater Verlag,
Elsbethen 2019. 286 Seiten, 24 Euro.
Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum
in Leipzig will kriegsbedingt ins Ausland
ausgelagerte Bestände digital zugänglich
machen. Dazu sei ein Kooperationsvertrag
mit der Russischen Staatsbibliothek unter-
zeichnet worden, teilte das Museum am
Dienstag mit. Ziel sei es, mehrere nach
dem Zweiten Weltkrieg zerstreute Samm-
lungen im Netz virtuell wieder zusammen-
zuführen.
Kurz nach Kriegsende seien wertvolle
Bestände des Museums nach Moskau ver-
bracht worden, darunter die sogenannte
Klemm-Sammlung mit mittelalterlichen
Handschriften und Inkunabeln sowie euro-
päische Bucheinbände vor allem aus dem
- und 18. Jahrhundert, außerdem einzel-
ne Stücke aus Mauretanien und Persien.
Der größere Teil der 34 000 Titel, die nun
digitalisiert werden sollen, werde nach wie
vor in Leipzig bewahrt, hieß es. Die wert-
vollsten Bestände jedoch, die bereits wäh-
rend des Krieges nach Schloss Rauenstein
im Erzgebirge ausgelagert worden waren,
befinden sich in Moskau. epd
von samir sellami
E
s kann kaum ein Zufall sein, dass
William Melvin Kelley die Handlung
seines erstmals 1962 erschienenen
Romans „Ein anderer Takt“ ins Jahr 1957
legte. Denn während die späten Fünfziger-
jaher hierzulande eher an Staubsauger-
werbung und Wirtschaftswunder denken
lassen, höchstens noch an Sputnik-Schock
und Kalten Krieg, war es für den gesamten
globalen Süden eine schicksalhafte Zeit.
1957 erlangte Ghana unter Kwame Nkru-
mah die Unabhängigkeit vom Britischen
Empire und stieß eine Welle von Dekoloni-
sierungen an, die in kürzester Zeit den
ganzen Kontinent erfassen sollte. Und
nicht nur weltgeschichtlich, sondern auch
weltliterarisch war einiges los.
In England etwa sorgte der großartige,
in einem stilisierten Karibik-Patois ge-
schriebene Roman „The Lonely Londo-
ners“ („Die Taugenichtse“) von Sam Sel-
von für Furore. In Brasilien erkundete João
Guimarães Rosa in seinem Jahrhundert-
epos „Grande Sertão“ die Grenzen der Spra-
che. In Frankreich gewann der Martinika-
ner Édouard Glissant mit seinem Debüt-
roman „Die Sturzflut“ als erster schwarzer
Schriftsteller den Prix Renaudot. Und der
Heinemann-Verlag in London brachte
trotz ökonomischer Bedenken den bis heu-
te bedeutendsten afrikanischen Roman
heraus, Chinua Achebes „Alles zerfällt“.
Auch in „Ein anderer Takt“ zerfällt die
alte Ordnung, ohne dass irgendjemand
weiß, was genau an ihre Stelle treten könn-
te. Alles beginnt damit, dass die gesamte
schwarze Bevölkerung eines Bundesstaats
im „tiefen Süden“ der USA von einem Tag
auf den anderen beschließt, sich ein für
allemal aus dem Staub zu machen. Den
Staat hat Kelley samt Hauptstadt und Wahl-
spruch erfunden. Dort, wo der Atlas zwi-
schen Alabama und Mississippi eine Falte
wirft, nistet sich das fiktive Territorium
ein, „im Norden begrenzt durch Tennes-
see, im Süden durch den Golf von Mexiko“.
Der Exodus der Schwarzen erscheint
umso mysteriöser, als es keine klaren
Absprachen gibt, keine Flugblätter, keinen
Aufruf übers Radio. Ebenso wenig ist ein
Anführer der Bewegung auszumachen,
nicht einmal der schweigsame Farmer
Tucker Caliban, der vor seiner Landflucht
zehn Tonnen Salz auf seinen Feldern ver-
teilt, seine Kuh und sein Pferd erschießt
und die vom berühmten Südstaatengene-
ral Willson geerbte Standuhr mit einer Axt
in tausend Stücke haut.
