Süddeutsche Zeitung - 30.10.2019

(C. Jardin) #1
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Dresden – Bis zu 30000 Fans von Dyna-
mo Dresden werden am Mittwoch in die
Bundeshauptstadt fahren, um sich das
Pokalspiel ihres Teams gegen Hertha BSC
anzuschauen. Solche Massen mobilisiert
auswärts kaum ein Bundesligist – was ei-
ner der Gründe ist, warum die Fanszene
des abstiegsbedrohten Zweitligisten als ei-
ne der schillerndsten der Republik gilt. Ein
anderer Grund ist das nicht ungern selbst-
gepflegte „Bad-Guy-Image“, das sich der
harte Kern der Dresdner Fanszene zuletzt
im Mai 2017 bestätigen ließ.
Damals marschierten 2300 Dynamo-
Fans im Camouflage-Look zum Karls-
ruher Wildparkstadion, orchestriert von
bengalischen Fackeln und Böllerschlägen.
Die martialischen Bilder, die dieser Fan-
marsch lieferte, sollten das Motto „Krieg
dem DFB“ veranschaulichen. Bei vielen
Passanten verursachten die als Soldaten
verkleideten Fans aber schlicht und ein-
fach Angst, 22 Polizisten wurden an die-
sem Nachmittag verletzt – durch eigene Po-
lizeipferde, aber auch durch Böllerwürfe,
die Knalltraumata hervorriefen.

Dass nun, nach mehr als zwei Jahren an-
dauernden Ermittlungen, die Strafbefehle
dazu in Sachsen eintreffen, würde wohl
nicht mal Fan-Aktivisten empören – so-
fern sie den Menschen gelten würden, die
damals diese Böller geworfen haben. Doch
deren Personalien konnten nicht ermittelt
werden. Stattdessen bekamen nun diejeni-
gen Fans Post, die die Behörden für die
Organisatoren des Fanmarsches halten:
der Capo von „Ultras Dynamo“; jener Fan,
der die Shirts verkauft hatte – und ein paar
Dutzend andere Dynamo-Anhänger, de-

ren Identität die Polizei nach einer Razzia
im Winter 2017 feststellte, bei der sie unter
anderem Handys und Spielkonsolen von
28 Fans konfiszierte.
Fast alle der insgesamt 57 Beschuldig-
ten, die Post aus Karlsruhe bekamen,
erwarten nun harte Strafen. Die vermeintli-
chen Organisatoren des Fanmarsches
haben sogar Gefängnisstrafen auf Bewäh-
rung erhalten, die Geldstrafen bewegen
sich zwischen 900 und 10 000 Euro. Den
Höchstsatz muss ausgerechnet der Capo
Stefan L. bezahlen, dessen Anwaltskosten
sich zudem bereits auf 14 000 Euro belau-
fen und der wie die anderen Fans auf eine
Revision verzichtet. Denn die würde wo-
möglich eine wochenlange Anwesenheit in

Karlsruhe erfordern und könnte weitere
Verfahrenskosten von bis zu einer Million
Euro für alle Verfahren nach sich ziehen.
Die Anwältin Angela Furmaniak, die ein-
zelne Fans vertritt, hat Verständnis dafür,
dass die meisten Anhänger die Strafen zäh-
neknirschend akzeptieren wollen, schließ-
lich sei die Angst vor weiteren hohen Kos-
ten nicht unbegründet: „Aus meiner Sicht
als Strafverteidigerin hätte es mich aber ge-
reizt, die Verfahren vor Gericht zu verhan-
deln. Hier wurde das Recht schon bis an die
äußerste Grenze gedehnt.“
Dass Fans verurteilt werden können,
von denen in den meisten Fällen sogar die
Staatsanwaltschaft nicht behauptet, dass
sie sich individuell etwas zuschulden hät-

ten kommen lassen, beruhe auf der „Argu-
mentation, dass die angeblichen Organisa-
toren des Fanmarschs für alles, was dort
geschehen ist, verantwortlich sind, auch
wenn sie nicht selbst gewalttätig geworden
sind“, schlussfolgert Furmaniak: „Ich
wüsste allerdings nicht, dass diese Rechts-
figur schon einmal außerhalb des Fußballs
angewandt wurde.“
Zudem wertet die Staatsanwaltschaft
den Dresdner Fanmarsch als politische
Kundgebung, was den Vorwurf ermög-
licht, gegen das Uniformierungsverbot ver-
stoßen zu haben. Der Vorsänger L., der den
Fanmarsch per Megafon dirigiert hatte
und am Spieltag durchgehend von Handy-
und Polizeikameras gefilmt worden war,
wurde am härtesten von allen Fans be-
straft – empörend, wie er meint: „Körper-
verletzung? Jeder konnte sehen, dass ich
genau das nicht gemacht hatte. Ich habe
niemanden verletzt und auch niemanden
dazu animiert“, betont L.
Doch um eine direkte Tatbeteiligung
geht es nach Ansicht der Karlsruher Juris-
ten auch nicht: „Diese Personen sind hinrei-
chend verdächtig, den Einsatz der Pyro-
technik mitgetragen und organisiert sowie
die eingetretenen Verletzungen der einge-
setzten Polizeibeamten als möglich erach-
tet und billigend in Kauf genommen zu
haben“, heißt es in einer Erklärung der
Staatsanwaltschaft.
Derweil finden die Fans, die sich in ei-
nem „Solidaritätskomitee (Soko) Dynamo“
zusammengeschlossen haben, dass der
Charakter des Fanmarsches falsch gedeu-
tet wird. Was sie als – im übertragenen Sin-
ne – Kampfansage an den DFB intendiert
hatten, sei von den Juristen wörtlich ge-
nommen worden: „Die haben ‚Krieg dem
DFB‘ als politische Botschaft eingestuft –
und offenbar nicht feststellen können,

dass Fans ja nicht erst seit gestern auch mit
Ironie und Übertreibung arbeiten“, heißt
es in einer Soko-Erklärung.
Schon im Sommer 2018 hatten die Dyna-
mo-Fans aber geahnt, dass ihnen drakoni-
sche Strafen bevorstehen. Da erfuhren sie,
dass jeder, der in den Chatverläufen konfis-
zierter Handys gefunden wurde, von nun
an als Beschuldigter gelte. Dass die Staats-
anwaltschaft die Einnahmen aus dem Ver-
kauf der Motto-Shirts gepfändet hat, hal-
ten die Fans ebenso für einen Skandal.

Hart getroffen hat es auch den Halter je-
nes Trabant-Kübelwagens, der dem Fan-
marsch im Schritttempo vorausfuhr. Der
Oldie-Sammler hatte den Fans das Gefährt
für den Fanmarsch ausgeliehen; zurückbe-
kommen wird er es wohl nie mehr. Der
Trabi gilt als Beweisstück und soll im Tech-
nikmuseum in Sinsheim (Baden-Württem-
berg) ausgestellt werden. Dem Besitzer des
Wertstückes sei signalisiert worden, dass
er straffrei ausgehe, wenn er einwillige.
Um zumindest einen Teil der Verfah-
rens- und Strafkosten, etwa 180 000 Euro,
wieder hereinzubekommen, wurde eine
Sammelaktion gestartet. Knapp 40000 Eu-
ro sind bislang zusammengekommen.
Auch der Verein Dynamo Dresden soli-
darisiert sich „mit voller Überzeugung“
mit den Fans: „Solidarität mit Schwarz-Gel-
ben zeigen, denen keine Ausübung von Ge-
walt vorgeworfen“ werde, hieß es in einer
Presseerklärung. Derweil haben aktuelle
und ehemalige Dresdner Spieler Geld für
die Fans gespendet, allein die Pokalsieger-
münze des ehemaligen Dresden- und
späteren Bayern-Spielers Jens Jeremies
brachte 3000 Euro ein. christoph ruf

Sofia – Nach dem Rassismus-Eklat im EM-
Qualifikationsspiel zwischen Bulgarien
und England (0:6) hat die Kontroll-, Ethik-
und Disziplinarkommission der Europäi-
schen Fußball-Union den bulgarischen Ver-
band mit zwei Geisterspielen und einer
Geldstrafe von 75 000 Euro belegt. Eines
der zwei Geisterspiele wird für zwei Jahre
zur Bewährung ausgesetzt, damit findet zu-
nächst nur das Qualispiel am 17. November
gegen Tschechien ohne Zuschauer statt.
Konkret wurde den bulgarischen Fans
rassistisches Verhalten, das Werfen von Ge-
genständen sowie das Stören der engli-
schen Nationalhymne zur Last gelegt. Die
Partie in Sofia stand zweimal kurz vor dem
Abbruch. Verbandspräsident Boris Michai-
low und Nationaltrainer Krassmir Balakow
hatten nach dem schlimmen Abend ihe
Ämter niedergelegt. dpa