Der Rest des Romans erzählt von den
vergeblichen Versuchen der Weißen, sich
einen Reim auf das „bedeutsame Ereignis“
zu machen. Sind es Wahnsinn, Verzweif-
lung oder Rachegefühle, welche die Flucht
der Schwarzen antreiben? Werden diese
versuchen, sich in den Nachbarstaaten nie-
derzulassen, ziehen sie weiter in den Nor-
den oder verschwinden sie gleich ganz aus
dem Land? Wir werden es nicht erfahren,
denn die Motive bleiben letztlich so uner-
gründlich wie die vorbeiziehenden schwar-
zen Gestalten, die ihre Unlesbarkeit gut
sichtbar auf ihren Gesichtern tragen, „ver-
kniffen wie das Innere von Zitronen“.
In wechselnden Perspektiven entfaltet
Kelley ein Kaleidoskop weißer Unfähig-
keit, mit dem Skandal schwarzer Selbst-
bestimmung umzugehen. Das Reizvolle
dieser erzählerischen Ausrichtung ist, dass
kaum hartgesottene Rassisten zu Wort
kommen, sondern vor allem die Wohlge-
sinnten, Verständnisbereiten. Kelley führt
so höchst raffiniert vor, wie hartnäckig die
Ideologie weißer Vorherrschaft selbst in
den vermeintlich fortschrittlichen Milieus
anständiger Bürgerlichkeit nistet.
Zu dem, was die weißen Figuren nicht
verstehen, nicht verstehen können, legt
Kelley dann doch wenigstens Fährten aus.
Denn nicht nur das Jahr 1957, sondern
auch eine lange Rückblende am Anfang
des Romans stellt das Geschehen in einen
Zusammenhang mit der Geschichte des
schwarzen Widerstands gegen Verskla-
vung, Vergewaltigung, Folter und Mord –
eine Geschichte, die in den Vereinigten
Staaten nicht nur von Weißen lange ver-
drängt und totgeschwiegen wurde.
Aus der reißerischen Erzählung einer
der Männer, die den schwarzen Exodus
staunend verfolgen, erfahren wir von
„dem Afrikaner“, einem direkten Vor-
fahren des störrischen Farmers, der sein
Feld versalzen hat. Hundert Jahre zuvor, so
die Legende, flüchtet ein furchterregend
gigantischer afrikanischer Gefangener di-
rekt vom Sklavenschiff in die umgebende
Sumpflandschaft. Zuvor hatte er seinem
Auktionator kurzerhand den Kopf vom
Körper geschlagen, mit seinen Ketten, die
er raffte, „wie eine Frau die Röcke rafft,
wenn sie in einen Wagen steigt“. Von dort
aus organisiert er den gewaltsamen Wider-
stand gegen die Sklavenhaltergesellschaft,
bis er schließlich nach einer langen Hetz-
jagd von den Schergen seines Käufers
gestellt und ermordet wird. Das Kleinkind,
das er die ganze Zeit über bei sich trägt,
geht als Sklave in den Bestand des weißen
Großgrundbesitzers über und wird von
diesem auf den Namen „Caliban“ getauft.
Diese Geschichte der „Marronage“, des
flüchtigen Widerstands, ist transnational
und transatlantisch. Sie hat ihren Ur-
sprung auf den innerafrikanischen Skla-
venrouten und zieht sich über die Meuterei-
en und Selbstmordattentate auf den Skla-
venschiffen, die Revolten auf den karibi-
schen Plantagen, die brasilianischen Qui-
lombos und die haitianische Revolution
bis hin zu den Sklavenaufständen und der
Underground-Railroad im Süden der USA.
Zuweilen trägt dieser Widerstand film-
reife Namen wie Harriet Tubman oder
Nate Turner, aber der größte Teil der
Geschichte ist so namenlos wie der un-
bezähmbare Afrikaner und Kelleys erfun-
dener Bundesstaat. Darin, dass der gerade
mal 24-jährige William Melvin Kelley zu
einer Zeit, als dies noch alles andere als
selbstverständlich war, diese Geschichte
literarisch anzapfte, liegt der kaum zu
überschätzende Wert dieses Buches.