Dortmund – Borussia Dortmund muss
auch im DFB-Pokal-Heimspiel am Mitt-
woch (20.45 Uhr/ARD) gegen Borussia
Mönchengladbach auf Paco Alcácer ver-
zichten. Der spanische Torjäger, der auf-
grund von Problemen an der Achillessehne
nicht zur Verfügung steht, ist zwar in den
Trainingsbetrieb zurückgekehrt, gehört
aber noch nicht zum Kader. Noch offen ist
das mögliche Comeback von Torwart Ro-
man Bürki. Der an einem grippalen Infekt
erkrankte Schweiz war zuletzt durch Mar-
win Hitz ersetzt worden. Ein Einsatz von
Mario Götze, der sich am Samstag beim
0:0 im Revierderby bei Schalke 04 einen
Haarriss im Knochen der Elle sowie eine
Bänderdehnung im linken Handgelenk zu-
gezogen hat, ist nach Vereinsangaben zu-
mindest „nicht ausgeschlossen“.
Trainer Lucien Favre steht nach den
mauen BVB-Auftritten der vergangenen
Wochen weiterhin unter Druck: „Es ist ein
K.o.-Spiel. Wir müssen sehr clever spielen.
Gladbach hat einen sehr guten Lauf“, sagte
Favre am Dienstag. Am vorvergangenen
Wochenende hatte Dortmund die Gladba-
cher im Liga-Heimspiel 1:0 besiegt und da-
mit für etwas Entspannung gesorgt. Media-
le Gerüchte über seine Zukunft beim BVB
beschäftigen Favre nach eigenen Aussa-
gen weiterhin nicht: „Ich habe nicht viel
Zeit, das zu lesen. Es bringt nichts, darüber
zu sprechen. Ich gehe meinen Weg weiter“,
beteuerte er am Dienstag. dpa

Frankfurt – Wegen des Verdachts der Un-
treue zum Nachteil des Deutschen Fußball-
Bundes hat die Staatsanwaltschaft Frank-
furt Ermittlungen aufgenommen. Im Zuge
dessen fand vorige Woche auch eine Durch-
suchung in der Frankfurter Zentrale des
DFB statt. Einen entsprechenden Bericht
derBild-Zeitung bestätigte eine Spreche-
rin der Staatsanwaltschaft. Laut des Be-
richts stehen frühere Beraterverträge mit
dem ehemaligen DFB-Trainerausbilder
Erich Rutemöller und dem inzwischen ver-
storbenen 1954er-Weltmeister Hans Schä-
fer im Fokus der Ermittlungen. Die Namen
wollte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage
nicht bestätigen. DFB-Mitarbeiter sollen
von den Ermittlungen nicht betroffen sein,
der Verband soll Geschädigter sein. sid

Leipzig – Julian Nagelsmann ist ein jun-
ger, sprachlich versierter Trainer, der ger-
ne zu origineller Rhetorik greift – auch in
schwierigen Zeiten. Nach vier Bundesliga-
spielen ohne Sieg werden bei RB Leipzig ja
erstmals, seitdem Nagelsmann im Som-
mer als Chefcoach anfing, kritische Fragen
gestellt: Mangelt es den Spielern zur Zeit
an Körperspannung? Sind die neuen Frei-
heiten und Ideen in der Offensive, die Na-
gelsmann auf die bewährte Fußballlehre
des Hauses „on top“ setzen will, ein Grund
für weniger Stabilität in der Defensive?
Oder hat der Trainerwechsel sogar grund-
sätzliche Folgen, weil der junge Nachfolger
von Ralf Rangnick die Gruppe etwas weni-
ger streng und pedantisch führt?
Nagelsmann selbst hat vor dem DFB-Po-
kal-Topspiel beim VfL Wolfsburg (Mitt-
woch, 18.30 Uhr) tatsächlich letzteren Ver-
dacht erhärtet, indem er folgende bemer-
kenswerte Sätze sagte: Ja, es sei für ihn in
der Tat vor allem ein „Haltungsthema“,
wenn, wie vorigen Samstag beim 1:2 in Frei-
burg, „der Gegner vor einem Tor 19 Ball-
kontakte macht, ohne wirklich Druck von
uns zu spüren“. Sollten seine Leipziger
Spieler „die größeren Freiräume in meiner
Philosophie in den falschen Hals bekom-
men, dann muss man das wieder ein biss-
chen zurückdrehen“, so Nagelsmann. Und
dann verglich er die Wirkung der veränder-
ten Ansprache ans Team sogar mit der
Lebenserfahrung eines flügge werdenden
Teenagers: „Das ist menschlich. Das ist in
etwa so, wie wenn ich eine strenge Erzie-
hung hatte – und dann mit 16 von zu Hau-
se ausziehe. Dann gehen die nächsten fünf
Jahre oft erst mal in die Hose.“
Im Profifußball gibt es aber nahezu kei-
ne Zeit für Lernprozesse. „Ich beziehe
mich in die Kritik mit ein. Ich habe immer
gesagt, dass meine Idee von Fußball Zeit
braucht“, hat Nagelsmann zwar auch ge-
sagt. Dennoch ist klar, das er von seinen
Spielern nicht erst am Sankt-Nimmerleins-
Tag, sondern unverzüglich wieder mehr
Entschlossenheit und defensive Robust-
heit erwartet. Am besten direkt im Pokal
bei den in dieser Saison noch unbesiegten
Wolfsburgern, die zuletzt in der Liga aus
Leipzig ein 1:1 mitgenommen hatten. Den
vollen Rückhalt des ebenso neuen RB-

Sportdirektors Markus Krösche hat Nagels-
mann jedenfalls sicher: „Wir haben lauter
gute Jungs Die Mannschaft hat ihre Quali-
tät auch schon nachgewiesen. Dass das ein
Prozess ist und es auch mal ruckeln wird,
war uns klar. Grundsätzliche Zweifel an un-
serem Weg haben wir null Komma null“,
sagte Krösche derLeipziger Volkszeitung.
Nach der Niederlage in Freiburg wollte
der Sportchef trotzdem „nicht einfach zur
Tagesordnung übergehen“. Noch in der
Nacht zum Sonntag wurde die Mannschaft
in Leipzig zusammengetrommelt – zu ei-
ner „kritischen Bestandsaufnahme“, wie
Krösche das außerplanmäßige Treffen de-
finierte. Er selbst hielt seine erste lautstar-
ke Ansprache ans Team. Anders als in Frei-
burg müssten die Spieler wieder „jeden
Zweikampf für sich entscheiden wollen,
mit jeder Faser“, betonte Krösche. Und na-
türlich wurde auch die zuletzt wiederholt
laxe Chancenverwertung angesprochen –
auch im Hinblick auf die kommenden Liga-
gegner, die gegen Leipzig, ähnlich wie Frei-
burg, betont defensiv agieren könnten:
„Dann brauchen wir Lösungen und dürfen
uns nicht über die Spielweise des Gegners
beschweren“, sagte Krösche.
Nagelsmann weiß die Appelle des Sport-
direktors als Alarmsignal einzuordnen:
„Es ist nie ein schönes Zeichen, wenn je-
mand kommen muss und zur Mannschaft
spricht“, sagte er. Ein Trost für ihn: Vor gut
einem Jahr war Ralf Rangnick als Trainer
ebenfalls holprig gestartet. Eine interne
Krisensitzung, nach einem 2:3 gegen Salz-
burg, wurde dann im Herbst 2018 zum
Ausgangspunkt für eine überaus gelunge-
ne Saison – mit Platz drei und Pokalfinale.
Vielleicht wiederholt sich die Geschichte ja
nun unter Nagelsmann. sz, sid, dpa

von ulrich hartmann

Mönchengladbach – Unter all den nam-
haften Fußballklubs, die sich für Denis
Zakaria interessieren, fehlt offenbar aus-
gerechnet sein Traumverein: der FC Barce-
lona. Das ist für ihn vorübergehend ver-
schmerzbar, weil der Schweizer eine Karri-
ere der kleinen Schritte plant und ja auch
erst 22 Jahre alt ist. Von seinem Kindheits-
klub Servette Genf ist er 2015 zu den Young
Boys Bern gewechselt, 2017 weiter zu Bo-
russia Mönchengladbach. Das waren zwei
eher kleine Schritte ins Rampenlicht des
europäischen Fußballs, aber als nächster
wird vermutlich ein recht großer Schritt fol-
gen, denn die Leistungen des Bundesliga-
tabellenführers und seines zentralen de-
fensiven Mittelfeldspielers haben die Auf-
merksamkeit vieler Klubs in ganz Europa
geweckt. Dem Vernehmen nach interessie-
ren sich auch der FC Liverpool und Bayern
München für Zakaria, und sollte ein Klub
bereit sein, mindestens 50 Millionen Euro
in die Hand zu nehmen, dann könnte es
durchaus sein, dass Zakaria Gladbach im
kommenden Sommer verlässt.
Bereits im vergangenen Sommer hat es
Gerüchte gegeben, auch Borussia Dort-
mund soll interessiert gewesen sein. Weil
Zakarias Vertrag in Gladbach aber bis 2022
gilt und weil Sportdirektor Max Eberl seit
dem Verkauf von Granit Xhaka 2016 für
geschätzte 45 Millionen Euro an den FC Ar-
senal die Höhe adäquater Ablösesummen
kennt, haben sie ihr Juwel nicht vorschnell
hergegeben. So kommt es, dass Zakaria an