Kelley sollte übrigens später seine
transatlantisch aufgeladene Fluchtfiktion
gewissermaßen selbst in die Tat umsetzen,
als er, enttäuscht von den Rückschlägen
der Bürgerrechtsbewegung und geschockt
von Malcolm X’ Ermordung, zunächst
nach Paris zog. Von dort sollte es ursprüng-
lich nach Senegal weitergehen, man ent-
schied sich dann aber doch auf Wunsch der
Verwandten in den Staaten für das näher
gelegene Jamaika. 1977 kehrte Kelley in die
USA zurück, wo er bis zu seinem Tod vor
zwei Jahren lebte und an einem renom-
mierten College im Bundesstaat New York
kreatives Schreiben unterrichtete. An sei-
nen Erfolg mit „Ein anderer Takt“ konnte
er nicht wieder anknüpfen. Umso schöner,
dass man das Buch jetzt in deutscher Spra-
che erstmals entdecken kann.
William Melvin Kelley:
Ein anderer Takt. Roman.
Aus dem Englischen von
Dirk van Gunsteren.
Verlag Hoffmann und
Campe, Hamburg 2019.
304 Seiten, 22 Euro.
Erzähler der Revolten: William Melvin Kelley 1967 in Paris. FOTO: GAIL ANDERSON / HOFFMANN & CAMPE
Bibliothekskooperation
Der schwarze Moskau – Leipzig
Exodus
Erstmals auf Deutsch: William Melvin Kelleys Roman
„Ein anderer Takt“ aus dem Jahr 1962
Bernd Dörries
über Afrika
Enttäuscht von den Rückschlägen
der Bürgerrechtsbewegung
verließ Kelley die USA
(^12) LITERATUR Mittwoch, 30. Oktober 2019, Nr. 251 DEFGH
VON SZ–AUTOREN
Sie nehmen Abschied,
alles andere machen wir
Damenstiftstr. 7 l 80331 München
=> S-Bhf Karlsplatz (Stachus)
Telefon 235 06 70
Tag & Nacht
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tBestattungen
tVorsorge
Wir beraten Sie kompetent, um-
fassend und individuell.
Wolf Erichson
- 1928 † 18. 10. 2019
La Chapelle aux Roses
Hameau de Lançon
La Garde-Firmaçon
F 32700 Lectoure/Frankreich
Wir trauern um
Die Beisetzung fand in aller Stille statt.
Sallie Erichson geb. Wood
Sven Erichson
Jörn Erichson
Brigitte Engelschall geb. Erichson
Wiebke Erichson
Hanna Fetköter geb. Erichson
Angelika Erichson
und alle Angehörigen.
Marianne Bernhofer
geb. Reischl
- 1928 † 18. 10. 2019
- 1933 † 26. 10. 2019
Gottesdienst am Donnerstag, dem 31. Oktober 2019,
um 11.00 Uhr in St. Raphael.
Beerdigung am Donnerstag, dem 31. Oktober 2019,
um 12.45 Uhr im Friedhof Untermenzing.
Im Vertrauen auf ein Wiedersehen mit ihrem viel zu früh
verstorbenen Mann ist unsere über alles geliebte Mutter,
Oma und Uroma
In Liebe und Dankbarkeit:
Barbara Bernhofer-Burlefinger mit Reinhard, Korbinian, Florian und Severin
Dr. Ursula Bernhofer-Schied mit Hans
Rupert Bernhofer mit Gabie, Lena, Hannah, Matthias, Melanie und Anna
Martin Bernhofer mit Rosi, Lorenz, Luis, Theo, Laura, Martin und Emelie
Philipp Bernhofer mit Doris, Felix und Elena
Ve r e n a B e r n h o f e r mit Manfred und Maya
friedlich entschlafen.
Dr. Johann-Peter Schöttgen
- 1933 † 26. 10. 2019
- September 1928 † 27. Oktober 2019
Die Beerdigung findet statt am Donnerstag, den 31. Oktober 2019,
um 14.00 Uhr im Waldfriedhof Tauf kirchen.