diesem Mittwoch (20.45 Uhr) weiter im
Gladbacher Trikot spielt – beim Zweitrun-
den-Pokalschlager in Dortmund. „Ist klar,
dass wir gewinnen wollen“, sagte er ebenso
lässig wie selbstbewusst. Gladbach ist in
der Liga Spitzenreiter, Dortmund kriselt
ein bisschen. Es dürfte spannend werden.
Zakarias vollständiger Name lautet
Denis Lemi Zakaria Lako Lado, und erst
aus diesen 24 Buchstaben gehen die afrika-
nischen Wurzeln des Fußballers hervor.
Im November 1996 wurde er als Sohn eines
Kongolesen und einer Sudanesin in Genf
geboren. Die Eltern trennten sich später,
der Vater kehrte in die Demokratische Re-
publik Kongo zurück, die Mutter blieb in
der Schweiz. So oft es geht, besucht er die
Mutter in Genf und den Vater in Kinshasa,
aber sein fußballerischer Erfolg macht bei-
des immer schwieriger.

Mit Gladbach ist Zakaria noch in allen
Wettbewerben vertreten, auch in der
Schweizer Nationalelf spielt er eine tragen-
de Rolle. Hier bildet er zusammen mit Xha-
ka den Rumpf der Mannschaft, Seite an
Seite also mit jenem Spieler, der ihm sei-
nen Weg aus der Schweiz nach Gladbach
vorgemacht hatte. 2012 war Xhaka vom
FC Basel nach Gladbach gewechselt und
2016 weiter nach London. Solch eine Karri-
ere erschien auch Zakaria reizvoll, und

falls er 2017 noch gezweifelt haben sollte,
ob er wirklich an den Niederrhein wech-
seln soll, dann haben die Gladbacher
Schweizer Yann Sommer und Nico Elvedi
diese Zweifel ausgeräumt. Sie haben Zaka-
ria zugeraten, und nun spielen der Torwart
Sommer, der Innenverteidiger Elvedi, der
Mittelfeldmann Zakaria und der Stürmer
Breel Embolo für die Borussia – gleich vier
Schweizer Nationalkicker. Embolo fällt in
den nächsten Wochen allerdings aus, er er-
litt am Sonntag beim 4:2 gegen Frankfurt
laut Klubangaben einen „kleinen Muskel-
faserriss“. Im Pokal fehlt zudem V erteidi-
ger Tony Jantschke (Zerrung).
Zakaria ist einer der fleißigsten Spieler
der Bundesliga, er läuft rund elf Kilometer
pro Spiel. Aber bei den gewonnenen Zwei-
kämpfen (57 Prozent), bei seiner Passquo-
te (88 Prozent) und den Ballbesitzaktionen
sind noch Steigerungen möglich. Den-
noch: In der Kombination von errungenen
Bällen, schnellem Umschalten und sogar
eigener Torgefahr (acht Treffer und vier
Vorlagen in 70 Bundesligaspielen) ist er, zu-
mal mit gerade mal 22, einer der verhei-
ßungsvollsten Mittelfeldspieler der Liga.
Schon in der Schule sei das Laufen seine
liebste Disziplin gewesen, verrät er, und
was Trainer besonders mögen, ist die
schnelle defensive Rückkehr offensivstar-
ker Mittelfeldspieler nach Ballverlusten.
Dafür ist Zakaria ein Paradebeispiel. Er ist
nach Vorstößen sehr zügig wieder hinten
und sprintet regelmäßig auch die schnells-
ten Stürmer der Liga ab. Mit 35 km/h wur-
de er auf dem Platz schon geblitzt.

Trotz seines ausgeprägten Helfersyn-
droms – auch für die Kollegen in der Ab-
wehr-Viererkette – ist Zakaria ein elegan-
ter und vorsichtiger Spieler, kein Rüpel wie
einst Xhaka. Und so erscheint mittlerweile
eines als fast sicher: dass Zakaria, egal ob
2020 oder 2021, Gladbachs teuerster Ver-
kauf der Klubhistorie wird. Sie werden für
ihn mehr fordern und mehr bekommen als
die 45 Millionen Euro für Xhaka 2016.
Nach vielen durchwachsenen Spielen
unter Ex-Trainer Dieter Hecking kommt
Zakaria das pressing- und sprintintensive
Spiel des neuen Coachs Marco Rose sehr
entgegen. In allen neun Ligaspielen, allen
drei Europa-League-Partien und im Erst-
runden-Pokalspiel hat er als einziger Glad-
bacher Feldspieler von der ersten bis zur
letzten Minute durchgespielt. „Er ist ein
großartiger Junge“, sagt Rose fast über-
schwänglich, er macht sich angesichts der
jüngsten Belastungen aber durchaus ein
paar Sorgen um seinen Dauerläufer: „Wir
müssen aufpassen.“
In den nächsten neun Tagen lässt sich
hohe Belastung aber kaum vermeiden. Das
Pokalspiel in Dortmund, das Ligaderby in
Leverkusen (Samstag) und das anschlie-
ßende wegweisende Europa-League-Spiel
gegen AS Rom sind für Gladbachs Fortent-
wicklung extrem wichtig. Bald aber wird
Zakaria unweigerlich auch mal eine Liga-
pause bekommen, denn schon seit fünf Wo-
chen droht ihm die fünfte gelbe Karte und
die damit verbundene Sperre für eine Par-
tie. Die ganz Eifrigen muss man zu ihrer Er-
holung eben auch mal zwingen.

DEFGH Nr. 251, Mittwoch, 30. Oktober 2019 23


Ein Trabant-Kübelwagen, der
vorausfuhr, soll ins Museum

Geisterspiel in Sofia
Bulgarien nach Rassismus-Eklat bestraft

Untreue-Verdacht
Beraterverträge: DFB-Zentrale durchsucht

„Das Recht bis an die äußerste Grenze gedehnt“


Vor dem Pokalduell in Berlin werden Anhänger von Dynamo Dresden, die 2017 einen wilden Fanmarsch in Karlsruhe organisierten, vor Gericht hart bestraft


DFB-Pokal – 2.Runde


Haltungsschwach


Kritische Analysen bei RB Leipzig
vor dem Pokal-Topspiel in Wolfsburg

Dauerläufer auf der Startrampe


Der Schweizer Denis Zakaria prägt im zentralen Mittelfeld das Spiel von Tabellenführer Mönchengladbach. Vermutlich
wird ihn die Borussia für eine Rekordsumme verkaufen – auch Pokalgegner Dortmund war schon interessiert

Aus Angst vor neuen hohen Kosten
wird auf eine Revision verzichtet

Verteidiger Jantschke und der
Schweizer Embolo fallen
wegen Muskelverletzungen aus

Schnelles Wiedersehen im Pokal: Denis Zakaria (links) trifft mit Mönchengladbach erneut auf Borussia Dortmund mit Kapitän Marco Reus. FOTO: JAN HUEBNER/IMAGO

SPORT


BVB wieder


ohne Neuner


Torjäger Alcácer fehlt auch
im Pokal – Einsatz von Götze offen

Erste Ergebnis-Delle bei RB Leipzig: Trai-
ner Julian Nagelsmann. FOTO: HILSE/REUTERS

DIENSTAG
SC Freiburg – Union Berlin
Hamburger SV – VfB Stuttgart
MSV Duisburg – TSG Hoffenheim


  1. FC Saarbrücken – 1. FC Köln
    VfL Bochum – FC Bayern
    Bayer Leverkusen – SC Paderborn
    Arminia Bielefeld – FC Schalke 04
    Darmstadt 98 – Karlsruher SC


MITTWOCH
VfL Wolfsburg – RB Leipzig 18.30
Werder Bremen – 1. FC Heidenheim 18.30


  1. FC Kaiserslautern – 1. FC Nürnberg 18.30
    SC Verl – Holstein Kiel 18.30
    B. Dortmund – Mönchengladbach ARD/ 20.45
    Fortuna Düsseldorf – Erzgebirge Aue 20.45
    Hertha BSC – Dynamo Dresden 20.45
    FC St. Pauli – Eintracht Frankfurt 20.45


Martialisches Bild im Mai 2017: Die Fans von Dynamo Dresden im Camouflage-
Look beim Auswärtsspiel in Karlsruhe. FOTO: UWE ANSPACH/DPA
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München

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