Wir trauern um unseren lieben Vater, Großvater und Urgroßvater
In Liebe wünschen wir Dir eine gute letzte Reise:
Deine Tochter Ismene Sanaa-Schöttgen
Deine Enkel Elias, Delilah und Mounir Sanaa
und Deine Urenkel Louis, Yasmina, Sophie und Benjamin
Bestattungen
Landeshauptstadt München
Waldfriedhof, Neuer Teil, Lorettoplatz:
Erdbestattungen:
9.00 Dr. rer. nat. Rosival Vera, Chemikerin, 76 Jahre
10.30 Seybold Margareta, Hausfrau, 89 Jahre
Waldfriedhof, Neuer Teil, Lorettoplatz:
Feuerbestattung:
12.45 Grobsorean Doina, Arbeiterin, 83 Jahre
Friedhof Pasing:
Urnentrauerfeiern:
9.45 Schober Reinhard, Betriebsschlosser, 77 Jahre
11.15 Schmidt Erna, Kauffrau, 80 Jahre
Nordfriedhof:
Erdbestattung:
12.45 Widmayer Frank, Schriftsteller, 81 Jahre
Ostfriedhof:
Urnentrauerfeiern:
10.30 Riegner Elfriede,Verkäuferin, 86 Jahre
12.45 Weiß Sigrid, Chemotechnikerin, 89 Jahre
13.30 Hoh Anton Alfred, Bundesbahnbeamter, 91 Jahre
15.00 Müller Klara, Schneiderin, 92 Jahre
Ostfriedhof, Krematorium:
Urnentrauerfeier:
10.30 Grun Johanna, kaufmännische Angestellte, 92 Jahre
Friedhof am Perlacher Forst:
Erdbestattung:
12.45 Voigtländer Herlinde Maria,Verkäuferin, 90 Jahre
Neuer Südfriedhof:
Erdbestattung:
11.15 Laner Marija, Bundesbahnangestellter, 76 Jahre
Friedhof Obermenzing:
10.30 Mohammedhagos Adel, 28 Jahre
Friedhof Perlach:
12.45 Resch Klaus, selbständiger Kfz-Händler, 79 Jahre
Bestattungen im Landkreis München
Waldfriedhof Höhenkirchen:
14.00 Trauerfeier in der Aussegnungshalle,
anschließend Urnenbeisetzung
Pöttinger Georg, 72 Jahre
Friedhof Neukeferloh:
11.00 Trauerfeier zur Feuerbestattung
Gandenberger Otto, Professor, 90 Jahre
Parkfriedhof Ottobrunn:
12.30 Gottesdienst in St. Otto, Ottobrunn
14.00 Beerdigung im Parkfriedhof
Giebelen Winfried,Versicherungsangestellter 75 Jahre
Parkfriedhof Unterföhring:
9.00 Urnenbeisetzung mit Feier
Meyer Waldemar, Chauffeur, 80 Jahre
Waldfriedhof Unterschleißheim:
14.00 Trauerfeier mit anschließender Beerdigung
Seefried Ernst, Schreinermeister, 88 Jahre
Städtische Friedhöfe München – Telefon 2319901
heute, Mittwoch, 30. Oktober 2019
Katharina Scharf
geb. Loder
- September 1928 † 27. Oktober 2019
- 9. Januar 1924 † 28. Oktober
Wir nehmen Abschied von
Karlsfeld Die Familie
Der Trauergottesdienst ist am Donnerstag, den 31. Oktober 2019,
um 14.00 Uhr in St. Josef Karlsfeld. Anschließend findet die Beerdigung im
Friedhof Karlsfeld statt. Anstelle von Blumenspenden: Ki nder-Klinikclowns,
Volksbank Offenburg, BLZ: 664 900 00, Spendenkonto: 12 101 201.
Herbert Geigenberger
Landschaftsarchitekt - 20.11.1935 † 25.10.
Wir trauern um ihn in Liebe und Dankbarkeit
Christel Geigenberger
Claudia und Tobias Groten mit Kilian, Ludwig, Veronica und Antonia
Stefan und Doris Geigenberger mit Laura und Tom
im Namen aller Angehörigen
Das schönste Denkmal, das ein Mensch
bekommen kann, steht in den Herzen
seiner Mitmenschen. Albert Schweitzer
'HU7UDXHUJRWWHVGLHQVW¿QGHWVWDWWDP'LHQVWDJGHP 1 RYHPEHUXP8KULQ6W1LNRODXV+DDU
mit anschließender Beerdigung. Statt Blumen bitten wir um eine Spende an das SOS-Kinderdorf
IBAN DE 222003030001225777 00 Verwendungszweck Trauerfall Herbert Geigenberger.
Alle Traueranzeigen
aus der Zeitung erscheinen
zugleich in einer
persönlichen Gedenkseite
auf dem Trauerportal der
Süddeutschen Zeitung.
Hier können Sie Gedenk-
kerzen anzünden,
kondolieren und persönliche
Erinnerungen mit Freunden
und Verwandten teilen.
Nun, o Unerblichkeit, bidu ganz mein. Heinrich von Kleist.
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